Die Sperre von Gibraltar durch die Punier - reale Geopolitik oder Mythos?

Demnach hätten die Griechen untereinander auch keinen Krieg führen dürfen. Taten sie aber. Auf Sizilien, im Peloponnesischen Krieg, im Bundesgenossenkrieg des Attisch-Delischen Seebunds, im Thebanischen Krieg, in den Diadochenkriegen etc.
 
Demnach hätten die Griechen untereinander auch keinen Krieg führen dürfen. Taten sie aber. Auf Sizilien, im Peloponnesischen Krieg, im Bundesgenossenkrieg des Attisch-Delischen Seebunds, im Thebanischen Krieg, in den Diadochenkriegen etc.

Und werden trotz der Differenzen und Kriege als eine Gemeinschaft angesehen. Und haben sich auch bei Bedrohung von aussen öfters zusammengearbeitet. Warum sollen anderen Kulturgemeinschaften nicht auch zusammengearbeitet haben? Zumal es ja um wirtschaftliche, damit auch machtpolitische Interessen gegen andere ging.
Da kommt mir jetzt mal eine andere Frage in den Sinn. Was ist eigentlich mit schriftlichen Zeugnissen der Kathartischen Kolonien? Sind dies auch in den Punischen Kriegen verloren gegangen? Und wir haben es nur mit den üblichen verdächtigen für die Zeugnisse zu tun, sprich griechische und römische Zeugnisse über den Kulturkreis?

Apvar
 
Direkt ist leider nichts erhalten. Vom Reisebericht des Hanno gibt es lediglich eine griechische Übersetzung, die aber anscheinend obendrein gekürzt wurde. In der Antike berühmt war weiters ein Werk über Landwirtschaft von einem gewissen Mago, das auch ins Lateinische übersetzt wurde, aber erhalten sind weder das Original noch die Übersetzung.
 
Und werden trotz der Differenzen und Kriege als eine Gemeinschaft angesehen.

Eine Kulturgemeinschaft, ja. Na und?!

Und haben sich auch bei Bedrohung von aussen öfters zusammengearbeitet.
Die Zusammenarbeit der griechischen poléis geschah immer nur dann, wenn es eine reale äußere Bedrohung gab.

Warum sollen anderen Kulturgemeinschaften nicht auch zusammengearbeitet haben? Zumal es ja um wirtschaftliche, damit auch machtpolitische Interessen gegen andere ging.

Das ist ja die Frage, ob eine solche Seesperre überhaupt einen wirtschaftlichen Nutzen gehabt hätte. Wie gesagt, wenn ich Produkt aus A erst über B umschlagen muss, um es in C nutzen zu können, wird das Produkt teurer, als wenn ich es direkt vom Händer aus A kaufe. Gerade die betroffenen Städte hätten von der Seenblockade nur Nachteile gehabt.
 
Das ist ja die Frage, ob eine solche Seesperre überhaupt einen wirtschaftlichen Nutzen gehabt hätte. Wie gesagt, wenn ich Produkt aus A erst über B umschlagen muss, um es in C nutzen zu können, wird das Produkt teurer, als wenn ich es direkt vom Händer aus A kaufe. Gerade die betroffenen Städte hätten von der Seenblockade nur Nachteile gehabt.

Oder die Kolonien wollten so den eigenen Handel schützen. Sie liegen an einer strategisch günstigen Stelle um die Konkurrenz abzufangen. Gleichzeitig konnten so die griechischen Händler gezwungen werden bei ihnen einzukaufen, da der Seeweg nach Cornwall zu den Mienen gesperrt war. Wo gab es eigentlich noch Zinn-Mienen in der Bronzezeit?

Apvar
 
Wo gab es eigentlich noch Zinn-Mienen in der Bronzezeit?

Wir sprechen hier über die Eisenzeit. Zinnminen gab es in Ägypten, an der Küste des Roten Meeres, im Illyricum, auf dem italienischen Stiefel und auf Sardinien.

Ob die Punier tatsächlich cornishen Zinn handelten, wird von einigen Wissenschaftlern angezweifelt, schon weil es nach Norden, westlich des Guadaiana, keine punischen Siedlungen mehr gibt, wohl aber nach Süden hin, an der marokkanischen und mauretanischen Küste. Die Städte an der Straße von Gibraltar waren vor allem auf den Handel mit den iberischen Völkern und den Tartessiern fokussiert, vor allem auf das Silber aus der Sierra Morena.
 
Ob die Punier tatsächlich cornishen Zinn handelten, wird von einigen Wissenschaftlern angezweifelt, schon weil es nach Norden, westlich des Guadaiana, keine punischen Sied.

Wer zweifelt das an? Dass die Karthager am maritimen Zinnhandel beteiligt waren, steht außer Frage. Wer sonst sollte angesichts der karthagischen Hegemonie im westlichen Mittelmeer den Zinnhandel betrieben haben? In der fraglichen Zeit zwischen 1000-400 v. Chr. gab es neben den Phöniziern/Karthagern nur noch Griechen und Etrusker als große Handel treibende Seenationen im Mittelmeer.
 
