Indogermanische Sprachen und die Vielfalt ihrer Völker

Indoeuropäisches und Semitisches

An dieser Stelle möchte ich erneut die Empfehlung aussprechen, auch das zu lesen, was Sprachwissenschaftler publiziert haben. Zum Beispiel in dem von dir empfohlenden Band "Die Urheimat der Indogermanen" (Hrsg. Anton Scherer, Darmstadt 1968) die Beiträge von Weriand Merlingen und Heinz Kronasser. Beide befassen sich mit dem Befund zum indoeuropäischen Weinwort und kommen zum selben Ergebnis: Das griechische Wort für den Wein ist nach linguistischen Kriterien indogermanisch, und es gibt aus linguistischer Sicht keine Möglichkeit, das abzustreiten.
Das meinst Du doch wohl nicht ernst? Jetzt bist Du mal an der Reihe hier den Dieter zu machen? Nun jedenfalls zitierst Du einseitig und verkaufst Spekulationen als Fakten.

Das Wort für ›Wein‹ ist ein ganz typisches Wanderwort, das in vielen indoeuropäischen und nichtindoeuropäischen im Mittelmeerraum vorkommt. So findet es sich z.B. in fast allen westsemitischen Sprachen, wie arab. wayn, Geez wayn, ugaritisch yn (= /yēnu/), hebr. yayin, syr. yaynā. Auffällig ist, dass das Wort den nordwestsemitischen Lautwandel wy /#__ mitgemacht hat. Die ältesten Zeugnisse nordwestsemitischer Sprachen sind das Ugaritische und die kanaanitischen Fragmente in den Amarna-Briefen – beide in das 14. Jh. v. Chr. zu datieren. Ein Wort *wayn- muss also spätestens in der Mitte des 2. Jt. v. Chr. im Semitischen vorhanden gewesen sein. Gegen eine protosemitische Herkunft spricht, dass kein nativer akkadischer Kognat belegt ist.
Die indoeuropäischen Verhältnisse sind den semitischen nun ganz ähnlich: Dieses Wort für ›Wein‹ ist hauptsächlich im mediterranen Gebiet verbreitet – die germanische und slawische Formen sind wahrscheinlich entlehnt –, im Sanskrit beispielsweise aber nicht belegt. Letzteres macht eine Rekonstruktion bis in das Protoindoeuropäische durchaus fragwürdig.

Um auch noch einmal auf die Literatur zu verweisen, gegen einen indoeuropäischen Ursprung des Wortes spricht sich sich z.B. aus: Bonfante, G. (1974). Das Problem des Weines und die linguistische Paläontologie. In: M. Mayrhofer, W. Meid, B. Schlerath, & R. Schmitt (Hrsg.), Antiquitates Indogermanicae, S. 85–90. Innsbruck: Institut für Sprachwissenschaft der Universität Innsbruck.

Selbst Befürworter eines indoeuropäischen Ursprungs formulieren das in der Regel vorsichtiger und weisen darauf hin, wie kontrovers so eine Deutung ist, so beispielsweise Beekes:
Wether the word for ‘wine’ was also Indo-European in origin has long been a matter for dispute, because the Semitic word (Arab. wain) and the Georgian (ɣwino) both make use of the same root. It seems to me that the Hittite form, wiyana-, points toward PIE *u(e)ih₁-(o)n- (Arm. gini, Gr. oĩnos, Lat. vīnum). (Beekes, R. S. P. (2011). Comparative Indo-European linguistics: An introduction (2. Aufl.). Amsterdam: John Benjamins, S. 36)

Übersetzung: Ob das Wort für ›Wein‹ auch einen indoeuropäischen Ursprung hat, ist seit langem umstritten, da das semitische Wort (arab. wain) und das georgische (ɣwino) beide auf diesselbe Wurzel zurückgehen. Mir scheint, dass die hethitische Form, wiyana-, auf protoindoeuropäisch *u(e)ih₁-(o)n- hindeutet (armenisch gini, griech. oĩnos, lat. vīnum).​
Auführlicher begründet hat er das noch in: Beekes, R. S. P. (1987). On Indo-European ‘wine’. Münchener Studien zur Sprachwissenschaft, 48, 21–26.

Es gibt allerdings die Möglichkeit, die indogermanische Wein-Gleichung zu ignorieren. Das war und ist leider auch heute noch bei Autoren der Fall, die bestimmte Urheimattheorien favorisieren.
Was spricht denn dagegen, dieses Wort zu ignorieren? Die Herkunft ist vollkommen ungewiss; beide in der Hauptsache diskutierten Kandidaten für eine indoeuropäische Urheimat, die südrussische Steppe und Anatolien, schließen auch nicht aus, dass den Indoeuropäern der Wein bekannt war.

Falls in dem Zusammenhang wieder jemand mit Häusler ankommt: Seine These von den autochthonen Indoeuropäern verflüchtigt sich schon von allein, weil damit die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen nicht erklärt werden kann. Seinen Vorschlag, dass sich zunächst unterschiedliche Sprachen durch Angleichung zu einem Sprachkontinuum entwickelt hätten, kann man wohl eher getrost in die Tonne kloppen. Für so eine Entwicklung gibt es nicht ein einziges belastbares Beispiel. Das passiert in der Realität schlicht und ergreifend nicht. Und so kann man Häusler in dieser Hinsicht ignorieren, solange er kein Szenario entwirft, das mit den Erkenntnissen der historischen Sprachwissenschaft und Kontaktlinguistik kompatibel ist.

