Heribert Illig... Was, wenn er doch Recht hat?

fingalo schrieb:
Hast Du mal inzwischen in die Zeitensprünge geguckt, ob da was über die verschwundenen Personen steht, die kurz vor der Phantomzeit belegt sind oder nach der Phantomzeit unmittelbar als erwachsene Menschen auftreten? Dazu musst Du ja selbst überhaupt nichts von dem Thema wissen, nur sagen, wer von der Illig-Gefolgschaft etwas darüber weiß. Das kann doch so schwer nicht sein.

Interessant wäre da z.B.: Herakleios, byzantinischer Kaiser von 610 - 641 n. Chr. und ein sehr wichtiger Kaiser für den Übergang des byzantinischen Reiches von der Spätantike zum Mittelalter. Ein Großteil seiner Aktionen und Erfolge fällt in die Phantomzeit.
 
fingalo schrieb:
Den ich immer danach frage...
Unseren lieben, lieben Freund Geoman.

Ich schließe mich Dir an, Fingalo... :cool:

Werter Geoman,

ich erlaube mir, an der Stelle auf jene drei Beiträge aus dem Parallelthread "Illigistische Methodik" im Smalltalk zu verweisen, die Fragestellungen enthalten - mit der Bitte, diese entsprechend der Phantomzeitthese aufzuklären.
Noch immer warten wir auf eine Antwort ober zumindest eine Reaktion darauf...

Hier noch einmal die entsprechenden Beiträge:
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=184712&postcount=173
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=184921&postcount=197
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=184958&postcount=202

Und wenn wir incl. einer Reaktion auf auch hier inzwischen aufgeworfene Fragen, die einer entsprechenden Antwort bzw. Reaktion harren, gerade dabei sind, so würde mich überdies interessieren, ob Stefan Frank seinerzeit noch eine nichtausweichende Antwort von Günter Lelarge auf seine gestellten Fragen bekommen hat - und wenn ja, wie diese Antwort(en) war(en): http://www.creatores.de/phanzeit.htm
 
timotheus schrieb:
Und wenn wir incl. einer Reaktion auf auch hier inzwischen aufgeworfene Fragen, die einer entsprechenden Antwort bzw. Reaktion harren, gerade dabei sind, so würde mich überdies interessieren, ob Stefan Frank seinerzeit noch eine nichtausweichende Antwort von Günter Lelarge auf seine gestellten Fragen bekommen hat - und wenn ja, wie diese Antwort(en) war(en): http://www.creatores.de/phanzeit.htm
Ich bin ja schon vor langer Zeit aus dem Usenet de.sci.geschichte nach hier übergewechselt. Aber da habe ich ja was verpasst.

Der Frank hat was ...:devil:
 
fingalo schrieb:
Ich bin ja schon vor langer Zeit aus dem Usenet de.sci.geschichte nach hier übergewechselt. Aber da habe ich ja was verpasst.

Der Frank hat was ...:devil:

Schreibtalent und bes.: Eine Menge guter Einwände!

Also: Falls Geoman mal inhaltlich aktiv werden will anstatt seine immer gleichen Vorwürfe loszu werden... Bei dem link finden sich jede Menge von Fragen auf die ein Illigist mal Antworten präsentieren sollte, will er mit seiner These irgendjemanden überzeugen!

Ich warte - auf Antworten!
 
tela schrieb:
Ich warte - auf Antworten!

Da bist Du nicht der Einzige... :pfeif:

Und ich denke, daß da auch noch eine Frage gestellt werden kann, die mir gerade aktuell durch den Kopf geht...

Im Zuge meiner Recherchen zur Geschichte des Johanniterordens bin ich auch auf die Geschichte der Hospize und Hospitäler im Heiligen Land gestoßen.
Die erste Erwähnung eines solchen Hospizes stammt aus dem Jahr 603, wo Papst Gregor I. der Große ein ebensolches in Jerusalem erwähnt, das von einem Abt namens Probus geleitet wurde.
Um 870 berichtet der Pilger Bernardus Monachus von einem Hospital (in Unterscheidung des vorher genannten Hospizes), welches Karl der Große um 800 für Pilger aus dem Abendland hatte einrichten lassen - nachweislich im Einvernehmen mit dem Patriarchen von Jerusalem und v.a. dem Kalifen Harun ar-Raschid.
Das Hospiz oder Hospital wird dann um 1009/10 als eines der Gebäude wieder genannt, welche den Zerstörungen christlicher Stätten in Jerusalem unter dem Kalifen al-Hakim zum Opfer fielen.
Die nächste Hospiz- bzw. Hospitalsgründung ist dann jene der Amalfitaner um 1070, aus welcher später der Johanniterorden hervorgehen wird.

