Die Medici, Este, Gonzaga und Spanien???

Die abwertende Meinung zur übernationalen Idee des HRR ist doch ganz klar den Leibhusarenhistorikern des ausgehenden 19. Jahrhunderts geschuldet.

Na ja, Repo - gemessen an straff durchorganisierten Staaten wie England, Spanien oder Frankreich war das ehrwürdige Heilige Römische Reich schon ein "lebender Leichnam". So hat es jedenfalls irgendwer damals bezeichnet. Es blieb in allen Strukturen einem feudalen mittelalterlichen Gebilde verhaftet, das zur Steuereintreibung kaum in der Lage war, dessen Reichsarmee ein Witz war und dessen Oberhaupt völlig machtlos war - auch wenn es zuweilen wie in den Schlesischen Kriegen ein Machtwort versuchte.

Das alles würde keine Rolle spielen, wenn sich nachweisen ließe, das die Bevölkerung unter einer solchen staatlichen Konstruktion wie das HRR besser lebte, als die in England, Frankreich oder Spanien. Das lässt aber kaum mit belastbaren Daten erhärten, da die geografischen, demografischen, kulturellen und wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen überall unterschiedlich waren.

Allerdings ging damals das Wort um: "Unterm' Krummstab lebt sich's besser", was der Bevölkerung in den geistlichen Fürstentümern geschuldet war.
 
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Warum seltsam? Dieser Franz wollte doch sogar Kaiser werden.


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Wer war nicht alles "Lehnsträger" des Reiches? Der englische König, der polnische König, der spanische König, ich habe bestimmt noch ein paar vergessen.
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Müsste man Fall zu Fall sehen.
Zum Zeitpunkt des Friedens von Madrid z.B. war Karl V. schon ein paar Jahre gewählt und daher schien es nicht eben wahrscheinlich, dass bald Francois folgen sollte. Karl war erst Mitte 20.

2.
Mag sein.
Aber auch hier gilt: wer war das und wann?
War das Königreich, worauf sich die eigene Krone bezog das Lehen selbst oder nur ein Teil der eigenen Gebiete?


Immerhin schränkt Dieter offenbar ein. Um 1530 kam erst Florenz wieder zum Reich.
Interessant wären für mich die Beweggründe.
Wie Dieter richtig anführte, war die Oberlehensherrschaft ja nicht so bedeutend wie im HRR. Die Reichskreise, welche gerade unter Maximillian geschaffen wurden, betrafen eben Teile des Reiches wie Florenz nicht.
Gibt es dafür eigentlich Gründe? Kann es mit der gerade zu dem Zeitpunkt unsicheren Lage in Norditalien zusammenhängen?


Zum Hauptthema des Thread:
Ich kann mir das nur so erklären, dass der Autor meinte, dass die Medici, Gonzaga etc. nur von Habsburgs Gnaden auf ihren Posten blieben. Die Habsburger beherrschten Spanien und so erklärt sich das.
Hat jemand eine bessere Erklärung?

Für die Zeit als die Medici mit den Franzosen paktierten, könnte man dann wohl auch, bliebe man im selben Jargon, davon sprechen: "Die Franzosen regierten durch die Medici..."

:grübel:
 
Na ja, Repo - gemessen an straff durchorganisierten Staaten wie England, Spanien oder Frankreich war das ehrwürdige Heilige Römische Reich schon ein "lebender Leichnam". So hat es jedenfalls irgendwer damals bezeichnet. Es blieb in allen Strukturen einem feudalen mittelalterlichen Gebilde verhaftet, das zur Steuereintreibung kaum in der Lage war, dessen Reichsarmee ein Witz war und dessen Oberhaupt völlig machtlos war - auch wenn es zuweilen wie in den Schlesischen Kriegen ein Machtwort versuchte.

Das alles würde keine Rolle spielen, wenn sich nachweisen ließe, das die Bevölkerung unter einer solchen staatlichen Konstruktion wie das HRR besser lebte, als die in England, Frankreich oder Spanien. Das lässt aber kaum mit belastbaren Daten erhärten, da die geografischen, demografischen, kulturellen und wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen überall unterschiedlich waren.

Allerdings ging damals das Wort um: "Unterm' Krummstab lebt sich's besser", was der Bevölkerung in den geistlichen Fürstentümern geschuldet war.


Tja, wie will man sowas nachweisen?
Andererseits habe ich hier ja schon mehrfach auf meinen Biberacher Landsmann Wieland hingewiesen, der die Zustände im HRR als wesentlich lebenswerter als im vorrevolutionären Frankreich beschrieb.
Unter anderem hebt er auf die Rechtspflege ab.

Auch sonst, im viel gelobten England gab es so um 1830herum "soviele" Zoll und Mautstellen wie im Deutschen Bund, nur mal so als Beispiel.

