Herkunft der Protobulgaren

Bitte nicht die Hunnen hier reinbringen, da gibt es schon einen bzw. zwei ausführliche Threads zu.
Ansonsten kann ich mir nur von oben wiederholen:
"haben wir von eben diesen Bolgaren Sprachreste vorliegen, die zwar nicht so umfangreich sind, daß man ihre Sprache vollständig beschreiben könnte, aber doch ausreichen, um mit Sicherheit sagen zu können, daß es sich um eine türkische Sprache handelt."

http://www.geschichtsforum.de/f56/herkunft-der-protobulgaren-11554/index6.html
und
http://www.geschichtsforum.de/326211-post166.html

Komisch, dass es so schwer ist zu verstehen...

Nicht misverstehen: Ich sage nicht, dass ein Teil der Protobulgaren nicht turkstämmig war, aber ich sage, dass das iranische Element (sarmatisch, nicht Iran wo Ahmedinejad sein Unwesen treibt) nicht unwesentlich ist.

Ein türkisches Element bei den Urbulgaren zu bestreiten ist schlicht naiv, aber bereits zu Kubrats Zeiten, als die Bulgaren nördlich des schwarzen Meeres siedelten, hat es sich lediglich um eine herrschende Minderheit gehandelt, die über eine Masse aus Iraniern und Ugriern geherrscht hat. Ein Teil des protobulgarischen Türkentumms kommt von den Hunnen, die unbestreitbar türkisch waren und die gemischt mit den Ugriern die herrschende Elite der Hunnoguren/Onoguren bildeten. Ein weiterer zweifellos türkischer Stamm waren die Suwaren, Vorfahren der heutigen Tschuwaschen. Auch awarische und gök-türkische Minderheiten lebten in diesem Reich. Über die Kutriguren und Utiguren wird von Raschew jedoch angenommen dass es sich um ugrische Stämme handelt. Ein Stamm der sich eindeutig als iranisch identifizieren ließe ist mir nicht bekannt, aber die archäologischen Funde lassen vermuten, dass alles was an Skythen, Sarmaten und Alanen die Völkerwanderung überdauert hatte innerhalb der Grenzen von Kubrats Bulgarien lebte. Dass die herrschende Elite in Kubrats Bulgarien der türkischen Tradition folgte ist für mich unbestritten, aber ich bezweifele, dass türkisch die einzige Lingua Franca in seinem Reich war. Die Geschichte kennt genug Beispiele für Reiche und Imperien die mehrere offiziele Sprachen hatten. Siehe Persien wo neben dem indogermanischen Idiom der Perser auch elamitisch und babylonisch beliebt waren. Oder das osmanische Reich in welchem neben türkisch auch persisch und arabisch gesprochen wurde.

Dr. Iotchev spricht mir aus der Seele

btw

Sag nicht Türkisch, sondern Turk-Sprachig: Das Türkische ist ja nur ein Teil der riesigen Turk-Sprachgruppe. Soweit ich weiss, war das Proto-Bulgarische Kubrats eine Turk-Sprache der R-Gruppe (genau wie das Avaren) dH zB

bulgarisch (auch protobulgarisch)=
Scharan
normalerweise (Turk-Sprachen Zentralasiens)
Schazan

Bei dem Wort handelt es sich um den selben Fisch.

Frage:

Gibt es gute Wörterbücher Protobulgarisch-Bulgarisch oder so?

