Die Sperre von Gibraltar durch die Punier - reale Geopolitik oder Mythos?

Ich vermute es bezieht sich auf die Umsegelung Afrikas durch Hanno. Ich meine mich zu erinnern, dass (in der griechischen Übersetzung?) dort referiert wird, dass irgendwann Polarstern und Kreuz des Südens gleichzeitig am Himmel waren und die Sonne danach am Nordhimmel.
In Hannos Reisebericht steht davon nichts.
 
Vielleicht hat ja jemand Zugang zum "Stadiasmus maris magni ", einem Seefahrtsbuch aus dem 2. Jahrhundert. Im Web bisher erfolglos gesucht.
@Bdaian, Hanno hat Afrika nicht umsegelt. Das waren Phönizier im Auftrag des Pharaos Necho.

Tante Wiki behauptet, der Kleine Bär wäre sogar früher "Der Phönizier" genannt worden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kleiner_Bär
 
Zuletzt bearbeitet:
Für all diejenigen, die wie ich ein wenig den geographischen Überblick verlieren, möchte ich hier noch zwei Karten einstellen, die (1) die phönizischen und griechischen Kolonien im Mittelmeerraum darstellen, und die (2) die Einflußzone Karthagos darstellen.

(1) http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f4/AntikeGriechen1.jpg


(2) http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/CarthageMapDe.png

@ Carolus: Danke für das schöne Kartenmaterial! :winke:

Es zeigt sehr deutlich, wie die Machtverhältnisse im Mittelmeer bis ins 4. Jh. v. Chr. beschaffen waren.

Karthago war Hegemonialmacht im westlichen Mittelmeer, beherrschte dort die Küsten Nordafrikas und Südspaniens, dazu Sardinien, Korsika und die Balearen und besaß zudem zahlreiche Städte, Kolonien, Faktoreien und Stützpunkte in diesem Raum. Gegen den Willen der Karthager lief dort sicher nichts und gewiss ließen sich die Karthager in ihrem maritimen Herrschaftsbereich nicht die Butter vom Brot nehmen, d.h. den gewinnträchtigen Handel von Nebenbuhlern entreißen.

Es hätte in dieser Zeit der Blüte Karthagos auch niemand die Macht dazu gehabt. Die Griechen schieden spätestens nach Seeschlacht vor Alalia (Korsika) aus, die sie gegen die vereinten Karthager und Etrusker 540 v. Chr. verloren. Und von den Etruskern ist nicht bekannt, dass sie Interessen im Machtbereich Karthagos offensiv oder gar militärisch durchzusetzen suchten. Andere maritime Mächte gab es im westlichen Mittelmeer nicht. Wer also die bekannte Zinnroute nach Cornwall befahren wollte, musste sich in irgeneiner Form mit den Karthagern arrangieren, wenn er nicht ständig Gefahr laufen wollte, aufgebracht zu werden.
 
@ Carolus: Danke für das schöne Kartenmaterial! :winke:

Es zeigt sehr deutlich, wie die Machtverhältnisse im Mittelmeer bis ins 4. Jh. v. Chr. beschaffen waren.

Das sehe ich anders. Warum z.B. wird Hepta Adelphia (Ceuta) ignoriert? Warum Mainake? Warum ist Tartessos eine punische Stadt?

Karthago war Hegemonialmacht im westlichen Mittelmeer, beherrschte dort die Küsten Nordafrikas und Südspaniens, dazu Sardinien, Korsika und die Balearen und besaß zudem zahlreiche Städte, Kolonien, Faktoreien und Stützpunkte in diesem Raum. Gegen den Willen der Karthager lief dort sicher nichts und gewiss ließen sich die Karthager in ihrem maritimen Herrschaftsbereich nicht die Butter vom Brot nehmen, d.h. den gewinnträchtigen Handel von Nebenbuhlern entreißen.

Es hätte in dieser Zeit der Blüte Karthagos auch niemand die Macht dazu gehabt. Die Griechen schieden spätestens nach Seeschlacht vor Alalia (Korsika) aus, die sie gegen die vereinten Karthager und Etrusker 540 v. Chr. verloren.

Die Seeschlacht von Alalia ist nur eine einzelne Schlacht, bei der die Phokaier eine Niederlage erlitten. Die Massalioten dagegen haben die Punier in Seeschlachten nach Alalia zwei Mal besiegt.
 
