Einkreisung des Deutschen Reiches?

Das Zarenreich hatte lange Zeit eine Konferenz abgelehnt. Allerdings nahm die englische Bereitschaft zum Kriege zu. Die Flotte wurde in Richtung Konstantinopel entsandt, ein Expeditionskorps von 70.000 Mann wurde vorbereitet, indische Truppen wurden nach Malta verlegt. Darüber hinaus war die strategische Lage der russischen Armee vor Konstantinopel war nicht günstig, so das im April 1878 Petersburg dem Gedanken einer Konferenz näher trat.

Der russische Botschafter in London Peter Schuwalow erhielt die Genehmigung zu verhandeln und ein Abkommen schließen, welches den Weg zu einer Einigung freimachte. Vom Interesse ist es, was dort eigentlich vereinbart worden war.

Russland stimmte zu, das es kein Großbulgarien geben wird dieses aufzuteilen ist. Das ist der wesentliche Punkt. Darüber hinaus wurden die Vereinbarungen von San Stefano zur Disposition gestellt, in dem Petersburg einem Kongress die freie Diskussion aller Bestimmungen des Vorfriedens zugestand.

England sicherte, in Gesprächen mit der Pforte, sich noch vor dem Kongress am 04,Juni 1878 das Recht Zypern zu okkupieren zu dürfen; dafür sollte Russland Batum erhalten. Die Gegenleistung Londons war die Bestandsgarantie des Osmanischen Reiches und der diplomatischen Unterstützung auf dem Berliner Kongress. Wo war London eigentlich 1911, 1912 und 1913? Hätte es dort nicht gemäß dieser Abmachung eingreifen müssen?

Am 06.Juni 1878 haben sich ÖU und London bereits über die wichtigste Frage des Kongresses geeinigt gehabt: Begrenzung und Aufteilung Bulgariens.

Am 13.06.1878 begann schließlich der Kongress.

Beaconsfield konnte kein Französisch und sprach, ohne sich mit den anderen Teilnehmern darüber abzustimmen einfach Englisch. Gortschakow konnte kein Englisch und redete an Beaconsfield inhaltlich vorbei. Erst Schuwalow, der die Englische Sprach beherrschte war dann in der Lage mit Beaconsfield zu kommunizieren.

Es ging auch nicht unbedingt harmonisch zu. Am 21.06.1878 drohte Beaconsfield abzureisen. Die englischen Kriegsvorbereitungen gingen weiter. Schuwalow und Gortschakow waren sich nicht einig. Gortschakow wollte San Stefano retten, Schuwalow setzte sich für seine mit London ausgehandelten Vereinbarungen ein. Gortschakow blieb dann den nächsten Sitzungen, unter Vorwand einer angeblichen Krankheit, fern. So konnte er dann später alles Schuld Schuwalow anlasten. Dieses Fehlen Gortschakows war schon auch eine erste Distanzierung von Deutschland, wie sie später sich mit dem „Ohrfeigenbrief“ abzeichnete.
 
Herzlichen Dank für Deine Arbeit, Turgot.
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Nur weiter so!

Dankeschön für das freundliche Kompliment.

Unter dem Datum des 24.Juni 1878 schickte Bismarck an den deutschen Botschafter in Petersburg das folgende Telegramm:

"Die Aufgabe des Grafen Schuwalow ist sehr schwierig, weil wir die einzigen sind, welche ihm beistehen. Seine Stellung wird noch erschwert durch die Haltung des Fürsten Gortschakow, der nicht mehr ist, was er einst war. Es ist nicht bloß mein, sondern ein allgemeiner Eindruck."
 
Gortschakow hatte es sich persönlich recht einfach gemacht, in dem unter Vorschiebung einer angeblichen "Diplomatenkrankheit" sich auf diesen Sitzungen einfach nicht sehen ließ.
Er war immerhin 80 Jahre alt und durchaus entsprechend schwächlicher.

Die Konzessionen hatte Russland ja übrigens schon vorher zugestanden; das wird komischerweise übersehen.
Schuwalow hatte als russ. Botschafter in London im Mai 1878 mit der brit. Reg. ein Memorandum vereinbart, 'geheim,' aber vom Globe am nächsten Tag veröffentlicht. Auf dem Berliner Kongress gab es zwischen London und Moskau erneut wg. Bulgarien erhebliche Differenzen, im Hintergrund wirkte wohl auch das britische Agieren in Zentralasien, welches aus Sicht Schuwalows das Memo vom Mai in Frage stellte.