Zunächst stellt sich ganz plakativ erst einmal die Frage, welches Hospiz oder Hospital nun echt und welches erfunden ist...

Aber gehen wir einmal davon aus, daß das formulierte Einvernehmen zwischen Karl, dem Patriarchen und dem Kalifen eine Erfindung ist und diese drei Personen noch dazu.

Wie kann ein Hospital nachweislich nach der Phantomzeit zerstört werden, wenn es in der Phantomzeit erbaut wurde - es dieses Hospital also nie gegeben hat? Oder müssen wir die Phantomzeit noch weitere 100 Jahre - eben bis 1011 - ausdehnen?
Warum wird das Hospital erst 70 Jahre nach seiner Einrichtung erwähnt, dabei aber vom alten Hospiz unterschieden? Erstens frage ich mich, wozu man eine solche Einrichtung erfinden muß, wenn es doch schon eine vorher gab, und zweitens: warum setzt man dann nicht gleich ein richtiges zeitnahes Dokument auf (eben um 800), sondern läßt einen einzelnen Pilger mehr als 50 Jahre später davon berichten?
 
Geoman schrieb:
Die Zusammensetzung der Sequenzen erfolgt in der Regel nicht (wie vielfach angenommen) über einmalig unverwechelbare Weiserjahre, sondern über Vordatierung und statistischen Abgleich der vordatierten Jahrringfolgen. Da eine C14-Vordatierung eigentlich nur dann möglich ist, wenn die C14-Werte kalibriert sind, was wieder ein lückenlose Jahrringchronologie erfordern würde, ist die Gefahr von die Chronologie manipulierenden Zirkelschlüssen offensichtlich.

Schade, dass Andere erst ausdrücklich um Argumente und Erklärungen bitten müssen, aber so kann man wenigstens dem Anschein nach beginnen, zu diskutieren.

Ich habe mir mal wieder den interessantesten Part herausgegriffen. Ob es im FMA seltener oder weniger Holzfundtücke als beispielsweise in der Hallstattzeit gibt, oder für die Zeiten davor (Dendrochronologie deckt schliesslich 10.000 Jahre ab), und ob für die Jahrtausende vor Christi Geburt mit amerikanischen Kiefern geeicht wurde, ist bzgl. FMA weniger von Bedeutung.

Aber was meinst Du mit Vordatierung? Wenn Du das Mittel meinst, beispielsweise per Fundmünzen einen Terminus postquem erhalten zu können, der wunderbar zur Datierung der feinsäuberlich gearbeiteten Goldgriffspatha mit Meerschaumperle passt? Die Archäologen, die ich getroffen habe, erzählten mir unisono, dass dazu gefundene Holzbefunde nicht mehr durch den "C14-Wolf" gejagt werden müssen, da die Streuung durch C14 zu hoch sei.
Was sind Weiserjahre? Katastrophen, besonders heisse Sommer? Aber wie will man diese vorab ermitteln, um damit Holzfunde zu datieren, mit deren Ergebnissen sich allerdings erst eine Klimageschichte entwickeln lässt? Da steckt der Zirkelschluss doch schon in der Annahme, oder?
Hollstein allerdings nutzte fest datierbare "Weiser"-Funde wie beispielsweise Holzfunde der Römerbrücke in Köln. Die Datierung liegt hinter der PhZ, wenn ich diese also "schwimmend" Richtung Mittelalter verlängere und spätmittelalterliche Jahresringkurven "schwimmend" Richtung Christi Geburt verlängere, sollte ich doch, wenn es bei der "schwimmenden Annäherung" dreihundert Jahre gar nicht gegeben hat, eine Doppelung von Kurvensequenzen geben...

LG, CrisP.
 
timotheus schrieb:
Im Zuge meiner Recherchen zur Geschichte des Johanniterordens bin ich auch auf die Geschichte der Hospize und Hospitäler im Heiligen Land gestoßen.
Die erste Erwähnung eines solchen Hospizes stammt aus dem Jahr 603, wo Papst Gregor I. der Große ein ebensolches in Jerusalem erwähnt, das von einem Abt namens Probus geleitet wurde.
Um 870 berichtet ...

