Mercy
unvergessen
Friedel mit der leeren Tasche
Eine tiroler Ballade von Gustav Klitscher
Zu Landeck war's am Sankt Gallustag, da kamen der Bauern Scharen
Aus ganz Tirol, von Berg und Tal, zu Markt und zu Fest gefahren.
Doch wo der Juchzer sonst erklang aus lachend frohem Munde,
Sitzt sorgenschwer der Bauer jetzt in ernster Tafelrunde.
Das Land trägt hart an den Edelherr'n, die Recht und Gesetz verhöhnen,
Zwingburgen zieh'n sich den Inn entlang, und Bürger und Bauer stöhnen.
Den Grafen Friedel, den teuren Herrn, den haben die Ritter vertrieben,
Gewalt statt Recht herrscht überall, kein Richter ist geblieben.
Die Zeit ist hart und die Zeit ist schwer, die Not liegt wuchtend auf allen,
Drum ist's am Gallustag so still, drum will kein Juchzer erschallen. -
Da plötzlich hebt zu fiedeln an ein wandernder Scholare:
"Hört zu, ich sing' ein neues Lied, gemacht in diesem Jahre!"
Und Männer, Weiber, dichtgedrängt, umstehn ihn eng im Kreise
Und lauschen still und andachtsvoll des Spielmanns neuer Weise.
Der singt von einem edlen Herrn, dem Schutz und Schirm der Armen,
Deß' Herz schlug warm für Volkes Not voll Lieb' und voll Erbarmen.
"Und wer Gewalt vor Recht eracht't, der war sein Feind zur Stunde,
Es riß sein gutes, blankes Schwert gar manche tiefe Wunde.
Da hat man ihn bei Hof verklagt, der Adel wollt's nicht leiden,
Es sollte des Kaisers Majestät zwischen Graf und Rittern entscheiden.
Doch als der Graf zu Hofe kam, man setzt' ihn schnöde gefangen - -
Als er sich endlich freigemacht, da waren Jahre vergangen.
Gebrochen war seiner Väter Schloß, sein Gut in die Winde verflogen;
Da ist er als Bettler bei Nacht und Graus in die weite Welt gezogen.
Zur Seite hängt ihm die Tasche leer, er hat nicht Knappen noch Mähre,
Sie kannten ihn nicht, darum raunten sie, daß Friedel gestorben wäre.
Er aber zog im Land umher, in rastlosen Wanderfahrten,
Er forschte bei den Männern des Volks, ob sie ihm Treue bewahrten.
Un einmal tritt er vor sie hin zu Landeck am Gallustage,
Tiroler Männer, gebt Antwort mir auf diese eine Frage:
- Wenn euer Friedel wiederkehrt, den Rittern zum Verderben,
Wollt ihr dann treulich zu ihm stehn, und gälte es, zu sterben?
Er hat nicht Gold, noch Edelstein, euch euern Dienst zu lohnen,
Er hat nicht Burg und nicht Palast,mit euch darin zu wohnen,
Ihm schlägt nur ein tiroler Herz in großem, heißem Lieben,
Das ist in Kerkerhaft und Schmach der Heimat treu geblieben! -
Wenn So einmal am Gallustag der Friedel wird zu euch sagen,
Wer will's mit meinem armen Fürst mit leerer Tasche wagen?!" ...
Der Spielmann setzt die Fiedel ab und blickt umher in der Runde,
Sie sprechen nicht, sie atmen kaum, sie hängen an seinem Munde.
Dann aber tönt's wie Donnersturm aus tausend Manneskehlen:
"Wir halten Treu' um Treue ihm, und keiner soll ihm fehlen!
Wenn unser Friedel wiederkehrt, den Rittern zum Verderben,
Dann werden alle, Mann für Mann, kämpfen für ihn und sterben!"
Da wirft der Held den Mantel ab und legt beiseit' die Fiedel,
Und brausend schallt der Jubelruf: "Er ist's, es ist der Friedel!"
Hochaufgerichtet steht er da, sein Schwert blitzt in der Sonnen:
"Ich dank' euch, Männer von Tirol, jetzt wird der Streit gewonnen.
Und ist mir auch die Tasche leer - arm soll mich keiner schelten,
An Liebe bin ich überreich, wer mag für reicher gelten?!
So lang' mir diese Liebe glüht wie Feuer in der Asche,
Brauch' ich nicht Gold und Schätze nicht - trotz meiner leeren Tasche!"
aus: Die Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt, 1904, S. 137
Sankt Gallustag = 16. Oktober (Todestag des Hl.; angeblicher Gründer des Klosters St. Gallen)
Friedel mit der leeren Tasche:
Friedrich IV. - gen. Friedel mit der leeren Tasche - wurde 1382 geboren. Er war der Sohn des Herzogs Leopold III von Österreich
(1351-1386), also gerade vier Jahre alt, als der Vater am 9. 7. 1386 in der Schlacht bei Sempach gegen die Eidgenossen ums Leben kam.
