Gedichte zur Geschichte

Friedel mit der leeren Tasche

Eine tiroler Ballade von Gustav Klitscher

Zu Landeck war's am Sankt Gallustag, da kamen der Bauern Scharen
Aus ganz Tirol, von Berg und Tal, zu Markt und zu Fest gefahren.
Doch wo der Juchzer sonst erklang aus lachend frohem Munde,
Sitzt sorgenschwer der Bauer jetzt in ernster Tafelrunde.
Das Land trägt hart an den Edelherr'n, die Recht und Gesetz verhöhnen,
Zwingburgen zieh'n sich den Inn entlang, und Bürger und Bauer stöhnen.
Den Grafen Friedel, den teuren Herrn, den haben die Ritter vertrieben,
Gewalt statt Recht herrscht überall, kein Richter ist geblieben.
Die Zeit ist hart und die Zeit ist schwer, die Not liegt wuchtend auf allen,
Drum ist's am Gallustag so still, drum will kein Juchzer erschallen. -

Da plötzlich hebt zu fiedeln an ein wandernder Scholare:
"Hört zu, ich sing' ein neues Lied, gemacht in diesem Jahre!"
Und Männer, Weiber, dichtgedrängt, umstehn ihn eng im Kreise
Und lauschen still und andachtsvoll des Spielmanns neuer Weise.
Der singt von einem edlen Herrn, dem Schutz und Schirm der Armen,
Deß' Herz schlug warm für Volkes Not voll Lieb' und voll Erbarmen.
"Und wer Gewalt vor Recht eracht't, der war sein Feind zur Stunde,
Es riß sein gutes, blankes Schwert gar manche tiefe Wunde.
Da hat man ihn bei Hof verklagt, der Adel wollt's nicht leiden,
Es sollte des Kaisers Majestät zwischen Graf und Rittern entscheiden.
Doch als der Graf zu Hofe kam, man setzt' ihn schnöde gefangen - -
Als er sich endlich freigemacht, da waren Jahre vergangen.
Gebrochen war seiner Väter Schloß, sein Gut in die Winde verflogen;
Da ist er als Bettler bei Nacht und Graus in die weite Welt gezogen.
Zur Seite hängt ihm die Tasche leer, er hat nicht Knappen noch Mähre,
Sie kannten ihn nicht, darum raunten sie, daß Friedel gestorben wäre.

Er aber zog im Land umher, in rastlosen Wanderfahrten,
Er forschte bei den Männern des Volks, ob sie ihm Treue bewahrten.
Un einmal tritt er vor sie hin zu Landeck am Gallustage,
Tiroler Männer, gebt Antwort mir auf diese eine Frage:
- Wenn euer Friedel wiederkehrt, den Rittern zum Verderben,
Wollt ihr dann treulich zu ihm stehn, und gälte es, zu sterben?
Er hat nicht Gold, noch Edelstein, euch euern Dienst zu lohnen,
Er hat nicht Burg und nicht Palast,mit euch darin zu wohnen,
Ihm schlägt nur ein tiroler Herz in großem, heißem Lieben,
Das ist in Kerkerhaft und Schmach der Heimat treu geblieben! -
Wenn So einmal am Gallustag der Friedel wird zu euch sagen,
Wer will's mit meinem armen Fürst mit leerer Tasche wagen?!" ...

Der Spielmann setzt die Fiedel ab und blickt umher in der Runde,
Sie sprechen nicht, sie atmen kaum, sie hängen an seinem Munde.
Dann aber tönt's wie Donnersturm aus tausend Manneskehlen:
"Wir halten Treu' um Treue ihm, und keiner soll ihm fehlen!
Wenn unser Friedel wiederkehrt, den Rittern zum Verderben,
Dann werden alle, Mann für Mann, kämpfen für ihn und sterben!"

Da wirft der Held den Mantel ab und legt beiseit' die Fiedel,
Und brausend schallt der Jubelruf: "Er ist's, es ist der Friedel!"
Hochaufgerichtet steht er da, sein Schwert blitzt in der Sonnen:
"Ich dank' euch, Männer von Tirol, jetzt wird der Streit gewonnen.
Und ist mir auch die Tasche leer - arm soll mich keiner schelten,
An Liebe bin ich überreich, wer mag für reicher gelten?!
So lang' mir diese Liebe glüht wie Feuer in der Asche,
Brauch' ich nicht Gold und Schätze nicht - trotz meiner leeren Tasche!"


aus: Die Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt, 1904, S. 137

Sankt Gallustag = 16. Oktober (Todestag des Hl.; angeblicher Gründer des Klosters St. Gallen)

Friedel mit der leeren Tasche:
Friedrich IV. - gen. Friedel mit der leeren Tasche - wurde 1382 geboren. Er war der Sohn des Herzogs Leopold III von Österreich
(1351-1386), also gerade vier Jahre alt, als der Vater am 9. 7. 1386 in der Schlacht bei Sempach gegen die Eidgenossen ums Leben kam.
 
Gravelotte und Vionville 1914

Ferdinand Freiligrath

Die Trompete von Gravelotte
(Tatsächlich. Nach einem jüngst durch die Blätter laufenden Schreiben
des Majors im Magdeburgischen Kürassier-Regiment, Grafen Schmettow.)

Sie haben Tod und Verderben gespien:
Wir haben es nicht gelitten.
Zwei Kolonnen Fußvolk, zwei Batterien,
Wir haben sie niedergeritten.

Die Säbel geschwungen, die Zäume verhängt,
Tief die Lanzen und hoch die Fahnen,
So haben wir sie zusammengesprengt, -
Kürassiere wir und Ulanen.

Doch ein Blutritt war es, ein Todesritt;
Wohl wichen sie unsern Hieben,
Doch von zwei Regimentern, was ritt und was stritt,
Unser zweiter Mann ist geblieben.

Die Brust durchschossen, die Stirn zerklafft,
So lagen sie bleich auf dem Rasen,
In der Kraft, in der Jugend dahingerafft, -
Nun, Trompeter, zum Sammeln geblasen!

Und er nahm die Trompet', und er hauchte hinein;
Da, - die mutig mit schmetterndem Grimme
Uns geführt in den herrlichen Kampf hinein,
Der Trompete versagte die Stimme.

Nur ein klanglos Wimmern, ein Schrei voll Schmerz,
Entquoll dem metallenen Munde;
Eine Kugel hatte durchlöchert ihr Erz, -
Um die Toten klagte die wunde!

Um die Tapfern, die Treuen, die Wacht am Rhein,
Um die Brüder, die heut gefallen, -
Um sie alle, es ging uns durch Mark und Bein,
Erhub sie gebrochenes Lallen.

Und nun kam die Nacht, und wir ritten hindann,
Rundum die Wachtfeuer lohten;
Die Rosse schnoben, der Regen rann -
Und wir dachten der Toten, der Toten!


Freiligrath veröffentlichte das Gedicht auch unter dem Titel:
Die Trompete von Vionville

eine andere Version:

Karl von Gerok

Die Rosse von Gravelotte
18. August

Heiß war der Tag und blutig die Schlacht,
Kühl wird der Abend und ruhig die Nacht.