Ich warte auch (hie wie da) ...
Also ab nun AUCH auf Berichte und stimmige, schlüssige Abfogen solcher zw. 603 und 870 über "Hospize und Hospitäler im Heiligen Land".;-)
Bitte, Freunde, macht doch ihr hier den Anfang!

Ich war in allerlei Museen, ich habe manche Ortschroniken in Händen gehabt (von Orten, die eine halbwegs ungebrochene Bedeutung und Besiedelung haben MUSSTEN ab 600!). Seit ich halbwegs geschichtlich denken kann, beginnen allzuviele Einträge erst Mitte des 9. Jh. Und das sehe ich auch im Neben-Fact-Finding-Thread "Ja gibt's denn das" (oder so) ...
und mir gehts nicht um Fälschereien! Mir gehts um die fehlende Dichte, um den Einbruch, den viel zu langen! einer kontinuierlichen Schriftendichte!
Um das FEHLEN!

Bin ich nun ein Pro-Illigist, ein Antilegalist, ein Regalienignorant? :D
Überzeugt doch ihr mich! Voll und ganz - und ich erspar mir Geld. denn keiner will mir das Buch schenken. Sie sagen, ich soll anderes lesen (Was ist ein Kind, was ist ein Vater, warum ist alles so, was dir deine guten freunde sagen wollen ... u.ä, Titel)
 
Und @ marbod, der Du hier auch nur postulierst und ncihts belegst. (Jetzt wirst du ja antworten *ch* - oder hoffentlich Fingaloh:

Regionalsynoden:
Hier kann man auch denken: Gerade das "völlig Unbedeutende" bzw. Bedeutungslose für die Nachwelt ist ein heller Quell, der sich wunderbar nacherfinden lässt.
Ich würd zu gern mal so ein original sehen und noch gernER, dass ein Mediävist einen kompetenten Schriftabgleich darob tätigt. Denn das ;Minuskerl hat sich ja geändert, KONTINUIERLICH.
 
ning schrieb:
Überzeugt doch ihr mich! Voll und ganz -

Dann lies dir mal den link von Timotheus und die Rezension von Schieffer durch und erkenne, dass das Wegdiskutieren von 300 Jahren eine ganze Menge von Problemen hervorruft - von denen einige hier in der Diskussion angepsorchen wurden - Problemen nicht nur in der Weltgeschichte, sondern auch in vielen Gebieten auf regionaler Ebene, Probleme, die von Illig und seinen Anhängern gemeistert werden müssen.

Illig hat eine These in den Raum geworfen. Man hat ihm viele SChwachstellen seiner These vorgehalten. Das ist normale wissenschaftliche Auseinandersetzung. Illig - oder seine Anhänger, Befürworter - sind am Zug.

Einen link, in dem sich jemand mit den Gegenargumenten der Wissenschaft auseinandergesetzt hat?
 
tela schrieb:
Schreibtalent und bes.: Eine Menge guter Einwände!
Und die vornehme Engelsgeduld, mit denen er die Schläge Lelarges unter dfe Gürtellinie souverain wegsteckt.

@Geoman, wie wärs? Da kannst Du mal sehen, wer sachlich ist und wer verunglimpft.
 
ning schrieb:
Ich warte auch... ab nun... auf Berichte und stimmige, schlüssige Abfogen solcher zw. 603 und 870 über "Hospize und Hospitäler im Heiligen Land".;-)
Bitte, Freunde, macht doch ihr hier den Anfang!
...
... mir gehts nicht um Fälschereien! Mir gehts um die fehlende Dichte, um den Einbruch, den viel zu langen! einer kontinuierlichen Schriftendichte!
Um das FEHLEN!
...
Überzeugt doch ihr mich! Voll und ganz...

Tja, lieber Ning, wenn das so einfach wäre, wo doch die "fehlende Dichte" eine Tatsache ist, mit welcher sich die Fachleute schon längst auseinandersetzen - und das bereits weit vor Illig und seiner Theorie...
Im konkreten Fall "Heiliges Land" kommt noch hinzu, daß infolge der Kreuzzugszeit viele Dokumente verschwunden sind - im günstigsten Fall haben wir noch ein Dokument oder mehrere Dokumente, welche sich auf das Verschwundene beziehen bzw. von diesem sprechen...