Da kommt es dann zum Zirkelschluss: Weil ich eine bestimmte Urheimat präferiere und dort kein Wein wächst, darf das Weinwort nicht indogermanisch sein. Und wo wir das Weinwort doch haben, muss es dann ein Substratwort sein. Woraus dann wieder zu schließen ist, dass die Indogermanen dort zugewandert sein müssen, natürlich aus der von mir präferierten Urheimat.
Typisches Strohmannargument. Kein erwähneswerter Indoeuropäist argumentiert so.

Z.B. gibt es die Hypothese, dass das anlautende [a-] vor vielen spanischen Verben ein Adstrat aus dem Arabischen sei:
apuntar
anochecer
amontonar
amanecer
Im Arabischen gibt es das nämlich, dass im 4. Stamm im Perfekt (welcher in seiner 3. Person Singular maskulin auch immer dem Infinitiv entspricht) vor den eigentlichen Infinitiv ein "Alif Hamza" gesetzt wird (sprich ein [a]). Die Hypothese nimmt nun an, dass in einer arabisch-iberoromanischen Diglossie lebende Sprecher dieses vom 4. Stamm des arabischen Verbs übernommen und auf das Spanischen angewendet haben, was sich erhalten hätte.
Wird das wirklich ernsthaft in der Hispanistik diskutiert? Welche Argumente werden denn dafür überhaupt ins Feld geführt? Vielleicht gibt es wirklich eine rationale Grundlage dafür, die ich nicht erkenne, aber ich konnte eben echt nur noch verdutzt den Kopf schütteln. Aber ernsthaft, warum sollte jemand (ausgerechnet?) die Perfektform des IV. Stammes – der im Arabischen immerhin eine kausative Bedeutung hat! – auf spanische Verben übertragen? Vor allem ist nicht einmal das der Fall, denn im Arabischen lautet der in der 3. Person mask. Singular ʾafʿala bzw. ugs. ʾafʿal. Das ist der Form nach nicht einmal ansatzweise den von Dir genannten Verben ähnlich. Warum wird dann nur das a übertragen, nicht aber den Rest des Paradigmas?

Den arabischen Infinitiv – Verbalnomen oder Verbalsubstantiv wären wohl adäquatere Bezeichnungen, auch wenn ein Teil der Literatur Infinitiv schreibt – braucht man erst gar nicht hinzuziehen, da der ʾifʿāl lautet. Einen Infinitiv im engeren Sinn kennt das Arabische gar nicht und die 3. Person mask. Singular Perfekt ist lediglich eine Zitierform für Wörterbücher u.ä., daraus lässt sich auch nichts weiter ableiten.
Wenn man für diese Phänome auf das Arabische rekurriert, sollte man auch erklären können, warum das nur einige spanische Verben betrifft. Und wenn weiter das ganze Argument nicht aus mehr als »im Arabischen gibt es genauso wie im Spanischen Verbformen, die auf a anlauten« besteht, hat das ganze mehr mit Kabbala als mit Sprachwissenschaft zu tun. Das wäre dann eine völlig unplausible Ad-Hoc-Spekulation ohne jegliche Erklärungskraft. Aber vielleicht (hoffentlich :)) steckt ja doch mehr dahinter.

Nebenbei: Den Fall, dass eine Sprache tatsächlich einen Verbalstamm aus dem Arabischen entlehnt hat, kennt man vom Neuaramäischen. Beide Sprachen sind sich morphologisch aber auch sehr ähnlich.

Ich kenne mich nun mit der Hispanistik nicht aus, in der Arabistik aber wird bei Dialekten, die vom normativen Ideal abweichen, gerne schnell Substrateinfluss aus dem Aramäischen, Südarabischen, Berberischen usw. unterstellt. In vielen Fällen ist das aber nicht haltbar und das Ausmaß solcher Substrateinflüsse wird häufig übertrieben, wie demonstriert wurde u.a. schon von Werner Diem (1979. Studien zur Frage des Substrats im Arabischen. Der Islam, 56(1), 12–80).

Vielleicht kommt dem Arabischen und dem Baskischen in der Hispanistik ja eine ähnliche Rolle zu?


Wer sich übrigens dafür interessiert, wie die sprachliche Landschaft im vorgeschichtlichen Europa denn wohl ausgesehen haben könnte, wie sich indoeuropäische Sprachen in Europa verbreitet haben können und wie nicht, dem lege ich diesen Blogbeitrag des bekannten Indoeuropäisten Donald Ringe nahe. Eine plausiblere Spekulation auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand wird wohl kaum zu haben sein. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wird das wirklich ernsthaft in der Hispanistik diskutiert? Welche Argumente werden denn dafür überhaupt ins Feld geführt?

Wie gesagt, es handelt sich um eine Hypothese, nada más. Grundlage für diese Hypothese ist das anlautende, nicht etymologische [a-]. Man hat einfach eine Erklärung dafür gesucht.

So ähnlich wie man das spanische Sie - Usted versucht hat vom arabischen ʾUstād abzuleiten. Die Ähnlichkeit ist zwar bestechend, aber dennoch ist Usted nur eine Abschleifung von Vuestra Merced, 'Euer Gnaden'.
Aber ernsthaft, warum sollte jemand (ausgerechnet?) die Perfektform des IV. Stammes – der im Arabischen immerhin eine kausative Bedeutung hat! – auf spanische Verben übertragen?
In der Aljamiado-Literatur (also der Literatur der Morisken) gibt es durchaus Beispiele von einer Anwendung der arabischen Grammatik im Spanischen oder umgekehrt (für genaueres müsste ich mich erst einarbeiten, etwa bei Solá-Solé oder Corriente etc., dafür fehlt mir aber die Muße, ich wollte lediglich ein Beispiel dafür bringen, dass ein Substrat nicht unbedingt ein bestimmter Lehnwortschatz sein muss, mir ist kein besseres eingefallen).