Grüße
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Arbeit ist zwar schon etwas betagt (aus dem Jahr 1985), aber dennoch bringt es Rüdiger Schmitt mE recht präzise auf den Punkt:
Rüdiger Schmitt schrieb:
...
An Resten dieser Sprache, die zweifellos zu den Turksprachen gehört - auf die weiteren Zusammenhänge will ich nicht eingehen, zumal da ich mir Kompetenz dafür nicht anmaße -, sind nur eine Reihe von Namen, Titeln und einzelnen Wörtern bekannt, bei deren Deutung die Ansichten der Gelehrten mitunter weit auseinandergehen. Hinzu kommen solche Wörter des Bulgarischen und seiner Dialekte, die als 'Substratwörter' aus dieser Sprache der Protobulgaren hergeleitet werden.
...
So wie die Hunnen sind auch die Protobulgaren zweifellos aus dem Osten gekommen, aus den Steppengebieten nördlich des Schwarzen Meeres, des Kaukasus und des Kaspischen Meeres. Daß sie in diesem Raum Kontakte hatten mit den dort ansässigen nordiranischen Stämmen, mit Sarmaten, Alanen und, wie sie alle heißen mögen, darf füglich angenommen werden, und ebenso ist es dann auch gut vorstellbar, daß bei den Protobulgaren iranische Namen und vielleicht auch iranische Wörter vorkommen. Da es sich dabei in aller Regel um Lehngut handelt, besagen solche Elemente natürlich nichts für die Sprache der Texte, in denen man sie findet, hier also der protobulgarischen, und nichts für das Ethnos der Träger derartiger Namen.
...
Spuren iranischen Einflusses auf die Protobulgaren hat man nicht nur bei den Namen festzustellen gemeint, sondern auch im mehr archäologischen Bereich und, nicht zuletzt, bei einigen Titeln. So hat Besevliev in seinem neuesten Werk über die protobulgarische Periode der bulgarischen Geschichte auch darauf hingewiesen, daß nach Franz Altheim die Titel bagainoV, zoupan, kaucanoV und tikeinoV iranisch seien; er sagt allerdings nicht deutlich, ob er dem zustimmt. Für all diese Titel ist jedoch mit aller Schärfe zu sagen, daß Entsprechungen, die damit g e n a u übereinstimmen, im gesamten iranischen Sprachbereich nicht zu finden sind und daß die einzelnen Deutungen auch sonst so viel zu wünschen übrig lassen, daß man sie aus iranistischer Sicht bestenfalls als phantasievolle Spielereien qualifizieren und damit auf sich beruhen lassen kann. Gleiches gilt auch für den Titel bagatour, wenngleich Besevliev dessen iranistische Herleitung in diesem Zusammenhang auch nicht ausdrücklich mit einbezieht.
...
Vgl. dazu bzw. zum gesamten Text der Arbeit Rudiger Schmitt - Iranica Protobulgarica. Asparuch und Konsorten im Lichte der Iranischen Onomastik
 
Danke Timo, hatten wir aber auch schon, als hyokkose hier im Thread noch aktiv war.

Ich bitte alle mal sich den ganzen Thread durchzulesen, bevor wir nun schon zum dritten mal uns wiederholen. (Gilt nicht für SergejKorojev, der sich ja offensichtlich den ganzen Thread durchgelesen hat, inkl. der verlinkten Dokumente...Allerdings scheint er viel diagonal zu lesen, sonst hätte er oben erkannt, dass ich ein Zitat brachte "türkische Sprache", und zwar von einem anerkannten Turkologen, btw.: türkische Sprache kann man sagen, meint man das Türkei-Türkische, kann man türkei-türkische Sprache sagen).
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Timo, hatten wir aber auch schon, als hyokkose hier im Thread noch aktiv war.

Ich bitte alle mal sich den ganzen Thread durchzulesen, bevor wir nun schon zum dritten mal uns wiederholen. (Gilt nicht für SergejKorojev, der sich ja offensichtlich den ganzen Thread durchgelesen hat, inkl. der verlinkten Dokumente...Allerdings scheint er viel diagonal zu lesen, sonst hätte er oben erkannt, dass ich ein Zitat brachte "türkische Sprache", und zwar von einem anerkannten Turkologen, btw.: türkische Sprache kann man sagen, meint man das Türkei-Türkische, kann man türkei-türkische Sprache sagen).

Muss ich dir Recht geben. Es geht mir nur darum, dass sich auch Leute auskennen, die nicht gut genug Bescheid wissen (Stell dir mal vor ein Schüler liest das, und muss ein Referat zu dem Thema halten. Wenn der in der Klasse sagt, die Protobulgaren sprachen Türkisch, wird sich ja der Lehrer auf dem Boden vor Lachen krümmen..)

Eine Frage: Boris I war ja ein Protobulgare, warum hat er also die protobulgarische Sprache nicht als die Liturgische Sprache eingeführt (wie die Gagausen), sondern das Slawische.

Bojidar Dimitrov erklärt dies so: Die Protobulgaren sprachen eine Sprache, die der der Slawen so ähnlich war, wie heute zB Serbisch und Bulgarisch. Als weiteres Argument seiner These führt er an, dass es nicht möglich sei, dass innerhalb von 300 Jahren sich die Sprache so verlieren kann, dass in der ganzen Hl. Schrift, die in der Zeit verfasst wurde nur, 300 Wörter türkischem Ursprungs vorhanden waren.
 
Eine Frage: Boris I war ja ein Protobulgare, warum hat er also die protobulgarische Sprache nicht als die Liturgische Sprache eingeführt (wie die Gagausen), sondern das Slawische.