Droben vom Waldsaum nieder ins Thal
Dreimal schmettert Trompetensignal;

Ladet so laut und schmettert so hell,
Ruft die Dragoner zurück zum Appell.

Truppweis, in Rotten, zu dreien und zwein,
Stellen die tapferen Reiter sich ein.

Aber nicht alle kehren zurück,
Mancher liegt da mit gebrochenem Blick.

Kam zur Reveille frisch noch und rot,
Liegt beim Appell bleich, blutig und tot.

Ledige Rosse, den Sattel leer,
Irren verwaist auf der Walstatt umher.

Doch der Trompete schmetternd Signal
Ruft aus der Ferne zum drittenmal.

Schau, und der Rappe, dort spitzt er das Ohr,
Wiehernd wirft er die Nüstern empor.

Sieh, und der Braune gesellt sich ihm bei,
Trabt ihm zur Seite, wie sonst in der Reih'.

Selber der blutige Schimmel, so müd,
Hinkt auf drei Beinen und reiht sich ins Glied.

Truppweis, in Rotten zu dreien und zwein
Stellen die ledigen Rosse sich ein.

Rosse wie Reiter verstehn den Appell,
Ruft die Trompete, so sind sie zur Stell'.

Über dreihundert hat man gezählt,
Rosse, zu denen der Reitersmann fehlt.

Über dreihundert, o blutige Schlacht,
Die soviel Sättel hat ledig gemacht!

Über dreihundert, o tapfere Schar,
Wo bei vier Mann ein Gefallener war!

Über dreihundert, o ritterlich Tier,
Ohne den Reiter noch treu dem Panier!

Wenn ihr die Tapferen von Gravelotte nennt,
Denkt auch der Rosse vom Leibregiment!


zum historischen Hintergrund:
http://www.preussenweb.de/kriege7.htm
 
Nach 1918

Die andere Möglichkeit

Wenn wir den Krieg gewonnen hätten,
mit Wogenprall und Sturmgebraus,
dann wäre Deutschland nicht zu retten
und gliche einem Irrenhaus.

Man würde uns nach Noten zähmen
wie einen wilden Völkerstamm.
Wir sprängen, wenn Sergeanten kämen,
vom Trottoir und stünden stramm.

Wenn wir den Krieg gewonnen hätten,
dann wären wir ein stolzer Staat.
Und preßten noch in unsern Betten
die Hände an die Hosennaht.

Die Frauen müßten Kinder werfen.
Ein Kind im Jahre. Oder Haft.
Der Staat braucht Kinder als Konserven.
Und Blut schmeckt ihm wie Himbeersaft.

Wenn wir den Krieg gewonnen hätten,
dann wär der Himmel national.
Die Pfarrer trügen Epauletten.
Und Gott wär deutscher General.

Die Grenze wär ein Schützengraben.
Der Mond wär ein Gefreitenknopf.
Wir würden einen Kaiser haben
und einen Helm statt einem Kopf.

Wenn wir den Krieg gewonnen hätten,
dann wäre jedermann Soldat.
Ein Volk von Laffen und Lafetten!
Und ringsherum wär Stacheldraht.

Dann würde auf Befehl geboren.
Weil Menschen ziemlich billig sind.
Und weil man mit Kanonenrohren
allein die Kriege nicht gewinnt.

Dann läge die Vernunft in Ketten.
Und stünde stündlich vor Gericht.
Und Kriege gäb's wie Operetten.
Wenn wir den Krieg gewonnen hätten -
Zum Glück gewannen wir ihn nicht!


Erich Kästner
 
politisch Lied?

ERICH WEINERT

Einheitsvolkslied

Stimmt an mit hellem, hohem Klang!
Nun muß sich alles wenden.
Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang
Mit Herzen, Mund und Händen.

Das Wandern ist des Müllers Lust.
Was blasen die Trompeten?
Wir treten mutig Brust an Brust
Zum Beten, ja zum Beten.

Stolz weht die Flagge schwarzweißrot
An uns und allen Dingen.
Wir sterben gern den Heldentod.
Es muß uns doch gelingen.

Ich schieß den Hirsch im wilden Furst.
Wie brennt mein Eingeweide!
Ein frischer Trunk, ein deutscher Durst
Im Wald und auf der Heide.

Ich steh allein auf weiter Flur.
O Täler weit, o Höhen!
Drum Brüder, reicht die Hand zum Schwur!
Sie blieb von selber stehen.

Ein freies Leben führen wir.
Ich trage, wo ich gehe,
Ein treues, deutsches Herz bei mir.
Was kommt dort von der Höhe?

Die Lerche schmettert himmelan.
Es geht von Mund zu Munde.
Der Kaiser ist ein lieber Mann
In einem kühlen Grunde.

1924


Klabund

Deutsches Volkslied

Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
Daß ich so traurig bin.
Und Friede, Friede überall,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Kaiser Rotbart im Kyffhäuser saß
An der Wand entlang, an der Wand.
Wer nie sein Brot mit Tränen aß,
Bist du, mein Bayerland!

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Ich rate dir gut, mein Sohn!
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
Vom Roßbachbataillon.

0 selig, o selig, ein Kind noch zu sein,
Von der Wiege bis zur Bahr'!
Mariechen saß auf einem Stein,
Sie kämmte ihr goldenes Haar.

Sie kämmt's mit goldnem Kamme,
Wie Zieten aus dem Busch.
Sonne, du klagende Flamme:
Husch! Husch!

Der liebe Gott geht durch den Wald,
Von der Etsch bis an den Belt,
Daß lustig es zum Himmel schallt:
Fahr wohl, du schöne Welt!

Der schnellste Reiter ist der Tod,
Mit Juppheidi und Juppheida.
Stolz weht die Flagge Schwarzweißrot.
Hurra, Germania!


Vor 1928
 
Der Deutsche Zollverein

DER DEUTSCHE ZOLLVEREIN

Schwefelhölzer, Fenchel, Bricken,
Kühe, Käse, Krapp, Papier,
Schinken, Scheren, Stiefel, Wicken,
Wolle, Seife, Garn und Bier;
Pfefferkuchen, Lumpen, Trichter,
Nüsse, Tabak, Gläser, Flachs,
Leder, Salz, Schmalz, Puppen, Lichter,
Rettig, Rips, Raps, Schnaps, Lachs, Wachs !

Und ihr anderen deutschen Sachen,
tausend Dank sei euch gebracht !
Was kein Geist je konnte machen,
Ei, das habet ihr gemacht:
Denn ihr habt ein Band gewunden
um das deutsche Vaterland,
und die Herzen hat verbunden
mehr als unser Bund dies Band.


