Ränge auf Widerruf!
Was wirklich Integrationswilligen Barbarenfürsten weitgehend vorenthalten wurde, war ein dauerhafter und fester Platz im Gefüge des Imperiums – natürlich an einer Stelle, die ihrer Bedeutung entsprach: Will sagen recht weit oben im Staate! Statt eines solchen Platzes erhielten sie nur eher geduldete Militärränge, oft genug auf Widerruf, sobald sich die Reichzentrale entschlossen hatte, ein Foederiertenvolk gegen ein anderes auszuspielen.
Das kann man so kaum stehen lassen, angesichts der Dominanz der germanischen Adligen im 4. und 5. Jahrhundert, wo sie höchste Posten besetzten, sei es nun der des magister militum, oder auch des Konsulats.
Und ob ich das so stehen lassen kann. Danke an Ravenik, der den Punkt bereits näher ausgeleuchtet hat.
Ich schrieb von Militärrängen und das amtierende Barbarenfürsten nicht in das „normale Establishment“ des Reiches integriert waren. Es handelte sich dabei um „Sonderämter“, nicht um eine Rolle unter der „staatstragenden Schicht reichen Grundbesitzer“. Deren Bedeutung wird doch gerade von dir oben unterstrichen! Auch Heather bemüht sie als fast schon „sakrosankte Gruppe“, die anzurühren für den Bestand des Reiches unmöglich gewesen sei. Eine Behauptung, gegen die ich mich im Vorposts doch gewehrt habe! Ich verstehe darum nicht leicht, wie man mich derart missverstehen konnte.
Militärämter waren abhängig von der Gunst der Kaiser (oder ihrer wichtigsten Ratgeber). Man vergleiche: So wie sie konnten auch „unmögliche Personen“ in höchste Ämter mit dieser Gunst aufsteigen. Günstlinge waren etwa die Freigelassenen der julischen Kaiser, oder noch der Eunuchengeneral Narses in der Spätantike. Ihr Schicksal war völlig mit jenem ihrer Patrone verwoben, ohne diese stürzten sie gewöhnlich ins Bodenlose/Verderben. Es war also eher Hausmachtpolitik exponierter Mächtiger und Notsituationen, welche Barbarenfürsten in die höchsten Militärämter katapultierten. Keine echte, gezielte Integration in die führende Schicht der Großgrundbesitzer des Imperium. Ein entscheidender Unterschied!
Direkt mit dem Sturz des Stilicho gingen Reichsangehörige gegen die Familien, der durch Stilicho foederierten Soldaten, in Pogromen vor, was die vorher dem Reich gewonnenen Barbaren in die Reihen ihrer Feinde treiben musste. Das geschah, obwohl sich die „barbarischen Truppen“ nichts hatten zuschulden kommen lassen. Sieht so eine erfolgreiche Integration in den römischen Militärapparat aus? Deinen Einwand sehe ich damit als völlig entkräftet an.
Weiterhin schrieb ich durch den Kontext von „integrationswilligen Barbarenfürsten foederierter Völker“ nicht von Einzelpersonen, oder unbedeutenden Gruppen. Der (eigentliche Römer) Stilicho gehörte also ebenso wenig zu der von mir angesprochenen Gruppe, wie der mächtige halbalane Aspar. Dieser konnte durch seine guten Beziehungen zu Römern wie Barbaren, eine gewaltige Stellung erreichen. Die lange Liste ranghoher Militärpersonen der Spätantike mit „barbarischen Wurzeln“, bereinigt um diese Punkte, dampft dann doch gewaltig zusammen. Oder sollen wir „Gesten der Beschwichtigung“, gegenüber außerhalb des Reiches residierende Barbarenfürsten, wie Attila ernst nehmen, dem zeitweilig ebenfalls ein römisches Heermeisteramt „anvertraut“ wurde? Es ging mir um die Einbindung von führenden Repräsentanten, der innerhalb des Imperiums angesiedelten, durch einen Foederatenvertrag an Rom gebundenen Völker mit meiner Aussage!
Wie relativ schwach die institutionelle Bindung eines Foederatenvertrages schon an sich war, zeigte sich nicht zuletzt an deren Befristung: Sie endeten mit dem Tode eines der beiden vertragsschließenden Repräsentanten. Also starb der Barbarenkönig, war der Vertrag abgelaufen - ebenso galt dies für den führenden „Minister“, oder den Kaiser der Römer selbst. Rom tat sich sehr schwer „ewige Verträge“ mit den Foederierten zu schließen. Unter Kaiser Justinian wurden die einzigen, nicht an Personen gebundenen Verträge annulliert:
- Der Vertrag mit den Vandalen, bei denen ein nachgeordneter Prinz die Königskrone ergegriffen hatte (Gelimer 530).
- Der Vertrag mit den Ostgoten wurde 5 Jahre später für beendet erklärt, als die Tochter des Theoderich von ihrem Mitregenten (ebenfalls ein Angehöriger der königlichen Familie der Amaler) ermordet worden war. Der Kaiser machte seine besondere Bindung zu Amalaswintha dabei geltend.
Hier haben wir also die „umfassendste, jemals erreichte Form“ einer nominalen Integration in die „Reichsführung“ von Barbarenkönigen in ihren Auswirkungen zu bewundern.