Wer zweifelt das an? Dass die Karthager am maritimen Zinnhandel beteiligt waren, steht außer Frage. Wer sonst sollte angesichts der karthagischen Hegemonie im westlichen Mittelmeer den Zinnhandel betrieben haben? In der fraglichen Zeit zwischen 1000-400 v. Chr. gab es neben den Phöniziern/Karthagern nur noch Griechen und Etrusker als große Handel treibende Seenationen im Mittelmeer.

Du hast das Adjektiv übersehen: cornish.
 
Gibt es denn Informationen darüber, ob in den Gebieten, die in Spanien bzw. Nordafrika unter der Kontrolle Karthagos waren, überhaupt Handel mit Nicht-Phönizieren stattfand?

Falls nicht nur die Passage durch die Straße von Gibraltar Nicht-Phöniziern untersagt war, sondern auch der Handel in der Gegend, so würde das dafür sprechen, daß die Phönizier ein Handelsmonopol auf der Nachfrageseite hatten, das sie schützen wollten.

Zumindest die zwischen Rom und Karthago abgeschlossenen Verträge teilen ja die Mittelmeerregion zwischen den beiden Mächten (mit ihren Bundesgenossen auf). Enthalten sind ja auch Verbote für die Römer, in Nordafrika Handel zu betreiben und Siedlungen zu gründen.

Wie schaut denn das mit den griechischen Kolonien aus? Oder waren diese bereits in die beiden Machtblöcke integriert?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Zeit der zwei oder drei römisch-karthagischen Verträge jedenfalls noch nicht, da hatte Rom noch nicht einmal die Vorherrschaft in Süditalien. Karthago andererseits bekam auch nie alle Griechenstädte Siziliens unter Kontrolle. Es kann gut sein, dass verschiedene griechische Städte mit Karthago auch Verträge schlossen, nur wissen wir eben über die diplomatischen Kontakte irgendwelcher Griechenstädte nicht so gut Bescheid wie über die Roms.
 
Enthalten sind ja auch Verbote für die Römer, in Nordafrika Handel zu betreiben und Siedlungen zu gründen.
Ist die Klausel aus einem der Verträge nicht eher so zu verstehen, dass es den Römern verboten war mit Kriegsschiffen nach Afrika zu fahren? Handel war schon erlaubt, denn im gleichen Vertrag stehen auch Bedingungen geschrieben, wie Handelsgeschäfte zwischen Karthagern und Römern durchzuführen seien.
 
Der erste Vertrag regelte, dass die Römer im karthagischen Machtbereich in Afrika und auf Sardinien nur im Beisein lokaler Beamter Geschäfte machen durften. Ausgenommen davon war nur Sizilien, wo die römischen Kaufleute gleiche Rechte wie andere Kaufleute haben sollten.
Römische Schiffe durften nicht über das Kalon Akroterion hinausfahren. Sollten sie durch einen Sturm oder Feinde darüber hinaus verschlagen werden, hatten sie das Gebiet binnen 5 Tagen wieder zu verlassen und durften nur landen, um die Schiffe zu reparieren oder um zu opfern.

Der zweite Vertrag verschärfte diese Regelung dahingehend, dass Sardinien und Afrika (außer der Stadt Karthago selbst) für römische Kaufleute komplett geschlossen wurden. Auf Sizilien und in Karthago hingegen sollten sie mit einheimischen Kaufleuten gleichgestellt sein.
Die Römer durften nicht jenseits des Kalon Akroterion und von Mastia rauben oder handeln oder eine Stadt gründen.
 
Der Vertrag dürfte den römischen Händlern und auch dem Senat gar nicht gefallen haben. Kein Wunder das es zu den Punischen Kriegen kam. Auf der anderen Seite wollten die Karthager wohl ihre Quellen für die Handelswaren geheim halten. Klar das dann die beiden Mächte mit der Zeit sich immer mehr ins Gehege kamen, vor allem, wo Rom mit der Zeit immer mehr die Hegemonialmacht wurde in Italien.

Apvar
 
Gibt es eigentlich außer dem zweiten punisch-römischen Vertrag (509 v. Chr.), dessen Inhalt durch Polybios überliefert ist, noch eine Quelle für die Sperre von Gibraltar?

Demnach wäre es nämlich den Römern und ihren Allierten verboten, jenseits des Kalon Akroterion (?, schönes Vorgebirge) und von Mastia von Tarschisch (Mastia lag wohl in der Nähe des heutigen Cartagena, Tarschisch ist der phönizisch-hebräische und möglicherweise auch tartessische Name von Tartessos) Piraterie/Sklavenjagd zu betreiben, zu handeln oder Städte zu gründen.

Ist das Alles?!?!