Wichtig ist nicht der Zeitpunkt, sondern der Inhalt. Und die Enttäuschung über die Ergebnisses des Kongresses haben da sicher reingespielt. Alexander III. erwartete Dankbarkeit für 1870. Diese wurde von deutscher Seite auch anerkannt.
Ein Jahr und ein Monat nach Ende des Berliner Kongress hatte sich der Vollzug, die konkrete Durchführung der vereinbarten Punkte des Berliner Vertrages anders entwickelt, wie erhofft und erwartet.
Alexander II. erinnerte an die russische Absicherung, an die russ.-preußischen mündlichen Absprachen seit 1868 zur gegenseitigen militärischen Absicherung gegenüber Paris u. Wien - mit unterschiedlich verstandenen Reichweiten/Verbindlichkeiten. Diese unterschiedlichen Perspektiven/Deutungen auf die Gespräche führten folgend zu unterschiedlichen Erwartungshorizonten, was die Berliner Gegenleistung bieten sollte.

Hier war Bismarck stets auf der Bremse, und die russ. Administration tat sich schwer, den ehemaligen Juniorpartner Preußen als gleichrangige preußisch-deutsche Kontinental-Großmacht zu akzeptieren.

Da stand Deutschland ja in Europa nicht allein da. Die seit 1873 andauernde Wirtschaftskrise löste einen erheblich Fall der Preise Industrie- und Agrarprodukte aus. Deshalb führt die Reichsregierung 1879 die Schutzzölle ein.

Der bedeutendste Außenhandelspartner Moskaus für Agrarprodukte war das dt. Kaiserreich - und Rußland davon wirtschaftlich recht abhängig. Außerdem wurden, wie später, seuchenpolizeiliche/veterinärgesundheitliche Bestimmungen gegen russ. Vieh- und Fleischimporte erlassen, meine ich.
 
Als das Deutsche Reich 1871 gegründet worden war, hat es sich durch Bismarck für saturiert erklärt. Mit anderen Worten, es wurde kein weiterer territorialer Erwerb angestrebt. Des Weiteren galt es ein paar außenpolitische Maximen zu beachten. Das Deutsche Reich war durch seine Mittellage potentiell gefährdet. Es galt also den Feind Frankreich zu isolieren und isoliert zu halten. Die übrigen europäischen Mächte sollten des Deutschen Reiches bedürfen.
Ergänzend: In der Mittellage entstand eine neue militärische, wirtschaftliche, politisch-staatliche Großmacht...welche das bisherige Großmacht-System erheblich erweiterte und beträchtlich verschob. Allein schon dies sorgte für eine gewisse und anhaltige Unruhe wie Besorgnis unter den Nachbar-Staaten und den bisherigen Großmächten.

1890 markiert eine Zäsur in der deutschen Geschichte, denn Wilhelm hat in seinem Geltungsdrang Bismarck unmissverständlich aufgefordert sein Entlassungsgesuch einzureichen. Wilhelm wollte sein eigner Bismarck sein und das ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo sich das Zarenreich um eine vorzeitige Verlängerung des Rückversicherungsvertrages bemühte. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt beginnt die Auskreisung des Deutschen Reiches.

Man könnte summarisch formulieren, Bismarck versuchte die politische Neujustierung der Nachbarn und Großmächte durch eine vielfältige Politik, beispielsweise der Diversion, insoweit zu lenken, dass der mögliche Prozess einer (oder jeder) Art von Frontbildung gegen die neue Großmacht, den Aufsteiger, möglichst verhindert bzw. hinausgezögert wurde. Immerhin hatte die preußische Regierung auf dem Weg zum Dt. Kaiserreich in vier Jahren zwei sehr erfolgreiche Kriege gegen die unmittelbar benachbarten, tradierten Großmächte Frankreich und ÖU führen lassen. Das wurde damals schon als spektakulär gesehen, schätze ich.

Was machte nun aber Russland? Verständlicherweise war man St.Petersburg darüber in Sorge, isoliert zu sein. Es geschah genau das, was Bismarcks Albtraum war, nämlich die französische-russische Allianz von 1894. Deutschland war zwischen den beiden kontinentalen Flügelmächten Europas. Die Geschichte der Annäherung zwischen Frankreich und Russland reicht selbstverständlich schon weiter zurück als 1890, aber die Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages hat hier schon wie ein Katalysator gewirkt. Das war der erste bedeutende Schritt, aufgrund der nicht eben besonders glücklich agierenden Diplomatie des Deutschen Reichs, zur Auskreisung und nicht zur Einkreisung!

Die russische Politik war seit dem Krimkrieg mit den beiden Großmächten UK und Frankreich vielfach in Sorge, isoliert zu sein, isoliert zu werden. Und mit Junior-Partner Preußen verband ganz handfest die gemeinsame Aufteilung Polens. Andererseits war/ist Bismarcks innere Distanz und auch instrumentelle Nutzung der russ. Politik und Lage für preußische (preußisch-deutsche) Zwecke ersichtlich, also die übliche (Großmacht-) Politik, wie sie vielfach auch sein guter Bekannter Gorcakov anvisierte, welcher allerdings mit Bismarcks neuer Rolle als Repräsentant einer neuen Großmacht, die keinen Mentor mehr zu benötigen glaubte, weniger gut zu recht kam....
 