Natürlich könntest Du Dich da andererseits wieder fragen: Ist dies nicht ein gewichtiges Indiz für eine spätere Erfindung?
Oberflächlich gesehen vielleicht, aber wie ich bei den von mir genannten Beispielen bisher anzudeuten versuchte, ist dabei dann auch stets zu überlegen, welche Personen etc. dann wiederum damit zusammenhängen, und - als Konsequenz daraus - wie weit dann die Kreise zu ziehen sind, um so etwas zu erfinden...

Einen Punkt habe ich aber tatsächlich noch ausgelassen, als ich das alte Hospiz und das Hospital Karls d. Gr. erwähnte: es gibt durchaus wiederum Belege mehrerer klösterlicher Gründungen und Niederlassungen in Jerusalem - und durchaus auch für das spätere 7. und das 8. Jh.
Deren Erwähnung bzw. Benennung geht übrigens bis etwa 993 - oder eben bis zur o.a. Zerstörung um 1009/10...

Amn. noch dazu: Ich bin mir nicht sicher, ob dies in meinem Beitrag oben so deutlich geworden ist, aber das alte Hospiz aus dem Brief Gregors I. ist als Niederlassung vom Hospital Karls d. Gr. zu unterscheiden!
 
ning schrieb:
Und @ marbod, der Du hier auch nur postulierst und ncihts belegst. (Jetzt wirst du ja antworten *ch* - oder hoffentlich Fingaloh:

Regionalsynoden:
Hier kann man auch denken: Gerade das "völlig Unbedeutende" bzw. Bedeutungslose für die Nachwelt ist ein heller Quell, der sich wunderbar nacherfinden lässt.
Ich würd zu gern mal so ein original sehen und noch gernER, dass ein Mediävist einen kompetenten Schriftabgleich darob tätigt. Denn das ;Minuskerl hat sich ja geändert, KONTINUIERLICH.


:winke: :p

Ist ja gut, ich entschuldige mich dafür, dass ich mir in meiner momentan sehr begrenzten freien Zeit aussuche auf welche Postings ich schneller antworte. Aber vergessen hab ich dich nicht. ;)


"Völlig unbedeutend" ist vor allem dahingehend zu verstehen, dass diese Synodalbeschlüsse die Merowinger, Karolinger und Karl im Speziellen gar nicht tangieren und dahingehend auch nicht fälschenswert waren wie die Urkunden, die ja im wesentlichen eine besitzstandswahrende Bedeutung hatten.

Eine genaue Anzahl kann ich dir aus dem Gedächtnis auch nicht nennen. Vielleicht ist fingalo dazu in der Lage. Aber nur mal als grober Überschlag. Solche Synoden waren nun auch gar nicht selten. Schon Kaiser Konstantin beklagte, dass die Bischöfe das ganze Jahr durch die Gegend reisten auf kleine und größere Synoden bzw. Concilien. Weswegen er ihnen auch das Privileg entzog, das staatliche Post (und damit Beförderungssystem) zu benutzen. Die Anzahl der Synoden hat in der Folgezeit nicht abgenommen, sie wurde nur auf regionale Basis verlagert, da man nun selber für seine Reisekosten aufkommen mußte. Nimmst du maximal nur eine einzige Synode pro Jahr an bei 300 Jahren und den verschiedenen Regionen Europas (orientiert an der Diözesanstruktur des Reiches, nimm mal ne sehr geringe Zahl von 5) dann geht das schnell über die Tausend...und das ist sehr gering geschätzt.
Aber falls jemand ein LThK zur Hand hat und da mal nachschlagen könnte, vielleicht finden sich da konkretere Angaben. Oder ist hier ein Archivar zugegen, der da mehr weiß?

Borst benennt übrigens die Anzahl der gefälschten Urkunden bei 7000 Stück aus der Phantomzeit. Gerd Althoff hält diese Zahl für unzureichend, da sie sich nur an den Urkunden orientiert die überliefert wurden, die tatsächliche Anzahl muß seiner Meinung nach wesentlich höher gewesen sein.

Zählt man nun zu den Synodenbeschlüssen alle bekannten Urkunden aus der Phantomzeit dazu, immer unter der Prämisse, dass die Fälschungsaktion nur von wenigen (den ominösen Gelehrten des Konstantin VII.) oder gar nur einer einzigen Person (Wie etwa Wibald von Stablo) getätigt worden ist(denn Mitwisser sind bei einer so großen Fälschungsaktion eine Gefahr für die Geheimhaltung), dann erscheint die Anzahl dieser Urkunden schon im Gegensatz zu einem "Menschenleben" recht gewaltig, gerade wenn man den Zeitraum der Fälschungen auf wenige Jahrzehnte eingrenzt.