Vor allem ist nicht einmal das der Fall, denn im Arabischen lautet der in der 3. Person mask. Singular ʾafʿala bzw. ugs. ʾafʿal. Das ist der Form nach nicht einmal ansatzweise den von Dir genannten Verben ähnlich. Warum wird dann nur das a übertragen, nicht aber den Rest des Paradigmas?
Das Argument/die Frage verstehe ich nicht so recht.
 
Nun jedenfalls zitierst Du einseitig und verkaufst Spekulationen als Fakten.
Die von mir zitierten Fachleute spekulieren nicht, sondern argumentieren mit Fakten.
Ein gewichtiges Faktum ist der armenische g-Anlaut, dessen Entsprechung mit dem indoeuropäischen w-Anlaut lautgesetzlich ist - "der Vorgang ist so spezifisch "indogermanisch" und "alt", daß nur ein gemeinsamer Ursprung der beteiligten Wörter aus dem Indogermanischen wahrscheinlich ist" (Merlingen, S. 412).
Dazu kommt, dass für das rekonstruierte Wort eine plausible Etymologie ("drehen, winden, ranken") existiert. Was haben die Verfechter alternativer Herkunftstheorien da zu bieten?

Um auch noch einmal auf die Literatur zu verweisen, gegen einen indoeuropäischen Ursprung des Wortes spricht sich sich z.B. aus: Bonfante, G. (1974). Das Problem des Weines und die linguistische Paläontologie. In: M. Mayrhofer, W. Meid, B. Schlerath, & R. Schmitt (Hrsg.), Antiquitates Indogermanicae, S. 85–90. Innsbruck: Institut für Sprachwissenschaft der Universität Innsbruck.
Mit welchen handfesten Argumenten?

Selbst Befürworter eines indoeuropäischen Ursprungs formulieren das in der Regel vorsichtiger
Touché. Meine Formulierungen waren tatsächlich zu kraftmeierisch.

Typisches Strohmannargument. Kein erwähneswerter Indoeuropäist argumentiert so.
Mag sein, dass Autoren, die im Sinne dieses Zirkelschlusses argumentieren, als "nicht erwähnenswert" einzustufen sind. Fakt ist, dass genau dieser Zirkelschluss kein von mir erfundener "Strohmann" ist.
"Wie subjektiv vorgegangen wird, sieht man z. B. bei Thieme, der im Banne seiner Nordthese die Weingleichung als idg. überhaupt nicht in Betracht zieht, die vereinzelte Tanne und die Schildkröte aber gelten läßt, weil sie in Norddeutschland vorkommen." (Kronasser, S. 490)

Seinen Vorschlag, dass sich zunächst unterschiedliche Sprachen durch Angleichung zu einem Sprachkontinuum entwickelt hätten, kann man wohl eher getrost in die Tonne kloppen.
Ganz genau. Wobei dieser Vorschlag eigentlich von Trubetzkoy stammt. Und der hat (wohlweislich) gar nicht erst den Versuch unternommen, diesen Vorschlag mit den sprachlichen Fakten unter einen Hut zu bringen. Was Häusler selber dazu beisteuert, sind vage Hinweise auf ein "Netzwerk von Tausch- und Handelsbeziehungen innerhalb von Regionalgruppen einer archäologischen Kultur als auch zwischen benachbarten Kulturen". Dass man darauf kein wissenschaftliches Szenario aufbauen kann, habe ich oben schon geschrieben.

Wer sich übrigens dafür interessiert, wie die sprachliche Landschaft im vorgeschichtlichen Europa denn wohl ausgesehen haben könnte, wie sich indoeuropäische Sprachen in Europa verbreitet haben können und wie nicht, dem lege ich diesen Blogbeitrag des bekannten Indoeuropäisten Donald Ringe nahe. Eine plausiblere Spekulation auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand wird wohl kaum zu haben sein. :)
Auch hier werden zum x-ten Mal die altbekannten Argumentationsmuster durchgekäut. Die Sache mit dem Pferd z. B. hat Heinz Kronasser schon vor langer Zeit mit dem urslawischen Elefanten pariert:
"In elf, d. h. so gut wie in allen slawischen Sprachen gibt es z. B. ein Wort slon 'Elefant'. Niemanden fällt es ein, die Gleichung für die slaw. Urheimat auszuwerten, jedenfalls nicht in dem Sinne, daß dort Elefanten vorgekommen seien.
...
Wie steht es nun mit Gleichungen, die sachlich nicht so eindeutig sind? Gar mit solchen, die für die Fixierung einer Urheimat entscheiden sollen? Es ist z. B. möglich, daß die idg. Pferde-Gleichung so zu beurteilen ist wie die slaw. Elefanten-Gleichung..."
 