Das sehe ich anders. Warum z.B. wird Hepta Adelphia (Ceuta) ignoriert? Warum Mainake? Warum ist Tartessos eine punische Stadt?

Schau dir seriöse Geschichtsatlanten an, die stellen die geopolitische Situation Karthagos im westlichen Mittelmeer bis zum 4. Jh. nur in marginalen Punkten anders dar. Die übermächtige Stellung Karthagos ist völlig unumstritten, was sich erst mit den Punischen Kriegen ändert.

Die Seeschlacht von Alalia ist nur eine einzelne Schlacht, bei der die Phokaier eine Niederlage erlitten. Die Massalioten dagegen haben die Punier in Seeschlachten nach Alalia zwei Mal besiegt.

Diese Schlacht zählt allgemein zu den Wendepunkten und markiert die nachdrückliche Behauptung karthagischer Hegemonie im westlichen Mittelmeer.
 
Schau dir seriöse Geschichtsatlanten an, die stellen die geopolitische Situation Karthagos im westlichen Mittelmeer bis zum 4. Jh. nur in marginalen Punkten anders dar.

Gegen die Karte habe ich wenig einzuwenden (nur warum Tartessos punisch sein soll und warum Tartessos überhaupt als Ort eingezeichnet ist). Allerdings ist die Karte unvollständig und deshalb verzerrend.



Diese Schlacht zählt allgemein zu den Wendepunkten und markiert die nachdrückliche Behauptung karthagischer Hegemonie im westlichen Mittelmeer.

Die Schlacht ist einfach nur prominent, weil sie durch Herodot gut überliefert ist. De facto wissen wir aber kaum etwas darüber.
Jedenfalls konnten die Massalioten in die Karthager in zwei Seeschlachten schlagen und Euthymenes von Massalia im 5. Jahrhundert die Säulen von Gibraltar passieren und an der afrikanischen Atlantikküste entlang segeln, einige meinen bis zum Senegal, andere meinen nur bis zum Wadi Draa.
 
Gegen die Karte habe ich wenig einzuwenden (nur warum Tartessos punisch sein soll und warum Tartessos überhaupt als Ort eingezeichnet ist). Allerdings ist die Karte unvollständig und deshalb verzerrend.

Ich kann dir eine Reihe anderer großer historischer Atlanten nennen, die die maritime Hegemonie Karthagos bei größerer Vollständigkeit und angemessener Korrektheit ebenso zeigt.

Die Schlacht ist einfach nur prominent, weil sie durch Herodot gut überliefert ist.

Die Schlacht markiert, was wir ohnehin schon wussten: Bestimmende Macht im westlichen Mittelmeer war Karthago.
 
Ich kann dir eine Reihe anderer großer historischer Atlanten nennen, die die maritime Hegemonie Karthagos bei größerer Vollständigkeit und angemessener Korrektheit ebenso zeigt.



Die Schlacht markiert, was wir ohnehin schon wussten: Bestimmende Macht im westlichen Mittelmeer war Karthago.

Genau diese Sicherheit zweifele ich aufgrund der äußerst dünnen historischen Quellenlage an.
 
Genau diese Sicherheit zweifele ich aufgrund der äußerst dünnen historischen Quellenlage an.

Dass Karthago bis zu den Punischen Kriegen im westlichen Mittelmeer die bestimmende Macht war, kannst du in allen einschlägigen Publikationen nachlesen. Entsprechende historische Karten führen dir vor Augen, dass es in dieser Region überhaupt keine andere Großmacht gab, sieht man von den etruskischen Stadtstaaten einmal ab.
 
In Hannos Reisebericht steht davon nichts.

Ich habe das vor längerer Zeit in einem Buch über Entdecker gelesen. Ich habe gerade nochmal etwas gesucht. Tante Wiki sagt zwar nichts zu den Sternen aber zu der Sonnenlage:


"Gar nicht den Erwartungen antiker Geographen entspricht auch die berichtete Drehung der Fahrt Hannos am Schluss nach Süden statt weiter nach Osten und dann wieder nach Norden. Bekanntlich hat sich der eher überlieferungskritische Herodot bei der Beschreibung der Umschiffung Afrikas in der Regierungszeit des Pharaos Necho II. nicht an der Umfahrung selbst gestört, sondern am angeblichen Wechsel der Lage der Sonne - wie bei der Fahrt nach Süden auf der Nordhalbkugel der Erde erwartet - von der linken (Richtung Äquator) auf die rechte Schiffsseite. Dieser Wechsel tritt, wie wir heute wissen, nur dann auf, wenn die Schiffsleute den Äquator bzw. zumindest den nördlichen Wendekreis der Sonne überquerten, was damals wegen der allgemein angenommenen immer stärkeren Hitze nach Süden unmöglich schien."