Bojidar Dimitrov erklärt dies so: Die Protobulgaren sprachen eine Sprache, die der der Slawen so ähnlich war, wie heute zB Serbisch und Bulgarisch. Als weiteres Argument seiner These führt er an, dass es nicht möglich sei, dass innerhalb von 300 Jahren sich die Sprache so verlieren kann, dass in der ganzen Hl. Schrift, die in der Zeit verfasst wurde nur, 300 Wörter türkischem Ursprungs vorhanden waren.

Irgendwie fehlt mir da die Logik bzw. müßten dann einige der bis dato dazu bekannt gewordenen Aspekte gänzlich falsch sein:
1. Die Protobulgaren wanderten Ende des 7. Jh. ins heutige Bulgarien und Mazedonien ein.
2. Sie bildeten dabei die Oberschicht, während ihre Untertanen - ergo die Mehrheit der Bevölkerung - slawischsprachige Leute waren.
3. In der Folgezeit wurden die Protobulgaren - da nur eine vergleichsweise dünne Schicht - spachlich assimiliert (Anm.: Das ist übrigens kein Sonderfall, denn auch bspw. die Normannen, die seit der 2. Hälfte des 9. Jh. in Nordfrankreich eindrangen, romanisierten sich, v.a. sprachlich, und auch sie sprachen im Laufe des 10. Jh. kein Altnordisch mehr, sondern eben Normanno-Französisch!).
4. Seit der Christianisierung - je nach Lesart 864 oder 865 (ich habe schon beide Jahresangaben gelesen) - wird nicht mehr zwischen Bulgaren und Protobulgaren unterschieden, und es ist nur noch von Bulgaren die Rede.
5. Die Liturgiesprache Altkirchenslawisch bzw. die Sprache Altbulgarisch kam danach durch die Schüler der Missionare Kyrill und Method nach Bulgarien.
6. Diese Sprache war zuerst Liturgiesprache und dann Amtssprache; das war im Jahr 893.
 
Weiss man etwas von der Anzahl der Protobulgaren und Slawen zur Fraglichen Zeit? Weil man muss eines Bedenken:

Asparuh führte bereits zu der Zeit Krieg mit den Chazaren im Osten und den Avaren im Westen.
Wären es wirklich so wenige gewesen, dass Sie einfach "absorbiert" wurden, dann wäre er doch Suizidgefährdet, wenn er sich dann auch noch mit dem mächtigsten Reich Europas, Ostrom, anlegt, die gerade den Arabern und Persern einen Denkzettel verpassten, und daher kampferprobt waren.
 
Asparuh führte bereits zu der Zeit Krieg mit den Chazaren im Osten und den Avaren im Westen.
Wären es wirklich so wenige gewesen, dass Sie einfach "absorbiert" wurden, dann wäre er doch Suizidgefährdet, wenn er sich dann auch noch mit dem mächtigsten Reich Europas, Ostrom, anlegt, die gerade den Arabern und Persern einen Denkzettel verpassten, und daher kampferprobt waren.

Jetzt springst Du aber etwas hin und her; gerade waren wir noch schwerpunktmäßig bei Boris I. im 9. Jh., und plötzlich gehst Du um etwa 200 Jahre zurück zu Asparuh.
Aber sei's drum...

Hatte Asparuh denn seinerzeit eine andere Wahl gehabt?
Ich bin übrigens sicherlich kein Fachspezialist und kenne diese Kontexte lediglich in Grundzügen, aber mW war es doch wohl eher so, daß er mit seinen Leuten aus der alten Heimat nördlich des Schwarzmeergebietes vor den Chasaren floh, um sich diesen nicht unterwerfen zu müssen, und sich danach im Donaugebiet (dem heutigen Bulgarien) niederließ, wo er einerseits bereits ansässige slawische Bevölkerung als Verbündete gewinnen konnte (ich lasse es an der Stelle dahingestellt, ob mittels Unterwerfung dieser oder als gleichrangige Verbündete, denn darüber streiten selbst Fachleute) und andererseits davon profitieren konnte, daß sowohl die Awaren als auch gerade Byzanz sich schwächer erwiesen als noch einige Jahre bzw. Jahrzehnte früher (wie bspw. im Abwehrkampf der Byzantiner gegen die arabisch-islamische Expansion, wobei nicht vernachlässigt werden darf, daß die erfolgreiche Abwehr der arabischen Belagerung 674/78 seit geraumer Zeit wieder einmal der erste Erfolg der Byzantiner waren).
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt springst Du aber etwas hin und her; gerade waren wir noch schwerpunktmäßig bei Boris I. im 9. Jh., und plötzlich gehst Du um etwa 200 Jahre zurück zu Asparuh.
Aber sei's drum...