Zufrieden?
 
Marbod schrieb:

Ha! ...
... wie kann man bei diesem Theman jemals wieder zufrieden werden ... :cool:

Danke jedenfalls für deine Müh und Plage, alter böhaimbischer Querquade ;)

-
Stichwort Tassilokelch ... eine Kopie durfte ich sogar mal halten, anfassen ... gerade seine Datierung ist für mich fragwürdig. Die ganze Darstellungsart und Technik will nicht zur Ornamentik des Frühmittelalters -als unmittelbarer Vorgänger- passen. Viel mehr schließt es (selbst in der angewandten Technik) an Sutton Hoo und an all diese Niello-Stücke des 5./6. Jh.s. an! = anno 600 passt und 777 klingt nach Anpassung.
Ich weiß nicht, was Illig schlussfolgerte. Hat er tatsächlich behauptet, Karl d. Gr. gab es nicht?
Zu Tassilo, dem damaligen Langobardenherrschern und Karl d. Gr. gibt es viel zu reichen Erzählstoff. Natürlich haben sie gelebt (muss ich denken und denke ich), aber wann? Nicht die Jahre 600 bis 800 bedurften der Erfindung(en), sondern "graue" Vorzeiten schob man diversen Chilperichen ein.
Aber irgendwann (vielleicht ;) ) werd ich wieder in eure Reihen einschwenken - man will ja seine Ruhe haben.
 
CrisP schrieb:
Schade, dass Andere erst ausdrücklich um Argumente und Erklärungen bitten müssen, aber so kann man wenigstens dem Anschein nach beginnen, zu diskutieren.

Ich habe mir mal wieder den interessantesten Part herausgegriffen. Ob es im FMA seltener oder weniger Holzfundtücke als beispielsweise in der Hallstattzeit gibt, oder für die Zeiten davor (Dendrochronologie deckt schliesslich 10.000 Jahre ab), und ob für die Jahrtausende vor Christi Geburt mit amerikanischen Kiefern geeicht wurde, ist bzgl. FMA weniger von Bedeutung.

Aber was meinst Du mit Vordatierung? Wenn Du das Mittel meinst, beispielsweise per Fundmünzen einen Terminus postquem erhalten zu können, der wunderbar zur Datierung der feinsäuberlich gearbeiteten Goldgriffspatha mit Meerschaumperle passt? Die Archäologen, die ich getroffen habe, erzählten mir unisono, dass dazu gefundene Holzbefunde nicht mehr durch den "C14-Wolf" gejagt werden müssen, da die Streuung durch C14 zu hoch sei.
Was sind Weiserjahre? Katastrophen, besonders heisse Sommer? Aber wie will man diese vorab ermitteln, um damit Holzfunde zu datieren, mit deren Ergebnissen sich allerdings erst eine Klimageschichte entwickeln lässt? Da steckt der Zirkelschluss doch schon in der Annahme, oder?
Hollstein allerdings nutzte fest datierbare "Weiser"-Funde wie beispielsweise Holzfunde der Römerbrücke in Köln. Die Datierung liegt hinter der PhZ, wenn ich diese also "schwimmend" Richtung Mittelalter verlängere und spätmittelalterliche Jahresringkurven "schwimmend" Richtung Christi Geburt verlängere, sollte ich doch, wenn es bei der "schwimmenden Annäherung" dreihundert Jahre gar nicht gegeben hat, eine Doppelung von Kurvensequenzen geben...

LG, CrisP.

Aus Deinen vielen Argumenten und Fragen darf ich (zunächst) mal einen Punkt herausgreifen, an dem wird uns einig werden könnten, nämlich darin, dass die C14-Methode nicht unbedingt geeignet ist, die Frage nach der Phantomzeit ultimativ zu entscheiden.

Ich darf mal kurz aus den Erläuterungen zur AMS-C14-Datierung einer Probe zitieren, die ein konventionelles also unkalibriertes C14-Alter von 3575 BP +/- 45 (= 1625 BC +/- 45 Jahre) zum physikalischen Meßergebnis hatte. Das Datum fällt zwar nicht in die Phantomzeit, macht aber deutlich wie schwammig die Ergebnisse der C14-Methode sind.

