Boiorix schrieb:
Du beschuldigst mich, mit der Sage zu frei umzugehen.
Ich beschuldige dich nicht. Ich stelle nur fest, daß du mit der Sage zu frei umgehst, als daß man dir folgen könnte. Der erdkundliche Ort Skandzia ist beispielsweise eindeutig an der Ostsee zu finden. Du hast bisher keinen weiteren Ort genannt, der von altertümlichen Erdkundlern so benannt wurde.
Boiorix schrieb:
Wenn wir ihn [Jordanes] aber überhaupt benutzen, dann haben wir kein Recht an ihm nach Belieben herumzudeuteln.
Boiorix schrieb:
Alle bisherigen "Analysen" gehen ohne Beweise davon aus, daß da von den Pripjet-Sümpfen die Rede ist, und führen dann wolkige Erklärungs-Reden, warum der Text nicht dazu paßt.
Schlammvulkane sind nicht vulkanischen Ursprungs, sondern an Gasquellen (Methan) gebunden. Methan entsteht auch in Sumpfgebieten. Die Schlammvulkane sind der Grund, weshalb du in die Gegend des Asowschen Meeres gelangst. Jordanes spricht einerseits von schwankenden Mooren und andererseits von verschlingenden Sumpflöchern (unergründlichen Wasserlöchern). Er erzählt noch zu seiner Zeit hätten glaubwürdige Zeugen dort Rindergebrüll und Zeichen menschlicher Siedlung bemerkt. Der Winter kann auch, wie Hyokkose schon richtig sagte, über den Pripjet eine Brücke gebaut haben; ebenso kann es dort Eisgang bei Tauwetter gegeben haben. Beornas Hinweis darauf, daß diese eingestürzte Brücke sinnbildlich für die Trennung der Goten steht, ist für mich glaubhafter. Sie benennt allenfalls den Ort an dem die Trennung stattfand.
Charles Mierow sagt: „the land of Scythia, called Oium in that tongue“ und „the country of Oium“, was nur bedeuten kann, hier, wohl jenseits des wasserreichen Pripjet, war das Land der Skythen (i.e.S.) erreicht. Die Skythen (i.e.S.) lebten einst im nördlichen Schwarzmeergebiet zwischen Donau und Don. Das Land der „Oium“ wäre demnach nicht, wie von dir beabsichtigt, auf die Krim-Skythen beschränkt. Die Krim-Goten waren ja auch nur ein Teil der Ostgoten.
Boiorix schrieb:
Zum Namen "Berig": Du hast da eine glaubwürdige Deutung, aber die "offizielle" ist "Bairika = kleiner Bär".
Die „offizielle“ Deutung ist dann eben nicht glaubwürdig, wie du selbst festgestellt hast.
Boiorix schrieb:
Was die Bastarnen-Peukiner angeht, so sind, laut Tacitus die "Mischheiraten" bei den "Proceres" (Vornehmen) üblich.
In dem Satz spricht Tacitus von Mischheiraten zwischen Sarmaten und Peukinern, die manche auch Bastarner nenen. Von den Vornehmen sagt er nur, sie leben untätig dahin.
Boiorix schrieb:
Die "Hässlichkeit" bezieht sich auf deren künstliche Schädel-Deformation, die auch bei Goten und Burgundern vorkommt.
Das ist eine Annahme, die bisher nicht bewiesen werden konnte. Es mag also sein, daß dem so ist, aber da sie nur manches von deren „Häßlichkeit“ angenommen haben, scheint mir deine Deutung von „Häßlichkeit“ nicht ganz zutreffend zu sein. Im übrigen spricht Tacitus von den sarmatischen Sitten, die sich auch die Venether in reichem Maße zu eigen machten.
Boiorix schrieb:
Im Übrigen ist "Bastarnen" laut Strabo eine Sammelbezeichnung, was ich hier jetzt zum dritten oder vierten Male feststellen muß. Er zählt auch die iranophonen Roxolanen dazu.