Hanno der Seefahrer ? Wikipedia
 
Dass Karthago bis zu den Punischen Kriegen im westlichen Mittelmeer die bestimmende Macht war, kannst du in allen einschlägigen Publikationen nachlesen. Entsprechende historische Karten führen dir vor Augen, dass es in dieser Region überhaupt keine andere Großmacht gab, sieht man von den etruskischen Stadtstaaten einmal ab.

Richtig, in vielen einschlägigen Publikationen kann man das lesen. Das reicht mir aber nicht. Ich möchte gerne eine quellenkritisch saubere Arbeit, die alle fraglichen Quellen bewertet und abklopft.
Wissenschaft lebt auch davon, dass man Forschungergebnisse hinterfragt. Insbesondere dann, wenn alle einer Meinung sind, aber keiner eigentlich - bezogen auf die Geschichtswissenschaft - die Quellen nennt oder zu nennen weiß.
Bisher stützt sich das ganze auf zwei Quellen und die angebliche Überlegenheit der Karthager nach Alalia. Dass die Katharger nach Alalia gegen die Massalioten zwei Seeschlachten verloren, wirft doch ein bemerkenswertes Licht auf die Situation. Dass es Agathokles von Syrakus gelang, Karthago zu belagern, wirft doch ein bemerkesnwertes Licht auf die Situation.
Welche beiden Quellen sind das? Erastosthenes überliefert durch Strabo, ein Grieche, der während des punischen Krieges schrieb überliefert durch einen Griechen der auf dem Höhepunkt der römischen Macht in Rom lebte und der zweite römisch-karthagische Vertrag, der quasi als Bestätigung der Aussage des Erastosthenes gewertet wird, obwohl er nur aussagt, dass Karthago und Rom sich in einem Freundschaftvertrag auf gegenseitige Interessensphären einigten, wobei sie eine gemeinsame Handelszone definierten und eine, in der Menschenraub, Handel und Siedlungsgründung jeweils einer Partei vorbehalten sei.
Andere Quellen werden überhaupt ganz ignoriert.

Euktemon (um 430) schrieb in seinem durch Ausonius' Gedicht Ora Maritima überlieferten Periplus davon, dass die Seeleute dem Herakles opferten – die Nachricht einer Sperre der Meerenge oder gar Verfolgung griechischer Blockadebrecher durch die Punier kann man dem nicht entnehmen.

Der Massaliot Euthymenes berichtet von Flüssen an der nordafrikanischen Atlantikküste, in deben Krokodile und Nilpferde lebten.
Timaios von Tauromenion (345 - 250), Pytheas und solche Leute scheinen nichts von einer Sperre der Straße von Gibraltar zu wissen. (Die Theorie von der Überlandreise des Pytheas geht auf die Annahme der gesperrten Sraße von Gibraltar zurück, mit seiner Überlandreise die Sperre zu "beweisen" wäre alos ein Zirkelschluss)

Das Zeugnis des Erastosthenes stammt dagegen aus einer Zeit um den Zweiten Punischen Krieg. Klar, dass da die Punier alles, was irgendwie feindlich wirkte zu versenken versuchten.

Aber Woher kommt die hannibalfreundliche Haltung der zeitgenössischen griechischen Historiker Silenos von Kale Akte, Solysos von Lakedaimon oder Chaireas?
 
Richtig, in vielen einschlägigen Publikationen kann man das lesen. Das reicht mir aber nicht. Ich möchte gerne eine quellenkritisch saubere Arbeit,

Für diese Binsenweisheit brauchst du keine "quellenkritisch saubere Arbeit". Ebenso wenig für die Tatsache, dass Rom zur Zeitenwende die maritime Großmacht im Mittelmeer war.
 
@ El Quijote:
Ob Timaios nichts von einer Sperre wusste, kann man doch gar nicht so genau wissen, da sein Werk nicht direkt erhalten ist und sich obendrein primär mit der Geschichte Siziliens und Unteritaliens beschäftigte.