Das das Kalon Akroterion schon im ersten punisch-römischen Vertrag die Interessenssphäre der Römer von punischer Seite begrenzt, ist hier wohl ein afrikanischer Ort (ein Kap?) anzunehmen, oder?

Ich habe mir die Stelle, die als Beleg für die Sperre herangezogen wird, aus dem Vertrag im Polybios-Text III, 22,4 (auf Englisch) angeschaut: da steht explizit nichts von einer Sperre von Gibraltar bzw. der Säulen des Herkules, sondern nur das, was El Q. im oben zitierten Beitrag bereits schrieb. Die "Sperre" ergibt sich wohl implizit, weil sowohl auf der europäischen wie auch auf der afrikanischen Seite der Küste es den Römern verboten war, zu segeln. Da ja die antike Schiffahrt (oder heißt es Schifffahrt?:weinen:) eine Küstenschiffahrt war, hatten die Römer keine Möglichkeit, die Straße von Gibraltar überhaupt zu erreichen.

Moment, auf 509 v. Chr. wird (Polybios 3,22) der erste römisch-karthagische Vertrag datiert. Der zweite war 348 v. Chr. (Livius 7,27).
Das "Kalon Akroterion" lag laut Polybios 3,23 nördlich von Karthago. Ob Tarseion mit Tartessos zu identifizieren ist, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen. (Wenn Mastia mit Cartagena zu identifizieren ist, lag es schon ein Stück vom alten Tartessos entfernt.)

Ich weiß aber nicht, was Du aus diesen Verträgen für die Frage der Gibraltar-Sperre ableiten möchtest. Sie regeln doch nur, welche Vertragspartei wo was machen durfte, schaffen also Rechte und Pflichten, ohne etwas über die praktische Umsetzung auszusagen.

Zur Datierung und Nummerierung der vorgenanten Verträge möchte ich auf folgenden Aufsatz verweisen: http://www.rhm.uni-koeln.de/101/Hampl.pdf

Der Verfasser des Aufsatzes setzt den ins Jahr 348 v. Chr. datierten Vertrag wesentlich früher an.
 
Da ja die antike Schiffahrt (oder heißt es Schifffahrt?:weinen:) eine Küstenschiffahrt war, hatten die Römer keine Möglichkeit, die Straße von Gibraltar überhaupt zu erreichen.
Ganz so war es ja nun auch nicht. Wie sollte man sonst die schon diskutierte Geschwindigkeit (Gades-Ostia) schaffen?
 
Das Segeln nach den Sternen muss den Griechen vor 700 bekannt gewesen sein. Jedenfalls berät Kalypso Odysseus, an welche Sterne er sich halten muss, um nach Hause zu kommen. Wir können die Odyssee also als terminus ante quem (taq) festmachen.
 
Mal aus dem Gedächtnis: Es gibt eine antike Schriftquelle, die erwähnt, dass die Phönizier sich am Sternbild Kleiner Wagen (Bär), also dem Polarstern, orientieren würden. Bei den Griechen wäre es der Große Wagen und damit ungenauer.
Vielleicht kann ja jemand sagen, wer diese Aussage getätigt hat. Womöglich der große Homer selbst.
 
Mal aus dem Gedächtnis: Es gibt eine antike Schriftquelle, die erwähnt, dass die Phönizier sich am Sternbild Kleiner Wagen (Bär), also dem Polarstern, orientieren würden. Bei den Griechen wäre es der Große Wagen und damit ungenauer.
Vielleicht kann ja jemand sagen, wer diese Aussage getätigt hat. Womöglich der große Homer selbst.
Nein. Homer erwähnt die Phönizier zwar mehrmals, aber über ihre Orientierung sagt er nichts.
 
Mal aus dem Gedächtnis: Es gibt eine antike Schriftquelle, die erwähnt, dass die Phönizier sich am Sternbild Kleiner Wagen (Bär), also dem Polarstern, orientieren würden. Bei den Griechen wäre es der Große Wagen und damit ungenauer.
Vielleicht kann ja jemand sagen, wer diese Aussage getätigt hat. Womöglich der große Homer selbst.
Ich vermute es bezieht sich auf die Umsegelung Afrikas durch Hanno. Ich meine mich zu erinnern, dass (in der griechischen Übersetzung?) dort referiert wird, dass irgendwann Polarstern und Kreuz des Südens gleichzeitig am Himmel waren und die Sonne danach am Nordhimmel. Die Kenntnis der nützlichen Sterne wird sich unter Seefahrern früh durchgesetzt haben. Dieses bringt einen Seefahrer aber auch nicht weiter ohne entsprechende Ortskenntnisse. Karten und Markierungen gab es ja noch nicht oder nur in sehr rudimentärer Form.

Man kann zwar schön entgegen den untergehenden Saturn oder Venus richtung den Säulen des Herakles segeln um dann auf die nicht markierten Untiefen bei Alboran aufzulaufen. Küstennavigation in nicht kartierten Bereichen war eine Notwendigkeit trotz astronomischer Kenntnisse.
 
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