Indogermanische Sprachen und die Vielfalt ihrer Völker

Da ich kein Sprachwissenschaftler bin, kann ich mich nur auf das stützen, was diese publiziert haben. Und dass es vielfach in der Geschichte der Sprachen Substrate gibt, ist sicher unbestreitbar.

Einigen wir uns doch darauf, dass es verschiedene Sprachen und Sprachfamilien gab, wovon indoeuropäisch nur eine ist. Allerdings eine, die heute in Europa und Asien in einem sehr breiten Korridor gesprochen wird.
Und ich würde immer noch gern alternative Erklärungen dafür diskutieren.

Die von dir mit äußerster Entschiedenheit über viele Jahre hier im GF vertretene Kurganhypothese überzeugt mich nicht mehr, da sie eigentlich keine plausible Erklärung liefert.
Dein Szenario wäre ja folgendes: Indogermanen wandern irgendwo her ein und nach einer nicht feststellbar langen Zeit, in der sie irgendwelche Worte aus den Vorsprachen übernehmen, erschlagen sie alle Einwohner oder betreiben Gehirnwäsche der besonderen Art, so dass diese fortan ihre Muttersprache nicht mehr sprechen und ab diesem Zeitpunkt sprechen alle von Irland bis Indien eine IE-Sprache.
 
Ich verstehe die Argumentation nicht ganz.

Kein Wunder, wenn man die vorhergehende Diskussion völlig ignoriert.

Es ging darum, dass Substrat ein Begriff ist, der durch Machtverhältnisse geprägt ist. Diese kennen wir aber überhaupt nicht. Das einzige, was wir wissen ist, dass sich die indogermanische Sprache im Wesentlichen durchgesetzt hat. Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sind uns unbekannt und könne auch aus der Sprache nicht abgeleitet werden.
 
Einigen wir uns doch darauf, dass es verschiedene Sprachen und Sprachfamilien gab, wovon indoeuropäisch nur eine ist. Allerdings eine, die heute in Europa und Asien in einem sehr breiten Korridor gesprochen wird.

Wie sich eine Sprache mitsamt ihren Sprechern von einem Zentrum ausbreitet und im Verlauf einiger Jahrhunderte zu einer Sprachfamilie anwächst, lässt sich recht gut anhand des Türkischen verfolgen.

Ausgehend von einer zentralasiatischen Heimat, die irgendwo zwischen dem Altai und der Mongolei lag, breiteten sich die Proto-Türken aus und differenzierten sich in verschiedene Turkvölker mit verwandten aber durchaus unterschiedlichen Turksprachen. Wo zuvor iranische Völker wie Alanen, Soghdier, Sarmaten und andere siedelten, breiteten sich nunmehr Usbeken, Turkmenen, Kasachen und andere Turkvölker aus. Die iranischen Steppenvölker wurden somit von Turkpopulationen aufgesogen oder überschichtet. Noch nach dem 12. Jh. widerfuhr das der griechisch sprechenden kleinasiatischen Bevölkerung, die im Verlauf einiger Jahrhunderte einen Sprachwechsel zum Türkischen vollzog, nachdem oghusische Turkstämme eingewandeert waren.

Ein ähnliches Szenario könnte man sich auch im Hinblick auf die Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen vorstellen. Ich halte es für wenig glaubhaft, dass das immer friedlich vorgegangen ist.

Die von dir mit äußerster Entschiedenheit über viele Jahre hier im GF vertretene Kurganhypothese überzeugt mich nicht mehr, da sie eigentlich keine plausible Erklärung liefert.

Hefte mir doch bitte nicht immer Marija Gimbutas an, deren Hypothesen inzwischen durch Taylor, Haarmann u.a. längst modifiziert wurden. Im übrigen sage ich zum hundertsten mal:

Alle Hypothesen hinsichtlich eines indoeuropäischen Urvolks sind Kaffeesatzleserei, da keine der bislang vorgelegten eindeutig nachweisbar oder belegbar sind.


