Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach (1971) Regie Volker Schlöndorf
Die Handlung des Film behandelt den Postraub an der Subach im Jahre 1822 und zitiert ausgiebig aus einer Originalquelle, dem "Aktenmäßigen Bericht" des Gießener Beamten Carl Franz. Um 1822 lebt ein Großteil der Bevölkerung Hessens am und unter dem Existenzminimum. Die Abschaffung der Leibeigenschaft im Großherzogtum Hessen brachte der Landbevölkerung statt Freiheit nur Lasten und Zahlungen.
Der Film zeigt, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse es der Landbevölkerung kaum erlauben, ihre Lage zu analysieren, geschweige denn sie ändern zu können. Nur durch Wilderei, durch Auswanderung nach Amerika und allerlei obskuren Projekte kann die Bevölkerung ihre Not lindern.
Zweimal im Monat aber fuhr das "Geldkärrnchen" von Gießen nach Biedenkopf mit den Steuergeldern. Im Jahre 1822 macht der Hausierer David Briel aus Dexbach dem armen Bauern Jakob Geiz den Vorschlag, mit ein paar Komplizen das Geldkärrnchen auszurauben. David schlägt vor, den Geldtransport auf kurhessischem Territorium zu überfallen, da so der Kurfürst von Hessen dem Landesherrn der Bauern den Schaden ersetzen muss. Es schließen sich Hans Jakob Geiz und Heinrich Geiz, der Vater und Bruder von Jakob an, sowie Ludwig Acker, Johannes Soldan und Jost Wege allesamt arme Bauern und Tagelöhner aus Kombach und Umgebung. Außerdem gelingt es den Verschwörern, den Landschützen Volk, der häufig das "Geldkärrnchen" begleitet. Als Tatort haben die Bauern die Subach, ein Waldstück bei Gladenbach ausersehen.
Obwohl der Plan gut ist, erweist sich die Ausführung als schwieriger, als gedacht. Etliche Male muss das Unternehmen abgeblasen werden oder scheitert an der geringen Professionalität.
Beim ersten Mal, schreckt Neuschnee die verhinderten Räuber ab. Aus Angst, dass im Neuschnee ihre Spuren zurück zu verfolgen sind, verschieben sie den Coup. Beim zweiten Mal scheitert der Coup an Koordination. Keiner kann sich entschließen, das Signal zum Auftakt zu geben-so das es ganz unterbleibt. Bei einem weiteren Mal kann der Begleiter die Räuber gerade noch rechtzeitig informieren, dass diesmal keine Steuergelder dabei sind. Bei einem anderen Mal können sie nicht zuschlagen, da ausgehobene Rekruten den Transport begleiten, und wieder ein anderes Mal verlaufen sich die Räuber im Nebel und verfehlen das "Geldkärrnchen".
Endlich aber klappt der Überfall. Die verzweifelten Bauern sind plötzlich reich, um sich aber nicht zu verraten, dürfen sie auf gar keinen Fall größere Geldbeträge ausgeben, um sich nicht zu verraten. Ihre Armut aber erlaubt ihnen das gerade das nicht, sie müssen Geld ausgeben, um das Saatgut bezahlen zu können, um endlich heiraten zu können, oder auch, um es sich mal gut gehen zu lassen.
Von Geld verstehen sie nichts, sie können nicht damit umgehen, sie erregen Verdacht. Die Naivität einiger der verhinderten Räuber wirkt fast tragisch: Der Tagelöhner Ludwig Acker träumt davon, dass er sich einen feinen Anzug kaufen will, dass er in den Gasthäusern sich wie ein feiner Herr bedienen lassen will und dann alle freundlich zu ihm sind.
Einer der Räuber verrät sich selbst, als er im Gasthaus einem armen Tagelöhner, der nicht einmal das Reisegeld besitzt, um sich in der Wetterau als Saisonarbeiter zu verdingen ein hochwertiges Geldstück schenkt. Ein anderer hat mit einer ehemaligen Dienstmagd ein uneheliches Kind, kann aber nicht das nötige Vermögen vorweisen, um eine Heiratserlaubnis zu erhalten, und Hans Jakob Geiz braucht eben Geld, um das Saatgut bezahlen zu können.
Der zuständige Kriminalrichter vermutet, dass Bauern aus der Umgebung, und nicht professionelle Gauner die Tat verübt haben. Es werden Beweismittel und Indizien gefunden und die Täter werden verhaftet und exekutiert. Zwei von ihnen verüben Selbstmord, die anderen gestehen die Tat und lassen sich als reumütige Sünder exekutieren.
Nur David dem Hausierer gelingt rechtzeitig die Flucht, mit seinem Teil der Beute macht er sich auf nach Amerika.
Der Film wurde in Schwarz-Weiß gedreht. Die Kostüme waren nicht besonders, wirkten wie Irgendetwas in der Periode zwischen 1850 und 1920. Der Tatort mit einem Hohlweg kommt der historischen Realität und dem Geländer der Subach recht nahe. Auf dem Weg zum Tatort streifen die Räuber aber durch eine Fichtenmonokultur, wie sie erst Ende des 19. Jahrhundert enstanden. Nach geglückter Tat ziehen sie durch eine moderne Kulturlandschaft. In der Eingangsszene, in der David den Vorschlag macht, erkennt man Stromleitungen.
Der Film war ein Autorenfilm und Low Budget-Projekt. Es wirkten aber recht gute Schauspieler mit, Georg Lehn überzeugt in der Rolle des alten Geizt, in einer Nebenrolle wirkte Rainer Werner Fassbinder mit. Alles in Allem durchaus eine sehenswerte Produktion, die sich in der Dramaturgie eng an den Kriminalbericht hält.