Hatte Asparuh denn seinerzeit eine andere Wahl gehabt?
Ich bin übrigens sicherlich kein Fachspezialist und kenne diese Kontexte lediglich in Grundzügen, aber mW war es doch wohl eher so, daß er mit seinen Leuten aus der alten Heimat nördlich des Schwarzmeergebietes vor den Chasaren floh, um sich diesen nicht unterwerfen zu müssen, und sich danach im Donaugebiet (dem heutigen Bulgarien) niederließ, wo er einerseits bereits ansässige slawische Bevölkerung als Verbündete gewinnen konnte (ich lasse es an der Stelle dahingestellt, ob mittels Unterwerfung dieser oder als gleichrangige Verbündete, denn darüber streiten selbst Fachleute) und andererseits davon profitieren konnte, daß sowohl die Awaren als auch gerade Byzanz sich schwächer erwiesen als noch einige Jahre bzw. Jahrzehnte früher (wie bspw. im Abwehrkampf der Byzantiner gegen die arabisch-islamische Expansion, wobei nicht vernachlässigt werden darf, daß die erfolgreiche Abwehr der arabischen Belagerung 674/78 seit geraumer Zeit wieder einmal der erste Erfolg der Byzantiner waren).

Er hätte wie sein Bruder Kotrag nach Norden ziehen können, wenn er sich nicht, wie Batbajan und Kuber, unterwerfen wollte. Im Norden wäre er auf bei weitem nicht so starke Gegenwehr gestoßen.

Ergo: Sie können zahlenmäßig nicht allzu schwach gewesen sein. Laut Bojidar Dimitrov (nicht verurteilen, auch bulgarische Historiker können neutral sein) waren es zumindest 120 000 Männer, die in der Armee der Bulgaren waren (aufgeteilt als Grenzschutz gegen die Avaren und Chazaren, und Teile in der Armee, die gegen die Byzantiner kämpft). Berechnet man noch Frauen und Kinder dazu....

Weiters: Laut früherer Quellen waren die Bulgaren nicht mehr als 20000 Mann. Warum sollte dann der Byzantinische Kaiser mit 80000 Mann antreten, wenn er sie mit schon mit 40000 Mann zur Sau gemacht hätte?
 
Wie glaubwürdig sind solche Heereszahlen zu dieser Zeit?

Meiner Meinung nach zählte das Rhomäische Heer weder 80 000 Mann noch war die Zahl der Protobulgarischen bzw Bulgarischen Krieger so hoch.

Wenn man nun die gesamte Armee Bulgariens als mit 120 000 Mann ansetzt, einschließlich der Slawen ! dann setzt dies eine Bevölkerung voraus die deutlich stärker ist. Wenn man aber sich das Land ansieht, die Funde, die Entwicklung der Landwirtschaft und der Wirtschaft, dann war die Bevölkerung Bulgariens meiner Meinung nach nicht groß genug, eine Armee dieser Größe hervor zu bringen.
 
Er hätte wie sein Bruder Kotrag nach Norden ziehen können, wenn er sich nicht, wie Batbajan und Kuber, unterwerfen wollte. Im Norden wäre er auf bei weitem nicht so starke Gegenwehr gestoßen.

Rhetorische Frage: Konnte er das wissen?

Sie können zahlenmäßig nicht allzu schwach gewesen sein. Laut Bojidar Dimitrov (nicht verurteilen, auch bulgarische Historiker können neutral sein) waren es zumindest 120 000 Männer, die in der Armee der Bulgaren waren (aufgeteilt als Grenzschutz gegen die Avaren und Chazaren, und Teile in der Armee, die gegen die Byzantiner kämpft). Berechnet man noch Frauen und Kinder dazu....

Weiters: Laut früherer Quellen waren die Bulgaren nicht mehr als 20000 Mann. Warum sollte dann der Byzantinische Kaiser mit 80000 Mann antreten, wenn er sie mit schon mit 40000 Mann zur Sau gemacht hätte?

Zunächst einmal bin ich bei solchen Zahlenangaben grundsätzlich skeptisch, was nichts mit irgendwelchen Ressentiments zu tun hat, denn diese Skepsis gilt auch, wenn ich derartige Angaben bei westlichen Historikern finde. Ich betrachte dies vor dem Hintergrund, daß eine mittelalterliche Schlacht - und v.a. eine im Frühmittelalter - bereits als eine Schlacht mit großen Heeren einzuordnen ist, wenn zwei Heere von jeweils etwa 20000 Mann aufeinandertreffen.
Anm.: Zeitgenössische Chronisten sind dabei übrigens schlechte Ratgeber, denn sie neigen oftmals zu sehr starken Übertreibungen...