Hoffmann von Fallersleben
24.Februar 1840
Unpolitische Lieder, 1.Teil

zu singen nach der Melodie "Gott erhalte Franz den Kaiser"
 
Bismarck war sein letztes Wort

Das letzte, bis heute bekannte Gedicht Fontanes erschien in der "Vossischen Zeitung" am 3. August 1898 unter dem Titel "Wo Bismarck liegen soll", vier Tage nach Bismarcks Tod am 30. Juli 1898:

Wo Bismarck liegen soll

Nicht in Dom oder Fürstengruft,
er ruh' in Gottes freier Luft
draußen auf Berg und Halde,
noch besser tief, tief im Walde;
Widukind lädt ihn zu sich ein:
»Ein Sachse war er, drum ist er mein,
im Sachsenwald soll er begraben sein.«

Der Leib zerfällt, der Stein zerfällt,
aber der Sachsenwald, der hält,
und kommen nach dreitausend Jahren
Fremde hier des Weges gefahren
und sehen, geborgen vorm Licht der Sonnen,
den Waldrand in Efeu tief eingesponnen
und staunen der Schönheit und jauchzen froh,
so gebietet einer: »Lärmt nicht so! -
Hier unten liegt Bismarck irgendwo.«


Fontane hat nicht gewusst, dass Bismarck persönlich ihm einmal das Leben gerettet hatte: Er war als Journalist 1870 in den Krieg gegen Frankreich mitgezogen, dort, "von den Franzosen gefasst", der Spionage verdächtigt worden und sollte erschossen werden.
Bismarck aber drohte, dann drei Franzosen an die Wand stellen zu lassen; deshalb ließen sie Fontane laufen.

Bismarcks Drohung allerdings halte ich für eine schöne Legende.
 
Eröffnung einer Eisenbahnstrecke Anno 1853

Vaihingen an der Enz feiert 1853 mit den Mühlackern die Eröffnung der Eisenbahnstrecke Bruchsal-Bietigheim

1853 hat die "Landpost. Amts- und Intelligenzblatt für das Oberamt Vaihingen“ regen Anteil an der Eröffnung der Bahnstrecke zwischen Bietigheim und Bruchsal genommen. Lothar Behr, Archivar der Stadt Vaihingen an der Enz, hat zum 150 Eisenbahnjubiläum in Mühlacker, in den alten Zeitungsbänden geblättert und ist auf folgende Bekanntmachung des königlichen Oberamts Vaihingen vom 20. September 1853 gestoßen:

"An die Ortsvorsteher.
Da die Bahnstrecke zwischen Bietigheim und Bruchsal soweit vollendet ist, daß am 20. dieß die erste Probefahrt und am 26. dieß u. ff. die Eröffnungsfeier stattfinden kann, auch der ordentliche Betrieb auf derselben am 1. October beginnen wird, so findet nunmehr die Bahnordnung vom 2. Oct. 1845 (Reg.-Bl. S. 390) auf die genannte Bahnstrecke und die zu derselben gehörigen Stationen Groß-Sachsenheim, Sersheim, (Klein-Glattbach und Ensingen) ihre Anwendung...“.


Weiter berichtet die Landpost in der Ausgabe vom 20. September:

"... für die Eröffnung der Bruchsal-Bietigheimer Bahnlinie. Ein hiesiger Tapezier hat den Auftrag erhalten, zwölf Wagen zu decoriren und zwar so, daß sich kein Fürst daran schämen dürfte. Wo es gilt, sich dem Auslande gegenüber zu zeigen, da will man nicht knausern, und das ist schön, denn bei einer so wichtigen und außerordentlichen Gelegenheit darf man schon was drauf gehen lassen. “

Am 27. September 1853 veröffentlichte die "Landpost“ sogar ein Gedicht mit dem Titel "Im Eisenbahnhofe“.


Justinus Kerner

Im Eisenbahnhofe

Hört ihr den Pfiff, den wilden, grellen,
Es schnaubt, es rüstet sich das Thier,
Das eiserne, zum Zug, zum schnellen,
Herbraust’s wie ein Gewitter schier.

In seinem Bauche schafft ein Feuer,
Das schwarzen Qualm zum Himmel treibt;
Ein Bild scheint’s von dem Ungeheuer,
Von dem die Offenbarung schreibt.

Jetzt welch’ ein Rennen, welch’ Getümmel,
Bis sich gefüllt der Wagen Raum!
Drauf „fertig!“ schreit’s, und Erd’ und Himmel
Hinfliegen, ein dämon’scher Traum.

Dampfschnaubend Thier! seit du geboren,
Die Poesie des Reisens flieht;
Zu Ross mit Mantelsack und Sporen
Kein Kaufherr mehr zur Messe zieht.

Kein Handwerksbursche bald die Strasse
Mehr wandert froh im Regen, Wind,
Lagt müd’ sich hin und träumt in Grase
Von seiner Heimath schönem Kind.

Kein Postzug nimmt mit lust’gem Knallen
Bald durch die Stadt mehr seinen Lauf,
Und wecket mit des Posthorns Schallen
Zum Mondenschein den Städter auf.

Auch bald kein trautes Paar die Strasse,
Gemüthlich fährt im Wegen mehr,
Aus dem der Mann steigt und vom Grase
Der Frau holt eine Blume her.

Kein Wand’rer bald auf hoher Stelle,
Zu schauen Gottes Welt, mehr weilt,
Bald Alles mit des Blitzes Schnelle
An der Natur vorüber eilt.

Ich klage: Mensch, mit deinen Künsten
Wie machst du Erd’ und Himmel kalt!
Wär’ ich, eh’ du gespielt mit Dünsten,
Geboren doch im wild’sten Wald!

Wo keine Axt mehr schallt, geboren,
Könnt’s sein, in Meeres stillem Grund,
Dass nie geworden meinen Ohren
Je was von deinen Wundern kund.

Fahr’ zu, o Mensch! treib’s auf die Spitze,
Vom Dampfschiff bis zum Schiff der Luft!
Flieg’ mit dem Aar, flieg’ mit dem Blitze!
Kommst weiter nicht, als bis zur Gruft.


Auch die Vaihinger Prominenz durfte bei den Feierlichkeiten vor 150 Jahren nicht fehlen. Die "Königliche Eisenbahn Commission“ lud mit folgenden Worten ein:

"An das Stadtschultheißenamt Vaihingen.
Die angeschloßenen Einladungskarten zu der Festfahrt von Bruchsal nach Ulm am 26.ten d. Mts. wolle das Stadtschultheißenamt den darauf bezeichneten Herren mit dem Anfügen zustellen, daß die Abfahrt von der Station Sersheim (!) am Montag den 26.ten Vormittags 7 Uhr 15 Mt. statt findet.
Stuttgart, den 22. Sept. 1853.“


Insgesamt 39 Beamte, Kaufleute und Stadträte aus Vaihingen an der Enz folgten der Einladung.

Stadt Vaihingen an der Enz, Pressestelle
 
Schiller zu Ehren

Ein drastisches Beispiel für das Motiv der Tyrannenkritik ist das frühe Gedicht "Die schlimmen Monarchen" aus dem Jahr 1782, das die vielfältigen Ausprägungen des Despotismus, vor allem Verschwendungssucht, Willkür und Unterdrückung, geißelt und auf die mangelnde Kontrolle absolutistischer Machtausübung abzielt.

A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2

Die schlimmen Monarchen.

Euren Preiß erklimme meine Leyer –
Erdengötter – die der süsen Feyer
Anadyomenens sanft nur klang;
Leiser um das pompende Getöse,
Schüchtern um die Purpurflammen eurer Gröse
Zittert der Gesang.