Dennoch bleibt die Frage, wie sich die indoeuropäischen Sprachen bis Indien und Westchina ausbreiten konnten. Friedlich durch Sprachtransfer, Angleichung und kulturelle Übertragung? Gewaltsam durch Eroberung wie z.B. in NW-Indien? Was gibt es denn sonst noch für Alternativen?

Dein Szenario wäre ja folgendes: Indogermanen wandern irgendwo her ein und nach einer nicht feststellbar langen Zeit, in der sie irgendwelche Worte aus den Vorsprachen übernehmen, erschlagen sie alle Einwohner oder betreiben Gehirnwäsche der besonderen Art, so dass diese fortan ihre Muttersprache nicht mehr sprechen und ab diesem Zeitpunkt sprechen alle von Irland bis Indien eine IE-Sprache.

Ein Beispiel, wie das ablaufen könnte, bietet die Einwanderung der Indo-Arier nach NW-Indien, die im 2. Jahrtausend v. Chr. erfolgte. Die einheimische, vermutlich drawidische Bevölkerung wurde überschichtet, aber sicher nicht totgeschlagen, da sie - möglicherweise - den neuen Herren Abgaben oder Dienste zu entrichten hatte. Wie dem auch sei: In Nordindien setzte sich schließlich eine indoeuropäische Sprache durch, die Eroberer verschmolzen mit der altansässigen Bevölkerung. während Südindien drawidischer Sprachbereich blieb.
 
Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sind uns unbekannt und könne auch aus der Sprache nicht abgeleitet werden.

Dass sich das durchaus auch aus der Sprache ableiten lässt, zeigen Eriegnisse aus historischer Zeit. So eroberten die Angelsachsen das keltische Britannien, was ein keltisches Substrat im Englischen zur Folge hat. Die Römer eroberten das keltische Gallien, somit gibt es im Französischen bis heute ein gallo-keltisches Substrat. Im romanischen Spanisch finden wir ein ibero-keltisches Substrat usw. usw.

Überall gab es also bestimmte - meist gewaltsame - historische Ereignisse, die zum jeweiligen Substrat führten.
 
Dass sich das durchaus auch aus der Sprache ableiten lässt, zeigen Eriegnisse aus historischer Zeit. So eroberten die Angelsachsen das keltische Britannien, was ein keltisches Substrat im Englischen zur Folge hat. Die Römer eroberten das keltische Gallien, somit gibt es im Französischen bis heute ein gallo-keltisches Substrat. Im romanischen Spanisch finden wir ein ibero-keltisches Substrat usw. usw.

Überall gab es also bestimmte - meist gewaltsame - historische Ereignisse, die zum jeweiligen Substrat führten.

Abgesehen von der x-ten Wiederholung der gleichen Aussage zeigt dieser Absatz, dass du die Frage immer noch nicht verstanden hast.

Richtig, in diesem Fall kennen wir die Abläufe. In anderen Fällen kennen wir sie nicht.
 
Wie sich eine Sprache mitsamt ihren Sprechern von einem Zentrum ausbreitet und im Verlauf einiger Jahrhunderte zu einer Sprachfamilie anwächst, lässt sich recht gut anhand des Türkischen verfolgen.

Ausgehend von einer zentralasiatischen Heimat, die irgendwo zwischen dem Altai und der Mongolei lag, breiteten sich die Proto-Türken aus und differenzierten sich in verschiedene Turkvölker mit verwandten aber durchaus unterschiedlichen Turksprachen.

Irgendwo in der dünn besiedelten Steppe sprach eine Hirtennomadengruppe eine Turksprache. Es gab und gibt in jenem dünn besiedelten, großräumigen Gebiet auch andere Sprachfamilien. Zu einem Zeitpunkt, an dem viele Umstände zusammentrafen, errang eine kriegerisch erfolgreiche große Teilgruppe den Sieg über eine Staatskultur und übernahm ihre Institutionen, worauf sie die nähere Umgebung ebenfalls für eine längere Zeit beherrschen konnte. Ihre türkische Sprache konnten sie den arabisch und iranisch sprechenden Untertanen aber nicht aufzwingen. Selbst Griechisch als Minderheitensprache hat sich bis ins 20. Jdt. gehalten, von den vielen Sprachen am ostanatolischen Rand ganz zu schweigen. Erst Atatürk gelang mit den Mitteln des 20 Jhdt türkisch als allgemeine Sprache zu etablieren.
 