Aber diskutieren wir einmal nicht über die Stimmigkeit solch absoluter Zahlen und nehmen sie als gegeben.
Du berücksichtigst zwei Aspekte dabei nicht genügend:
1. Die Protobulgaren trafen nicht auf nahezu menschenleeres, ja nicht einmal auf ein menschenarmes Gebiet; neben (ost-)römischer Restbevölkerung (die Protobulgaren verwendeten zunächst ein "abgeschliffenes" Griechisch als Amts- und Verwaltungssprache, was zeigt, daß sie die Verwaltungsstrukturen jenes Bevölkerungsteils nutzten) gab es die bereits seit 612 ansässig gewordene slawische Bevölkerung (Seweren und die Sieben Stämme).
Anm.: Bereits zur Zeit der slawischen Landnahme kann man von keiner oströmischen Armee, die den Angriffen hätte Einhalt gebieten können, mehr sprechen.
2. Es ist gerade für den erwähnten Asparuh kennzeichnend, daß er gemeinsam mit slawischen Verbündeten gegen die Byzantiner kämpfte.

PS: Und was ich übrigens zu jener Schlacht um 680 bis dato gelesen habe, läßt ehedem den Schluß zu, daß bei seiner nicht gerade optimal zu nennenden Kriegsführung der byzantinische Kaiser Constantin IV. 20000 Bulgaren - ob nun mit oder ohen slawische Verbündete - selbst mit 40000 Mann eben nicht einfach "zur Sau gemacht hätte"...
 
Wie glaubwürdig sind solche Heereszahlen zu dieser Zeit?

Meiner Meinung nach zählte das Rhomäische Heer weder 80 000 Mann noch war die Zahl der Protobulgarischen bzw Bulgarischen Krieger so hoch.

Wenn man nun die gesamte Armee Bulgariens als mit 120 000 Mann ansetzt, einschließlich der Slawen ! dann setzt dies eine Bevölkerung voraus die deutlich stärker ist. Wenn man aber sich das Land ansieht, die Funde, die Entwicklung der Landwirtschaft und der Wirtschaft, dann war die Bevölkerung Bulgariens meiner Meinung nach nicht groß genug, eine Armee dieser Größe hervor zu bringen.

mW wurden (laut Ukrainischen Archäologen) über 300 Siedlungen aus Kubrats Zeit alleine auf der Krim gefunden.

Aber meine Frage wurde noch nicht beantwortet: Wieviele Slawen lebten auf diesem Territorium?

Ehrlich gesagt bezweifle ich auch, dass die Rhomäer, die in Thrakien und Moesien lebten, sich Asparuh angeschlossen hätten.

Asparuh hätte aber Wissen MÜSSEN, dass Ostrom nicht schwach war, genau wie die Awaren.
 
mW wurden (laut Ukrainischen Archäologen) über 300 Siedlungen aus Kubrats Zeit alleine auf der Krim gefunden.

Gegenfrage (nicht rhetorisch): Wie viele Siedlungen waren nur von Protobulgaren bewohnt, und wie viele Einwohner hatten diese Siedlungen bzw. inwieweit lassen sich dazu überhaupt Aussagen treffen?

Aber meine Frage wurde noch nicht beantwortet: Wieviele Slawen lebten auf diesem Territorium?

Ich kenne keine Bevölkerungserhebung für diesen Raum aus jener Zeit - da aber gemeinhin zu lesen und zudem archäologisch abgesichert (620 und danach) ist, daß sie ab Ende des 1. Viertel des 7. Jh. bis auf Südthrakien und den Peloponnes die gesamte Balkanhalbinsel (den strittigen Punkt bzgl. heutiges Rumänien einmal ausgeklammert) besiedelten, dürften sie wohl in der Mehrheit gewesen sein.

Ehrlich gesagt bezweifle ich auch, dass die Rhomäer, die in Thrakien und Moesien lebten, sich Asparuh angeschlossen hätten.

Das stand gar nicht zur Debatte, denn bzgl. der Rhomäer hatte niemand etwas derartiges behauptet.

Asparuh hätte aber Wissen MÜSSEN, dass Ostrom nicht schwach war, genau wie die Awaren.

Woraus schließt Du, er hätte das wissen müssen?

