Ich denke, es ist müßig, über Hitlers Psyche zu diskutieren...
Zum Einen, weil er nicht mehr lebt und somit kein Psychologe der Welt noch irgendetwas nachweisen kann.
Zum Anderen, weil man sich damit wirklich an einer haarscharfen Grenze bewegt - mal angenommen, man kann wirklich nachweisen, dass Hitler "einen Sprung in der Schüssel" hatte? Was sagt uns das? Dass er in Wirklichkeit eine bemitleidenswerte, fehlgeleitete Kreatur war? Und was bedeutet das für die Geschichte, bzw. für die Opfer seiner Herrschaft? Meint ihr wirklich, dass es die vielen Toten kümmert, dass sie sterben mussten, weil einer mit "Dachschaden" regiert hat?
Es spielt keine Rolle, ob Hitler nicht ganz richtig getickt hat oder kerngesund war. Es spielt keine Rolle, ob er einfach seine Gewaltfantasien ausleben wollte/konnte.
Ab hier:
fftopic:
Was allerdings eine Rolle spielt ist die Tatsache, dass ihm die Bevölkerung willig in diesen Terror gefolgt ist - und das hat sehr wohl eine psychologische Ursache, die sich auch heute noch nachweisen lässt: Dynamik von Gruppen, bzw. Gruppenzwang.
Wenn nur einer pöbelt, passiert nichts. Findet er aber Leute, die mit ihm pöbeln, schaukelt es sich hoch und kann blitzschnell ansteckend wirken.
Der menschliche Verstand setzt da aus, wo anerzogene Moral und "Vernunft" mit Urinstinkten und ererbten Verhaltensmustern kollidieren. Der Mensch an sich ist ein soziales Wesen und strebt immer nach Anerkennung innerhab einer bestimmten Gruppe von Artgenossen. Man könnte es auch einen Herdentrieb nennen. Es erfordert ein großes Maß an Anstrengung, sich einem kollektivem Verhalten zu widersetzen und weit mehr Mut, als man als einzelner, vernünftig denkender Mensch glaubt.
Ein einfaches Beispiel: wenn ich abends ins Theater gehe, ziehe ich nicht meine ausgelatschten Turnschuhe und alte abgetragene Jeans an, auch wenn mich deswegen keiner rausschmeißt - ich kleide mich konform der Masse, um nicht negativ aufzufallen, auch wenn ich weiß, dass ich das nicht muss.
Klingt makaber, aber es ist dasselbe Prinzip (das kann man zumindest in der Anfangszeit des 3. Reiches beobachten, bevor eine Verfolgung der Juden wirklich konkretisiert wurde). Die Jungens trugen alle einen Seitenscheitel, die Mädels alle Zöpfe, Papa ließ sich einen Hitlerbart wachsen. Die ersten Schritte waren vielleicht nichteinmal besonders auffällig, aber wenn so eine Bewegung ersteinmal wirklich ins Rollen kommt, ist es nur noch unter größter Anstrengung möglich auszubrechen.
Das heißt nicht, dass ich jemanden in Schutz nehmen möchte, ich möchte das hier klar sagen.
Aber man muss sich vor Augen führen, wie schnell eine Gruppe völlig normaler Menschen plötzlich zu einem wütenden Mob wird.
Und dafür muss nicht einmal ein Wahnsinniger den Ton angeben, es reicht, wenn einer die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht und es schafft, mit irgendeinem Teil seiner Ausführungen einen Nerv zu treffen. Das kann bei jedem etwas Anderes sein, es muss nur für jeden was dabei sein - wenn man sich ersteinmal Gehör verschafft hat, muss man die Leute "nur noch" bei der Stange halten. Vor allem dann, wenn die Menschen nach jedem Strohhalm greifen, wie das gerade zum Ende der Weimarer Republik der Fall war.
Ich halte jede Wette, wenn die aktuelle Wirtschaftskrise so extrem ausgefallen wäre wie die Krise 29, und Millionen Menschen auf der Straße gestanden hätten, weil sie nichts mehr zum Essen und kein Dach über dem Kopf hätten - dann hätte so eine "charismatische" Gestalt wie ein Hitler durchaus wieder eine Chance gehabt. Es müsste ja kein Extremist sein, es würde reichen, wenn jemand sich in genau so einem Moment besonderes Gehör verschafft, und die Menschen überzeugt. Das kann auch jemand sein, der auftaucht und dafür sorgt, dass die Hungrigen gefüttert werden und die Obdachlosen wieder ein Dach über dem Kopf haben. In so einer Situation würde, nehme ich an, fast jeder eine Chance bekommen, wenn er danach greift.
Was uns im Kreise führt und wieder zu den Existenzängsten bringt.