Aufgrund der dendrochronologisch (?!?per Zirkelschluss?!?) festgestellten enormen Schwankungen des C14/C12 Verhältnissie und der daher sinusbögenähnlichen statt linearen Kalibrierkurve kann der konventionellen Datierung kein einzelnes kalibriertes Datum oder ein Datumsbereich, sondern nur verschiedene 'Wahrscheinlichkeitsalter' auf unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsniveaus zugeordnet wird. Das Ergebnis, dass der Auftraggeber der Messung vom C14-Labor erhält, sieht daher in Zahlen wie folgt aus:

Mit 68,3% Wahrscheinlicheit liegt das tatsächliche Alter der Probe zwischen

2010 BC - 1999 BC
1976 BC - 1880 BC
1838 BC - 1829 BC

Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit .... zwischen

2033 BC - 1857 BC
1844 BC - 1771 BC

Nehmen wir mal die hohe als 95,4 % Wahrscheinlicheit; dann liegt zwischen dem ältesten (2033) und dem jüngsten Datum (1771) schon ein Zeitraum von über 250 Jahren. Mit anderen Worten hier zeigt sich die hohe Streuung, die CrisP in seinem Beitrag andeutete.

Der Chronologiekritiker Korth meint nun, dass die hohen Schwankungen des C14/C12 Verhältnisses im Frühmittelalter nicht durch tatsächliche Schwankungen des C14/C12 Verhältnisses erzeugt werden, sondern durch die Doppelt- oder Mehrfachverwendung von Baumringen. Soweit ich Korth richtig verstehe, sind die duplizierten Sequenzen nicht nur zwischen 600-900, sondern in einem größeren Zeitraum (verteilt) eingeschoben worden. Daher ist er auch der Auffassung, dass die unkalibrierten Ergebnisse aussagekräftiger als die kalibrierten Werte C14-Werte sind.

Er interpretiert die Schwankungen in Zusammenhang mit anderen Indizien (z. B. geringe Belegdichte im Frühmittelalter, hohe Streuung der Messwerte) als Beleg für die Existenz der Phantomzeit, wobei allerdings nur einige Indizien direkt aufs Frühmittelalter hinweisen. Die anderen Indizien, die nur auf eine Phantomzeit und nicht auf ihre Lage auf der Zeitachse hinweisen, halten Illig aber zumindest den Rücken frei, so dass seine These nicht mal so ebend physikalisch gemeuchelt werden kann.
 
Hallo Geoman! Ich kann leider jetzt erst antworten:

Geoman schrieb:
Es kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass Ähnliches mit der Zeitachse passiert. Z. B. das Ereignisse, die wir heute nacheinander anordnen, parallel abgelaufen sind, oder dass wir merken, dass bestimmte Zeiträume nur mühsam mit Ereignissen zu füllen sind oder eben nur mit windigen Ereignissen, die wir nur aus zweiter oder dritter Hand in den Mund kennen.

Hui. jetzt sind wir schon fast bei Fomenko....

Geoman schrieb:
Wenn man vom Glaubensstreit (Illig ist ein aufgeblasener radikaler Spinner etc.) auf die sachlicher Ebene der Indizienauseinandersetzung wechselt,

Da hast du das Wörtchen "radikal" aber falsch ausgelegt. Ich würde Illig nicht unbedingt als Spinner bezeichnen (als "aufgeblasen" vielleicht schon eher). Die Radikalität Illigs liegt darin, dass er eine Vielzahl von Quellen in Frage stellt. Deswegen finde ich es eigentlich nicht gut, dass du auf die Ebene "Glaubensstreit" rekurrierst, denn ich habe in meinem letzten Beitrag eine Reihe von Sachargumenten genannt, inwiefern Illigs Theoriebildung problematisch ist.


dann sind nicht nur Illig und seine Kombatanten in der Pflicht zu zeigen, dass eine Zeitachse, ohne diese dreihundert Jahre die Geschichte widerspruchsfreier und besser verständlich macht,

Es geht eigentlich um die Widersprüche in Illigs Theorie.


sondern dann sind auch die Vertreter der herrschenden Lehre in der Pflicht, zu zeigen, dass diese drei Jahrhundert mit Inhalten gefüllt werden können und benötigt werden, um z. B. plausible Modelle für den Übergang von der Stätantike zum Hochmittelalter machen zu können.

Also, ich lase dir gerne mal eine Bibliographie, betreffend das 7./8. Jahrhundert in Hessen zukommen, nur damit du einen Druck hast, wie viele "Inhalte" sich da bereits finden lassen.