Redet! soll ich goldne Saiten schlagen,
Wenn vom Jubelruf empor getragen
Euer Wagen durch den Wahlplaz rauscht?
Wenn ihr, schlapp vom eisernen Umarmen,
Schwere Panzer mit den weichen Rosenarmen
Eurer Phrynen tauscht? –

Soll vielleicht im Schimmer goldner Raifen,
Götter, euch die kühne Hymne greifen
Wo in mystisch Dunkel eingemummt,
Euer Spleen mit Donnerkeilen tändelt,
Mit [I]Verbrechen [/I] eine Menschlichkeit bemäntelt
Bis – das Grab verstummt?

Sing ich Ruhe [/I] unter Diademen?
Soll ich, Fürsten, eure Träume rühmen? –
Wenn der Wurm am Königsherzen zehrt,
Weht der goldne Schlummer um den Mohren,
Der den Schaz bewacht an des Pallastes Thoren,
Und – ihn nicht begehrt.

Zeig o Muse, wie mit Rudersklaven
Könige auf einem Polster schlafen,
Die gelöschten Blize freundlich tun,
Wo nun nimmer ihre Launen foltern,
Nimmer die Theaterminotaure poltern
Und – die Löwen ruhn.

Auf! Betaste mit dem Zaubersiegel,
Hekate, des Gruftgewölbes Riegel!
Horch! die Flügel donnern jach zurük!
Wo des Todes Odem dumpfig säuselt,
Schauerluft die starren Loken aufwärts kräuselt,
Sing ich – Fürstenglük. – –

Hier das Ufer? – Hier in diesen Grotten
Stranden eurer Wünsche stolze Flotten?
Hier – wo eurer Gröse Flut sich stößt?
Ewig nie dem Ruhme zu erwarmen,
Schmiedet hier die Nacht mit schwarzen Schauerarmen
Potentaten fest.

Traurig funkelt auf dem Todenkasten
Eurer Kronen, der umperlten Lasten,
Eurer Szepter undankbare Pracht.
Wie so schön man Moder übergoldet!
Doch nur Würmer werden mit dem Leib besoldet,
Dem – die Welt gewacht.

Stolze Pflanzen in so niedern Beeten!
Seht doch! – wie mit welken Majestäten
Garstig spaßt der unverschämte Tod!
Die durch Nord und Ost und West geboten –
Dulden sie des Unholds ekelhafte Zoten,
Und – kein Sultan droht?

Springt doch auf, ihr störrige Verstummer,
Schüttelt ab den tausendpfundgen Schlummer,
Siegespauken trommeln aus der Schlacht!
Höret doch, wie hell die Zinken schmettern!
Wie des Volkes wilde Vivat euch vergöttern!
Könige, erwacht!

Siebenschläfer! – o so hört die hellen
Hörner klingen und die Doggen bellen!
Tausendrörigt knallt das Jagdenfeu'r:
Muntre Rosse wiehern nach dem Forste,
Blutig wälzt der Eber seine Stachelborste,
Und – der Sieg ist eu'r!

Was ist das? – Auch Fürsten schweigen selber?
Neunfach durch die heulenden Gewölber
Spottet mir ein schleifend Echo nach –
Hört doch nur den Kammerjunker düßeln:
Euch beehrt Madonna mit geheimen Schlüsseln
In – ihr Schlafgemach.

Keine Antwort – Ernstlich ist die Stille –
Fällt denn auch auf Könige die Hülle,
Die die Augen des Trabanten dekt? –
Und ihr fodert Anbetung in Asche,
Daß die blinde Meze [I]Glük
in eure Tasche
Eine – Welt gestekt?

Und ihr rasselt, Gottes Riesenpuppen,
Hoch daher in kindischstolzen Gruppen,
Gleich dem Gaukler in dem Opernhaus? –
Pöbelteufel klatschen dem Geklimper,
Aber weinend zischen den erhabnen Stümper
Seine Engel aus.

Ins Gebiet der leiseren Gedanken
Würden – überwänden sie die Schranken –
Schlangenwirbel eure Mäkler drehn;
Lernt doch, daß die euren zu entfalten,
Blike, die auch Pharisäerlarven spalten,
Von dem Himmel sehn.

Prägt ihr zwar – Hohn ihrem falschen Schalle! –
Euer Bild auf lügende Metalle,
Schnödes Kupfer adelt ihr zu Gold –
Eure Juden schachern mit der Münze, –
Doch wie anders klingt sie über jener Gränze,
Wo die Waage rollt!

Deken euch Seraile dann und Schlösser,
Wann des Himmels fürchterlicher Presser
An des grosen Pfundes Zinsen mahnt?
Ihr bezahlt den Bankerott der Jugend
Mit Gelübden, und mit lächerlicher Tugend,
Die – Hanswurst erfand.

Berget immer die erhabne Schande
Mit des Majestätsrechts Nachtgewande!
Bübelt aus des Thrones Hinterhalt!
Aber zittert für des Liedes Sprache,
Kühnlich durch den Purpur bohrt der Pfeil der Rache
Fürstenherzen kalt.

Die «Anthologie auf das Jahr 1782» erschien anonym und mit fingiertem Druckort im Februar 1782 bei Johann Benedict Metzler in Stuttgart. Sie enthält 83 Beiträge, unterschrieben mit 23 verschiedenen Kürzeln der Verfasser. Die Zuordnung der Kürzel an einzelne Personen ist nur zum Teil möglich und umstritten. Schiller selbst lassen sich neben der Operette Semele mindestens 48 Gedichte zuordnen. Diese sind mit den Kürzeln Y., W. D., W., M., O., v. R., A., Rr., * und †, sowie mit «Vom Verfasser der Räuber» gekennzeichnet.

http://www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/18Jh/Schiller/sch_an00.html
 
Sklavensprache

Bettina Wegner

Kinder

Sind so kleine Hände
winz'ge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen
die zerbrechen dann.

Sind so kleine Füße
mit so kleinen Zehn.
Darf man nie drauf treten
könn' sie sonst nicht geh'n.

Sind so kleine Ohren
scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen
werden davon taub.

Sind so schöne Münder
sprechen alles aus.
Darf man nie verbieten
kommt sonst nichts mehr raus.

Sind so klare Augen
die noch alles sehn.
Darf man nie verbinden
könn' sie nichts versteh'n.

Sind so kleine Seelen
offen und ganz frei.
Darf man niemals quälen
geh'n kaputt dabei.

Ist so'n kleines Rückgrat
sieht man fast noch nicht.
Darf man niemals beugen
weil es sonst zerbricht.

Grade, klare Menschen
wär'n ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat
hab'n wir schon zuviel.

1976

Die politische Brisanz dieses Liedes ist knapp 30 Jahre nach dem Entstehen nur noch wenigen bekannt. Sie liegt in der Person der Autorin.

Bettina Wegner geb. 4. November 1947 Berlin geriet nach der Intervention der Warschauer Paktstaaten in die CSSR 1968 massiv in die Fänge der Staatssicherheit. Der Protest gegen die Ausbürgerung Biermanns im November 1976 erfolgte ein Auftrittsverbot. Schließlich erhielt sie 1983 die Aufforderung zur Übersiedlung in die Bundesrepublik durch das Kulturministerium und die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts auf Zoll- und Devisenvergehens. Sie wählte das kleinere Übel.