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Selbst Griechisch als Minderheitensprache hat sich bis ins 20. Jdt. gehalten, von den vielen Sprache am ostanatolischen Rand ganz zu schweigen. Erst Atatürk gelang mit den Mitteln des 20 Jhdt türkisch als allgemeine Sprache zu etablieren.

In Kleinasien setzte sich weitgehend die türkische Sprache der eingewanderten Oghusen durch und wo sie das tat, überlagerte sie die Sprache der griechischen alteingesessenen Bevölkerung. Griechisch blieb ein Küstensaum an der Ägäis und auch die Armenier im Osten Kleinasiens widerstanden einer Überformung durch die türkische Sprache.

Wesentlich ist aber, dass es selbstverständlich Sprachen und Völker gab, die andere überlagerten. Beispiele habe ich mehrfach genannt und wie so etwas abgehen konnte, zeigt sich bei der Ausbreitung der indo-iranischen Sprachen oder auch beim Hethitischen und Luwischen. Auch die von den Angelsachsen überlagerten britischen Kelten sind ein gutes Beispiel, das ich mehrfach genannt habe. Es lässt sich doch nicht in Abrede stellen, dass manche Völker von anderen erobert wurden, was sich u.a. auch durch Substrate und Superstrate zeigt, und wir sollten jetzt nicht in kleinster Münze nachzählen.

Du redest mehrfach von "Alternativen", aber welche das sein sollen, habe ich nicht gehört. Weiter oben sagte ich: "Dennoch bleibt die Frage, wie sich die indoeuropäischen Sprachen bis Indien und Westchina ausbreiten konnten. Friedlich durch Sprachtransfer, Angleichung und kulturelle Übertragung? Gewaltsam durch Eroberung wie z.B. in NW-Indien? Was gibt es denn sonst noch für Alternativen?"

Welche konkreten Alternativen gibt es also?
 
Da ich kein Sprachwissenschaftler bin, kann ich mich nur auf das stützen, was diese publiziert haben.

An dieser Stelle möchte ich erneut die Empfehlung aussprechen, auch das zu lesen, was Sprachwissenschaftler publiziert haben. Zum Beispiel in dem von dir empfohlenden Band "Die Urheimat der Indogermanen" (Hrsg. Anton Scherer, Darmstadt 1968) die Beiträge von Weriand Merlingen und Heinz Kronasser. Beide befassen sich mit dem Befund zum indoeuropäischen Weinwort und kommen zum selben Ergebnis: Das griechische Wort für den Wein ist nach linguistischen Kriterien indogermanisch, und es gibt aus linguistischer Sicht keine Möglichkeit, das abzustreiten.

Es gibt allerdings die Möglichkeit, die indogermanische Wein-Gleichung zu ignorieren. Das war und ist leider auch heute noch bei Autoren der Fall, die bestimmte Urheimattheorien favorisieren. Da kommt es dann zum Zirkelschluss: Weil ich eine bestimmte Urheimat präferiere und dort kein Wein wächst, darf das Weinwort nicht indogermanisch sein. Und wo wir das Weinwort doch haben, muss es dann ein Substratwort sein. Woraus dann wieder zu schließen ist, dass die Indogermanen dort zugewandert sein müssen, natürlich aus der von mir präferierten Urheimat.
 
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Es geht hier um Hypothesen zur Ausbreitung indoeuropäischer Sprachen. Hast du dazu etwas zu sagen?

Warum so gereizt? Du hast hier den Weinanbau ins Spiel gebracht, und ich habe dazu geschrieben, wo man Substanzielles aus sprachlicher Sicht dazu nachlesen kann.

