Also zunächst:
@Melchior. Es tut mir Leid ich wollte keineswegs arrogant klingen. Ich hatte mich im Untertopic der Frühen Neuzeit etwas umgeschaut und auf den ersten Blick viele Threads gefunden, von Leuten, die meiner Meinung nach, einfach etwas faul sind und einfache Fragen gestellt haben, die man mit einer normalen google Suche auch hätte beantworten können. Ich werde mich wohl in der Tat etwas tiefer in dieses Forum graben müssen und echte Schätzchen finden.
Zu den Fragen:
@Tekker: Der Deutsche Orden war tatsächlich mit mehreren Leuten in verschiedentlicher Funktion auf den Reichstagen vertreten, z.B. der Komtur von Koblenz oder so etwas. Die Beziehung des ORdens zum Reich an sich ist schon kompliziert genug, ich habe bei "Biskup, Marian: Der Deutsche Orden (S.109)" gefunden, dass der Hochmeister Andreas von Grumbach im September 1494 zum Reichsfürsten erhoben wurde.
Übrigens: Hochmeister tatsächlich nicht gleich Deutschmeister, erst später mit der Säkularisierung Preußens.
@Dieter
Nun, ich würde eben nicht sagen, dass Livland zweifellos außerdem der Reichsgrenzen lag. Es ist eben nicht so einfach. Rechtlich war Livland kein Teil des Reiches, bzw eine Mark. Die Verflechtung nimmt aber im Laufe der Zeit zu, gerade die persönliche. Die Bischöfe etc kommen immer aus deutschen Adelsgeschlechtern(Hohenzollern, aus Mecklenburg etc...), die ORdensritter Livlands zu großen Teilen aus Westfalen und Sachsen. Außerdem waren Reval, Dorpat und Riga Mitglieder der Hanse und beschickten den Hansetag. Gerade die Beziehungen zu Lübeck waren sehr eng und es gab eine Menge deutscher Händler in den "großen" städten Livlands. Gerade im Zuge der stärkeren Bedrängung durch Russland ab ca. 1500 sucht der Orden und Altlivland größeren Kontakt zum Reich.
Interessant ist, ich habe einige Zitate gefunden auf Reichstagen ab 1559 wo erklärt wurde, Livland sei natürlich und schon immer ein Teil des Reiches. In den Köpfen der Zeitgenossen scheint dies also so gewesen sein, so würde ich das erklären. Diese Bindungen haben sich dann mit der russischen Eroberung und im Laufe der Geschichte immer weiter gelöst.
Übrigens: Der Ordensstaat war nicht außerhalb des Reiches, denn Plettenberg entsandte Gesandte auf diverse Reichstage.
Ich zitiere einfach mal einen Teil meiner Magisterarbeit dazu, wenn das genehm ist:
Es lässt sich zusammenfassen, dass die rechtliche Stellung Livlands dem Reich gegenüber locker war. Die livländischen Stände waren weder in die Reichsmatrikel aufgelistet noch, ebenso wie Preußen, bei der Einteilung in Reichskreise berücksichtigt worden war.1 Jedoch zahlten sie einen Beitrag zum Unterhalt des Reichskammergerichts und waren wegen der latenten Gefahr durch Russland von den Reichssteuern befreit.2 Die enge Bindung Altlivlands war eher persönlicher Natur. Die wichtigsten Landesherren, wie der livländische Meister, der Erzbischof von Riga und die Bischöfe, waren Reichsfürsten und mit den Fürsten des Reiches stark verwandt. Zusätzlich rekrutierten sich die Ordensritter seit dem 14. Jahrhundert vor allem aus westfälischen Geschlechtern. Es bestanden daher geographisch gesehen große Unterschiede.3 Erst mit zunehmendem außenpolitischen Druck kam eine engere Bindung zu Stande. Die führenden Fürsten Livlands waren zu Reichsfürsten erhoben worden und wurden vom Kaiser regelmäßig zu den Reichstagen eingeladen. Wie in den Diskussionen im Kurfürstenrat auf dem Reichstag von Augsburg über die Reichszugehörigkeit Livlands betreffend kann man zu der Ansicht gelangen, dass im Bewusstsein der Zeitgenossen eine Zugehörigkeit bestand, entstanden allerdings lediglich durch Gewohnheit.4
1Lenz, Wilhelm. Riga. S. 1.
2Diestelkamp, Bernhard. Reichsgerichtsbarkeit. S. 17-19
3Wittram, Reinhard. Baltische Geschichte. S.30.
4Leeb, Josef. RTA RV 638-640, 1025 und 1737.
@Melchior. Es tut mir Leid ich wollte keineswegs arrogant klingen. Ich hatte mich im Untertopic der Frühen Neuzeit etwas umgeschaut und auf den ersten Blick viele Threads gefunden, von Leuten, die meiner Meinung nach, einfach etwas faul sind und einfache Fragen gestellt haben, die man mit einer normalen google Suche auch hätte beantworten können. Ich werde mich wohl in der Tat etwas tiefer in dieses Forum graben müssen und echte Schätzchen finden.