Schon um 1982 kursierte eine Parodie:

ANONYM

Keine Finger - keine Kekse

Sind so kleine Hände,
wenig Finger dran,
darf man nie drauf kauen,
die zerbröseln dann.

Sind so kleine Ohren,
mit zwei Ringen dran,
darf man nie dran ziehen,
werden davon lang.

Sind so schöne Münder,
kotzen alles aus,
darf man nie verbinden,
kommt sonst nix mehr raus.

Sind so kleine Seelen
von nur wenig Gramm,
darf man niemals wägen,
wird ei'm angst und bang.

Ist so'n kleines Rückgrat,
ohne Sattel dran,
darf man niemals reiten,
Pampers kleben dann.

Grade klare Menschen
gibt es schon zu viel,
Eltern ohne Kinder
wär'n ein schönes Ziel.
 
Der größte Hit des Zweiten Weltkrieges

Der größte Hit des Zweiten Weltkrieges begann schon im Ersten
Lili Marleen - ein Stück Zeitgeschichte


1914 brach der erste Weltkrieg aus. Hans Leip war gerade 21. Jahre alt und somit volljährig geworden. Er wurde zu den Gardefüselieren in Berlin einberufen. Dort lernte er Betty, genannt Lili, und Marleen kennen. Erstere war die Nichte seiner Zimmerwirtin und Gemüsehändlerstochter, und die zweite junge Frau die Tochter eines Rostocker Arztes, mit der er gerne ausging und Ausstellungen besuchte.

1915 stand Hans Leip vor der Abkommandierung nach Ungarn an die Karpatenfront, als ihm bei einer Nachtwache vom 3. auf den 4. April beide Mädchen zum Sehnsuchtsziel wurden, und er die ersten drei Strophen von Lili Marleen schrieb:

Vor der Kaserne,
vor dem großen Tor
stand eine Laterne,
und steht sie noch davor,
so wolln wir uns da wiedersehn,
bei der Laterne wolln wir stehen
wie einst, Lili Marleen.

Unsre beiden Schatten
sahn wie einer aus:
daß wir so lieb uns hatten,
das sah man gleich daraus.
Und alle Leute solln es sehn,
wenn wir bei der Laterne stehn
wie einst, Lili Marleen.

Schon rief der Posten:
Sie blasen Zapfenstreich;
es kann drei Tage kosten ! -
Kamerad, ich komm ja gleich. -
Da sagten wir auf Wiedersehn.
Wie gerne wollt ich mit dir gehn,
mit dir, Lili Marleen.


(1915 / „Lili Marleen")

1937 erschien das Lied um 2 Strophen erweitert in der Gedichtsammlung „Kleine Hafenorgel“.

Deine Schritte kennt sie,
deinen zieren Gang.
Alle Abend brennt sie.
Mich vergaß sie lang.
Und sollte mir ein Leid geschehn,
wer wird bei der Laterne stehn
mit dir, Lili Marleen ?

Aus dem stillen Raume,
aus der Erde Grund
hebt mich wie im Traume
dein verliebter Mund.
Wenn sich die späten Nebel drehn,
werd ich bei der Laterne stehn
wie einst, Lili Marleen.


(1937 / „Hafenorgel")

1935 wurde das Lied als Chanson in einer – heute nicht mehr bekannten – Vertonung von Rudolf Zink (1910–1983) in einem Schwabinger Kabarett dargeboten. Die Sängerin war Lale Andersen (1905–1972), die damals noch unter dem Namen Lieselotte Wilke auftrat. 1938 entstand die Vertonung von Norbert Schultze.

Eine Parodie, ausgestrahlt von der BBC in den 40er Jahren mit der Interpretin Lucy Mannheim:

Ich muß heut' an Dich schreiben,
Mir ist das Herz so schwer.
Ich muß zu Hause bleiben
Und lieb Dich doch so sehr.
Du sagst, Du tust nur Deine Pflicht,
Doch trösten kann mich das ja nicht.
Ich wart an der Laterne -
Deine Lili Marleen -

Was ich still hier leide,
Weiß nur der Mond und ich.
Einst schien er auf uns beide,
Nun scheint er nur auf mich.
Mein Herz tut mir so bitter weh,
Wenn ich an der Laterne steh'
Mit meinem eignen Schatten -
Deine Lili Marleen -

Vielleicht fällst Du in Rußland,
Vielleicht in Afrika,
Doch irgendwo da fällst Du,
So will's Dein Führer ja.
Und wenn wir doch uns wiederseh'n,
Oh möge die Laterne steh'n
In einem ander'n Deutschland!
Deine Lili Marleen -

Der Führer ist ein Schinder,
Das seh'n wir hier genau.
Zu Waisen macht er Kinder,
Zur Witwe jede Frau.
Und wer an allem schuld ist, den
Will ich an der Laterne seh'n!
Hängt ihn an die Laterne!
Deine Lili Marleen.

Wer tiefer einsteigen möchte:

http://www.uni-koeln.de/ew-fak/Mus_volk/scripten/probst/20Jh.htm
http://www.hans-leip.de/
 
prophetisch?

Württemberg und Baden

Es waren zwei Nachbarskinder,
Die hatten sich beide lieb,
Bald etwas mehr und bald minder. -
(Ach, wenn es nur immer so blieb!)

Da sprach das eine zum andern:
"Ich schlage Dir vor, mein Kind,
Gemeinsam durchs Leben zu wandern,
Weil wir ja Nachbarn sind!“

Das Mägdelein schwieg erst bedächtig
Und brachte dann schüchtern hervor:
"Ich fürchte, Du haust mich mächtig,
Beim Ehekontrakt übers Ohr!

Auch wirst Du schalten und walten,
Wie Dir’s gerade gefällt!
Ich darf den Schnabel halten
Und werde kaltgestellt!“

"Das Leben wird Dir verzuckert“,
Beschwor der Jüngling die Maid. -
"Ich mag einmal nicht nach Schtuckert!“
So hieß des Mädels Bescheid.

Noch heute sind beide zu schauen
Als Bräutigam und Braut:
Man kann sie leider nicht trauen,
Weil kein’s dem anderen traut!


Das Gedicht erschien 1921 anonym in der Münchener Wochenschrift „Jugend“.
Vgl. hierzu : Hermann Bausinger, Die bessere Hälfte, Von Badenern und Württembergern, 2002, S. 109

Zum historischen Hintergrund (leider ohne Quellenangeben, aber ohne Bausinger wohl kaum):
http://www.loebliche-singer-pforzheim.de/VortragGrohMatinee2002.html
 
Gottfried Keller, die Weiße Rose und Thomas Mann

Die öffentlichen Verleumder.

Ein Ungeziefer ruht
In Staub und trocknem Schlamme
Verborgen, wie die Flamme
In leichter Asche thut.
Ein Regen, Windeshauch
Erweckt das schlimme Leben,
Und aus dem Nichts erheben
Sich Seuchen, Glut und Rauch.

Aus dunkler Höhle fährt
Ein Schächer, um zu schweifen;
Nach Beuteln möcht' er greifen
Und findet bessern Wert:
Er findet einen Streit
Um nichts, ein irres Wissen,
Ein Banner, das zerrissen,
Ein Volk in Blödigkeit.

