Geschlechterrollen in der Steinzeit

Stelle eine Frage, passt wohl hier auch rein.

Kann mir einer Erklären warum diese rundlichen Strukturen ein Beweis für das Matriarchat sein sollen. Die Figuren zeigen vorallem Geschlechtsorgane, das gibt es bei jedem Porno auch (der wiederum Frauenverachtend sein soll).

Verstehe bei besten Willen nicht wie man drauf kommt.

Du meinst bestimmt die Venusfigurinen ? Wikipedia.
Diese Frauenstatuetten wurden von einigen als Götterstandbilder aufgefaßt. Es gibt aus der Steinzeit vor dem Ackerbau nicht viele Hinterlassenschaften, aus denen man etwas über die Kultur und den Glauben der Menschen ableiten könnte. Diese Figuren sind neben Höhlenmalereien die spektakulären Funde aus dieser Zeit.
Bei solchen Funden unterstellt man leicht eine höhere Bedeutung, also waren es Götter und da sie unübersehbar weiblich waren, waren es Göttinnen.
Und da in nicht lange zurückliegenden Zeiten, die Götter männlich interpretiert wurden, wenn die Gesellschaftsform patriarchalisch war, schloß man messerscharf auf ein Matriarchat als Gesellschaftsform in der Frühzeit.
Dass bei dieser Schlußfolgerung an mehreren Stellen spekulative Annahmen vorausgesetzt werden müssen, will ich nur anführen, damit ich nicht mißverstanden werde.
 
Die Figuren zeigen vorallem Geschlechtsorgane, das gibt es bei jedem Porno auch...

Ich zweifle an der Sinngebung als erotisches Pinup aus mehreren Gründen:

1. Sind sie nicht erotisch (auf jeden Fall die meisten, ein paar gibt es schon), und primäre Geschlechtsorgane werden bei den Figurinen gar nicht dargestellt.
Aber wenn es nur um die weibliche Figur als solches geht, man hat festgestellt, dass selbst bei von Geburt an blinden Männern, ein dicker Bauch unerotisch wirkt, was die Schlussfolgerung zulassen könnte, dass Schönheitsideal mit Gesundheit zu tun haben könnte. Der Bauchumfang steht in Verbindung mit Infarktgefährdung.

2. Und Geschlechtsorgane habe nun mal nicht nur mit Sex zu tun sondern auch mit Schwangerschaft, Geburt, und Nahrung. Die Gleichung Sex=Kinder funktioniert nun mal nicht immer. Und man kann sich schon vorstellen, dass Kinder nicht ganz unwichtig fürs Überleben der Sippe waren, während Sex vielleicht täglich zu haben war (Tabus müssen ja auch nicht unbedingt auf die Steinzeit übertragen werden).

3. Es fehlt in den meisten Darstellungen die Phantasie. Das heißt, über ein riesiges Gebiet, laut Wiki von Westeuropa bis Sibirien, wurde über Jahrtausende (rund 20.000 Jahre(!)) die Proportionen beibehalten. Diese beeindruckende Konstanz würde ich nicht mit sexuellen Vorlieben in Verbindung bringen, selbst wenn man nicht davon ausgehen darf, die heutigen sexuellen Vorstellungen auf damals übertragen zu können.
 
2. Und Geschlechtsorgane habe nun mal nicht nur mit Sex zu tun sondern auch mit Schwangerschaft, Geburt, und Nahrung. Die Gleichung Sex=Kinder funktioniert nun mal nicht immer. Und man kann sich schon vorstellen, dass Kinder nicht ganz unwichtig fürs Überleben der Sippe waren, während Sex vielleicht täglich zu haben war (Tabus müssen ja auch nicht unbedingt auf die Steinzeit übertragen werden).
Es stellt sich auch die Frage, inwieweit sich die Menschen des Zusammenhanges von Sex und Schwangerschaften überhaupt bewusst waren. Bei den Aborigines hat man auch festgestellt, dass viele einfach annahmen, ab einem bestimmten Alter würden Frauen einfach beginnen, hin und wieder Kinder zu gebären.
 
Bei den Aborigines hat man auch festgestellt, dass viele einfach annahmen, ab einem bestimmten Alter würden Frauen einfach beginnen, hin und wieder Kinder zu gebären.
Interessant hast du vielleicht eine Quelle für die Behauptung ?
 