Dein Argument mit Eratosthenes überzeugt mich nicht, da im 2. Punischen Krieg im Großen und Ganzen bereits die Römer die Seeherrschaft hatten. Mit der Sperre von Gibraltar muss so oder so spätestens am Ende des 1. Punischen Krieges Schluss gewesen sein. Eratosthenes kann also nicht über einen zeitgenössischen Zustand berichtet haben.

Davon, die römisch-karthagischen Verträge als "Beweis" heranzuziehen, halte ich allerdings auch nichts.
 
Die relevante Passage in den Ora Maritima:

nec respuendus testis est Dionysius,
Libyae esse finem qui docet Tartessium.
Europae in agro, quod vocari ab incolis
Sacrum indicavi, prominens subducitur.
locos utrosque interfluit tenue fretum.
quod Herma porro aut Herculis dictum est via,
Amphipolis urbis incola Euctemon ait,
non plus habere longitudinis modo
quam porriguntur centum et octo milia
et distineri terras milibus tribus.
hic Herculanae stant columnae, quas modum
utriusque haberi continentis legimus.
sunt paria porro saxa prominentia
Abila atque Calpe. Calpe in Hispano solo,
Maurusiorum est Abila.
namque Abilam vocant
gens Punicorum, mons quod altus barbaro est,
id est Latino, dici ut auctor Plautus est.
Calpeque rursum in Graecia species cavi
teretisque vis nuncupatur urcei.
Atheniensis dicit Euctemon item
non esse saxa aut vertices adsurgere
parte ex utraque. caespitem Libyci soli
Europae et oram memorat insulas duas
interiacere; nuncupari has Herculis
ait columnas; stadia triginta refert
has distinere; horrere silvis undique
inhospitasque semper esse nauticis.
inesse quippe dicit ollis Herculis
et templa et aras.
invehi advenas rate,
deo litare
, abire festino pede,
nefas putatum demorari in insulis.
 
Hallo El Quijote

Kannst Du bitte mal für Leute vom 2. oder 3. Bildungsweg, wie mich, mal aus dem Lateinischen (?) ins Deutsche übersetzen?

Vielen Dank

Apvar
 
Da ja die antike Schiffahrt (oder heißt es Schifffahrt?:weinen:) eine Küstenschiffahrt war, hatten die Römer keine Möglichkeit, die Straße von Gibraltar überhaupt zu erreichen.

Ganz so war es ja nun auch nicht. Wie sollte man sonst die schon diskutierte Geschwindigkeit (Gades-Ostia) schaffen?

BB: Danke!:winke: Wieder was gelernt! Ich dachte, in der Antike hätte man abends die Schiffe auf'n Strand gezogen, hätte den Grill angeworfen und anschließend unter'm Sternenhimmel am Strand geschnarcht....




@ Carolus: Danke für das schöne Kartenmaterial! :winke:

Gern geschehen!:winke: Bei so einem freundlichen Dank lege ich doch noch direkt einige Karten dazu: Im Artikel Treaties between Rome and Carthage - Wikipedia, the free encyclopedia sind einige Karten zu den Einflußgebieten der Karthager, Römer, Griechen und Etrusker im Zeitraum von 509 bis 279 v. Chr.


Die relevante Passage in den Ora Maritima:

nec respuendus testis est Dionysius,
Libyae esse finem qui docet Tartessium.
Europae in agro, quod vocari ab incolis
Sacrum indicavi, prominens subducitur.
locos utrosque interfluit tenue fretum.
quod Herma porro aut Herculis dictum est via,
Amphipolis urbis incola Euctemon ait,
non plus habere longitudinis modo
quam porriguntur centum et octo milia
et distineri terras milibus tribus.
hic Herculanae stant columnae, quas modum
utriusque haberi continentis legimus.
sunt paria porro saxa prominentia
Abila atque Calpe. Calpe in Hispano solo,
Maurusiorum est Abila. namque Abilam vocant
gens Punicorum, mons quod altus barbaro est,
id est Latino, dici ut auctor Plautus est.
Calpeque rursum in Graecia species cavi
teretisque vis nuncupatur urcei.
Atheniensis dicit Euctemon item
non esse saxa aut vertices adsurgere
parte ex utraque. caespitem Libyci soli
Europae et oram memorat insulas duas
interiacere; nuncupari has Herculis
ait columnas; stadia triginta refert
has distinere; horrere silvis undique
inhospitasque semper esse nauticis.
inesse quippe dicit ollis Herculis
et templa et aras. invehi advenas rate,
deo litare, abire festino pede,
nefas putatum demorari in insulis.