Doch dies ist auch ein Aberglaube: Die naturwissenschaftliche Zeitbestimmungs-Methodik ist vor allem bezüglich der letzten, sagen wir mal 6.000 Jahr aufs engste mit historisch ermittelten Daten verknüpft oder genauer gesagt von ihnen infiziert und belastet.

Historisch ermittelte Daten um 4000 v. Chr.? Nun ja, ist auch nicht so wichtig... Naturwissenschaftliche Datierungsbestimmungen sollten natürlich unabhängig von den archäologischen Daten zu ermitteln sein. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass C 14-Werte (ist ja ein Prinzip, dass mit Radioaktivität zusammen hängt) aufgrund historischer Daten justiert worden sind... höchstens dass der einzelne Forscher unzulässige Zusammenhänge hergestellt hat.

Unabhängig davon: C 14-Daten spielen für den hier diskutierten Zeitraum fast keine Rolle. Sie sind wegen der damit verbundenen Abweichungen zu ungenau, um für den Historiker oder Archäologen interessante Werte zu liefern; es ist in diesem bereits "historischen" Raum uninteressant, ob nach C 14 eine Burg zwischen 600 und 800 errichtet worden ist.

Geoman schrieb:
Ich darf mal kurz aus den Erläuterungen zur AMS-C14-Datierung einer Probe zitieren, die ein konventionelles also unkalibriertes C14-Alter von 3575 BP +/- 45 (= 1625 BC +/- 45 Jahre) zum physikalischen Meßergebnis hatte. Das Datum fällt zwar nicht in die Phantomzeit, macht aber deutlich wie schwammig die Ergebnisse der C14-Methode sind.

Sie übergehen aber bei diesen Beispielen, dass wegen genügend Materials in der Neuzeit überhaupt kein C14-Abgleich notwendig ist, um Baumringreihen zu erstellen. Ich bin nun kein Dendrochronologie-Experte, habe aber bereits auf mehreren Seiten gefunden, dass nur in sehr weit zurückliegenden Epochen (etwa in der Jungsteinzeit) noch C14-Justierung in der Dendrochronologie notwendig sind.
 
Geoman schrieb:
Soweit ich Korth richtig verstehe, sind die duplizierten Sequenzen nicht nur zwischen 600-900, sondern in einem größeren Zeitraum (verteilt) eingeschoben worden. Daher ist er auch der Auffassung, dass die unkalibrierten Ergebnisse aussagekräftiger als die kalibrierten Werte C14-Werte sind.

Und ist das nicht irgendwie merkwürdig? Warum wird denn da um 1700 noch was eingeschoben? Eine Eiche, die ich heute fälle, und die 500 Jahrringe hat, kann ich mich da vertun? Kannst Du mir erklären, wie Korth seine Schwankung zwischen 1600 und 1700 erklärt?

Geoman schrieb:
Die anderen Indizien, die nur auf eine Phantomzeit und nicht auf ihre Lage auf der Zeitachse hinweisen, halten Illig aber zumindest den Rücken frei, so dass seine These nicht mal so ebend physikalisch gemeuchelt werden kann.

Wirklich? Solange ich aus Korths Ergebnissen eine Phantomzeit für das 17.Jh. herauslese, sieht's physikalisch eher schlecht aus... :cool:

Nochmal, seine Grundannahme beruht ja darauf, dass man 2000 in 1700 Jahre gepresst hat und deswegen "wiggles" benötigt haben soll. Und wenn er sich irrt und ihm einige grundlegende Parameter und Fakten nicht geläufig waren?
Ist seine Grundannahme nicht schon falsch?


LG CrisP
 
Ich werd ja recht liebevoll von euch bekopfschüttelt (danke also fürs Zutrauen an den funktionierenden Teil meines Hirns), also zitier ich mal aus (Faulheit) zwei Hunde-PNs:

an einen Koch (redigiert):

mir fehlen gefühlsmäßig etwa 10 Generationen triebhafter Fortentwicklung im künstlerischen, technischen und geistigen Sinne zw. Völkerwanderungswirrwarr und Frühmittelalter-Konsolidierung. Aber wer weiß: vielleicht können WIR, kann auch ich einfach keine Vorstellung mehr aufbringen für die Zähflüssigkeit, Gleichförmigkeit, wunderbare Langsamkeit dieses Naturbetriebs, kurz dem Spiritus (sancti) jener Zeit und seiner Generationen ... und die Kälte und der Hunger und schon wieder so schlitzäugige Reiter und Räuber und Mordbrenner und ... Frankensäcke ....