Kann mir einer Erklären warum diese rundlichen Strukturen ein Beweis für das Matriarchat sein sollen. Die Figuren zeigen vorallem Geschlechtsorgane, das gibt es bei jedem Porno auch (der wiederum Frauenverachtend sein soll).

Verstehe bei besten Willen nicht wie man drauf kommt.

Kein seriöser Prähistoriker betrachtet die Venus-Figuren als Beweis für ein "Matriarchat". Das trifft ebenso wenig zu, wie die zehntausende von Muttergottes-Statuen in Europas Kirchen ein Zeichen für ein europäiscjes Matriarchat sind. Da wir die religiösen Vorstellungen oder soziokulturellen Bedingtheiten der Menschen vor Tausenden von Jahren nicht kennen, ist jede Aussage über die Funktion der so genannten Venus-Statuen - eine im übrigen irreführende Bezeichnung - nur hypothetisch und spekulativ.

Vielfach wird angenommen, dass es sich bei diesen oft fettleibigen Statuetten, die Brüste, Hüften, Bauch und Gesäß besonders betonen, um Personifizierungen der Fruchtbarkeit handeln könnte, vielleicht auch um Stammesmütter oder um Fruchtbarkeitsgöttinnen. Der Typ solcher Statuetten erstreckt sich erstaunlicherweise über einen Zeitraum von rund 30 000 Jahren, von der Altsteinzeit bis hin zum Neolithikum.

Möglicherweise hat sich der Sinngehalt dieser Figuren in diesem gewaltigen Zeitraum geändert oder verschoben, da die Leute der Altsteinzeit Jäger und Sammlerinnen waren, die Leute der Jungsteinzeit hingegen sesshafte Bauern, die die Fruchtbarkeit ihrer Felder erhofften und mit Sicherheit entsprechende Fruchtbarkeitsriten kannten.
 
Keine Quellenangaben dort.
Hier steht es auch (Kapitel: "Der Verlust der Unschuld"), sogar mit Quellenangabe:
frame01
"Noch in den Dreißigerjahren unseres Jahrhunderts glaubten die Bellonesen auf den Salomoninseln, dass die einzige Funktion des Geschlechtsverkehrs das Vergnügen sei" stammt aus: Martin Dannecker, Das Drama der Sexualität, Frankfurt 1987, S. 41f.
"und auch australische Ureinwohner kannten bis unlängst noch nicht den Zusammenhang von Kopulation und Zeugung. Für sie war eine Frau einfach ein Wesen, das während einer langen Zeit ihres Lebens in gewissen Abständen Kinder gebärt." stammt aus: Marielouise Janssen-Jureit, Sexismus, München 1976, S. 123
 
Mal kurz gedankengesponnen: Ist denn das Erkennen eines Zusammenhangs zwischen Sex und Fortpflanzung nicht ein entscheidender Schritt hin zur Ausprägung gefestigter Geschlechterrollen?
 
Mal kurz gedankengesponnen: Ist denn das Erkennen eines Zusammenhangs zwischen Sex und Fortpflanzung nicht ein entscheidender Schritt hin zur Ausprägung gefestigter Geschlechterrollen?

Warum?
Der Zusammenhang von Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit - also dem Ergebnis von Sex - und Geschlechterrollen leuchtet mir ein, das setzt aber ein Wissen um die Ursache - also Sex - nicht zwingend voraus.
 
@ Lili:
Wieso das? Wichtig ist doch nur, dass klar ist, dass nur Frauen Kinder gebären - und Männer eben nicht. Das reicht doch wohl zur Festlegung der Geschlechterrollen: Frauen gebären, Männer ernähren sie.
 
Interessant hast du vielleicht eine Quelle für die Behauptung ?
Nicht direkt für dieses Beispiel, aber in "Kulturanthropologie" von Marvin Harris wird auch festgestellt, dass die Erklärungen der Schwangerschaft abenteuerlich und vielfältig sind. Ich weiss es nicht mehr aus dem Kopf, aber es wird mit großer Wahrscheinlichkeit Literatur dazu angegeben. Auf jeden Fall wird eine Reihe von Beispielen angeführt.
In den meisten Fällen wird dem Mann eine entscheidende Rolle zugeschrieben, wenngleich damit selten die biologisch korrekte Rolle getroffen wird. Aus den Erklärungen geht aber hervor, dass der Mann die Frau vögeln muss. Sie sind also funktional. :D
 
"und auch australische Ureinwohner kannten bis unlängst noch nicht den Zusammenhang von Kopulation und Zeugung. Für sie war eine Frau einfach ein Wesen, das während einer langen Zeit ihres Lebens in gewissen Abständen Kinder gebärt." stammt aus: Marielouise Janssen-Jureit, Sexismus, München 1976, S. 123

Danke :yes:.