Hallo El Quijote

Kannst Du bitte mal für Leute vom 2. oder 3. Bildungsweg, wie mich, mal aus dem Lateinischen (?) ins Deutsche übersetzen?

Vielen Dank

Apvar

Ich fange mal mit dem ersten Satz an:

nec respuendus testis est Dionysius,
Libyae esse finem qui docet Tartessium.

(Der lateinische Satzbau ist hier ein wenig verdreht. :S Der AcI stände besser hinter dem Relativsatz :motz:).

Nicht zurückzuweisen als Zeuge ist Dionysius,
der lehrt, Tartessius sei das Ende Libyas.


Wer macht weiter beim Übersetzen?


Richtig, in vielen einschlägigen Publikationen kann man das lesen. Das reicht mir aber nicht. Ich möchte gerne eine quellenkritisch saubere Arbeit, die alle fraglichen Quellen bewertet und abklopft.
Wissenschaft lebt auch davon, dass man Forschungergebnisse hinterfragt. Insbesondere dann, wenn alle einer Meinung sind, aber keiner eigentlich - bezogen auf die Geschichtswissenschaft - die Quellen nennt oder zu nennen weiß.
Bisher stützt sich das ganze auf zwei Quellen und die angebliche Überlegenheit der Karthager nach Alalia. Dass die Katharger nach Alalia gegen die Massalioten zwei Seeschlachten verloren, wirft doch ein bemerkenswertes Licht auf die Situation. Dass es Agathokles von Syrakus gelang, Karthago zu belagern, wirft doch ein bemerkesnwertes Licht auf die Situation.
Welche beiden Quellen sind das? Erastosthenes überliefert durch Strabo, ein Grieche, der während des punischen Krieges schrieb überliefert durch einen Griechen der auf dem Höhepunkt der römischen Macht in Rom lebte und der zweite römisch-karthagische Vertrag, der quasi als Bestätigung der Aussage des Erastosthenes gewertet wird, obwohl er nur aussagt, dass Karthago und Rom sich in einem Freundschaftvertrag auf gegenseitige Interessensphären einigten, wobei sie eine gemeinsame Handelszone definierten und eine, in der Menschenraub, Handel und Siedlungsgründung jeweils einer Partei vorbehalten sei.
Andere Quellen werden überhaupt ganz ignoriert.

Euktemon (um 430) schrieb in seinem durch Ausonius' Gedicht Ora Maritima überlieferten Periplus davon, dass die Seeleute dem Herakles opferten – die Nachricht einer Sperre der Meerenge oder gar Verfolgung griechischer Blockadebrecher durch die Punier kann man dem nicht entnehmen.

Der Massaliot Euthymenes berichtet von Flüssen an der nordafrikanischen Atlantikküste, in deben Krokodile und Nilpferde lebten.
Timaios von Tauromenion (345 - 250), Pytheas und solche Leute scheinen nichts von einer Sperre der Straße von Gibraltar zu wissen. (Die Theorie von der Überlandreise des Pytheas geht auf die Annahme der gesperrten Sraße von Gibraltar zurück, mit seiner Überlandreise die Sperre zu "beweisen" wäre alos ein Zirkelschluss)

Das Zeugnis des Erastosthenes stammt dagegen aus einer Zeit um den Zweiten Punischen Krieg. Klar, dass da die Punier alles, was irgendwie feindlich wirkte zu versenken versuchten.

Aber Woher kommt die hannibalfreundliche Haltung der zeitgenössischen griechischen Historiker Silenos von Kale Akte, Solysos von Lakedaimon oder Chaireas?

Wenn wir aufgrund des Kriegszustandes den Bericht des Erastosthenes aus der Diskussion nehmen, bleibt dann ja nur noch der zweite römische-karthagische Vertrag nach Polybios als Quelle übrig. Wobei der Vertrag (soweit er auf uns gekommen ist) die Durchfahrt durch die Straße von Gibraltar ja nicht explizit ausschließt, sondern nur die Handelszonen regelt.