Er findet, wo er geht,
Die Leere dürft'ger Zeiten,
Da kann er schamlos schreiten,
Nun wird er ein Prophet;
Auf einen Kehricht stellt
Er seine Schelmenfüße
Und zischelt seine Grüße
In die verblüffte Welt.

Gehüllt in Niedertracht
Gleichwie in einer Wolke,
Ein Lügner vor dem Volke,
Ragt bald er groß an Macht
Mit seiner Helfer Zahl,
Die hoch und niedrig stehend,
Gelegenheit erspähend,
Sich bieten seiner Wahl.

Sie teilen aus sein Wort,
Wie einst die Gottesboten
Gethan mit den fünf Broten,
Das klecket fort und fort!
Erst log allein der Hund,
Nun lügen ihrer tausend;
Und wie ein Sturm erbrausend,
So wuchert jetzt sein Pfund.

Hoch schießt empor die Saat,
Verwandelt sind die Lande,
Die Menge lebt in Schande
Und lacht der Schofelthat!
Jetzt hat sich auch erwahrt,
Was erstlich war erfunden:
Die Guten sind verschwunden,
Die Schlechten stehn geschart!

Wenn einstmals diese Not
Lang wie ein Eis gebrochen,
Dann wird davon gesprochen,
Wie von dem schwarzen Tod;
Und einen Strohmann bau'n
Die Kinder auf der Haide,
Zu brennen Lust aus Leide
Und Licht aus altem Grau'n.


Gottfried Keller

Ein historisch wichtiges Gedicht?

Mir begegnete es 1967 in Inge Scholls Buch „Die weiße Rose“:

Als Sophie endlich in die Bahnhofshalle Münchens einfuhr, sah sie schon von weitem das fröhliche Gesicht ihres Bruders. Wie da in einem Nu alles vertraut war! »Heute abend wirst du meine Freunde kennenlernen«, sagte Hans. Er ging groß und sicher neben ihr her.
Am Abend trafen sich alle in Hans' Zimmer. Neben Sophie war der gefeierte Mittelpunkt ihr Geburtstagskuchen, in jenen Jahren eine fast illegitime Rarität. Jemand kam auf die Idee, Gedichte vorzulesen, und die andern mußten raten, von welchem Dichter sie seien. Alle waren gefesselt von diesem Spiel. »Nun aber werde ich euch noch ein ganz schweres Rätsel aufgeben«, rief Hans enthusiastisch. Er kramte aus seiner Brieftasche ein maschinegeschriebenes Blatt hervor und las :
„Aus dunkler Höhle fährt
Ein Schächer, um zu schweifen ;...“

Einen Augenblick lang herrschte Stille. »Das ist aus- gezeichnet«, sagte Christl verblüfft. »Großartig, Hans, das mußt du dem Führer widmen. Das gehört in den Völkischen Beobachter«, rief Alex entzückt über den Doppelsinn der Verse. Von wem mochte das Gedicht sein ? »Nein, wenn ihr denkt, es sei von mir ... « Ein begeistertes Raten ging los. Die ganze zeitgenössische Literatur wurde durchgestöbert. Aber fehlgeraten: »Es wurde vor hundert Jahren geschrieben, von Gottfried Keller.« -»Um so besser: dann können wir es drucken lassen, ohne Honorar bezahlen zu müssen, und mit dem Flugzeug über ganz Deutschland ausstreuen.«


Thomas Mann hat nach Hitlers Überfall auf Polen (nur?) geschrieben:

Diesen Klüngel nur einen Augenblick fortgedacht ? wo wäre noch irgendein Grund für den Kampf auf Leben und Tod, den Deutschland jetzt glaubt bestehen zu müssen und durch den es von Elend zu Elend sinkt? Doch es ist leider nicht genug, ihn fortzudenken, ? fortgetan muß er sein und abgeschüttelt, damit zum Spuk werde, was nie etwas anderes war, als ein Spuk, und wovon gelten soll, was ein geheimnisvoll vorsehender Dichter gesungen:

"Wenn einstmals diese Not
Lang wie ein Eis zerbrochen,
Dann wird davon gesprochen
Wie von dem schwarzen Tod;
Und einen Strohmann baun
Die Kinder auf der Heide,
Zu brennen Lust aus Leide
Und Licht aus altem Graun."

Der Text entstand im Nov./Dez. 1939.
Der "geheimnisvoll vorsehende Dichter" ist Gottfried Keller ("Die öffentlichen Verleumder").
Thomas Mann Essays, Bd. 5: Deutschland und die Deutschen 1938 – 1945, Frankfurt 1996 (S. 83 ff.)


Thomas Mann (1939)
 
Die Emser Depesche - studentisch

In der Stuttgarter Zeitung Nr 156 vom 11.7.1970 war kommentarlos der folgende Text abgedruckt:

Ems 1870
Von V. Kreusler

König Wilhelm saß ganz heiter
jüngst zu Ems, dacht gar nicht weiter
an die Händel dieser Welt.
Friedlich, wie er war gesunnen,
trank er seinen Kränchenbrunnen,
als ein König und ein Held.

Da trat in sein Kabinette
eines Morgens Benedette,
den gesandt Napoleon.
Der fing zornig an zu kollern,
weil ein Prinz von Hohenzollern
sollt auf Spaniens Königsthron.

Wilhelm sagte: „Benedettig!
Sie ereifern sich unnötig,
brauchen Sie man nur Verstand;
vor mir mögen die Spaniolen
sich nach Lust 'nen König holen,
mein'thalben aus dem Pfefferland.

Der Gesandte so beschieden,
war noch lange nicht zufrieden,
weil er's nicht begreifen kann;
und er schwänzelt und er tänzelt
um den König und scharwenzelt,
möcht es gerne schriftlich han. -

Da sieht unser Wilhelm Rexe
sich das klägliche Gewächse
mit den Königsaugen an.
Sagte gar nichts weiter, sundern
wandte sich, so daß bewundern
jener seinen Rücken kann.

Als Napoleon das vernommen,
ließ er gleich die Stiebeln kommen,
die vordem sein Onkel trug.
Diese zog der Bonaparte
grausam an, und auch der zarte
Lulu nach den seinen frug.

So in grauser Kriegesrüstung
rufen sie in stolzer Brüstung:
„Auf, Franzosen, übern Rhein!"
Und die Kaiserin Eugenie
ist besonders noch diejenge,
die ins Feuer bläst hinein.

Viele tausend rote Hosen
stark nun treten die Franzosen
eiligst untern Chassepot,
blasen in die Kriegstrompete,
und beim Heere à la tête
brüllt der tapfre Turiko.

Deutschland lauschet mit Erstaunen
auf die fränkschen Kriegsposaunen,
ballt die Faust, doch nicht im Sack;
nein, mit Fäusten, mit Millionen,
prügelt es auf die Kujonen,
auf das ganze Lumpenpack.

Wilhelm spricht mit Moltk' und Roone
und spricht dann mit seinem Sohne:
„Fritz, geh hin und haue ihm!"
Fritze, ohne lang zu feiern,
nimmt sich Preußen, Schwaben, Bayern,
geht nach Wörth und hauet ihm.