Zu den Fragen:
@Tekker: Der Deutsche Orden war tatsächlich mit mehreren Leuten in verschiedentlicher Funktion auf den Reichstagen vertreten, z.B. der Komtur von Koblenz oder so etwas. Die Beziehung des ORdens zum Reich an sich ist schon kompliziert genug, ich habe bei "Biskup, Marian: Der Deutsche Orden (S.109)" gefunden, dass der Hochmeister Andreas von Grumbach im September 1494 zum Reichsfürsten erhoben wurde.
Übrigens: Hochmeister tatsächlich nicht gleich Deutschmeister, erst später mit der Säkularisierung Preußens.
@Dieter
Das ist tatsächlich ein erstaunliches Faktum, denn Livland lag zweifellos außerhalb der Reichsgrenzen. Wie ich gerade nachgelesen habe, wurde der Bischof von Riga 1224 Reichsfürst und sein Bistum 1255 zum Erzbistum erhoben. Im 16. Jh. finden wir den Erzbischof von Riga, ebenso wie die anderen livländischen Bischöfe von Kurland, Oesel und Reval, auf den Reichstagen vertreten und überhaupt als Reichsfürsten behandelt, bis sich die Beziehungen dieser Gegenden völlig vom Reich lösen.
Mir ist völlig unklar, warum der Ordensstaat außerhalb des Reichs blieb und auch auf Reichstagen nicht vertreten war, die livländischen Bischöfe hingegen Reichsfürsten mit Reichsstandschaft waren.
Hast du eine Erklärung für diese merkwürdige Tatsache?
Nun, ich würde eben nicht sagen, dass Livland zweifellos außerdem der Reichsgrenzen lag. Es ist eben nicht so einfach. Rechtlich war Livland kein Teil des Reiches, bzw eine Mark. Die Verflechtung nimmt aber im Laufe der Zeit zu, gerade die persönliche. Die Bischöfe etc kommen immer aus deutschen Adelsgeschlechtern(Hohenzollern, aus Mecklenburg etc...), die ORdensritter Livlands zu großen Teilen aus Westfalen und Sachsen. Außerdem waren Reval, Dorpat und Riga Mitglieder der Hanse und beschickten den Hansetag. Gerade die Beziehungen zu Lübeck waren sehr eng und es gab eine Menge deutscher Händler in den "großen" städten Livlands. Gerade im Zuge der stärkeren Bedrängung durch Russland ab ca. 1500 sucht der Orden und Altlivland größeren Kontakt zum Reich.
Interessant ist, ich habe einige Zitate gefunden auf Reichstagen ab 1559 wo erklärt wurde, Livland sei natürlich und schon immer ein Teil des Reiches. In den Köpfen der Zeitgenossen scheint dies also so gewesen sein, so würde ich das erklären. Diese Bindungen haben sich dann mit der russischen Eroberung und im Laufe der Geschichte immer weiter gelöst.
Übrigens: Der Ordensstaat war nicht außerhalb des Reiches, denn Plettenberg entsandte Gesandte auf diverse Reichstage.
Ich zitiere einfach mal einen Teil meiner Magisterarbeit dazu, wenn das genehm ist:
Es lässt sich zusammenfassen, dass die rechtliche Stellung Livlands dem Reich gegenüber locker war. Die livländischen Stände waren weder in die Reichsmatrikel aufgelistet noch, ebenso wie Preußen, bei der Einteilung in Reichskreise berücksichtigt worden war.1 Jedoch zahlten sie einen Beitrag zum Unterhalt des Reichskammergerichts und waren wegen der latenten Gefahr durch Russland von den Reichssteuern befreit.2 Die enge Bindung Altlivlands war eher persönlicher Natur. Die wichtigsten Landesherren, wie der livländische Meister, der Erzbischof von Riga und die Bischöfe, waren Reichsfürsten und mit den Fürsten des Reiches stark verwandt. Zusätzlich rekrutierten sich die Ordensritter seit dem 14. Jahrhundert vor allem aus westfälischen Geschlechtern. Es bestanden daher geographisch gesehen große Unterschiede.3 Erst mit zunehmendem außenpolitischen Druck kam eine engere Bindung zu Stande. Die führenden Fürsten Livlands waren zu Reichsfürsten erhoben worden und wurden vom Kaiser regelmäßig zu den Reichstagen eingeladen. Wie in den Diskussionen im Kurfürstenrat auf dem Reichstag von Augsburg über die Reichszugehörigkeit Livlands betreffend kann man zu der Ansicht gelangen, dass im Bewusstsein der Zeitgenossen eine Zugehörigkeit bestand, entstanden allerdings lediglich durch Gewohnheit.4
1Lenz, Wilhelm. Riga. S. 1.
2Diestelkamp, Bernhard. Reichsgerichtsbarkeit. S. 17-19
3Wittram, Reinhard. Baltische Geschichte. S.30.
4Leeb, Josef. RTA RV 638-640, 1025 und 1737.