Hierzu eine Frage:
Ich habe irgendwo mal gelesen, Bismarck wollte in seiner Endphase das Bündnissystem neu ausrichten. Gab es hierzu Überlegungen, was genau wollte Bismarck denn anders machen als früher?
 
So jetzt hab ich es wiedergefunden:
In dem Kapitel über Bismarck in seinem Buch „Preußische Profile“ erwähnt Sebastian Haffner, daß Bismarck vor seinem Sturz seine Außenpolitik noch einmal fundamental umstellen wollte. Demnach wollte er Österreich-Ungarn als Verbündeten durch Rußland ersetzen. Außerdem bereute er laut Haffner sein Verhalten auf dem Berliner Kongreß, dort hätte er nach seiner eigenen Einschätzung „Politik gemacht wie ein Stadtverordneter“.
 
Welche Quelle benennt Haffner für

„Politik gemacht wie ein Stadtverordneter“.

diese Äußerung?

Wieso die Verbündeten austauschen? Deutschland war über den Zweibund mit Österreich-Ungarn verbunden und das seit 1879.
Mit Russland war die damals aktuelle Abmachung der Rückversicherungsvertrag von 1890. Was sollte da getauscht werden?
 
Welche Quelle benennt Haffner für

„Politik gemacht wie ein Stadtverordneter“.

diese Äußerung?

Das würde mich auch interessieren. Das angebliche Bismarck-Zitat taucht anscheinend erst 1904 in der Bergedorfer Zeitung auf und geistert seither in der Literatur herum:

Dr. Chrysander, der seither nie publizistisch hervorgetreten ist, erzählt in der Bergedorfer Ztg.: Die ersten Nachrichten aus Ostasien erwecken folgende Erinnerung: „Die größte Torheit meines diplomatischen Lebens," so sagte der verewigte Fürst Bismarck halb scherzend, „war der Berliner Kongreß. Ich hätte Rußland und England sich gegenseitig auffressen lassen sollen, wie die zwei Löwen im Walde, von denen nur zwei Wedel übrig blieben, dann hätten wir jetzt mehr Einfluß, Ruhe und weniger Gefahr. Aber ich habe damals Politik gemacht wie ein Stadtverordneter."
https://www.amigbrasil.org.br/wp-content/uploads/2019/01/Der-Kompass-1904-edicao-78-6-paginas.pdf
 
Der russische Botschafter in London Peter Schuwalow erhielt die Genehmigung zu verhandeln und ein Abkommen schließen, welches den Weg zu einer Einigung freimachte.
Nachdem zuvor ÖU mit Andrassy weit schärfer auf die Moskauer Vertragsschließung von San Stefano Anfang März 1878 reagiert und ebenso weitere, moderierende Gesprächsangebote russischerseits beantwortetet hatte. Die Moskauer Administration wandte sich via Schuwalow an London, um eine Isolation und Eskalation mit beiden Großmächten mit dem weniger abweisenden Großmacht-Part zu versuchen und einen vermuteten oder für möglich gehaltenen Schulterschluss beider Administrationen gegen die Moskauer Regierung zu unterbinden. Zumal mit London gleich über eine asiatische/kleinasiatische Kompensation/Absprache verhandelt werden konnte.
Nicht nur Gorcakov und Schuwalow waren sich nicht einig, - beide konkurrierten stark miteinander - sondern die Administration selber mitsamt dem Zaren ebenso.

Vom Interesse ist es, was dort eigentlich vereinbart worden war.
Das war eine bewusst geheime Vorvereinbarung. Die wurde vom Globe am 14.6.78 durchgestochen und sorgte in der britischen Öffentlichkeit für Empörung über die britische Seite.

Russland stimmte zu, das es kein Großbulgarien geben wird dieses aufzuteilen ist. Das ist der wesentliche Punkt.
Es war eine geheime Vorvereinbarung und Schuwalow stimmte dem zu, nachdem er dem Zaren persönlich davon unterrichtet hatte, welcher sich von den Umständen und Schuwalow dazu überzeugen ließ.

Darüber hinaus wurden die Vereinbarungen von San Stefano zur Disposition gestellt, in dem Petersburg einem Kongress die freie Diskussion aller Bestimmungen des Vorfriedens zugestand.
Das tat Petersburg mitnichten, da Schuwalow eine schriftliche oder mindestens ehrenwörtliche Zusicherung zu verlangen hatte, dass die britische Regierung bei Abschluß einer erfolgreichen Vorvereinbarung auf der vereinbarten Basis zustimme, den Vertrag von San Stefano zu sanktionieren. (Q: Linke, Gorcakov, 2020, S. 983)

Am 06.Juni 1878 haben sich ÖU und London bereits über die wichtigste Frage des Kongresses geeinigt gehabt: Begrenzung und Aufteilung Bulgariens.
Eine ebenfalls streng geheime Vereinbarung vom 6. Juni 1878 zwischen britischer und ÖU-Administration, von Andrassy als Gentlemen Agreement bezeichnet, formulierte, dass sich beide Großmächte auf dem kommenden Berliner Kongreß gegenseitig beispielsweise bei den Themen Bulgarien oder Bosnien-Herzegowina unterstützen sollten.