Was ich an dieser Stelle zu Hypothesen zur Ausbreitung indoeuropäischer Sprachen zu sagen habe, geht aus meinem Beitrag hervor. Nur die unmittelbare Schlussfolgerung dazu habe ich dem Leser überlassen. Ich bin aber gerne bereit, sie dir auch noch zu verraten:

Hypothesen zur Ausbreitung indoeuropäischer Sprachen, die sprachliche Fakten ignorieren und sich stattdessen auf Zirkelschlüsse gründen, würde ich im runden Ordner abheften.
 
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In Kleinasien setzte sich weitgehend die türkische Sprache der eingewanderten Oghusen durch und wo sie das tat, überlagerte sie die Sprache der griechischen alteingesessenen Bevölkerung. Griechisch blieb ein Küstensaum an der Ägäis und auch die Armenier im Osten Kleinasiens widerstanden einer Überformung durch die türkische Sprache.

Und der Rest ist relativ dünn besiedelt oder wir wissen nicht genau, welche Sprache der Bauer sprach, weil er nicht schreiben konnte.


Wesentlich ist aber, dass es selbstverständlich Sprachen und Völker gab, die andere überlagerten. Beispiele habe ich mehrfach genannt und wie so etwas abgehen konnte, zeigt sich bei der Ausbreitung der indo-iranischen Sprachen oder auch beim Hethitischen und Luwischen.
Beim hethitischen und luwischen wissen wir es eben nicht, weil sie zu den frühen anatolischen Schriftsprachen gehören. Von der Existenz der einzigen, kaum bekannten nicht IE-Sprache hattisch abzuleiten, dass im stark gegliederten Anatolien vorher nur eine einzige Sprache nämlich hattisch gesprochen wurde, ist doch mehr als gewagt. Guck doch nur mal ein Stückchen weiter nach Süden in die dichter besiedelten Länder der Levante und nach Syrien, Mesopotamien, wie viele verschiedene Sprachen dort nebeneinander gesprochen wurden.
.... und wir sollten jetzt nicht in kleinster Münze nachzählen.

Da bin ich die Letzte, die das tut.

Du redest mehrfach von "Alternativen", aber welche das sein sollen, habe ich nicht gehört. Weiter oben sagte ich: "Dennoch bleibt die Frage, wie sich die indoeuropäischen Sprachen bis Indien und Westchina ausbreiten konnten. Friedlich durch Sprachtransfer, Angleichung und kulturelle Übertragung? Gewaltsam durch Eroberung wie z.B. in NW-Indien?

Nordindien würde ich gern zurückstellen, da es auch zeitlich vermutlich zuletzt stattfand.

Was gibt es denn sonst noch für Alternativen?"

Welche konkreten Alternativen gibt es also?

Zwischen den vielen Posts sind die vorsichtigen Einwürfe zu den Alternativen leider untergegangen, es gab jedoch schon einige Ideen.
El Q und Hansforscht haben biologische Gründe erwogen, die ein einseitiges Aussterben oder besser relativ niedrigere Fortpflanzungsraten erklären würden, dadurch hätte sich automatisch nach einer längeren Diglossiephase die IE-Sprache durchgesetzt.
Dekumatland hat ein Schutzbedürfnis in unruhigen Zeiten erwähnt und Heine ein Zusammenbrechen von bäuerlichen Kulturen und eine Übernahme einer mobileren Wirtschaftsweise aus ökologischen Gründen. Bei den letzten beiden Alternativen ist das Szenario durchaus nicht friedlich. Denn wenn sich einige Bauern unter den Schutz einer Kriegertruppe stellen, heißt das ja, dass vorher viele umkamen, weil sie diesen Schutz noch nicht genossen.
 
Zwischen den vielen Posts sind die vorsichtigen Einwürfe zu den Alternativen leider untergegangen, es gab jedoch schon einige Ideen.
El Q und Hansforscht haben biologische Gründe erwogen, die ein einseitiges Aussterben oder besser relativ niedrigere Fortpflanzungsraten erklären würden, dadurch hätte sich automatisch nach einer längeren Diglossiephase die IE-Sprache durchgesetzt.
Dekumatland hat ein Schutzbedürfnis in unruhigen Zeiten erwähnt und Heine ein Zusammenbrechen von bäuerlichen Kulturen und eine Übernahme einer mobileren Wirtschaftsweise aus ökologischen Gründen. Bei den letzten beiden Alternativen ist das Szenario durchaus nicht friedlich. Denn wenn sich einige Bauern unter den Schutz einer Kriegertruppe stellen, heißt das ja, dass vorher viele umkamen, weil sie diesen Schutz noch nicht genossen.