Zuletzt bearbeitet:
Im übrigen sage ich zum hundertsten mal:

Alle Hypothesen hinsichtlich eines indoeuropäischen Urvolks sind Kaffeesatzleserei, da keine der bislang vorgelegten eindeutig nachweisbar oder belegbar sind.
:yes:

Da alle Hypothesen zu einem indoeurop. Urvolk Kaffeesatzleserei sind, so sind im Sinne einer Beweisführung hinsichtlich einer möglichen Ursprache, genauso Kaffeesatzleserei.

Oder wenn die Annahme A (es gibt ein Urvolk) nicht belegbar ist, so ist die Annahme B (es gab eine Ursprache) ebenso nicht belegbar.
Im Prinzip alles erstmal Spekulation.
 
Das Wort für ›Wein‹ ist ein ganz typisches Wanderwort, das in vielen indoeuropäischen und nichtindoeuropäischen im Mittelmeerraum vorkommt. So findet es sich z.B. in fast allen westsemitischen Sprachen, wie arab. wayn, Geez wayn, ugaritisch yn (= /yēnu/), hebr. yayin, syr. yaynā. Auffällig ist, dass das Wort den nordwestsemitischen Lautwandel wy /#__ mitgemacht hat. Die ältesten Zeugnisse nordwestsemitischer Sprachen sind das Ugaritische und die kanaanitischen Fragmente in den Amarna-Briefen – beide in das 14. Jh. v. Chr. zu datieren. Ein Wort *wayn- muss also spätestens in der Mitte des 2. Jt. v. Chr. im Semitischen vorhanden gewesen sein. Gegen eine protosemitische Herkunft spricht, dass kein nativer akkadischer Kognat belegt ist.
Die indoeuropäischen Verhältnisse sind den semitischen nun ganz ähnlich: Dieses Wort für ›Wein‹ ist hauptsächlich im mediterranen Gebiet verbreitet – die germanische und slawische Formen sind wahrscheinlich entlehnt –, im Sanskrit beispielsweise aber nicht belegt. Letzteres macht eine Rekonstruktion bis in das Protoindoeuropäische durchaus fragwürdig.

Um auch noch einmal auf die Literatur zu verweisen, gegen einen indoeuropäischen Ursprung des Wortes spricht sich sich z.B. aus: Bonfante, G. (1974). Das Problem des Weines und die linguistische Paläontologie. In: M. Mayrhofer, W. Meid, B. Schlerath, & R. Schmitt (Hrsg.), Antiquitates Indogermanicae, S. 85–90. Innsbruck: Institut für Sprachwissenschaft der Universität Innsbruck.

Selbst Befürworter eines indoeuropäischen Ursprungs formulieren das in der Regel vorsichtiger und weisen darauf hin, wie kontrovers so eine Deutung ist, so beispielsweise Beekes:
Wether the word for ‘wine’ was also Indo-European in origin has long been a matter for dispute, because the Semitic word (Arab. wain) and the Georgian (ɣwino) both make use of the same root. It seems to me that the Hittite form, wiyana-, points toward PIE *u(e)ih₁-(o)n- (Arm. gini, Gr. oĩnos, Lat. vīnum). (Beekes, R. S. P. (2011). Comparative Indo-European linguistics: An introduction (2. Aufl.). Amsterdam: John Benjamins, S. 36)

Übersetzung: Ob das Wort für ›Wein‹ auch einen indoeuropäischen Ursprung hat, ist seit langem umstritten, da das semitische Wort (arab. wain) und das georgische (ɣwino) beide auf diesselbe Wurzel zurückgehen. Mir scheint, dass die hethitische Form, wiyana-, auf protoindoeuropäisch *u(e)ih₁-(o)n- hindeutet (armenisch gini, griech. oĩnos, lat. vīnum).
Auführlicher begründet hat er das noch in: Beekes, R. S. P. (1987). On Indo-European ‘wine’. Münchener Studien zur Sprachwissenschaft, 48, 21–26.


Was spricht denn dagegen, dieses Wort zu ignorieren? Die Herkunft ist vollkommen ungewiss; beide in der Hauptsache diskutierten Kandidaten für eine indoeuropäische Urheimat, die südrussische Steppe und Anatolien, schließen auch nicht aus, dass den Indoeuropäern der Wein bekannt war.

Erstmal danke, dass du dich an der Diskussion so qualifiziert beteiligst.
Zur sprachwissenschaftlichen Einordnung der Wortes Wein kann ich nichts beitragen, nur zur Pflanze Wein selbst. Deren Wildform halte ich für eine robuste Pflanze, die eigentlich überall im fraglichen Gebiet der IE-Sprachen und darüberhinaus gedeihen könnte. Die Weinbeeren werden schon die Mesolithiker zum Sammeln eingeladen haben und da süße Früchte bei falscher Lagerung zu gären beginnen, ist der Schritt zur Erfindung eines alkoholischen Getränks nicht weit.
Die Diskussion um das Wort für Wein wird mW zusammen mit anderen Begriffen aus dem Ackerbau geführt. Dem liegt die Argumentation zugrunde, dass die IE-Sprecher als Hirtennomaden keinen Ackerbau betrieben, folglich es keine UR-IE-Ackerbau-Worte geben kann. Diese Logik greift mE zu kurz, da wir nichts konkretes über die Wirtschaftsform der Ur-IE-Sprecher wissen.
Ähnlich sehe ich die Debatte um die Pferd- und Wagenworte, obwohl ich solchen Herleitungen eine gewisse Faszination gerade für sprachwissenschaftliche Laien nicht absprechen möchte.