Die Behauptung wird nicht dadurch richtiger, indem du sie wiederholst. Strabo zählt die Roxolanen weder zu den Bastarnen noch zu den Germanen. Die Peukinen, die manche auch Bastarner nennen, gleichen in Sprache und Lebensweise, Siedlungsart und Hausbau den Germanen. Diese Bastarner lebten also, wenigstens in der Überzahl, nicht in Karren.
Boiorix schrieb:
"Germanen" ist ein linguistischer Begriff.
Die Germanen wurden, anders als die Slawen, aufgrund ihrer volkstümlichen Eigenheiten zusammengefaßt, die sie von den Kelten und Skythen (i.w.S.) unterschieden.
Boiorix schrieb:
Roxolanen, die nur noch, oder überwiegend, eine germanische Sprache sprechen, sind Germanen, ungeachtet ihrer Herkunft.
Die Roxolanen waren ein Teil der Sarmaten, von denen Tacitus die Germanen unterscheidet. Germanen, die die lateinische Sprache sprachen, wurden nicht zu Römern; es ist bei den Roxolanen wohl in Bezug auf die Germanen auch nicht anders anzunehmen.
Boiorix schrieb:
Das Proto-Germanische hat sich irgendwann vom Proto-Slavischen getrennt, nach und nach, irgendwo zwischen Rhein und Dnjepr.
Man weiß meines Wissens lediglich, daß die germanischen Sprachen und die Slawischen Sprachen aus einer gemeinsamen indoeuropäischen Grundsprache hervorgegangen sind.
Boiorix schrieb:
Zu Odins Herkunft laut Ynglingasaga ...
Der Fluß Tanais galt den Hellenen als Scheide zwischen Europa und Asien, und man glaubte, er würde im Norden mit dem Okeanos verbunden sein. Pytheas glaubte, am Tanais vorbeigefahren zu sein; er kam aber nur in die Nordsee (gemeint ist wohl der Skagerrak). Odin stammte urzeitlich zwar laut der Ynglingasaga aus dem Osten, aber von dem Asowschen Meer wird da nichts berichtet.
Boiorix schrieb:
Natürlich kann man durchschnittliche Regierungszeiten addieren, mit einem gewissen Spielraum natürlich, aber nicht so groß wie du annimmst.
Die Herrschaftszeit Chlodwigs und seiner drei Nachfolger ergibt einen Zeitraum vom Jahr 482 bis zum Jahr 629; insgesamt 147 Jahre. Die Herrschaftszeit der vier dänischen Herrscher nach Göttrik dürfte nicht einmal ein Jahrzehnt umfaßt haben. Der Spielraum ist also sehr weit.
Boiorix schrieb:
Der Jordanes-Text (§96-100) sagt ausdrücklich, daß König Fastida, dessen Volk im Weichseldelta gesessen habe, sein Gebiet durch Kämpfe erweiterte, die Burgunder "fast bis zur Vernichtung" schlug, und danach von König Ostrogotha Land verlangte, weil die Gepiden "ringsum eingeschlossen von rauhen Bergen und von dichten Wäldern beengt" seien.
Die Gepiden saßen einst im Weichseldelta, zogen aber auf der Suche nach besserem Land von dort fort. Unter König Fastida kämpften sie u.a. gegen die Burgunder und verlangten von Ostrogotha Land, mit der Begründung, sie seien ringsum eingeschlossen von rauhen Bergen und von dichten Wäldern beengt.
Boiorix schrieb:
Dein Hinweis auf Tacitus ist berechtigt, aber die Peukiner sassen an der Donaumündung und die Fennen sind wohl die Wolgafinnen. Da bleibt viel Platz fûr die "eingeengten" Gepiden, ohne die Gothen anzugreifen. Allerdings, "Rauhe Berge" sehe ich in diesem Bereich nicht.
Die Fennen, die Tacitus nennt, sind deshalb nicht die Wolgafinnen, denn zwischen den Peukinern und Fennen ziehen sich laut Tacitus Wälder und Berge hin.