Gortschakow blieb dann den nächsten Sitzungen, unter Vorwand einer angeblichen Krankheit, fern.
Gorcakov hatte nachweislich in den Monaten zuvor krankheitsbedingt geschwächelt, Abstand genommen, sein Gesundheitszustand besserte sich etwas Anfang Juni, blieb aber anfangs erkältet und leicht fiebrig.
Er hatte sich sowieso über den Kopf vom eigentlich geeigneten und wohl vorbereiteten Verhandlungsführer Schuwalow, der ja bereits in London mit der dortigen Regierung verhandelt und das Vorabkommen abgeschlossen hatte, als Verhandlungsführer der russ. Delegation aufgedrängt, wohl auch, um seinen Konkurrenten/Widersacher zurückzusetzen. Und wurde von Schuwalow-Freund Bismarck wiederum auf dem Kongress mindestens einmal öffentlich zurück gesetzt.

Die Absenz von etlichen wichtigen, aber riskanten Sitzungen, war wohl geplant von Gorcakov eingesetzt worden, um sich von den für ihn, den Zaren und große Teile der russischen Öffentlichkeit und Führungsschicht absehbar als so nicht akzeptablen Ereignisse des Berliner Kongresses absetzen zu können - seine vorhergehende Krankheitsphase wie auch die anfangs noch vorhandene leichte fiebrige Erkältung waren dafür geeignete Vorwände.

Dieses Fehlen Gortschakows war schon auch eine erste Distanzierung von Deutschland, wie sie später sich mit dem „Ohrfeigenbrief“ abzeichnete.
Beides trifft so nicht zu.
Wenn, dann distanzierte sich Gorcakov von der aus seiner Sicht in Berlin wesentlich von Bismarck angemaßten Großmacht-Rolle nach 1871, forderte weiterhin eine der 1870 gegebenen russ. Unterstützung adäquate Berliner Unterstützung, was ihn aber nicht hinderte zu versuchen, Bismarck auch weiterhin für seine Absichten und Vorstellungen heranzuziehen, mit ihm ggf. zusammen zuarbeiten.
So glaubte er fest daran, da Bismarck weder gegen den russischen Angriff gegen die osmanischen Truppen, noch gegen die Vertrag von San Stefano Stellung genommen hatte und mit der russischerseits u.a. von Gorcakov zugedachten Mittlerrolle auf dem Kongress einverstanden gewesen war, dass dieser sich auf dem Berliner Kongress deutlich für die Ziele entsprechend den Vorstellungen Gorcakovs (des Zaren, erheblicher Teile der russischen Öffentlichkeit usw.) einsetzen werde.

Weiterhin gilt nochmals festzuhalten, dass Gorcakov nicht die Moskauer Regierung allein darstellte. Gerade in Moskau seit langem und so auch später Tradition.

Letztlich hofften Gorcakov und diverse andere in Moskau, sowohl Bismarck mit der deutschen wie die britische Delegation würden zusammen mit der russischen deutlich die sogenannte 'freie Diskussion' über den Vorfrieden von San Stefano (doch noch) in die 'richtigen' Bahnen lenken können.

Was sie nicht taten und Bismarck eben erst recht nicht. Wir erinnern uns an das bekannte Gemälde Berliner Kongress von Anton von Werner...Bismarck schüttelt nicht dem offiziellen russ. Delegationsleiter Gorcakov die Hand, sondern dem mit ihm befreundeten, stellv. russ. Delegationsleiter Schuwalow.
 
Der bedeutendste Außenhandelspartner Moskaus für Agrarprodukte war das dt. Kaiserreich - und Rußland davon wirtschaftlich recht abhängig.
Nur zur Ergänzung: Die russ. Administration hatte zur Finanzierung des Krieges gegen das Osmanische Reich einen gewaltigen Extra-Schuldenberg z.B. in Form Anleihen angehäuft, gleichzeitig war der Staatshaushalt deutlich defizitär geworden und die Inflation stieg massiv an - so die Lage 1879, wie nun ausgerechnet der wichtigste Agraraußenhandelspartner Dt. Reich im Juli die Schutzzölle einführte und damit die ausgeprägte, inzwischen mehr schlecht wie recht funktionierende Finanzierung der Schulden bzw. Bedienung der Schuldenzinsen und des Haushaltsdefizits durch Agrarexporte deutlich erschwerte bzw. damit schlicht bedrohte.

Daher wahrscheinlich zutreffend wurde die Schutzzölle-Einführung 1879 in der wissenschaftlichen deutschen Wirtschaftsgeschichtsschreibung auch als von Bismarck gegen die Russ. Administration gerichtet interpretiert.
 