Eine tiroler Ballade von Gustav Klitscher
Zu Landeck war's am Sankt Gallustag, da kamen der Bauern Scharen
Aus ganz Tirol, von Berg und Tal, zu Markt und zu Fest gefahren.
Doch wo der Juchzer sonst erklang aus lachend frohem Munde,
Sitzt sorgenschwer der Bauer jetzt in ernster Tafelrunde.
Das Land trägt hart an den Edelherr'n, die Recht und Gesetz verhöhnen,
Zwingburgen zieh'n sich den Inn entlang, und Bürger und Bauer stöhnen.
Den Grafen Friedel, den teuren Herrn, den haben die Ritter vertrieben,
Gewalt statt Recht herrscht überall, kein Richter ist geblieben.
Die Zeit ist hart und die Zeit ist schwer, die Not liegt wuchtend auf allen,
Drum ist's am Gallustag so still, drum will kein Juchzer erschallen. -
Da plötzlich hebt zu fiedeln an ein wandernder Scholare:
"Hört zu, ich sing' ein neues Lied, gemacht in diesem Jahre!"
Und Männer, Weiber, dichtgedrängt, umstehn ihn eng im Kreise
Und lauschen still und andachtsvoll des Spielmanns neuer Weise.
Der singt von einem edlen Herrn, dem Schutz und Schirm der Armen,
Deß' Herz schlug warm für Volkes Not voll Lieb' und voll Erbarmen.
"Und wer Gewalt vor Recht eracht't, der war sein Feind zur Stunde,
Es riß sein gutes, blankes Schwert gar manche tiefe Wunde.
Da hat man ihn bei Hof verklagt, der Adel wollt's nicht leiden,
Es sollte des Kaisers Majestät zwischen Graf und Rittern entscheiden.
Doch als der Graf zu Hofe kam, man setzt' ihn schnöde gefangen - -
Als er sich endlich freigemacht, da waren Jahre vergangen.
Gebrochen war seiner Väter Schloß, sein Gut in die Winde verflogen;
Da ist er als Bettler bei Nacht und Graus in die weite Welt gezogen.
Zur Seite hängt ihm die Tasche leer, er hat nicht Knappen noch Mähre,
Sie kannten ihn nicht, darum raunten sie, daß Friedel gestorben wäre.
Er aber zog im Land umher, in rastlosen Wanderfahrten,
Er forschte bei den Männern des Volks, ob sie ihm Treue bewahrten.
Un einmal tritt er vor sie hin zu Landeck am Gallustage,
Tiroler Männer, gebt Antwort mir auf diese eine Frage:
- Wenn euer Friedel wiederkehrt, den Rittern zum Verderben,
Wollt ihr dann treulich zu ihm stehn, und gälte es, zu sterben?
Er hat nicht Gold, noch Edelstein, euch euern Dienst zu lohnen,
Er hat nicht Burg und nicht Palast,mit euch darin zu wohnen,
Ihm schlägt nur ein tiroler Herz in großem, heißem Lieben,
Das ist in Kerkerhaft und Schmach der Heimat treu geblieben! -
Wenn So einmal am Gallustag der Friedel wird zu euch sagen,
Wer will's mit meinem armen Fürst mit leerer Tasche wagen?!" ...
Der Spielmann setzt die Fiedel ab und blickt umher in der Runde,
Sie sprechen nicht, sie atmen kaum, sie hängen an seinem Munde.
Dann aber tönt's wie Donnersturm aus tausend Manneskehlen:
"Wir halten Treu' um Treue ihm, und keiner soll ihm fehlen!
Wenn unser Friedel wiederkehrt, den Rittern zum Verderben,
Dann werden alle, Mann für Mann, kämpfen für ihn und sterben!"
Da wirft der Held den Mantel ab und legt beiseit' die Fiedel,
Und brausend schallt der Jubelruf: "Er ist's, es ist der Friedel!"
Hochaufgerichtet steht er da, sein Schwert blitzt in der Sonnen:
"Ich dank' euch, Männer von Tirol, jetzt wird der Streit gewonnen.
Und ist mir auch die Tasche leer - arm soll mich keiner schelten,
An Liebe bin ich überreich, wer mag für reicher gelten?!
So lang' mir diese Liebe glüht wie Feuer in der Asche,
Brauch' ich nicht Gold und Schätze nicht - trotz meiner leeren Tasche!"
aus: Die Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt, 1904, S. 137
Sankt Gallustag = 16. Oktober (Todestag des Hl.; angeblicher Gründer des Klosters St. Gallen)
Friedel mit der leeren Tasche:
Friedrich IV. - gen. Friedel mit der leeren Tasche - wurde 1382 geboren. Er war der Sohn des Herzogs Leopold III von Österreich
(1351-1386), also gerade vier Jahre alt, als der Vater am 9. 7. 1386 in der Schlacht bei Sempach gegen die Eidgenossen ums Leben kam.