Wer sich übrigens dafür interessiert, wie die sprachliche Landschaft im vorgeschichtlichen Europa denn wohl ausgesehen haben könnte, wie sich indoeuropäische Sprachen in Europa verbreitet haben können und wie nicht, dem lege ich diesen Blogbeitrag des bekannten Indoeuropäisten Donald Ringe nahe. Eine plausiblere Spekulation auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand wird wohl kaum zu haben sein. :)

Solche klaren, überzeugenden Aussagen, wie sich die geographischen Verhältnisse auf die Ausbreitung von Sprachen auswirken, habe ich schon lange gesucht.
Was ich in dem Blog vermisse, ist die Einbeziehung der archäologischen Funde. Außerdem habe ich die Begründung nicht verstanden, warum sich Ur-IE nicht auch über Handel und Austausch verbreitet haben kann. Nicht als klassische Handelszweitsprache im heutigen Sinn aber vielleicht als Sprache einer "Händlertruppe". Ok, ich gebe zu, das ist meine persönliche Lieblingsspekulation.
 
:yes:

Da alle Hypothesen zu einem indoeurop. Urvolk Kaffeesatzleserei sind, so sind im Sinne einer Beweisführung hinsichtlich einer möglichen Ursprache, genauso Kaffeesatzleserei.

Oder wenn die Annahme A (es gibt ein Urvolk) nicht belegbar ist, so ist die Annahme B (es gab eine Ursprache) ebenso nicht belegbar.
Im Prinzip alles erstmal Spekulation.

Da zäumst du aber das Pferd von hinten auf. Niemand schließt ja von Annahme A auf Annahme B, sondern umgekehrt. Annahme B wird durch sprachliche Fakten (Lautgesetze, Deklination, Konjugation) belegt. Die Annahme einer Ursprache ist argumentativ schon sehr schlüssig, für Alternativen (Entlehnung? Zufall? Was spnst?) gibt es überhaupt keine handfesten Argumente.
 
Wer sich übrigens dafür interessiert, wie die sprachliche Landschaft im vorgeschichtlichen Europa denn wohl ausgesehen haben könnte, wie sich indoeuropäische Sprachen in Europa verbreitet haben können und wie nicht, dem lege ich diesen Blogbeitrag des bekannten Indoeuropäisten Donald Ringe nahe. Eine plausiblere Spekulation auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand wird wohl kaum zu haben sein. :)

Besten Dank für diesen Link mit dem interessanten, kompetenten und überdies gut verständlichen Beitrsg von Donald Ringe. Es sollte zu denken geben, was er als Resumée zur Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen und ihrer Träger sagt:

I attribute the spread of IE languages not to any innate superiority of the languages or their speakers, but to the fact that they had more cattle, better horses, and probably better weapons. (It’s the same with the European colonial expansion of the 15th and 16th centuries. Forget the supposed superiority of European ideas; Europeans had better ships and better artillery, and some of the people they encountered didn’t have immunity to Eurasian diseases. No other explanation for European success is necessary.)
 
Besten Dank für diesen Link mit dem interessanten, kompetenten und überdies gut verständlichen Beitrsg von Donald Ringe. Es sollte zu denken geben, was er als Resumée zur Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen und ihrer Träger sagt:
I attribute the spread of IE languages not to any innate superiority of the languages or their speakers, but to the fact that they had more cattle, better horses, and probably better weapons. (It’s the same with the European colonial expansion of the 15th and 16th centuries. Forget the supposed superiority of European ideas; Europeans had better ships and better artillery, and some of the people they encountered didn’t have immunity to Eurasian diseases. No other explanation for European success is necessary.)

Was soll uns diese Aussage zu denken geben? Die Überlegenheit der Kolonialmächte des 15. und 16. Jahrhunderts ist unbestritten, der Rest eben wieder Kaffeesatzleserei.
Die Frage wäre zum Beispiel, in welcher Umgebung "more cattle" oder "better horses" eine Rolle spielen, und "advanced acriculture" eben nicht.
 
I attribute the spread of IE languages not to any innate superiority of the languages or their speakers, but to the fact that they had more cattle, better horses, and probably better weapons. (It’s the same with the European colonial expansion of the 15th and 16th centuries. Forget the supposed superiority of European ideas; Europeans had better ships and better artillery, and some of the people they encountered didn’t have immunity to Eurasian diseases. No other explanation for European success is necessary.)

Als ob das nicht auch schon durchgekaut wäre... Leider werden auch hier Fakten und Vermutungen nicht sauber getrennt: "the fact that they had ... probably better weapons". Die besseren Pferde sind auch kein Fakt, solange es am Nachweis fehlt, dass sie so früh als Reit- und Zugtiere genutzt wurden.
Und was bringt der Vergleich mit der Expansion Europas im 15./16. Jahrhundert an Substanziellem? Nichts. Die Indogermanen, woher immer sie auch gekommen sein mögen, hatten keine überlegenen Waffen, die man entfernt mit der europäischen Artillerie vergleichen könnte. Und dass sie Krankheiten eingeschleppt hätten, die die einheimische Bevölkerung dezimierten, wird wohl niemand behaupten.
 
Als ob das nicht auch schon durchgekaut wäre...

Nun ja - Donald Ringe ist eine weitere kompetente Stimme im Konzert vieler Diskutanten. Warum sollte man die Meinung eines so bekannten Wissenschaftlers ignorieren?

Lies doch mal den ganzen Beitrag und nicht nur die von mit zitierte Stelle.
 