Soweit die anderen, überlieferten Texte (die ich nicht gelesen habe) auch nicht explizit eine Sperre erwähnen, gehe ich davon aus, dass die Karthager das Mittelmeer nicht "geschlossen" haben. Allerdings könnte durch die Verträge mit Rom und die Vormachtstellung Karthago beiderseits der Säulen des Herkules faktisch eine Sperre für Römer auftreten. Oder hätten die Römer "in einem Zug" ohne Halt zu machen durch die karthagische Zone durchfahren können? Andererseits hätte man dann ja auch jenseits der Säulen des Herkules irgendwo in eigenen oder neutralen Häfen oder Landungsgebieten ankommnen müssen.

Ich habe bereits in vorherigen Postings die Frage aufgeworfen, ob denn vergleichbare Verträge bzgl. der Fahrt und Landung an den karthagischen Küsten auch mit anderen Vertragspartnern als Rom geschlossen worden sind (z. B. den einzelnen Kolonien der Griechen). Sonst wäre das ja sozusagen eine für Rom exklusive Exklusion:rofl:.

Die andere Frage ist die nach der Zeitstellung:

In dem bereits zitierten Werk von Werner Huß (Geschichte der Karthager - Google Bücher) wird auch auf die Quellen eingegangen, die über die karthagische Sperre schweigen: die Fahrt von Pytheas (360 - 380 v. Chr.) wird damit zum Terminus post quem und der zweite Vertrag (348 v. Chr.) zum Terminus ante quem für die Einrichtung der Sperre.:grübel:
Allerdings ist die Datierung des zweiten Vertrages auch strittig:

Zur Datierung und Nummerierung der vorgenanten Verträge möchte ich auf folgenden Aufsatz verweisen: http://www.rhm.uni-koeln.de/101/Hampl.pdf

Der Verfasser des Aufsatzes setzt den ins Jahr 348 v. Chr. datierten Vertrag wesentlich früher an.
 
Wenn wir aufgrund des Kriegszustandes den Bericht des Erastosthenes aus der Diskussion nehmen
Warum denn? Wie ich schon ausgeführt habe, hat Eratosthenes wohl kaum über einen zu seiner Zeit (des 2. Punischen Krieges) aktuellen Zustand berichtet, sondern über etwas, was auch bei ihm schon Vergangenheit war.

In dem bereits zitierten Werk von Werner Huß (Geschichte der Karthager - Google Bücher) wird auch auf die Quellen eingegangen, die über die karthagische Sperre schweigen: die Fahrt von Pytheas (360 - 380 v. Chr.) wird damit zum Terminus post quem und der zweite Vertrag (348 v. Chr.) zum Terminus ante quem für die Einrichtung der Sperre.
Ich denke, man sollte die Fahrt des Pytheas in diesem Zusammenhang nicht überbewerten. Auch wenn die Karthager Gibraltar gesperrt hatten, bedeutete das doch nicht, dass nie einem Schiff der Durchbruch gelungen sein kann. (Auch heute gelangen Migranten noch über überwachte Grenzen, das eine schließt also das andere nicht komplett aus.) Da sein Reisebericht nicht erhalten ist, wissen wir nicht einmal so genau, ob er wirklich an Gibraltar vorbeigesegelt ist, und wenn ja, ob es irgendwelche Probleme mit Karthagern gab.

Ich habe bereits in vorherigen Postings die Frage aufgeworfen, ob denn vergleichbare Verträge bzgl. der Fahrt und Landung an den karthagischen Küsten auch mit anderen Vertragspartnern als Rom geschlossen worden sind (z. B. den einzelnen Kolonien der Griechen).
Woher sollen wir das so genau wissen? Die Verträge Roms mit Karthago waren zu Polybios' Zeiten auch schon nicht mehr aktuell, aber er fand den 1. und 2. noch im Staatsarchiv vor. Den ersten Vertrag von 509 erwähnte zwar er, Livius hingegen nicht, also hielt Letzterer ihn offenbar für nicht mehr erwähnenswert. Wenn andere Städte Italiens irgendwann im 6.-4. Jhdt. Verträge mit Karthago geschlossen hatten, interessierte das im 2. und 1. Jhdt. v. Chr. wohl keinen Historiker mehr bzw. machte sich wohl kaum einer die Mühe, diverse Städte Italiens abzuklappern und in deren Archiven zu stöbern.
 
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