Ich habe den Film gesehen und bin tief beeindruckt: Ich halte Dunkirk von Christopher Nolan für den besten Antikriegsfilm seit dem „Wege zum Ruhm“ von Stanley Kubrick.
Da mal zwei Fragen:
warum bist du von diesem Film beeindruckt?
warum glaubst du, dass das ein Anti-Kriegsfilm ist?
ich bin nach einer guten Stunde aus dem Film raus. Bis dahin ist in diesem Film schlicht nichts passiert. Es gibt in der ersten Hälfte einige Handlungsstränge (eher Stränge, wenig Handlung):
- zwei Kumpel, einer Engländer, einer Franzose. Sie versuchen auf Schiffe zu gelangen und werden dabei regelmäßig versenkt, ohne sichtbaren Schaden zu nehmen
- der einzige Star Kenneth Branagh starrt in die Brandung. Aus Kommentaren zum Film hab ich herausgelesen, dass der von Branagh dargestellte Marineoffizier die Evakuiierung leitete. Scheint ein Easy-Job gewesen zu sein: auf einer Pier, die nie beschossen wird, ins Wasser zu starren. Sein Sidekick, ein britischer Oberst sagt bei jeder Kamerafahrt: die Navy sollte mehr tun. Branagh antwortet immer: Das würden wir ja gern, (aber wir sind zu sehr damit beschäftigt, bedeutungsschwer ins Wasser zu starren..)
- dann haben wir eine Yacht, die zur Rettung aufbricht. Ein Upperclass-Yachtbesitzer, sein Sohn, ein serviler Underclass-Junge und später ein gewasserter Pilot. Der Underclass-Junge bricht sich das Rückgrat, der gewasserte Pilot will nur noch nach Hause. Nur die Upperclass-Familie will noch nach Dunkirk und ihre gottverdammte Pflicht und Schuldigkeit erfüllen. Rule, Brittannia
- der skurrillste Running Joke ist ein Spitfire-Pilot: schon in den ersten fünf Minuten dieses Whatever starrt er deprimiert auf seine Tankanzeige: die geht nämlich nicht. Er schnappt sich also ein Stück der in einem Jagdflieger jederzeit bereitliegenden Schulkreide und notiert sich "50 Gallonen" auf seine Anzeigetafel. Der Spit-Pilot taucht dann so alle 15 Minuten auf: er starrt (wie Hannibal Lector) hinter seiner Ledermaske auf seine nicht funktionierende Tankanzeige, dann schießt er eine Heinkel oder eine Messerschmitt ab, dann starrt er wieder auf seine nicht funktionierende Tankanzeige.
M.E. gehört der Streifen in die Kategorie dieser sogenannten Anti-Kriegsfilme, die in jedem Soldatenkino gern gezeigt werden, von Apocalypse Now bis Private Ryan:
- Jagdflieger, die unverwundbar (und ohne Sprit) ihre Bahn durch den so was von blauen Himmel ziehen. Sterben tut von den Spitpiloten nämlich keiner, die wassern alle ganz easy
- Kumpel, die zusammenhalten und den ganzen Krieg überstehen
- Typen wie der Yachtbesitzer, die eines ausstrahlen: sei tapfer, denk an England, dann klappt schon alles
Dazu eine gute Filmmusik. Kleiner privater Tipp: wenn die Musik öfter mal zu gut wird, hat der Plot ein Problem
Long Story short: gähnend langweilig und in Kürze in jedem RAF-Kasino und jedem englischen Yachtclub abgespielt. Vielleicht tu ich Logan furchtbar unrecht und er hat in die zweite Hälfte des Films alles wesentliche reingepackt. Oder halt nicht
PS: Clint Eastwood hat ja aus dem Iwo Jima-Gemetzel zwei Filme gemacht. Einen aus amerikanischer, einen aus japanischer Sicht. Ich würd gern mal Nolans deutsche Perspektive auf Dunkirk sehen. Aber noch viel, viel lieber: aus französischer.