Da zäumst du aber das Pferd von hinten auf. Niemand schließt ja von Annahme A auf Annahme B, sondern umgekehrt. Annahme B wird durch sprachliche Fakten (Lautgesetze, Deklination, Konjugation) belegt. Die Annahme einer Ursprache ist argumentativ schon sehr schlüssig, für Alternativen (Entlehnung? Zufall? Was spnst?) gibt es überhaupt keine handfesten Argumente.

Nun ja eine Sprache ohne Träger, ist erstmal ein Konstrukt. Oder um bei meinen Bsp. zu bleiben, du nimmst an das es eine Idg. Sprache gegeben hast (Annahme A), dann bedingt das das es auch Sprecher gegeben hat (Annahme B), mir ist zumind. keine Sprache bekannt die ohne Sprecher existiert. (Klar es gibt Esperanto = Kunstsprache).
Da ich aber B nicht beweisen kann, zumind. für die Schriftlosen Zeiten, so ist die Annahme A ebenso nicht zu beweisen, zumind. für die Schriftlosen Zeiten.
Also bleibt übrig, dass man feststellt, das eine Verwandtschaft von Sprachen gibt, die sich je nach Ort u. Zeit vrmtl. belegen lässt. Aber es gibt kaum zeitgleiche Überlieferungen die die Überdeckungen von Sprachen die diese Verwandtschaft erkennen lassen.

Streng genommen steckt ein möglicher Fehler bei der ganzen Betrachtung darin, dass man sehr evolutionistisch denkt. Was wäre wenn es eine große Menge unterschiedlicher Sprache gegeben hätte, die sich durch verschiedene Akkulturationsprozesse immer wieder beeinflusst, über schichtet hätten, und wenn dies dann noch in der Zeit stattfand, von der wir keinerlei schriftlichen Quellen haben.
Tzja dann würden wir das Ergebnis sehen, "Verwandtschaften" zwischen Sprachen, aber nicht den Prozess, aber daraus schließen, was bisher daraus geschlossen wurde. Es muss eine Ursprache gegeben haben.

I
 
Nun ja eine Sprache ohne Träger, ist erstmal ein Konstrukt. Oder um bei meinen Bsp. zu bleiben, du nimmst an das es eine Idg. Sprache gegeben hast (Annahme A), dann bedingt das das es auch Sprecher gegeben hat (Annahme B), mir ist zumind. keine Sprache bekannt die ohne Sprecher existiert.
Die Sprecher müssen jedoch kein "Volk" bilden, d. h. es gibt keinen Zwang zur Annahme, dass die Sprecher irgend etwas außer der Sprache gemeinsam haben. Es muss weder eine gemeinsame Wirtschaftsform noch eine einheitliche Gesellschaftsstruktur angenommen werden, auch keine gemeinsame Begräbnissitten.

Was wäre wenn es eine große Menge unterschiedlicher Sprache gegeben hätte, die sich durch verschiedene Akkulturationsprozesse immer wieder beeinflusst, über schichtet hätten, und wenn dies dann noch in der Zeit stattfand, von der wir keinerlei schriftlichen Quellen haben.
Tzja dann würden wir das Ergebnis sehen, "Verwandtschaften" zwischen Sprachen
Wenn die Verwandtschaft nur aus Wörtern oder aus äußerlichen strukturellen Ähnlichkeiten bestehen würde, hätte sicher schon lange ein Vertreter der Sprachwissenschaft den Finger in die Wunde gelegt. Es gibt ja einige "Sprachfamilien", deren Gültigkeit mit guten Gründen bestritten wurde und wird. Die indoeuropäischen Sprachen haben jedoch ein ziemlich kompliziertes grammatisches Regelsystem "ererbt". Wie soll das aus disparaten Ursprüngen zusammengetragen und vor allem dann gleichmäßig über das ganze Sprachbundgebiet verteilt worden sein? So dass nicht nur die Form für die 1. Person Singular z. B. von den Proto-Italikern bis zu den Proto-Indoariern weitergereicht wurde, sondern in umgekehrter Richtung auch dann auch die Form für die 3. Person Singular von den Proto-Indoariern bis zu den Proto-Italikern? Versuch doch da mal bitte eine plausible Erklärung, die ohne einen "Knotenpunkt" auskommt, in dem die einzelnen Stränge unterschiedlicher Sprachen wenigstens zeitweise zusammengelaufen sind.
 
Die Sprecher müssen jedoch kein "Volk" bilden, d. h. es gibt keinen Zwang zur Annahme, dass die Sprecher irgend etwas außer der Sprache gemeinsam haben. Es muss weder eine gemeinsame Wirtschaftsform noch eine einheitliche Gesellschaftsstruktur angenommen werden, auch keine gemeinsame Begräbnissitten.

Ich habe auch nicht von Volk oder ähnlichem gesprochen.
Nun ja eine Sprache ohne Träger, ist erstmal ein Konstrukt.
 
Wenn die Verwandtschaft nur aus Wörtern oder aus äußerlichen strukturellen Ähnlichkeiten bestehen würde, hätte sicher schon lange ein Vertreter der Sprachwissenschaft den Finger in die Wunde gelegt. Es gibt ja einige "Sprachfamilien", deren Gültigkeit mit guten Gründen bestritten wurde und wird. Die indoeuropäischen Sprachen haben jedoch ein ziemlich kompliziertes grammatisches Regelsystem "ererbt". Wie soll das aus disparaten Ursprüngen zusammengetragen und vor allem dann gleichmäßig über das ganze Sprachbundgebiet verteilt worden sein? So dass nicht nur die Form für die 1. Person Singular z. B. von den Proto-Italikern bis zu den Proto-Indoariern weitergereicht wurde, sondern in umgekehrter Richtung auch dann auch die Form für die 3. Person Singular von den Proto-Indoariern bis zu den Proto-Italikern? Versuch doch da mal bitte eine plausible Erklärung, die ohne einen "Knotenpunkt" auskommt, in dem die einzelnen Stränge unterschiedlicher Sprachen wenigstens zeitweise zusammengelaufen sind.

