Objektiv gesehen haben die Sterne am Nachthimmel keine Ordnung. Sie repräsentieren nichts, was auf der Erde vorhanden ist, passiert oder passieren wird. Als einzig Sinnvolles kann man die Sterne als Fixpunkte für die Position der Erde und damit zum Erkennen der Tages- und Jahreszeit nutzen.
Aber : Es ist eine ureigene Eigenschaft des Menschen, alles Existierende auf Strukturen und Regeln hin abzusuchen, zu ordnen, zu klassifizieren und zu verallgemeinern. Diesem Suchen nach Strukturen verdanken wir die Erkenntnisfähigkeit des Menschen, z. B. in Form der Wissenschaften. Früher hat uns diese Fähigkeit sicherlich beim Aufspüren von Wild oder der Züchtung von Getreide geholfen. Es ist ein großer Teil der vielgerühmten "Intelligenz", der unsere Gattung den Aufstieg zur Nr. 1 aller Lebewesen verdankt.
Interessanter Weise hat der Begriff "Regel" eine doppelte Bedeutung, nämlich einerseits (strukturelle) Regelmäßigkeit und andererseits Verhaltensvorschrift.
Allerdings kann uns dieser Trieb zur Klassifizierung auch in die Irre führen, z. B. bei der Suche nach einem System für's Roulette oder wenn man aus der Betrachtung vergangener Aktienkurse Regeln für die zukünftige Entwicklung derselben abzuleiten versucht. Da wird die Mustersuche zur "Spökenkiekerei".
Wie uns beeindruckende Bauwerke der Vergangenheit zeigen, haben sich unsere Vorfahren intensiv mit dem Sternenhimmel auseinandergesetzt, insbesondere in Hochkulturen. Man kann also vermuten, dass die Beschäftigung mit Astrologie Ausdruck einer besonders hochstehenden Kulturstufe war. Sie war nicht weniger als der Versuch, die Struktur des Universums zu verstehen (man kann es auch als den Willen der Götter bezeichnen, das läuft auf's selbe hinaus), mit dem Ziel, aus dieser Kenntnis Regeln für das eigene Verhalten abzuleiten. Nichts anderes tun wir, wenn wir wissenschaftliche Forschung betreiben.
Die Kulturgeschichte der Sternenkunde ist also die Kulturgeschichte des Geistes. Den Aufwand, den eine Kultur der Astrologie widmete, sagt etwas über ihren Willen zur Erkenntnis der Welt und zur Beherrschung ihres Lebens aus, über das Bild, das der Mensch zu dieser Zeit von sich selbst und von seiner Stellung in der Welt hatte.
Epilog : An einem klaren Winterabend wollte ich mal meinen Kindern etwas über den Sternenhimmel erklären, stellte aber fest, dass ich außer dem Großen Wagen selbst nichts kannte. Ich fuhr zur Tanke und fragte nach einer Zeitung, in der der Sternenhimmel abgebildet wäre. "Sterne...?" fragte der Tankwart verständnislos, "was meinen Sie mit Sternen ?", und er guckte mich an wie ein Auto. Dasselbe wiederholte sich an der nächsten Tankstelle. Da wurde mir bewusst, dass sich unsere Vorfahren in Stonehenge mehr Gedanken über die Welt, in der wir leben, gemacht haben als wir.