Aber die Leibhusaren bejammern ja soo die schlimmen Zustände im Bund, wo dann endlich der Zollverein die ersten Schritte zum ach so "ersehnten" Nationalstaat machte.

Kein Wort von wahr, Freunde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hast Du die Verträge übersetzt in heutiges Deutsch vorliegend?
Nein, italienisch hab ich im Angebot.

Was mich stutzen ließ, war nur der "Rückgewinn" durch das Reich.
Werte den Rückgewinn mal nicht zu hoch. Es handelte sich dabei um ein Ergebnis eines Krieges während der Renaissancekriege und hierbei handelt es sich um eine Zusammenfassung von insgesamt 10 Einzelkriegen in der Zeit von 1494 bis 1559. Nachdem die Grenzen gewöhnlich erst nach dem endgültigen Abschluss der Kriegshandlungen neu gezogen werden, ist die lombaridsche Episode und die Zusammenhänge mit der Krönung Karls mit der eisernen Krone eher nice to know, als wirklich essentiell.

Mein Eindruck bis jetzt war, dass die norditalienischen Gebiete formell lange noch zum Reich gehörten (quasi bis 1797/1801). Freilich ist es sehr naheliegend, dass Frankreich in den Kriegen des 16.Jh. diese Gebiete aus dem Reichsverband heraus brechen wollte. Es wäre ja auch seltsam gewesen, wenn der evtl. Sieger Francois I vom Verlierer Karl V. die Gebiete zu Lehen genommen hätte.
Nachdem es Franz um die Vormachtstellung in Europa ging, halte ich das ebenfalls für unwahrscheinlich.

Ich möchte doch noch einmal darauf hinweisen, dass die Oberlehnsherrschaft des Kaisers über Reichsitalien bis zum Ende des Reichs 1806 bestand.
Wie bereits erwähnt, sprechen wir hier gerade über einen Zustand zwischen zwei Einzelkriegen während der Renaissancekriege. Wie es gelaufen wäre, wenn Frankreich am Ende Reichsländer für sich gewonnen hätte, ist reine Spekulation.

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Müsste man Fall zu Fall sehen.
Zum Zeitpunkt des Friedens von Madrid z.B. war Karl V. schon ein paar Jahre gewählt und daher schien es nicht eben wahrscheinlich, dass bald Francois folgen sollte. Karl war erst Mitte 20.
Franz I. war 1519 einer von Karls Gegenkandidaten bei der Königswahl. Das war auch die einzige Episode, in der er sich als "Reichsfürst" bezeichnete (er war zu der Zeit der amtierende Mailänder Herzog).

Um 1530 kam erst Florenz wieder zum Reich.
Interessant wären für mich die Beweggründe.
Florenz kapitulierte nachdem das kaiserliche Heer die Stadt belagert hatte. Schließlich hatte Karl V. im Frieden von Barcelona zugesagt, die Medici wieder in Florenz einzusetzen. Die Medici, namentlich Alessandro de' Medici unterwarf sich Karl V. als Lehnsherr, dafür erhielen die Medicis wiederum die Herzogswürde.

Die Reichskreise, welche gerade unter Maximillian geschaffen wurden, betrafen eben Teile des Reiches wie Florenz nicht.
Gibt es dafür eigentlich Gründe? Kann es mit der gerade zu dem Zeitpunkt unsicheren Lage in Norditalien zusammenhängen?
Reichsitalien war komplett kreisfrei. Ob es da einen Zusammenhang mit der unsicheren Lage in Italien gab weiß ich nicht. Böhmen war aber beispielsweise auch kreisfrei, politisch aber bei weitem nicht so unsicher wie Italien.

Ich kann mir das nur so erklären, dass der Autor meinte, dass die Medici, Gonzaga etc. nur von Habsburgs Gnaden auf ihren Posten blieben. Die Habsburger beherrschten Spanien und so erklärt sich das.
Hat jemand eine bessere Erklärung?
Besser nicht unbedingt, aber anders: Die Habsburger brauchten auch die italienischen Familien, ansonsten hätte Karl nicht derartige Zugeständnisse (Erheben zum Herzog, diverse Sonderrechte und -regelungen) gemacht. Italien war im Allgemeinen in der frühen Neuzeit politisch sehr umtriebig. Zudem gab es auch noch ein Frankreich das diverse Erbansprüche angemeldet hatte. Halbwegs Ruhe in Italien war nur zu erreichen, wenn es vor Ort eine starke und v.a. italienische Führung gab. Sie blieben nicht von Habsburgs Gnaden auf ihrem Posten, sie wurden von Habsburg sogar wieder eingesetzt (die Medici waren ja aus Florenz rausgeflogen) und ihre Herrschaft gefestigt, indem den Patrizierfamilien Erbmonarchien zugestanden wurden. Die italienischen Herrscherfamilien haben - dafür, dass sie eigentlich die Kriegsverlierer waren - ordentlich gewonnen. Für Karl hatte dieses Vorgehen den charmanten Vorteil, dass er die italienischen Gebiete halbwegs stabil halten konnte, schließlich konnte man einen Herzog nicht mehr so leicht rauswerfen wie einen Duce.