Haut ihm, daß die Lappen fliegen,
daß sie all die Kränke kriegen
in das klappernde Gebein,
daß sie, ohne zu verschnaufen,
bis Paris und weiter laufen –
und wir ziehen hinterdrein.


Aus dem Allgemeinen Deutschen Commersbuch.
Zu singen nach der Singweise des Prlnz-Eugen-Lieds.


Bei dem angegebnen Verfasser V. Kreusler handelt es um den in Ems tätigen Kreisphysikus (Arzt) Wolrad Kreusler aus Arolsen (1817-1901).

Das "Allgemeines Deutsches Commersbuch" stammt aus dem Verlage M. Schauenburg u. Co., Lahr, der es im Jahre 1869 bereits in zwölfter Auflage herausgegeben hat, die erste war bereits 1858 erschienen und Ernst Moritz Arndt gewidmet worden, dessen kerndeutsche Antwort im Faksimiledruck der Ausgabe beigegeben ist. Herausgegeben wurde das Buch "unter musikalischer Redaktion von Friedrich Silcher und Friedrich Erk".

Interessant, dass ein Exemplar sich in Engels Nachlass befand.

Engels musikalisch
 
Was meint Frau Jenny Treibel?

In Fontanes Roman Frau Jenny Treibel erfahren wir:

»Ich habe, Herr Lieutenant, von ihren beabsichtigten Reisen in unsere liebe Mark Brandenburg gehört; Sie wollen bis an die Gestade der wendischen Spree vordringen, ja, noch darüber hinaus. Eine höchst interessante Gegend, wie mir Treibel sagt, mit allerlei Wendengöttern, die sich, bis diesen Tag, in dem finsteren Geiste der Bevölkerung aussprechen sollen.«
»Nicht, daß ich wüßte, meine Gnädigste.«
»So z. B. in dem Städtchen Storkow, dessen Burgemeister, wenn ich recht unterrichtet bin, der Burgemeister Tschech war, jener politische Rechtsfanatiker, der auf König Friedrich Wilhelm IV. schoß, ohne Rücksicht auf die nebenstehende Königin. Es ist eine lange Zeit, aber ich entsinne mich der Einzelheiten, als ob es gestern gewesen wäre, und entsinne mich auch noch des eigentümlichen Liedes, das damals auf diesen Vorfall gedichtet wurde.«
»Ja,« sagte Vogelsang, »ein erbärmlicher Gassenhauer, darin ganz der frivole Geist spukte, der die Lyrik jener Tage beherrschte. Was sich anders in dieser Lyrik giebt, ganz besonders auch in dem in Rede stehenden Gedicht, ist nur Schein, Lug und Trug. ›Er erschoß uns auf ein Haar, unser teures Königspaar.‹ Da haben Sie die ganze Perfidie. Das sollte loyal klingen und unter Umständen vielleicht auch den Rückzug decken, ist aber schnöder und schändlicher als alles, was jene verlogene Zeit sonst noch hervorgebracht hat, den großen Hauptsünder auf diesem Gebiete nicht ausgenommen. Ich meine natürlich Herwegh, George Herwegh.«


1844 verübte der ehemalige Bürgermeister Tschech ein Attentat auf den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Das war damals kein Anlaß zur Massenhysterie, sondern für ein demokratisches Spottlied, in dem das Mißlingen des Attentats ironisiert wurde:

BÜRGERMEISTER TSCHECH

War wohl je ein Mensch so frech
wie der Bürgermeister Tschech?
Denn er traf um knapp ein Haar
Unser teures Königspaar
Kaum die Uhr stand auf halb acht
War noch niemand da
der da Schäbiges dacht
Kam der Mann ganz ungeniert
Durchs Portal hereinspaziert
’s Königspaar tritt grad heraus
Sehen beide noch ganz
wie Versoffene aus
Tschech zieht sein Pistol hervor
Schießt dem König fast ins Ohr
Ihm ging’s durch’n Mantel,
Ihr ging’s durch’n Hut.
Ihm ging’s durch’n Mantel
und ihr ging’s durch,
durch und durch durch’n Hut
Ja, der Landesmutter
Schoß er durch mittendurch
und durch durch’n Rock
In das Unterfutter
Von dem Rock, von dem
hochwohlgeborenen Rock.

Hatte je ein Mensch so’n Pech
Wie der Bürgermeister Tschech?
Denn es trug der Bösewicht
Unsern Gott im Herzen nicht
Pocken trug er im Gesicht
Weiter sah man an ihm
was Verdächtiges nicht
Als der König ihn erblickt
Von Gendarmen ganz umstrickt
Dreht er sich zum Volk und spricht:
«Kinder, ick habe nischt
von dem Schuß abjekrischt!»
Dick und fett, es fehlt ihm wenig
Alles brüllt: «Es lebe der König!»
Ihm ging’s durch’n Mantel,
Ihr ging’s durch’n Hut.
Ihm ging’s durch’n Mantel
und ihr ging’s durch,
durch und durch durch’n Hut
Ja, der Landesmutter
Schoß er durch mittendurch
und durch durch’n Rock
In das Unterfutter
Von dem Rock, von dem hochwohlgeborenen Rock

Hatte je ein Mensch so’n Pech
Wie der Bürgermeister Tschech?
Daß er diesen dicken Mann
Auf zwei Schritt nicht treffen kann
 
Ein Fundstück aus einem Schulbuch von 1910, der "Fibel für Niedersachsen":

Unser Kaiser

Der Kaiser ist ein lieber Mann;
er wohnet in Berlin,
und wär es nicht so weit von hier,
so ging ich heut´ noch hin.

Und was ich bei dem Kaiser wollt´?
Ich gäb´ ihm meine Hand
und brächt´ die schönsten Blumen ihm,
die ich im Garten fand.

Und sagte dann: "Aus treuer Lieb´
schenk ich die Blumen dir!"
Und dann lief ich geschwinde fort
und wär bald wieder hier.

(Karl Trog)


Ich dachte mir, das passt hier hin ;)
 

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Und wie das hierherpasst.

zur Ergänzug:

Der Kaiser ist ein lieber Mann, er wohnet in Berlin. Und wär’ es nicht so weit von hier, so führ ich heut noch hin!
Diese Verse hatten die Kinder der Roisdorfer Dorfschule, ebenso wie die Kinder überall im Deutschen Reich, auf die Melodie des Glockenspiels der Potsdamer Garnisonskirche zu singen und damit ihre vaterländische Gesinnung einzuüben.