Zum Ohrfeigenbrief: Wichtig ist nicht der Zeitpunkt, sondern der Inhalt. Und die Enttäuschung über die Ergebnisses des Kongresses haben da sicher reingespielt. Alexander III. erwartete Dankbarkeit für 1870. Diese wurde von deutscher Seite auch anerkannt. Es bestanden aber erhebliche Differenzen über Ausmaß und Umfang. Und Gortschakow war zur Reziprozität nicht bereit, er erwartete Gefolgschaft. Das wurde ja schon im Vorfelde des Kongresses deutlich. Es wurde deutsche Unterstützung angemahnt, es wurde aber nicht exakt gesagt wofür eigentlich.

Ein Jahr und ein Monat nach Ende des Berliner Kongress hatte sich der Vollzug, die konkrete Durchführung der vereinbarten Punkte des Berliner Vertrages anders entwickelt, wie erhofft und erwartet.
Alexander II. erinnerte an die russische Absicherung, an die russ.-preußischen mündlichen Absprachen seit 1868 zur gegenseitigen militärischen Absicherung gegenüber Paris u. Wien - mit unterschiedlich verstandenen Reichweiten/Verbindlichkeiten. Diese unterschiedlichen Perspektiven/Deutungen auf die Gespräche führten folgend zu unterschiedlichen Erwartungshorizonten, was die Berliner Gegenleistung bieten sollte.

Hier war Bismarck stets auf der Bremse, und die russ. Administration tat sich schwer, den ehemaligen Juniorpartner Preußen als gleichrangige preußisch-deutsche Kontinental-Großmacht zu akzeptieren.

Host Günter Linke, Garcakov (2020):

(S. 116) Demonstrieren lässt sich das an dem für die russische Außenpolitik generell wichtigen Thema des Verhältnisses zu Deutschland nach dem Berliner Kongress. Ganz im Sinne des ‚Kissinger Diktats‘ bezeichnete es Bismarck im November 1878 als sein Ziel, „das orientalische Geschwür offen zu halten und dadurch die Einigkeit der Großmächte zu vereiteln und unseren eigenen Frieden zu sichern.“28 Ein weiteres Ziel, das er sich bei der Einberufung des Kongresses nach Berlin und der Übernahme des Vorsitzes gesetzt hatte, bestand in der Absicht, als ‚ehrlicher Makler‘ zu erscheinen und den Dank der Teilnehmer zu erwerben.

Er wollte es vermeiden als ‚Schiedsrichter‘ angesehen und von der sich benachteiligt fühlenden Partei der Parteilichkeit geziehen zu werden mit den damit verbundenen Beschuldigungen und Verstimmungen. Das erste Ziel, das ‚orientalische Geschwür offenzuhalten‘ wurde erreicht, das zweite, als ‚ehrlicher Makler‘ anerkannt zu werden, nicht. Wie bereits dargelegt, berichtete Šuvalov in Berlin, dass der Zar, angeblich unter der vorrangigen Einwirkung Gorčakovs, den Kongress scharf getadelt habe als „‚die europäische Koalition gegen Rußland, unter Führung des Fürsten Bismarck‘.“29

Was russischerseits von Bismarck erwartet wurde, war, dass er nun sein politisches Gewicht in die Waagschale werfen würde, um wenigstens bei den noch ausstehenden Grenzfestlegungen und innerpolitischen Regelungen auf der Balkanhalbinsel dem russischen Standpunkt Geltung zu verschaffen.30 Doch dazu war Bismarck nicht ohne Weiteres bereit. Er machte aus der Verfahrensfrage eine Grundsatzfrage.
Programmatisch beanstandete er jetzt, wie er zuvor schon in Einzelfällen beklagt hatte, dass Russland Deutschland wie früher Preußen als Juniorpartner bzw., wie Bismarck sich bildlich ausdrückte, als ‚Lakai‘ behandele, der stets, ohne zu fragen, eilfertig zu Diensten zu stehen habe, dem man umgekehrt aber unter Berufung auf schon erbrachte Vorleistungen von existentieller Bedeutung nicht in gleicher Weise verpflichtet sei. Bismarck bestritt nicht die Bedeutsamkeit der russischen Hilfestellung von 1870/71, befand aber, dass die Gesamtbilanz auf Grund der zuvor und seither von Preußen-Deutschland geleisteten Unterstützung eher zu dessen Gunsten ausfalle und damit die Dankesschuld „mehr als abgetragen“ sei. Er wollte weiterhin ein enges Verhältnis zu Russland, aber auf der Basis der Gleichberechtigung, was sich aus seiner Sicht nur realisieren ließ, wenn er den Ton angeben würde, d. h. auf der Basis einer zumindest perspektivischen Präponderanz.
[...]
Aus seiner Sicht bedurfte es einer Art Schocktherapie. Er entschied sich für eine prononciert provokante Politik, die den hervorgehobenen Wert Deutschlands für Russland demonstrieren und nach dem zu (S. 117) erwartenden Protest einen Ausgleich zu seinen, Bismarcks, Bedingungen ermöglichen sollte.31
[...]
Die Unterstützung Russlands in den Kommissionen verweigerte er mit der dekuvrierenden Begründung an die deutschen Vertreter, „zu verhindern, dass die russische Diplomatie sich daran gewöhne, ohne weiteres Folgsamkeit […] zu verlangen.“32​