Außerdem überschätzt Du mE die Stärke dieser Gegner enorm...
Dazu:
Byzanz im 7. Jh. schrieb:
Im Verlauf des 7. Jahrhunderts verlor Byzanz infolge der Islamischen Expansion auch die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer und konnte zudem nur mit Mühe Kleinasien halten, wo es immer wieder zu arabischen Überfällen kam, während auf dem Balkan Slawen und Bulgaren das Reich bedrängten und die kaiserliche Herrschaft auf einige wenige Orte begrenzten. Die Zeit von der Mitte des 7. bis ins 8. Jahrhundert war weitgehend von Abwehrkämpfen geprägt, in denen die Initiative fast ausschließlich bei den Feinden von Byzanz lag.
Von Byzantinisches Reich – Wikipedia
Awaren im 7. Jh. schrieb:
Ende des 6. Jahrhunderts reichte ihr Einflussgebiet von der Ostsee bis zur Wolga. Unter ihrem Herrscher Baian stellten sie eine Großmacht dar, die es sich leisten konnte, vom Byzantinischen Reich und von den Franken Tribut zu fordern. Freilich wurden sie in den 90er Jahren des 6. Jahrhunderts von dem byzantinischen Kaiser Maurikios in Schach gehalten und in die Defensive bis kurz vor den Zusammenbruch gedrängt (siehe hierzu Balkanfeldzüge des Maurikios). Doch nachdem Maurikios im Jahr 602 gestürzt wurde und das byzantinische Reich in Chaos und Anarchie versank, erzielten die Awaren Erfolge gegen die Langobarden in Friaul 610 und gegen die Franken 611. Anschließend überrollten die Awaren die Balkanhalbinsel ungeachtet der Tatsache, das der inzwischen gestürzte Kaiser Phokas mit ihnen 604 einen Tributfrieden geschlossen hatte. Zusammen mit den von ihnen unterworfenen Slawen belagerten die Awaren mehrmals Thessaloniki, zuletzt 626 mit Hilfe der persischen Sassaniden sogar die oströmische Hauptstadt Konstantinopel, was freilich misslang (siehe: Belagerung von Konstantinopel (626)). Ihren im Kampf gegen Maurikios verlorenen Ruf der Unbesiegbarkeit konnten sie jedoch nicht mehr herstellen. So konnten sich die Slawen dem Zugriff der Awaren entziehen, indem es ihnen gelang, sich auf der Balkanhalbinsel anzusiedeln. Auch erhoben sich anderorts slawische Stämme unter dem fränkischen Kaufmann Samo und schüttelten das Awarenjoch ab. Damit war der Höhepunkt der Macht der Awaren gebrochen und die Feindschaft zu Byzanz in Ermangelung einer gemeinsamen Grenze beendet.
Von Awaren – Wikipedia
 
Gegenfrage (nicht rhetorisch): Wie viele Siedlungen waren nur von Protobulgaren bewohnt, und wie viele Einwohner hatten diese Siedlungen bzw. inwieweit lassen sich dazu überhaupt Aussagen treffen?

Laut den Archäologen wurde der Großteil von Protobulgaren besiedelt. Festgestellt nach den Keramikfunden.


Ich kenne keine Bevölkerungserhebung für diesen Raum aus jener Zeit - da aber gemeinhin zu lesen und zudem archäologisch abgesichert (620 und danach) ist, daß sie ab Ende des 1. Viertel des 7. Jh. bis auf Südthrakien und den Peloponnes die gesamte Balkanhalbinsel (den strittigen Punkt bzgl. heutiges Rumänien einmal ausgeklammert) besiedelten, dürften sie wohl in der Mehrheit gewesen sein.

Wo in Bulgarien bitte wurde eine Slawische Siedlung ausgegraben?

Das stand gar nicht zur Debatte, denn bzgl. der Rhomäer hatte niemand etwas derartiges behauptet.

Sorry, misverständnis


Woraus schließt Du, er hätte das wissen müssen?

Die hatten ja wohl Kontakte; immerhin waren der Vater vom guten Konstanin mit dem Kubrat dicke Homies...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Laut den Archäologen wurde der Großteil von Protobulgaren besiedelt. Festgestellt nach den Keramikfunden.

OK; ob und inwieweit sich Aussagen bzgl. der Einwohnerzahl treffen lassen, wäre dann aber noch immer die Frage.

Wo in Bulgarien bitte wurde eine Slawische Siedlung ausgegraben?

Das war wohl mißverständlich, denn ich bezog mich dabei auf den Balkanraum überhaupt.
Wie dem auch sei, kann ich - da ich selbst kein Archäologe bin bzw. diese Arbeiten nicht auswerte - darüberhinaus nichts weiter sagen, und Du müßtest bspw. Florin Curta - der ist zwar Rumäne, aber durchaus kongruent zu bulgarischen Lehrmeinungen - dazu fragen.