Über die Vergänglichkeit von Lesebüchern:
1923 bin ich in Bonn in die Schule gekommen [...] In unserem Lesebuch stieß ich bald auf ein Gedicht, das mich irritierte. Da stand nämlich: "Der Kaiser ist ein lieber Mann, er wohnet in Berlin. Und wär' es nicht so weit von hier, dann führ' ich heut noch hin." Ich hatte mitbekommen, dass der Kaiser gar nicht mehr in Deutschland lebte, sondern bei Kriegsende sein Land und seine Soldaten im Stich gelassen hatte. Also fragte ich meine Mutter, was das solle: "Der sei doch kein lieber Mann, und ich wolle auch gar nicht dort hinfahren." "Ach, habt ihr das durchgenommen?" fragte sie. "Nein, aber es steht so im Lesebuch".

http://www.gewerkschaften-sassenbach.de/textHeft4.html

Zum Autor des Liedes:
Ebenfalls seit Ende der 1880er Jahre finden sich wiederholt Zuschreibungen des Liedes zu einem Autor namens „Trog“. Es dürfte sich dabei um den im Nassauischen tätigen Lehrer Carl Trog (1838-1913) handeln, der zwischen 1872 und 1906 mit zahllosen Schriften „patriotischer Deklamationen“ und „Festgaben“ zu Ehren des Kaisers in Erscheinung getreten ist. Es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass Trog tatsächlich der Autor des Liedes war.
http://www.liederlexikon.de/lieder/kaiser/der_kaiser_akom.pdf.
 
Flecke
von Heinz Erhardt

Gott, voller Weisheit, hehr und mild
schuf uns nach seinem Ebenbild
Gewiß, wir Menschen sind gescheit,
doch wo ist unsre Menschlichkeit?
Erscheint uns jemand edel, groß,
so täuscht das: er verstellt sich bloß!
Erst wenn er Böses tut und spricht,
zeigt er sein wahres Angesicht!-

Um obiges nun zu beweisen,
laßt alphabetisch uns verreisen,
dann kann man sehn, was so geschah!
Wir fangen vorne an, bei A ! ! !

A (Amerika)

Amerika, du Land der Super-
lative und dort, wo James Cooper
zwar seinen "Lederstrumpf" verfaßte,
man aber die Indianer haßte,
weshalb man sie, halb ausgerottet,
in Reservaten eingemottet,
sich dafür aber Schwarze kaufte,
sie schlug und zur Belohnung taufte,
doch heute meidet wie die Pest,
sie aber für sich sterben läßt-
wie beispielgebend stehst du da
für Menschlichkeit! O USA!

B (Briten)

Jedoch auch sie, die vielen Briten,
die Schott- und Engländer, sie bieten
für unser Thema Menschlichkeit
so manchen Stoff seit alter Zeit!
Nur waren’s statt Indianer Inder,
die sie ermordeten, auch Kinder;
und ähnlich Schreckliches erfuhren
danach die Iren und die Buren,
die man durch den Entzug des Fetts
verschmachten ließ in den Kazetts!
Jedoch bei Völkern, welche siegen,
wird sowas immer totgeschwiegen . . .

C (Christen)

Dann wäre da, bar jeden Ruhms,
so manche Tat des Christentums,
die, eben wegen seiner Lehre,
am besten unterblieben wäre!
Man denke da zum Beispiel an
Inquisition zuerst und dann
an Waffensegnung mit Gebeten,
um andre Gläubige zu töten!
Auch dieses: lieber Menschenmassen
verelenden und hungern lassen,
statt man Geburtenreglung übe-
auch das zeugt nicht von Menschenliebe!

D (Deutschland)

Nun: Wollt ihr, daß im Alphabet
es mit dem D jetzt weitergeht?
Ist es nicht besser, wenn ich ende?
Wascht nur in Unschuld eure Hände
und greift, kraft eigenen Ermessens,
zum güt’gen Handtuch des Vergessens . . .

Doch hilft das Waschen nicht und Reiben:
Die Flecke bleiben!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das bestätigt den Autor eher als Ulknudel. oder habe ich da etwas übersehen?
Wenn du das Salzkörnlein des historischen noch kurz erläutern könntest...
 
Arbeitsalltag in der Weimarer Republik?

Nächtliche Fahrt

Ich bin von Hamm nach Duisburg gefahren
in Stunden, da sie am Werken waren.
Da sah ich sie gießen und hämmern und raffen,
sah alle am heiligen Werke schaffen.

Ich sah die harten, zerfurchten Gesichter
über der Ofen Glutentrichter,
ich sah das Heer der sausenden Rädern,
ich sah der Gießbahn Riemengeäder,
ich sah die Körper sich recken und dehnen,
ich sah die brandroten Eisensehnen,

ich sah die Blöcke, in Weißglut gewachsen,
ich sah die stählernen Kolben und Achsen,
und brausende Dämpfe sangen und tönten,
und die heiligen Chöre der Arbeit dröhnten.

Ob Sturm und Regen die Stirn mit gefeuchtet,
die Nacht hat geflammt, gelobt und geleuchtet,
die Mauern umzuckt von flammenden Garben,
ging Wunder um Wunder der brennenden Farben.

So hab’ ich in schweigender Andacht gestanden,
die deutsche Zukunft hielt mich in Banden.
Und haben sie tausend der Brüder vernichtet,
unsere Seele steht hochgerichtet! –

Ich bin von Hamm nach Duisburg gefahren
in Stunden, da sie am Werken waren. ...


Wilhelm Uhlmann-Birterheide

Ferdinand Hirts Deutsches Lesebuch für das 5. bis 8. Schuljahr, Gedichte, Breslau 1925

Über den Autor ist mir nichts bekannt. Als Exempel der Lesebuchtradition ist es hier eingefügt.
 
In einem Buch über die Nordlandfahrten Kaiser Wilhelms wird das wohl einzige, vertonte Gedicht von Wilhelm II. erwähnt. Es handelt sich hierbei um den "Sang an Aegir", ein recht schwülstiges Werk, das von Nordlandsagen inspiriert wurde und bei den damaligen Aufführungen sehr geteiltes Echo erhielt ;)
Die Kulturkritiker und das "Fachpublikum" waren, gelinde gesagt, wenig begeistert. Nur die wackeren Kaisertreuen, denen vermutlich eh alles gefiel, was aus des Kaisers Hand kam, hatten lobende Worte über.
Obwohl das Lied unter des Kaisers Namen veröffentlicht wurde, spekulierte man schon damals, daß die Musik vermutlich von Kuno von Moltke und der Text von Philipp Fürst zu Eulenburg (mit-)geschrieben wurde. Ich weiß nicht, ob das je tatsächlich geklärt wurde, aber nach meinem Wissen hat sich KWII nie wieder in diesem Metier versucht. Es ist immer gut zu erkennen, was man kann und was nicht... :cool:

Sang an Aegir
O Aegir, Herr der Fluten
Dem Nix und Neck sich beugt,
In Morgensonneglute
Die Heldenschar sich neigt.
In grimmer fehd' wir fahren
Hin an den fernen Strand,
Durch Sturm, durch Fels und Klippe
Führ' uns in Feindesland.
Will uns der Neck bedräuen,
Versagt uns unser Schild,
So wehr' dein flammend Auge
Dem Ansturm noch so wild !
Wie Frithjof auf Ellida
Getrost durfuhr dein Meer
So schirm' von diesem Drachen
Uns, deiner Söhne Heer !
Wenn in dem wilden Horste
Sich Brünn und Brünne drängt,
Den Feind, vom Stahl getroffen,
Die Schildesmaid umfängt,
Dann töne hin zum Meere
Mit Schwert und Schildesklang,
Dir, hoher Gott zu Ehre,
Wie Sturmwind unser Sang.
 
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