Penseo schrieb:@Ingeborg
Die Bemerkungen über Colonel Chivington stimmen, Geistlicher, der eine undisziplinierte Milizarmee befehligte. Gilt noch immer als Sinnbild des Indianerhassers, so dass seine Person auch heute noch in Serien über den mittleren Westen seiner Zeit auftaucht. Die Truppe soll sich vor dem Massaker ordentlich Mut zugetrunken haben.
Interessant war aber, und deshalb melde ich mich noch einmal, dass ihm ein Verfahren wegen des Massakers drohte. Als Meilenstein in der besseren Behandlung von Indianern würde ich das nicht werten.
Dennoch hatte er im Empfinden auch seiner Zeitgenossen die Grenze des Erträglichen überschritten. Er soll ja mit den erbeuteten Skalps von Frauen und Kindern in Denver einen Triumphmarsch veranstaltet haben. Worauf Präsident Lincoln den zuständigen Gouverneur absetzte.
Dazu angemerkt, kannte er nicht auch General Custer und riet ihm zu einem ähnlichen Überfall auf ein Sioux Dorf?
(NB: und ich wollte heute nicht so lange wie gestern im Forum rumgeistern.... )
Daß Chivington die Grenze des Erträglichen überschritten hat, würde ich etwas korrigieren wollen: die Grenze des Üblichen - denn was für die Zeitgenossen damals an Indianerbehandlung für 'erträglich' gehalten wurde, mag man sich gar nicht mehr recht vorstellen wollen/müssen.
Genauso wie bei Afrikanern wurde verbreitet, Indianer seien von Natur aus nicht so oder gar nicht schmerzempfindlich... Sie wurden ja auch mit entmenschtlichten Bezeichnungen bedacht: ein männlicher Indianer war kein Mann, sondern ein "buck", das kannst du getrost im Deutschen als "Bock" oder "Rammler" (männl Hase, damits keine Mistverständnisse gibt) verstehen. Frauen wurden als "Squaw" apostrophiert - ein Wort aus einer Algonkin-Sprache und eine äußerst unfeine Bezeichnung für das weibliche Genital (um das F-Wort zu vermeiden), Kinder waren grundsätzlich "papoose". Dies ist auch aus der Algonkin-Sprachfamilie und ist tatsächlich ein Wort für Kind.
Um jetzt doch mal die Nervenstärke der mitlesenden Foris anzutesten: die Skalpparade seiner Truppen wär ja noch angegangen. Allerdings hatten sich auch etliche Söldner weiteren "Zierrat" besorgt: Frauen wurde der Uterus aus dem Leib geschnitten und als Schmuck an den Hut gesteckt. Männern waren die Hoden aubgeschnitten worden, um aus dem Hodensack zb Tabakbeutel zu machen. Abgetrennte Arme und Beine von Indianern jeglichen Alters waren auch als Trophäen mitgenommen worden.
Und ich glaub, die haben sich weniger Mut angetrunken als ohnehin Alkoholprobleme gehabt. Chivingtons Aufruf, der Miliz beizutreten, hatte im wesentlichen eine Gesellschaftsschicht angesprochen, die nicht gerade die Elite des Westens darstellte, um es mal vornehm zu formulieren.
Custer hatte eigentlich ein anderes Problem. Er war im Bürgerkrieg in relativ jungen Jahren zu hohem Rang aufgestiegen. Als der Krieg vorbei war, wurde er wie viele andere nur mit niedrigerem Rang weiter übernommen. Da er aber politischen Ehrgeiz hatte (wär ja nicht der einzige Präsident mit Generalsvorleben gewesen), wollte er seinen Rang möglichst schnell aufpolieren und ein paar spektakuläre Erfolge hätten seine Bekanntheit und seinen Ruhm in der weißen Bevölkerung natürlich befördert und seinen politischen Ambitionen gutgetan. er hoffte auch, durch einen spektakulären Erfolg sozus vom Volk als Präsident gefordert zu werden. Vor diesem Hintergrund sind seine Entscheidungen zu verstehen, nicht auf andere Einheiten zu warten. Daß ein gerüttelt Maß an Selbstüberschätzung dazukam, versteht sich.
Custer hatte auch ein Cheyenne-Dorf am Wichita überfallen und die dort angetroffenen Indianer massakriert (es handelte sich übrigens um dieselbe Gruppe mit Black Kettle als Häuptling, die es seitens Chivington auch am Sand Creek traf).
Dazu kam, daß allgemein eine derartig große Versammlung von mehreren Völkern wie am Little Bighorn (die beteiligten Völker sagen: am Greasy Grass) für nicht vorstellbar gehalten wurde.