Die hatten ja wohl Kontakte; immerhin waren der Vater vom guten Konstanin mit dem Kubrat dicke Homies...

Gut; nehmen wir einmal an, daß dies ausreichend gewesen sei.
Dann bleiben aber dennoch die zuvor ausgeführten Punkte, welche gegen eine Stärke sowohl der Awaren als auch besonders der Byzantiner in der 2. Hälfte des 7. Jh. sprechen...
 
man kann ja auch mal tausend Jahre weiter schauen, wie groß da die Heere waren, so waren z.B. beim Osmanischen Weltreich ca. 150000 Mann unterwegs, bei guter Organisation des Heeres und der Musterung. Schauen wir an, über welche Territorien sich das Reich ausdehnte, und schauen wir auf Bulgarien 1000 Jahre früher, dann müssen Zahlen einen nachdenklich stimmen...
Skol, LG, lynxxx
 
Wenn ich so darüber Nachdenke, muss ich dir Recht geben.

Allerdings bezweifle ich stark, dass Sie eine extreme Übermacht waren. Immerhin sind Wortfetzen erhalten, die ich mir bei bestem Willen nicht mit den Slawen erklären kann..

zB das Wort kashta (das "a" nach dem "k" wird nicht ausgesprochen, schwer hier zu beschreiben, ist so ne bulgaische Eigenart...)

eines Tages sind meine Mutter und ich durch Graz geschlendert, als wir eine Frau gesehen haben, die aus Slowenien kam. Sie hatte Fotos von ihren Kindern mit dabei, und da fragte meine Mutter "V kashti li sa?" (="sind sie zuhause" auf bulgarisch). Die Frau sah uns fragend an, bis ich mich an etwas erinnert habe, das ich bezüglich Protobulgaren und Slawen gelesen habe. Also übernahm ich und fragte "V doma li sa?" (Gleiche Bedeutung). Die Frau verstand daraufhin sofort, um was es ging und antwortet mit einem "Da".

Stellt sich die Frage: Woran habe ich mich denn erinnert?

Also, ich habe gelesen, dass es einige Wörter (soll angeblich bis in den tausender-Bereich gehen) Wörter im Bulgarischen gibt, die nicht slawischen Ursprungs seien sollen, sondern Protobulgarische Überreste sind. Darunter ist auch dieses Wort "kashta".
Die anderen slawischen Sprachen verfügen mW nicht über dieses Wort. Sie haben, das ebenfalls im Bulgarischen vorhandene Wort "Dom". Das heißt, diese Frau konnte deshalb zwar das Wort "Dom" verstehen, aber nicht das eigentlich gleich bedeutende Wort "kashta".

Es gibt auch noch andere Analoge wie zB:

kuce (kuche) - pes - Hund
kurpa (karpa) - Zabradka/Pokrivka - Tuch
Hubost - krasota - Schönheit
Stan - Rodina - Heimat


Interessant ist das Wort "hubost" - denn es ist auch im Tschuwaschischen vertreten und heißt "hub". (Interessant ist die sicher zufällige ähnlichkeit mit dem Deutschen "hübsch")

Auch die Bezeichnung der Verwandtschaft wie zB Bate (großer Bruder, denke an BATbajan, der ja eigentlich Bajan hieß) und Kaka (große Schwester; Tschuwaschisch "Aka")

Ich bin weder Turkologe noch Iranistiker um anmaßend zu sein und zu behaupten, dass das alles Iranische oder Türkische
Wörter sind. Aber es ist höchst interessant festzustellen, dass es einige interessante Analoge gibt.

3. In der Folgezeit wurden die Protobulgaren - da nur eine vergleichsweise dünne Schicht - spachlich assimiliert (Anm.: Das ist übrigens kein Sonderfall, denn auch bspw. die Normannen, die seit der 2. Hälfte des 9. Jh. in Nordfrankreich eindrangen, romanisierten sich, v.a. sprachlich, und auch sie sprachen im Laufe des 10. Jh. kein Altnordisch mehr, sondern eben Normanno-Französisch!).
4. Seit der Christianisierung - je nach Lesart 864 oder 865 (ich habe schon beide Jahresangaben gelesen) - wird nicht mehr zwischen Bulgaren und Protobulgaren unterschieden, und es ist nur noch von Bulgaren die Rede.
5. Die Liturgiesprache Altkirchenslawisch bzw. die Sprache Altbulgarisch kam danach durch die Schüler der Missionare Kyrill und Method nach Bulgarien.
6. Diese Sprache war zuerst Liturgiesprache und dann Amtssprache; das war im Jahr 893.