Bismarck beließ es nicht bei der Verweigerungshaltung. Anfang 1879 erhöhte er den Druck, indem er selbst in die Offensive ging. Das Schlüsselwort lautete ‚Pestsperre‘. Lokale und regionale Epidemien unter Nutz- und Schlachtvieh waren in Russland keine Seltenheit, und man bekämpfte sie im Regelfall – auch im grenzüberschreitenden Warenverkehr – ohne viel Aufhebens mit effektiven Schutzmaßnahmen.

Doch Bismarck machte Anfang des Jahres 1879 aus dem Notfall ein Politikum. Die von Russland ausgehende Gefahr, ließ er den Kaiser in einer Thronrede vom 12. Februar 1879 verkünden, erfordere verstärkte Vorsichtsmaßnahmen, „welche dem Verkehr lästig fallen.“33 Durch beträchtlichen Druck auf Wien erreichte der Reichskanzler überdies, dass sich auch Österreich-Ungarn den ‚Schutzmaßnahmen‘ anschloss. [...]

Weitere Verschärfungsaktionen Bismarcks gegen Moskau 1879
  • Von Bismarck initiierte, gestützte und inspirierte Pressekampagne im März 1879 gegen Gorcakov
  • Beschwörung einer 'Russischen Gefahr' wg. russischer Verstärkung der in Polen stationierten Armeeeinheiten
  • Bismarck stellt im Frühjahr/Sommer mit dem russ. Botschafter in Berlin, Oubril, den Verkehr nahezu ein
  • wie Gorcakov im Sommer des Jahres längere Zeit im Dt. Reich traditionell kurlaubte, ignorierte Bismarck dessen Ankunft, weiterhin wurde diesmal nicht der übliche Sonderwaggon für Gorcakovs Bahnreise(n) zur Verfügung gestellt.

Linke, Gorcakov (2020):

(S. 1023) [...] Anfang August 1879 war für Alexander II. das Maß voll. Nach einer mündlichen Vorwarnung, die er Schweinitz am 6. August 1879 zuteilwerden ließ, wandte sich der Zar am 15. August 1879 mit einem Handschreiben an Wilhelm I., das als ‚Ohrfeigenbrief‘ in die Geschichtsbücher eingegangen ist. [...] Sein Unmut richtete sich zuvörderst gegen das Verhalten der deutschen Vertreter in den vom Berliner Kongress eingesetzten Kommissionen zur Findung noch ausstehender Friedensregelungen.
(S. 1024) Bismarck hatte den Eklat, den er vorsätzlich herbeigeführt hatte. Der Zar machte es ihm zudem leicht. [...]


 
Oder kurz gefasst: Der Ohrfeigenbrief ist das kalkulierte Ergebnis und Höhepunkt einer klassischen Bismarck-Taktik, bei welchem er diverse 'Treibmittel' in einer vorgegebenen komplexen Situation und Gemengelage nutzt, um mit direkten und wie indirekten bzw. verschleierten Eingriffen auf verschiedenen Ebenen die Situation schrittweise soweit 'anzureichern' bzw. dies jeweils zu versuchen, bis die Lage eskaliert bzw. eine hochoffizielle, teils öffentliche Ebene erreicht hat.

Im Fall mit dem französischen Kaiserreich folgte die große Eskalation, für welche Bismarck bereitet und vorbereitet gewesen war, im Fall des Ohrfeigenbrief die stufenweise Deeskalation, in welcher beispielsweise der Presse oder Missverständnissen oder der unübersichtlichen Situation die Verantwortung zugeschoben wurde und B. mit einer (Charme-) Offensive die Beruhigung der Lage bzw. die scheinbare Wiederanknüpfung an alte Vertrauensverhältnisse damit verband, nun ein Großmächte-Verhältnis mit Moskau auf Augenhöhe und nach seinem Verständnis davon als neue Ausgangsbasis einzuführen.
 
Bismarck wurde von den anderen Großmächten dazu gedrängt, auch von Frankreich, den Vorsitz auf dem Kongress zu übernehmen. Der Grund hierfür: Es war allgemein bekannt, das Deutschland hier keine eigenen Interessen zu vertreten hatte. In dieser Funktion als Vorsitzender des Kongressen hat er als einziger keinen Vorteil angestrebt, sondern ein Friedenssystem zu errichten geholfen, das Europa eine Friedensperiode von 36 Jahren sicherte. Das Ziel war klar: Den Frieden zu erhalten. Damit war das neue Deutsche Reich in den Spuren des alten Reiches unterwegs; eben ein Garant des europäischen Friedens zu sein. Von eben dieser Rolle hat Bismarck die anderen europäischen Staatsmänner durchaus überzeugt.

