Ist die Bibel verfälscht worden?

Erstens ist es pure Spekulation (bzw. Wunschdenken von Christen), dass sie Christin war.

Es gibt Indizien, die darauf hindeuten!

Fünftens, selbst wenn eine frühe Christin mit einem Patrizier verheiratet gewesen sein sollte, würde das noch nicht beweisen, dass die Patrizier die bevorzugte Zielgruppe christlicher Autoren waren

Besonders das Lukasevangelium, aber auch das Markusevangelium sind in Sprache und Stil derart verfasst, daß man annehmen kann, das Zielpublikum konnte sich eine "höhere" Bildung leisten. Sie enthalten Termini, mit denen "einfache" Menschen nicht viel anfangen konnten.
 
Es gibt Indizien, die darauf hindeuten!
Es gibt nur ein Indiz: Tacitus schreibt über sie (Ann. 13,32), dass sie der Ausübung eines "fremden Aberglaubens" beschuldigt wurde. Das ist alles. Dass es sich bei diesem "Aberglauben" um das Christentum handelte, ist Spekulation bzw. Wunschdenken. Es war und ist vor allem in christlichen Kreisen generell sehr beliebt, alle möglichen frühen Römer für Christen zu erklären, sogar bei Seneca und dem Kaiser Philippus Arabs gab es früher Theorien, sie wären heimliche Christen gewesen. Aber auch bei Flavia Domitilla, der Enkelin Vespasians, ist höchst fraglich, ob sie wirklich Christin war, und bei ihrem Gatten Titus Flavius Clemens ist es erst recht unwahrscheinlich.

Deine Theorie, dass die Patrizier das bevorzugte Zielpublikum christlicher Autoren gewesen wären, stützt sich also anscheinend nur auf die äußerst vage Vermutung, Pomponia könnte Christin gewesen sein, wobei obendrein Pomponia und ihr Ehemann beide Plebejer waren.

Besonders das Lukasevangelium, aber auch das Markusevangelium sind in Sprache und Stil derart verfasst, daß man annehmen kann, das Zielpublikum konnte sich eine "höhere" Bildung leisten. Sie enthalten Termini, mit denen "einfache" Menschen nicht viel anfangen konnten.
Trotzdem musste man nicht Patrizier sein, um eine höhere Bildung zu besitzen.
 
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Es gibt nur ein Indiz: Tacitus schreibt über sie (Ann. 13,32), dass sie der Ausübung eines "fremden Aberglaubens" beschuldigt wurde. Das ist alles. Dass es sich bei diesem "Aberglauben" um das Christentum handelte, ist Spekulation bzw. Wunschdenken.

So einfach ist das nicht. Ich empfehle das Buch "Urchristliche Mission" von Eckhardt Schnabel. Hier ein Auszug daraus, der sich mit dieser Thematik beschäftigt.
Urchristliche Mission - Eckhard J. Schnabel - Google Books

Ich hoffe, dieser Link verstößt nicht gegen die Forenregeln, wenn ich richtig verstanden habe, dann ist Google Books doch erlaubt.
 
In Annales 12,43 steht weder etwas von fremdem Aberglauben noch von Christen. Als Aberglauben bezeichnet Tacitus das Christentum in 15,44. In der Sueton-Stelle wird ebenso wie bei Tacitus das Christentum in Zusammenhang mit der Neronischen Christenverfolgung als Aberglaube bezeichnet. Im Plinius-Brief korrespondiert Plinius mit Trajan über den Umgang mit Christen.
Aus diesen Stellen kann man nicht einfach ableiten, dass immer, wenn römische Autoren von "superstitio" schrieben, damit das Christentum gemeint war. Immerhin wurde dieser Ausdruck auch schon von Autoren der vorchristlichen Zeit verwendet.
Außerdem überlebte Pomponia den Nero und dessen Christenverfolgung, da sie frühestens in den 80er Jahren starb. Warum, wenn ihr Christentum allgemein bekannt war? Da Nero einen jungen Mann namens Aulus Plautius, also möglicherweise ihren Sohn oder Stiefsohn oder zumindest einen sonstigen Verwandten ihres Mannes, hinrichten ließ, hatte er wohl auch keinen Grund, auf Pomponia Rücksicht zu nehmen.
 