Wir haben also im 2. Jt. mehrere belegte IE-Sprachen, die sich zwar noch ähnlicher waren als die heutigen Sprachen, die sich jedoch bereits auseinanderentwickelt hatten.
Das ist ungefähr 4000 Jahre her. Kann die Sprachwissenschaft anhand der Menge der Unterschiede sagen, wieviel Jahre die Entwicklung bis zum Zustand der Sprachen bis ins 2. Jt. gedauert haben könnte. So ähnlich wie die Genetik vorgeht, wenn sie anhand der Anzahl der DNA-Mutationen, den Zeitpunkt des letzten gemeinsamen Vorfahren bestimmt. Das ist natürlich absolut evolutionistisch gedacht.

Die Sprecher müssen jedoch kein "Volk" bilden, d. h. es gibt keinen Zwang zur Annahme, dass die Sprecher irgend etwas außer der Sprache gemeinsam haben. Es muss weder eine gemeinsame Wirtschaftsform noch eine einheitliche Gesellschaftsstruktur angenommen werden, auch keine gemeinsame Begräbnissitten.

Wie meinst du das?

Irgendetwas müssen die Sprecher gemeinsam gehabt haben, sonst hätten sie nicht miteinander gesprochen.
Vielleicht muß man die Ursprache von ihrer Verbreitung trennen.
In dem von Ilan verlinkten Blog werden einige geographische Aussagen zur Ausbreitung von Sprachen getroffen. Gebirge beherbergen mehr Sprachfamilien wegen der Isolation, Küsten wegen des größeren Reichtums bes. bei trockenem Hinterland. Wirtschaftlich erfolgreiche Gebiete haben weniger Sprachen usw.
Das beschreibt recht zutreffend die Sprachenvielfalt nördlich des fruchtbaren Halbmonds und in der Levante. Solche Verhältnisse könnte es auch anderswo gegeben haben.
Könnte das ursprüngliche IE theoretisch von einer relativ kleinen Gruppe gesprochen worden sein, die eng zusammenlebte. Könnte die komplexe Struktur darauf hinweisen?
Hat sich die Komplexität mit der Ausbreitung zurückgebildet?
 
Ich habe auch nicht von Volk oder ähnlichem gesprochen.

Einen Beitrag vorher hast du noch von einem "Urvolk" gesprochen".

Oder wenn die Annahme A (es gibt ein Urvolk) nicht belegbar ist, so ist die Annahme B (es gab eine Ursprache) ebenso nicht belegbar.

Die Annahme A kann man als Spekulation kritisieren. Die Annahme B steht auf solideren Füßen. Denn die Gemeinsamkeiten in Konjugation und Deklination zwischen Sanskrit, Altgriechisch, Latein etc. sind ja Fakt. Die müssen ja durch irgend eine Art von Kontakt zwischen Sprachträgern zustandegekommen sein.

Ich liege doch wohl richtig, dass auch dein Ansatz einer "großen Menge unterschiedlicher Sprachen" nicht ohne die Annahme auskommt, dass es da mehr oder weniger intensive Kontakte zwischen Sprachträgern gegeben hat. Hast du da konkretere Vorstellungen?
 
Wir haben also im 2. Jt. mehrere belegte IE-Sprachen, die sich zwar noch ähnlicher waren als die heutigen Sprachen, die sich jedoch bereits auseinanderentwickelt hatten.
Das ist ungefähr 4000 Jahre her. Kann die Sprachwissenschaft anhand der Menge der Unterschiede sagen, wieviel Jahre die Entwicklung bis zum Zustand der Sprachen bis ins 2. Jt. gedauert haben könnte. So ähnlich wie die Genetik vorgeht, wenn sie anhand der Anzahl der DNA-Mutationen, den Zeitpunkt des letzten gemeinsamen Vorfahren bestimmt. Das ist natürlich absolut evolutionistisch gedacht.
Es gibt keine Faustregel, in welcher Geschwindigkeit sich Sprachen verändern. Daher gehen die Zahlen sehr schnell auseinander, wenn man in prähistorische Zeiten vorzustoßen versucht.


Irgendetwas müssen die Sprecher gemeinsam gehabt haben, sonst hätten sie nicht miteinander gesprochen.
Ja, sie müssen Kontakt miteinander gehabt haben.
 
Wir haben also im 2. Jt. mehrere belegte IE-Sprachen, die sich zwar noch ähnlicher waren als die heutigen Sprachen, die sich jedoch bereits auseinanderentwickelt hatten.
Das ist ungefähr 4000 Jahre her. Kann die Sprachwissenschaft anhand der Menge der Unterschiede sagen, wieviel Jahre die Entwicklung bis zum Zustand der Sprachen bis ins 2. Jt. gedauert haben könnte. So ähnlich wie die Genetik vorgeht, wenn sie anhand der Anzahl der DNA-Mutationen, den Zeitpunkt des letzten gemeinsamen Vorfahren bestimmt. Das ist natürlich absolut evolutionistisch gedacht.