zweitens an den "Feind" (auch überarbeitet) :

Du hast x (unbewusst also schuldlos) auf den Schlipps getreten, weil, so glaube ich, das Frühmittelalter bei xs Geschichtsstudium ein Schwerpunkt war. Verstehst du: Illig bringt ein ganzes Weltbild, ein zementiertes, an-den-Fingern-abgezähltes Rechen- und Strukturgerüst zum Wanken.
Wenn dieses Gerüst einstürzt, kann sich kein Historiker mehr an etwas sicher festhalten. Da blinkt die blanke Angst durch! ;-))


Und gesunde Menschlichkeit. Was sind wir doch gerne bequem und um wieviel lieber leben wir aus diesem Grund mit einer (möglichen) Lüge und *hehe* 12 Vorfahren mehr (die man eh nirgendswo mehr niedergschreiben finden kann).

Seien wir dem kritischen Forscher Illig doch dankbar! Er bekämpft nur die (mögliche) Lüge, bekämpft somit auch Romanciers wie Dan Brown und die derzeitige Spielwiese wirklicher Volksverwirrer und Geschichtsverdreher - findet ihr die wirklich weniger schlimm? Mich schaudert ein wenig, wenn ich heute durch Buchläden gehe ... und dass sich der heutige Leser (ach so geschichtlicher Romane) das Hirn lieber mit phantasievollem bis haarsträubend Erfundenem vollstopft, als ein ordentliches Geschichtsbuch zu lesen.
 
CrisP schrieb:
Und ist das nicht irgendwie merkwürdig? Warum wird denn da um 1700 noch was eingeschoben? Eine Eiche, die ich heute fälle, und die 500 Jahrringe hat, kann ich mich da vertun? Kannst Du mir erklären, wie Korth seine Schwankung zwischen 1600 und 1700 erklärt?



Wirklich? Solange ich aus Korths Ergebnissen eine Phantomzeit für das 17.Jh. herauslese, sieht's physikalisch eher schlecht aus... :cool:

Nochmal, seine Grundannahme beruht ja darauf, dass man 2000 in 1700 Jahre gepresst hat und deswegen "wiggles" benötigt haben soll. Und wenn er sich irrt und ihm einige grundlegende Parameter und Fakten nicht geläufig waren?
Ist seine Grundannahme nicht schon falsch?


LG CrisP

Hallo Crisp,

ich habe mal versucht, anschauliche Bilder von der Hohenheimer Eichen-Jahrringkalender im Netz zu suchen:

dendro37m-1.jpg

dendro37g.jpg

In den Abbildungen wird deutlich, dass die ersten ca. 250 Jahre ab 1950 (=before present) mit einem dicken Stamm überbrückt werden. Dann (bzw. davor) werden die Stammscheiben bzw. Stammscheibenstücke merklich kleiner, d.h. überbrücken kürzere Zeiträume.

Also ich gebe Dir recht, dass bis etwa 1700 keine Baumringsequenz eingebaut worden sein kann. Dass es in diesem Zeitraum trotzdem erhebliche Schwankungen in der Kalibrierkurve gibt, erklärt sich bekanntlich mit der zunehmenden Verwendung fossiler Brennstoffe ab dem beginnenden 19. und später im 20. Jahrhundert mit den Atombomben-Explosionen. Beides Ereignisse, die das C14/C12 Verhältnisse merklich beeinflussten.

Meines Wissens hat Korth aber nie versucht, die Phantomzeit ins frühe 17. Jahrhundert zu plazieren. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass einige seiner Argumente für eine Phantomzeit an sich sprechen und nicht an einen spezifischen Zeitraum gebunden sind.

Ferner habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass man sich einen aufgrund der nicht angezweifelten historischen Zeitvorgaben (also nicht bewusst) manipulierten Jahrringkalender nicht so vorstellen muss, dass an der von Illig postulierten 614/911 Schnittkante 297 Ringe eingefügt wurden, sondern dass die duplizierten Sequenzen auf verschiedene Stellen verteilt sind.

Wenn dies nicht so wäre, würde die Kalibrierkurve vermutlich örtlich noch gravierendere Kapriolen machen.

Gruß

Geoman
 
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