Na endlich - da haben wir doch immerhin einige überlegenswerte Theorien, die die Ausbreitung der ie Sprachen zu erklären versuchen. :yes:

Mit den "biologischen Gründen" kann ich mich nicht sehr anfreunden, doch haben die beiden letztgenannten Hypothesen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich.
 
Zwischen den vielen Posts sind die vorsichtigen Einwürfe zu den Alternativen leider untergegangen, es gab jedoch schon einige Ideen.
El Q und Hansforscht haben biologische Gründe erwogen, die ein einseitiges Aussterben oder besser relativ niedrigere Fortpflanzungsraten erklären würden, dadurch hätte sich automatisch nach einer längeren Diglossiephase die IE-Sprache durchgesetzt.
Dekumatland hat ein Schutzbedürfnis in unruhigen Zeiten erwähnt und Heine ein Zusammenbrechen von bäuerlichen Kulturen und eine Übernahme einer mobileren Wirtschaftsweise aus ökologischen Gründen. Bei den letzten beiden Alternativen ist das Szenario durchaus nicht friedlich. Denn wenn sich einige Bauern unter den Schutz einer Kriegertruppe stellen, heißt das ja, dass vorher viele umkamen, weil sie diesen Schutz noch nicht genossen.

Hab ich doch schon, so irgendwann um den 100. Beitrag herum. Soweit ich mich erinnere, hast du sogar darauf geantwortet. Sollen wir das noch ein paarmal wiederholen?

Na endlich - da haben wir doch immerhin einige überlegenswerte Theorien, die die Ausbreitung der ie Sprachen zu erklären versuchen. :yes:

Mit den "biologischen Gründen" kann ich mich nicht sehr anfreunden, doch haben die beiden letztgenannten Hypothesen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich.

Das Thema ist in kurzer Zeit auf über 200 Beiträge angewachsen und gefühlte 95 % der Beiträge befassen sich mit der Kurganhypothese, auch wenn sie nicht immer beim Namen genannt wird.

Die einzelnen Alternativbeiträge sind in diesem Wust kaum noch aufzufinden, ich kann mich z.B. an deinen Beitrag um 100 auch nicht mehr erinnern, beaker. Meinst du die Europatheorie mit den Gewässernamen?

Die Überlegungen der anderen User habe ich in meinem obigen Beitrag verkürzt dargestellt und bestimmt einige interessante Ideen vergessen.
Was haltet ihr davon, einen neuen echten Alternativenthread zu eröffnen?

Jetzt wo wir uns endlich einig sind, dass es durchaus diskussionswürdige Alternativen geben könnte.:grübel:
 
El Q und Hansforscht haben biologische Gründe erwogen, die ein einseitiges Aussterben oder besser relativ niedrigere Fortpflanzungsraten erklären würden, dadurch hätte sich automatisch nach einer längeren Diglossiephase die IE-Sprache durchgesetzt.

Ich musste jetzt erst mal überlegen, worauf du dich beziehst, wenn du mir eine biologische Begründung attestierst, es ist mir glaube ich klar geworden, du beziehst dich auf mein Beispiel von Garifuna und Semiolen. Das einseitige Aussterben möchte ich aber nicht grundsätzlich postulieren, es handelt sich bei den Beispielen der Garifuna und der Semiolen sicher um krasse Sonderfälle, die durch die lange Isolation der Amerikaner vom eurasischen Kontinent und Afrika einerseits und die technische Überlegenheit der Europäer in der FNZ andererseits in einem Maße befördert wurden, wie das sicher nicht häufig in der Weltgeschichte stattgefunden hat.
Wobei, für die Indoeuropäer könnte ich mir durchaus ähnliche Szenarien vorstellen, etwa wenn eine vakunisierte indoeuropäische Bevölkerung auf eine mesolithische Vorbevölkerung traf. Diese hätte mit dem Eintreffen der Indoeuropäer nämlich genau dasselbe Problem gehabt, wie die Amerikaner infolge des Zusammentreffens mit den Europäern in der Folge von 1492.
Aber das ist nur eine Hypothese, mein Interesse, sie zu belegen oder auch zu widerlegen ist gerade nicht besonders ausgeprägt.


