Genau das ist es, eine psychologische Frage und keine biologische. Vielen Dank, dass wir das Thema damit also beenden können und nun einvernehmlich festhalten: Religion ist nicht angeboren.
Nun willst du mich aber offenbar falsch verstehen. Die Grundlagen der Psyche sind selbstverständlich angeboren. Kultur und Erziehung können innerhalb dieses Rahmens Einfluss nehmen, bleiben aber notwendiger Weise an die genetisch vorherbestimmten Grenzen gebunden. Damit du mich nun nicht gleich wieder falsch verstehst: Natürlich sind keine bestimmten Religionen oder Weltanschauungen angeboren (Das wäre nun wirklich hirnrissig). Es geht nur um das Bedürfnis nach solch einem System.
Nimm doch z.B. mal den Umstand das es ganz typisch ist, dass Menschen träumen fliegen zu können. Und zwar ist es wiederum typisch, dass sie im Traum ganz überrascht feststellen, dass das doch ganz einfach geht. Wie dumm, dass sie das bisher nicht taten. Überleg mal, vielleicht erinnerst auch du dich an solch einen Traum. Ich wette, das findest du unabhängig von anerzogener Kultur. Mein kleiner Sohn hat heute morgen beim Frühstück davon erzählt, wie er das im Traum erlebt hat, als meine Mutter und ich uns darüber unterhielten, weil ich letzte Nacht so etwas geträumt habe. Von uns hat ihm das niemand sufliert. Somit würde ich postulieren wollen, die Traumvorstellung fliegen zu können, gehört zum genetisch ererbten Inventar des Menschen. Wenn du das nicht glauben magst, frag mal jemanden, der sich damit auskennt, z.B. Psychotherapeuten, Psychologen oder ähnliche Berufsgruppen. Die machen sich die Hose nämlich auch nicht mit der Kneifzange zu. Dieses Traumthema gehört wirklich zu Standard.
Menschen haben Angst vor Spinnen. Bei manchen Menschen ist die Angst so überhöht, dass man von einer Phobie spricht. Von Menschen, die scheinbar unbefangen mit Spinnen umgehen vermute ich, dass sie sich ihre Angst mühsam abtrainiert haben (Hierzu ließe ich mich vom Gegenteil überzeugen, falls es belastbare Daten dagegen gibt*). Ich selbst z.B. versuche mir diese Angst abzutrainieren, weil ich mich von einer offensichtlich unbegründeten Angst nicht in meiner Bewegungsfreiheit einschränken lassen will. Der Erfolg hat aber seine Grenzen, je größer und fleischiger die Biester sind. Besonders wenn sie auf mich zukrabbeln. Meinen Kindern erzähle ich schon immer, Spinnen sind nicht gefährlich. Eure Angst ist zwar normal aber völlig unbegründet. Das führt aber keineswegs dazu, dass sie sich in Gegenwart von Spinnen wohl fühlen. Ich muss die Viecher einfangen oder erschlagen, bevor sie ins Bett gehen. Das entspricht dem, was mir Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen erzählen. Insofern würde ich postulieren wollen, es gehört zum genetisch ererbten Inventar des Menschen, Angst vor Spinnen zu haben.
Das Hündchen meiner Mutter fängt zwar beherzt Erdwespen und ist ein ziemlicher Draufgänger (was mitunter ziemlich nervt), Spinnen mag es aber nicht fressen. Womöglich sind selbst für Hunde Spinnen igitt. Das mag also schon bei unseren gemeinsamen Vorfahren so gewesen sein.
Offenbar gibt es also genetisch vorgegebene Strukturen und sogar in gewissem Maße Inhalte.
Selbstverständlich folgt die Angst vor dem Tod der Erkenntnis, dass dieser unausweichlich eintreten wird. Sie ist somit eine Folge der Fähigkeit dies zu begreifen: Wer nicht versteht, dass er unausweichlich auf den Tod zulebt, braucht sich davor nicht zu fürchten, richtig? Nach dem normalen Selbstempfinden eines Menschen ist man jedenfalls selbst unsterblich. Zumindest möchte man darauf Anspruch erheben. Ich empfinde so, ich vermute, du emfindest auch so. Nun ergibt sich aber in mir ein Widerspruch zwischen Empfinden und Wissen, somit ein Dilemma: Ich emfinde etwas, wovon ich sicher weiß, dass es falsch ist: unsterblich zu sein.
Und da komme ich dann nicht umhin, ein strukturiertes Bedürfnis zu erkennen. Die Befriedigung dieses Bedürfnisses hilft nämlich über das Dilemma hinweg.
Noch einmal zur Klarstellung: Ich habe nichts dazu gesagt, wie ich persönlich das nun religiös einordne. Das verbieten die Regeln hier und das finde ich auch gut. Ich sage nur, wie ich das unabhängig von meinen eigenen religiösen Überzeugungen aus einer wissenschaftlichen Sicht sehe. Und nur um diese darf es in diesem Forum gehen. Es geht also ganz sicher nicht darum, ob irgendeine konkret existierende Religion wahr, halbwahr oder unwahr ist, sondern um das Bedürfnis der Menschen danach. Nur das ist von Interesse, zumal wir hier über NEANDERTHALER sprechen.
So, Lili, nun gib du mal Butter bei die Fische: Womit begründest Du, das das
Bedürfnis nach Religion
nicht angeboren sein soll???
*natürlich bin ich auch bei allem anderen, was ich behaupte vom Gegenteil zu überzeugen, insbesondere mit guten Argumenten und belastbaren Daten.