Richtig und gleichzeitig "Arrgh!". Der zweite Teil ist zweifellos richtig, der erste erhält das "Arrgh!", weil er die Textgestalt der Bibel unberücksichtigt lässt und alles, was in der Bibel steht, über einen Kamm schert.

Im Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema meinte ich mit dem materiellen Gehalt die religiösen Aussagen der Bibel, denn darauf kam es den Verfassern wohl im Kern an. Die Bibel als Geschichtsquelle zweifle ich nicht an.
 
Die Widersprüche lassen sich großteils recht simpel damit erklären, dass die verschiedenen biblischen Bücher von verschiedenen Autoren verfasst wurden, die ihrerseits unterschiedliche (und unterschiedlich gute) Quellen hatten.

Dem würde ich mich persönlich nicht anschließen. Um den Eindruck zu vermeiden, dass ich - ob dies der erste Post ist - in irgendeiner Art trollen möchte, nur der Hinweis: ich wollte hier im Forum eigentlich eine andere Frage loswerden, da ich mich aktuell allerdings sehr mit dem Thema Pseudepigraphie im Christentum beschäftige kam ich nicht umher hier kurz anzuhalten.

Ich würde auf die Frage des TE, sofern ich ihn richtig verstand, knapp mit einem "Ja" antworten in der Hinsicht, dass die Bibel über den Lauf der Zeit verfälscht, d.h. manipuliert bzw. abegeändert wurde, wenn man den Begriff Manipulation nicht mag - obwohl es ja genau dies ist. Unter Pseudepigraphie versteht man - bzw. ich, so wie ich es verstand - das Verfassen eines Textes unter falschem Pseudonym. Das heißt, man verfasst einen Text und publiziert diesem unter einem anderen Namen, die Gründe dafür können divers sein: man möchte eine kritische Schrift nicht mit echten Namen kennzeichnen, um Gefahren zu entgehen, oder man möchte die dem eigenen Standpunkt Nachdruck verleihen indem man großen Männern Worte in den Mund legt, um sich dann auf sie berufen zu können. Gleichermaßen zählt zur Pseudepigraphie - und das ist wohl häufiger der Fall - die Interpolation von Texten, d.h. das Verändern von bestehenden Texten indem man Worte verändert, Zufügungen vornimmt, Worte streicht, u.ä. Dies ist für die antike Zeit, in welcher das Christentum ja aufkam, nicht ungewöhnlich - etwa die Epidemien von Hippokrates wurden zu einem Teil von ihm, zu einem Teil von seinem Sohn Thessalus verfasst, alle allerdings, unter dem Namen Hippokrates obwohl ein Teil der Texte aus vom Sohn stammt, auch wenn dieser angab, im Sinne seines Vaters zu schreiben. Gleichermaßen mussten sich auch größere Persönlichkeiten wie Cicero und Co damit rumschlagen, dass andere Personen Texte unter deren Namen verfassten, z.B. um eine Meinung populär zu machen oder politische Gegner in Verruf zu bringen.

Pseudepigraphie würde ich als eine Form der literarischen Fälschung betrachten, auch wenn sie nicht immer - wohl aber oft - mit bewusster Fälschungsabsicht vorgenommen wurde. Im Mittelalter ist das Thema ja völlig präsent, denn der Klerus hat einerseits quasi das Schriftmonopol inne, gleichzeitig erleben Fälschungen eine Hochzeit; gibt nicht wenige Historiker die salopp sagen, dass jede zweite Handschrift aus dem frühen Mittelalter eine Fälschung ist, Pseudoisidor und Konstantinische Schenkung mal in den Raum geworfen.