Desweiteren frage ich mich, ob die Sprachwissenschaft nicht etwas anderes meint, wenn sie von Überschichten spricht.
Dein Beispiel, den deutschen Kindergarten als Adstrat in französisch und anderen Sprachen zu bezeichnen, leuchtet mir ein. Für mich als Laien ist es einfach das Lehnwort aus der Sprache des Erfinders.

Der Lehnwortschatz ist ja nur ein Teil dessen, was wir als Super-, Ad- oder Substrat fassen und nicht jedes Lehnwort gehört zwingend einen Super-, Ad- oder Substrat an. Im Deutschen würde ich z.B. nicht von einem karibischen Ad- oder Substrat sprechen wollen, weil wir eine Reihe karibischer Lehnworte kennen: BBQ, Orkan/Hurrican, Mais, Hängematte, Kanu, Batate...
Zum Sub-, Ad- oder Superstrat können eben auch grammatische Phänomene gehören, die nur eben i.d.R. sehr viel schwieriger zu bemerken sind, als der Lehnwortschatz, der teilweise ja offensichtlich ist (es gibt aber auch einen verdeckten Lehnwortschatz, wie z.B. Sinn machen statt Sinn ergeben, Rechner statt Computer, Netz statt Internet, jardin infantil statt Kindergarten...). Z.B. gibt es die Hypothese, dass das anlautende [a-] vor vielen spanischen Verben ein Adstrat aus dem Arabischen sei:
apuntar
anochecer
amontonar
amanecer
Im Arabischen gibt es das nämlich, dass im 4. Stamm im Perfekt (welcher in seiner 3. Person Singular maskulin auch immer dem Infinitiv entspricht) vor den eigentlichen Infinitiv ein "Alif Hamza" gesetzt wird (sprich ein [a]). Die Hypothese nimmt nun an, dass in einer arabisch-iberoromanischen Diglossie lebende Sprecher dieses vom 4. Stamm des arabischen Verbs übernommen und auf das Spanischen angewendet haben, was sich erhalten hätte. Andere meinen, es handele sich bei dem anlautenden [a] vielmehr um ein grammatikalisch überflüssiges und phonetisch abgeschliffenes lateinisches ad. Dritte halten es für einen Hybrid aus beidem. Auch das wäre also ein Adstrat, ohne, dass wir hier ein Lehnwort hätten.
 
Das Thema ist in kurzer Zeit auf über 200 Beiträge angewachsen und gefühlte 95 % der Beiträge befassen sich mit der Kurganhypothese, auch wenn sie nicht immer beim Namen genannt wird.

Die einzelnen Alternativbeiträge sind in diesem Wust kaum noch aufzufinden, ich kann mich z.B. an deinen Beitrag um 100 auch nicht mehr erinnern, beaker. Meinst du die Europatheorie mit den Gewässernamen?

Die Überlegungen der anderen User habe ich in meinem obigen Beitrag verkürzt dargestellt und bestimmt einige interessante Ideen vergessen.
Was haltet ihr davon, einen neuen echten Alternativenthread zu eröffnen?

Jetzt wo wir uns endlich einig sind, dass es durchaus diskussionswürdige Alternativen geben könnte.:grübel:

Alle Alternativen basieren immer wieder auf drei möglichen Grundannahmen:

1. Allmähliches, friedliches Einsickern kleinerer indoeuropäischer Gruppen.

2. Synthese verschiedener Sprachen durch gegenseitige Angleichung und Entlehnung.

3. Unterwerfung autochthoner Stämme durch indoeuropäische Gruppen.

Eine Diskussion, bei der man bewusst eine der Grundannahmen auslässt, halte ich nicht für zielführend.
 