zu Punkt 4: Wurde das von bulgarischen oder anderen Quellen gemacht?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hubost - krasota - Schönheit

Interessant ist das Wort "hubost" - denn es ist auch im Tschuwaschischen vertreten und heißt "hub". (Interessant ist die sicher zufällige Ähnlichkeit mit dem Deutschen "hübsch")

Das hat mich interessiert, deshalb habe ich im Deutschen Wörterbuch der Grimms nachgeschlagen. Darin heißt es:

das zu hof gehörige adjectiv hat sich bereits im mhd. (für die ältere sprache entgehen belege) in zwei formen gespalten: hövesch (vgl. höfisch sp. 1685) und hüvesch, hübesch, letztere form nicht ausschlieszlich, aber doch vorwiegend dem süden DeutschlandsBd. 10, Sp. 1852
zufallend, und in der bedeutung von der erstern ursprünglich nicht geschieden: beide lehnen sich vornehmlich an hof 7 sp. 1656 an (curius hubessche DIEF. 163c), und betonen das zierliche, feine, wie es einem hofhalte gemäsz ist, in ansehen und betragen, letzteres bei KONRAD VON WÜRZBURG selbst in bezug auf einen hund:

ein hübescher hunt. der spilte gegen sînem herren schône,
wan er sprang ûf in unde bal in süeჳer stimme dône.

Der Artikel geht noch weiter, aber zur Etymologie des Wortes hübsch ist alles gesagt. Die Namensähnlichkeit ist also zufällig.
 
Werter Sergej:

mW wurden (laut Ukrainischen Archäologen) über 300 Siedlungen aus Kubrats Zeit alleine auf der Krim gefunden.

Ok, daß ist doch mal eine Zahl mit der man etwas anfangen kann.

Damals waren Siedlungen aber sehr klein. Da du aber nur von der Krim sprichst, so laßen wir es mal theoretisch gleich 10 mal so viel Siedlungen insgesamt sein.

Also 3000 Siedlungen voll von Protobulgaren.

Wenn wir dann von einer Bevölkerungszahl von immerhin 100 Menschen je Siedlung im Schnitt ausgehen (und das ist viel !)

Dann kommten wir auf 300 000 Menschen !

Das beinhaltet aber alte, frauen und kinder und Leute die nicht mit in den Krieg ziehen etc.

Eine Bevölkerung von 300 000 Menschen kann keine Armee von 120 000 Mann unterhalten. Ganz einfach schon deshalb nicht weil dafür nicht genügend Männer zur Verfügung stehen und noch darüber hinaus auch aus wirtschaftlichen gründen.

Selbst wenn man jeden nur irgendwie halbwegs kampffähigen einziehen würde, selbst dann bekäme man eine solche Armee nicht zusammen und dann hätte man ein echtes Ernährungsproblem weil ja die Frage bleibt wer dann noch Nahrung herbei schaffen soll.

Du siehst also, daß die Zahl der Siedlungen eher die Aussage bestätigt als negiert. Es müssten viel mehr Siedlungen sein.
 
Hallöchen, nur ganz kurz:winke:

kuce (kuche) - pes - Hund
kurpa (karpa) - Zabradka/Pokrivka - Tuch
Stan - Rodina - Heimat

auf Bosnisch/Kroatisch/Serbisch;):

Kuce/Ker/Pas >> Hund

Krpa - Platno (Pokrivaljka ? - vom Verb pokrivat - verdecken) >> Tuch,
aber ist das bulgarische Tuch nicht Klot, du meinst das Handtuch
Krpa.

Stan/Stanarina, gde/gdije stanujes ? (Dom/Domovina ist die Heimat, auch im Bulgarischen) >> Wohnung, wo wohnst du ?

Allerdings bezweifle ich stark, dass Sie eine extreme Übermacht waren. Immerhin sind Wortfetzen erhalten, die ich mir bei bestem Willen nicht mit den Slawen erklären kann..

Stimmt, die Protobulgaren wurden von den Kelten slawisiert.
Das sind alles in allem ziemlich trübe Argumente, die du da lieferst.
Es gibt auch einen nicht geringen Anteil an Kroaten, die unbedingt von den Iranern abstammen wollen.

Auch die Bezeichnung der Verwandtschaft wie zB Bate (großer Bruder, denke an BATbajan, der ja eigentlich Bajan hieß) und Kaka (große Schwester; Tschuwaschisch "Aka")

Brat, Bata, Bato, Baja, Brale, Braca, Bratic, Sestrica, Seka, Seja ....
Solche Kosenamen gibt es zum Saufuttern, lass dir was besseres einfallen.
малко по-добре !

Grüße
 
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