Ich vermute mal das man diese Behauptung in das Reich der Phantasie verbannen kann. Ohne eine gute Ethnographie zu diesem Thema spekuliere ich aber auch nur.

In allen Angelegenheiten, die die weibliche Fruchtbarkeit betreffen, wie Menstruation, Schwangerschaft und Geburt, halfen und unterstützten sich die Frauen gegenseitig. Es gab geheime Gesänge und Rituale, von denen Männer grundsätzlich ausgeschlossen blieben. Die Frauen hatten ein absolutes Verfügungsrecht über ihren Körper und ihre Gebärfähigkeit. Sie kannten Verhütungsmittel (unter anderem die besonders interessante Methode, unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr durch geschickte Bewegungen und Kontraktionen den Samen wieder auszustossen) und nahmen Abtreibungen vor; jüngere Frauen, weil sie ihr Liebesleben ungestört geniessen wollten, ältere, weil sie es vorzogen, relativ große Abstände zwischen den Geburten zu haben, um so das Risiko für die eigene Gesundheit zu verringern und sich nicht unnötig zu erschöpfen.
Quelle:Outback-Info.de - Australien Aboriginal Frauen und die Kultur der Aboriginals
 
Je nach dem, welche Schlussfolgerung man aus der Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Sex und Fortpflanzung zieht, ergibt sich doch ein ganz bestimmtes Rollenmuster. Geht man bspw. davon aus, dass der männliche Beitrag zur Fortpflanzung der entscheidendere ist, ergibt sich für Frauen doch automatisch eine untergeordnete Rolle. So wird der Mann zum Erschaffer und die Frau lediglich zum "Nährboden" (gleiches gilt natürlich vice versa).
 
Es stellt sich auch die Frage, inwieweit sich die Menschen des Zusammenhanges von Sex und Schwangerschaften überhaupt bewusst waren. Bei den Aborigines hat man auch festgestellt, dass viele einfach annahmen, ab einem bestimmten Alter würden Frauen einfach beginnen, hin und wieder Kinder zu gebären.


Glaub ich nicht sowas was man beobachten kann werden die noch gewusst haben.
 
Was beobachten? Es ist ja nicht so, dass die Frau gleich nach dem Sex gebiert, da liegen ca. neun Monate dazwischen. Eine Frau ist doch kein Automat, wo der Mann eindringt und gleich darauf kommt das Baby raus. Wenn also eine Frau regelmäßig Sex hat und nur alle ca. ein bis zwei Jahre ein Kind gebiert, ist ohne medizinisches Wissen nicht so ohne weiteres klar, dass da ein Zusammenhang besteht.
 
Was beobachten? Es ist ja nicht so, dass die Frau gleich nach dem Sex gebiert, da liegen ca. neun Monate dazwischen. Eine Frau ist doch kein Automat, wo der Mann eindringt und gleich darauf kommt das Baby raus. Wenn also eine Frau regelmäßig Sex hat und nur alle ca. ein bis zwei Jahre ein Kind gebiert, ist ohne medizinisches Wissen nicht so ohne weiteres klar, dass da ein Zusammenhang besteht.


Natürlich nicht aber selbst dann wird man den ursächlichen Zusammenhang merken.

Oder gab es bei den Aborigines Jungfrauengeburten.

Das eine Frau ohne Sex ein Kind gebiert wird wohl nicht vorgekommen sein.
 
Vermutlich gab es nicht sonderlich viele Frauen, die lange über den Eintritt der Pubertät hinaus Jungfrauen blieben.
Genauso gut könnte man einen Zusammenhang zwischen anderen regelmäßigen Tätigkeiten (z. B. Essen) und Schwangerschaften vermuten.
 
Zurück
Oben