Es gibt keine Faustregel, in welcher Geschwindigkeit sich Sprachen verändern. Daher gehen die Zahlen sehr schnell auseinander, wenn man in prähistorische Zeiten vorzustoßen versucht.

Die Glottochronologie ? Wikipedia versucht es schon, allerdings scheinen die Ergebnisse nicht zu überzeugen.
Wie kommt man aber dann zu der Aussage, dass die Urform lange vor dem 2. Jt. gesprochen worden sein muß?
 
Zitat: DerGeist
Ich habe auch nicht von Volk oder ähnlichem gesprochen.

Einen Beitrag vorher hast du noch von einem "Urvolk" gesprochen".

Streng genommen habe ich mich bei dem von dir angesprochenen Post auf den zitierten Post von Dieter bezogen und auch seine Terminologie benutzt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Schön mal wieder von dir zu hören! :winke:

Nun ja eine Sprache ohne Träger, ist erstmal ein Konstrukt. Oder um bei meinen Bsp. zu bleiben, du nimmst an das es eine Idg. Sprache gegeben hast (Annahme A), dann bedingt das das es auch Sprecher gegeben hat (Annahme B), mir ist zumind. keine Sprache bekannt die ohne Sprecher existiert. (Klar es gibt Esperanto = Kunstsprache).
Da ich aber B nicht beweisen kann, zumind. für die Schriftlosen Zeiten, so ist die Annahme A ebenso nicht zu beweisen, zumind. für die Schriftlosen Zeiten ... Streng genommen steckt ein möglicher Fehler bei der ganzen Betrachtung darin, dass man sehr evolutionistisch denkt. Was wäre wenn es eine große Menge unterschiedlicher Sprache gegeben hätte, die sich durch verschiedene Akkulturationsprozesse immer wieder beeinflusst, über schichtet hätten, und wenn dies dann noch in der Zeit stattfand, von der wir keinerlei schriftlichen Quellen haben.

Es gab (oder gibt?) ja durchaus Sprachwissenschaftler, die bezweifeln, dass es eine indoeuropäische Ursprache jemals gab. Der Linguist und Ethnologe N.S. Trubetzkoy sagte dazu vor vielen Jahrzehnten (was nicht gegen die Argumentation spricht).

Es wird vermutet, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, wo nur eine einzige indogermanische Sprache, die sogenannte indogermanische Ursprache, bestand, von der alle historisch überlieferten indogermanischen Sprachen stammen sollen. Diese Vermutung steht in Widerspruch mit der Tatsache, dass wir, soweit wir in der Geschichte zurückblicken können, immer eine Vielheit von indogermanisch redenden Völkern vorfinden. Ganz unmöglich ist die die Vermutung einer indogermanischen Ursprache nicht. Sie ist aber auch gar nicht notwendig, denn man kann sehr gut auch ohne sie auskommen ...

Um die Gesetzmäßigkeit der Lautentsprechungen zu erklären, braucht man aber die Vermutung der gemeinsamen Abstammung nicht, da eine solche Gesetzmäßigkeit auch beim Lehnverkehr zwischen benachbarten unverwandten Sprachen entsteht (die sogenannten "Fremdlautgesetze"). Und Übereinstimmung in rudimentären Elementen des Wortschatzes und der Formlehre ist auch kein Beweis für gemeinsame Abstammung, da alle Elemente der menschlichen Sprache entlehnbar sind, und da besonders auf niedrigen Entwicklungsstufen ganz rudimentäre Wörter und Morpheme von Sprache zu Sprache wandern ...

(N.S. Trubetzkoy, Gedanken über das Indogermanenproblem, Acta linguistica 1, 1939, in: Anton Scherer (Hrsg.), Die Urheimat der Indogermanen, Darmstadt 1968)
Diese Ansicht würde in etwa der Hypothese von Alexander Häusler entsprechen, der ebenfalls der Meinung ist, dass die indoeuropäischen Sprachen durch Entlehnung, Synthese und kulturell-sprachliche Angleichung entstanden sind. Ich könnte mich ja mit dieser Hypothese anfreunden, aber wer erklärt mir eine Verbreitung von Europa bis Westchina allein durch Anpassungs- und Entlehnungsvorgänge?

Das bringt mich zu einem Gedankenspiel. Vorausgesetzt, die Ausbreitung Roms wäre unbekannt und Linguisten wollten anhand der romanischen Sprachen eine romanische Grund- bzw. Ursprache ermitteln, zu welchem Ergebnis kämen sie wohl? Vermutlich nicht zur lateinischen Sprache, wie sie einst von den Römern wirklich gesprochen wurde.
 
Ich könnte mich ja mit dieser Hypothese anfreunden, aber wer erklärt mir eine Verbreitung von Europa bis Westchina allein durch Anpassungs- und Entlehnungsvorgänge?

Vor allem sollte man sich wohl mit dem Gedanken anfreunden, dass die Geschichte nicht überall von Europa bis Westchina nach dem gleichen Muster abgelaufen ist.
Die EINE Antwort auf die Frage nach der Ausbreitung des Indoeuropäischen wird sich vermutlich niemals finden lassen, da dieser Prozess zu den unterschiedlichsten Zeiten, an den unterschiedlichsten Orten, zwischen unterschiedlichsten Gruppen ablief und es absurd erscheint, dies mit einer einzigen Hypothese erklären zu wollen.
 
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