Am 13.Juli 1878, den letzten Sitzungstag äußerte sich Graf Andrassy dazu wie folgt:

"Meine Herren,
In dem Augenblick, da unsere Bemühungen in eine allgemeine Übereinkunft einmünden, wäre es uns unmöglich, nicht dem hervorragenden Staatsmanne Ehre zu erweisen, der unsere Arbeit geleitet hat. Er hat unverrückbar im Auge das Ziel gehabt, den Frieden zu sichern und zu festigen. Er hat seine ganze Mühe darauf verwandt, Gegensätze auszugleichen und die Unsicherheit so rasch wie möglich zu beenden, die so drückend auf Europa lastete. Dank der Klugheit und unermüdlichen Tatkraft, mit der unser Präsident unsere Arbeit geleitet hat, hat er im hohem Maße zum raschen Erfolg des Friedenswerkes beigetragen, das wir gemeinsam begonnen haben. Ich bin daher sicher, die einmütige Zustimmung der Hohen Versammlung zu finden, wenn ich Ihnen vorschlage, S.D. dem Fürsten Bismarck, unseren wärmsten Dank auszusprechen."

Zu Paul von Qubril: Meines Wissen nach war Bismarck mit diesen russischen Diplomaten sehr unzufrieden und wollte diesen durch einen anderen ersetzt sehen. 1879 wurde dann ja auch Saburow russischer Botschafter in Berlin. Bismarck gewann in den ersten Gesprächen schon den zutreffenden Eindruck, das sich eine Rückwendung der russischen Politik zu Deutschland hin anbahne. 1881 war es dann auch so weit. Bismarcks auswärtige Politik kann also nicht ganz daneben gelegen haben.

Die Beziehung zwischen Bismarck und Gortschkow war seit 1875 ruiniert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Am 01.Oktober 1876 stellte Gortschakow Bismarck die überaus heikle Frage, wie sich Deutschland verhalten würde, wenn sich aus dem Eingreifen Russlands in dem Balkankonflikt ein Krieg zwischen Russland und Österreich-Ungarn entwickeln würde. Dies berührte ein Zentralproblem der deutsch-russischen Beziehungen.
Es bestand eben darin, ob das neue Deutsche Reich aufgrund der faktisch gebotenen Rückendeckung Russlands 1870 zu politischen Gegenleistungen verpflichtet war. Ein positive Antwort auf Gortschakows Frage mußte Folgen zeitigen, die in diametralen Gegensatz zu der Leitlinie der Bismarckschen Außenpolitik seit der "Krieg-in-Sicht-Krise" stand. So blieb eben doch nur die ausweichende Lösung der wohlwollenden Neutralität.
Bismarck äußert sich zu diesem Thema gegenüber den detuschen Botschafter in Petersburg Schweinitz: "Unserem Interessen kann es nicht entsprechen, durch eine Koalition des gesamten übrigen Europa, wenn das Glück den russischen Waffen ungünstig wäre, die Machtstellung Russlands wesentlich und dauernd geschädigt zu sehen; aber ebenso tief würde es die Interessen Deutschlands berühren, wenn die österreichische Monarchie in ihrem Bestande als europäische Macht oder in ihrer Unabhängigkeit gefährdet würde, dass einer der Faktoren, mit denen wir im europäischen Gleichgewicht zu rechnen haben, für die Zukunft auszufallen drohte."
 
Schon 1877 hatte Moltke, aufgrund der der russsichen Truppenkonzentration in Galizien, Bismarck geschrieben, er fürchte, daß bei einer Verschlimmerung der Wirtschaftskrise die führenden Kreise in Russland nur um so geneigter machen werden würden, einen gewaltsamen Ausweg aus der Kalamität zu suchen. Die allgemeine internationale Wirtschaftskrise hatte eine allgemeine Verschlechterung der internationalen Beziehungen in Europa zur Folge, denn sie erst mobilisierte die protektionistischen Bewegungen. Obwohl, mit Ausnahme Englands, alle großen europäischen Mächte bald diesen Druck wichen, ergriff die ersten protektionistischen Maßnahmen Russland. Finanzminister Reutern musste Geld für den Krieg auftreiben und verfügte, das Einfuhrzölle statt mit Banknoten gleichen Wertes in Goldwährung zu zahlen sind, was die russischen Einfuhrzölle um ca. 30-50 % erhöhte. Natürlich entging Reutern nicht, das diese Maßnahme auch eine Schutzwirkung für russische Produkte hatte. Zweifellos trug die Wirtschaftskrise zur Entfremdung den Partner des DreiKaiser Abkommen bei, aber solche Spannungen bestanden auch damals zwischen allen europäischen Mächten.
 