Für die Zeit als die Medici mit den Franzosen paktierten, könnte man dann wohl auch, bliebe man im selben Jargon, davon sprechen: "Die Franzosen regierten durch die Medici..."
... oder die Medici die Franzosen: Caterina de? Medici ? Wikipedia :devil:
 
Warum seltsam? Dieser Franz wollte doch sogar Kaiser werden.

Weil die französischen Könige spätestens ab dem 13. Jahrhundert keinen weltlichen Lehnsherrn mehr über sich anerkennen wollten, weder Kaiser noch Papst.
Dekretale Per Venerabilem ? Wikipedia

Das die Könige ab Philipp III. selbst mehrfach versuchten Kaiser zu werden war von deren Standpunkt aus betrachtet kein Versuch in der Lehnshierarchie aufzusteigen, sonderen einfach bloß das Bestreben zur Übernahme eines anderen Staates. Seit dem 13. Jahrhundert betrachteten sich die französischen Könige als Ranggleich mit den Kaisern, weshalb sie unter anderem auch stetts und erfolgreich darum bemüt waren, nicht in ein Lehnsverhälnis gegenüber irgend einen anderen Monarchen zu geraten. Deshalb hatte unter anderem Philipp VI. auf eine direkte Übernahme der Dauphine durch die Krone verzichtet und sie statt dessen seinem Enkel (dem späteren Karl V.) überlassen.
 
Wie bereits erwähnt, sprechen wir hier gerade über einen Zustand zwischen zwei Einzelkriegen während der Renaissancekriege. Wie es gelaufen wäre, wenn Frankreich am Ende Reichsländer für sich gewonnen hätte, ist reine Spekulation.
Ich überflog eben die Kurzbio von Alfred Kohler zu Franz I.. Die Zeit zeichnete sich ja tatsächlich durch immer wieder neue Tauschprojekte und Friedensverhandlungen aus. Franz I. gelang es dabei trotz teilweise phänomenaler Niederlagen wie bei Pavia oder solcher Bedrohungen wie dem mehrmaligen Vordringen der Kaiserlichen nach Frankreich hinein (zweimal z.B. gegen Marseille, dann der Marsch auf Paris 1544 - "Dem Kaiser war es um eine Niederwerfung Frankreichs zu tun. ..."*), so ziemlich den Status quo zu erhalten. Ja die mehrfach verloren geglaubten Gebiete wie Mailand wurden immer wieder erneut ins Gespräch gebracht wie nach dem Tod des Fancesco II. Sforza 1535.

* Alfred Kohler: "Franz I."
in: Peter Claus Hartmann (Hrsg.): "Französische Könige und Kaiser der Neuzeit: von Ludwig XII. bis Napoleon III. ; 1498 - 1870." Beck, München, 2006
S. 69
 
Alexander von Telese behauptet, dass Sizilien und Unteriatlien schon vorher ein Königreich gewesen wären, ...
Danke, jetzt wird mir die Sache klarer.

Aber wenn im MA neue Königreiche aus der Taufe gehoben wurden, dann bedurfte es dafür wohl einer gewissen Rabulistik.
Nun ja, ganz ohne große Worte wird man so einen Titel natürlich nicht anerkannt bekommen.
Zumindestens im frühen MA sind ja noch viele Königreiche entstanden - Polen/Kroatien/Ungarn, dann die skandinavischen, schließich die diversen iberischen.
Aber Du hast recht, danach wird es dünn. Da fallen mir außer eben Sizilien noch Schottland und dann mit großem Abstand Preußen ein.
Und dann unter Napoleon gelten eben ganz andere Regeln.
 
Danke, jetzt wird mir die Sache klarer.


Nun ja, ganz ohne große Worte wird man so einen Titel natürlich nicht anerkannt bekommen.
Zumindestens im frühen MA sind ja noch viele Königreiche entstanden - Polen/Kroatien/Ungarn, dann die skandinavischen, schließich die diversen iberischen.
Aber Du hast recht, danach wird es dünn. Da fallen mir außer eben Sizilien noch Schottland und dann mit großem Abstand Preußen ein.
Und dann unter Napoleon gelten eben ganz andere Regeln.


Danach auf dem Balkan, noch später in Arabien und Nordafrika
 
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