Es würde für den Anfang schon helfen wenn Fakten als Fakten und Hypothesen als Hypothesen klar markiert wären und wenn man Argumente anstatt Autoritäten (Gimbjutas, Häusler, Haarmann et mult. al.) anführen würde. Dann ließe sich nämlich erkennen, dass die Autoritäten auch nur mit Wasser kochen und Spreu (Hypothesen) würde sich leichter vom Weizen (Fakten) trennen lassen. Es ist nämlich völlig unerheblich, was die größte Koryphäe im Fach behauptet, wenn die Argumentation nicht stimmig ist.


Edit: Welch schönschaurige Alliteration: "Argumente anstatt Autoritäten anführen"
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich musste jetzt erst mal überlegen, worauf du dich beziehst, wenn du mir eine biologische Begründung attestierst, es ist mir glaube ich klar geworden, du beziehst dich auf mein Beispiel von Garifuna und Semiolen. Das einseitige Aussterben möchte ich aber nicht grundsätzlich postulieren, es handelt sich bei den Beispielen der Garifuna und der Semiolen sicher um krasse Sonderfälle, die durch die lange Isolation der Amerikaner vom eurasischen Kontinent und Afrika einerseits und die technische Überlegenheit der Europäer in der FNZ andererseits in einem Maße befördert wurden, wie das sicher nicht häufig in der Weltgeschichte stattgefunden hat.
Wobei, für die Indoeuropäer könnte ich mir durchaus ähnliche Szenarien vorstellen, etwa wenn eine vakunisierte indoeuropäische Bevölkerung auf eine mesolithische Vorbevölkerung traf. Diese hätte mit dem Eintreffen der Indoeuropäer nämlich genau dasselbe Problem gehabt, wie die Amerikaner infolge des Zusammentreffens mit den Europäern in der Folge von 1492.
Aber das ist nur eine Hypothese, mein Interesse, sie zu belegen oder auch zu widerlegen ist gerade nicht besonders ausgeprägt.

Dein Garifunabeispiel ist schon als Sonderfall verstanden worden, es ist ja eigentlich das umgekehrte Szenario zum Ablauf in Amerika.
Du bist ja auch nicht der erste, der einen Zusammenhang von überlegener Immunabwehr oder sonstiger biologischer Vorteile für die Ausbreitung der IE-Sprachen andeutet.
Es gibt ja noch diese bis ins Erwachsenenalter anhaltende Milchverträglichkeit oder die höhere Alkoholverträglichkeit der IE-Sprecher als These. Das können wir gern diskutieren, wenn die Argumente überzeugend vorgetragen werden und zu den Fakten passen.
Es würde für den Anfang schon helfen wenn Fakten als Fakten und Hypothesen als Hypothesen klar markiert wären und wenn man Argumente anstatt Autoritäten (Gimbjutas, Häusler, Haarmann et mult. al.) anführen würde. Dann ließe sich nämlich erkennen, dass die Autoritäten auch nur mit Wasser kochen und Spreu (Hypothesen) würde sich leichter vom Weizen (Fakten) trennen lassen. Es ist nämlich völlig unerheblich, was die größte Koryphäe im Fach behauptet, wenn die Argumentation nicht stimmig ist.


Edit: Welch schönschaurige Alliteration: "Argumente anstatt Autoritäten anführen"

Da stimme ich dir gerne zu, mich überzeugen auch nur Argumente, wer sie vorträgt, ist mit eigentlich egal. Besonders allergisch reagiert mein Gehirn auf die versammelte Fachwissenschaft und ihre angeblich einigen Aussagen. Davon ausnehmen muß ich sprachwissenschaftliche Argumente, wenn sie zu sehr in die Tiefe gehen und zu fachchinesisch vorgetragen werden. Ich habe keine Ahnung von Lautwandelgesetzen und Übernahmelogiken, bin aber bereit zu versuchen, diese zu verstehen, wenn sie mir in laienverständlicher Sprache vorgetragen werden.
Dein arabisches Vorlaut-A meine ich verstanden zu haben.
 
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