Zu dem Thema:
Hier Bismarcks Einschätzung zu dem Thema, inwieweit Deutschland Rußland etwas schuldet, oder dankbar sein muss:
„1813 hat uns Rußland geholfen, aber in seinem Interesse. 1815 war die russische Politik im allgemeinen schädlich für uns: sie hintertrieb eine bessere Gestaltung Deutschlands, die nicht zu den Plänen paßte, nach denen Kaiser Alexander die Welt ordnen wollte, und dann wurden unsere Entschädigungsansprüche von den Russen nur lau unterstützt. Zuletzt war ihr Gewinn größer als der unsere, und wir hatten doch mehr eingesetzt, geopfert und geleistet. 1828, da wissen Sie, daß wir ihnen während des Türkenkrieges gute Dienste geleistet haben, Müfflings Sendung z. B., die ihnen aus einer großen Verlegenheit half. 1830 wollten sie uns in Gemeinschaft mit Frankreich anfallen, dem sie das linke Rheinufer verschaffen wollten, und die Sache kam nur nicht zustande, weil die Julirevolution ausbrach. Kurz vor der Februarrevolution war ein ähnlicher Plan in der Entwicklung. 1847 schlugen wir auch im russischen Interesse den Aufstand im Polnischen nieder. Während des ersten Krieges mit Dänemark traten sie uns in den Weg. Was dann 1850 in Warschau geschah, als die Union ins Auge gefaßt war, wissen Sie ja. Den Gang nach Ölmütz verdanken wir zum großen Teil dem Kaiser Nikolaus. 1854 während des Krimkrieges, beobachteten wir, die kurz vorher schlecht Behandelten, Neutralität, während das gut behandelte Österreich sich den Westmächten anschloß, und 1863, wo in Polen die große Insurrektion ausbrach, und Österreich sie mit den Westmächten durch Noten unterstützte, stellten wir uns auf die russische Seite, und die diplomatische Intervention mißlang. 1866 und 1870 hat uns Rußland nicht angegriffen, im Gegenteil. Aber das war doch auch im russischen Interesse. Preußen war 1866 der Exekutor des russischen Zorns auf Österreich und 1870 war’s auch nur gesunde Politik, wenn sie für uns waren; denn es war auch für die Russen nicht wünschenswert, daß Österreich sich am Kriege gegen uns beteiligte, und daß ein siegreiches österreichisch-französisches Heer sich den Grenzen Polens näherte, das von Paris her traditionell, von Wien aus wenigstens in den letzten Jahren auf Kosten Rußlands unterstützt worden war. Und wenn wir ihnen dennoch Dank schuldeten, so haben wir ihn 1870 abgetragen, in London. Wir haben ihnen die Freiheit des Schwarzen Meeres verschafft, ohne uns hätten sie das von Frankreich und England nicht erlangt.
Gottlieb von Jagow: Ursachen und Ausbruch des Weltkrieges, 1919 S. 10ff.
 
Aus heutiger Sicht ist Bismarcks Vorgehensweise auf dem Berliner Kongress zu loben. So ist gerade auf sein Zusammenwirken mit Cremieux zu verdanken, dass es zu der Emanzipation der Juden in Rumänien kam. Rußland lehnte dies entscheidend ab.
 
Der französische Außenminister Waddington brachte das Thema auf dem Kongress am 24.06.1878 zur Sprache. Zunächst ging es um Bulgarien, wo ca. 10.000 Menschen jüdischen Glaubens lebten. Der Kongress ordnete an, dass alle bulgarischen Bürger ohne Rücksicht auf ihr Glaubensbekenntnis gleich Rechte genießen sollten.
Dies wurde dann auch auf Montenegro und Ostrumelien festgelegt. Als Serbien an der Reihe kam, meldete sich der russische Kanzler Gortschakow zu Worte. Er meinte, es gebe Unterschieden zwischen "kultivierten Juden Englands und Deutschlands" und den Juden Osteuropas, die vielfach "die Blutegel ihrer Länder" seien. Schuwalow sah die Dinge anders und war der Sache der Juden nicht ungünstig gestimmt.

Im Artikel 44 des Berliner Kongresses hieß es dann:
"In Rumänien darf der Unterschied der Religionen und Bekenntnisse niemanden als Grund der Ausschließung oder der Unfähigeit entgegengestellt werden, insoweit er den Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern, Funktionen und Ehrenstellen oder die Ausführung der verschiedenen Gewerbe und Industrien betrifft, an welchen Orte es auch sei. [...]."

Die Rolle Bleichröders bei der Emanzipation der Juden in Rumänien sollte nicht unterschätzt werden. Er war es, der Bismarck um entsprechende Unterstützung gebeten hatte und auch die Zusage derselben erhalten hatte.
 
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