Um allerdings auf die Bibel zurückzukommen, ist vertritt die historisch-kritische Bibelforschung da eine recht klare Position: die Bibel enthält pseudepigraphische Bestandteile. Tatsächlich: extrem viele. Der Hebräerbrief, der in der Bibel unter dem Namen Paulus angegeben ist, wurde seinerzeit von Tertullian und Origines als Fälschung bezeichnet da beide ihm nicht Paulus zuschrieben. Über Pseudepigraphie schreibt u.a. auch Augustin in De consensu evangelistarum. Im canon Muratori etwa kann man nachlesen, "Es läut auch [ein Brief] an die Laodicener, ein anderer an die Alexandriner um, auf des Paulus Namen gefälscht für die Sekte des Marcion, und anderes mehr, was nicht in die katholische Kirche aufgenommen werden kann; denn Galle mit Honig zu mischen, geht nicht. Ferner". Über die Petrusbriefe - ebenfalls Bestandteil des Bibelkanons - schrieb Eusebius in der Historiae ecclesiastica, "Von Petrus wird ein Brief, der sogenannte erste, allgemein anerkannt. Ihn haben schon die alten Kirchenlehrer als unwidersprochen echt in ihren Schriften verwertet. Bezüglich des sogenannten zweiten Petrusbriefes wurden wir zwar belehrt, dass er nicht zur Bibel gehöre; doch erschien er vielen als lehrreich, so dass sie ihn den anderen Schriften gleichschätzen".

Über den 2. Petrusbrief sagt Eusebius also recht eindeutig: er ist Fiktion, kurz, eine literarische Fälschung die lediglich den Namen Petrus trägt aber gemäß seiner Auffassung nicht von ihm stammt. Dies waren jetzt nur Auszüge. Innerhalb der Evangelien selbst, wurden gleichermaßen diverse Passagen ausfindig gemacht, die als pseudepigraphisch, d.h. nachträglich editiert, gelten. Als Beispiel führe ich mal die, leider, sehr wirkungsmächtige Stelle Mat 28, 19 an, in dem Jesus den Auftrag zur Mission erteilt und der leider durch die Zeit hinweg als Legitimation aufgefasst wurde, um nicht-christlichen Völkern den wahren Glauben nahezubringen - das Resultat ist wohlbekannt. In diesem Abschnitt steht geschrieben, "Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, [...]". Die Stelle ist sehr eigentümlich, aus folgenden Grund: sie enthält einen direkten Verweis auf die Trinitätslehre. Es ist die Rede vom Vater, vom Sohn und vom heiligen Geist, allerdings muss man anmerken, dass die Trinitätslehre eine spätere Entwicklung - man mag auch sagen: Erfindung. Soweit mein Kenntnissstand, gab es zur Anfangszeit des Christentums keine Vorstellung einer Trinität und es ist bezeichnend, dass dieser Ausdruck von Vater, Sohn und Heiligem Geist im Neuen Testament in der Form im NT genau einmal auftaucht - ganz zum Schluss des MT-Evangeliums. Alle anderen Berichte über die Taufe in der Bibel, verwenden diese Formel nicht sondern es wird i.d.R. auf den Namen des Herren odes Jesu getauft, aber nicht in der dreifaltigen Formel. Gleichermaßen taucht diese Formel auch in der Rezeption zeitgenössischer Kirchenlehrer der Zeit nicht auf; bei Eusebius von Cäsarea, der selber Vertreter der Trinitätslehre war, findet sich eine derartige Lesung der genannten MT-Passage nicht; nach dem Konzil von Nicäa, in dem es u.a. um die Trinität ging, taucht diese Lesung wiederum gelegentlich bei ihm auf.

Ich las nunmehr bereits an diversen Stellen, dass diese sehr wichtige MT-Passage als Pseudepigraphie angesehen wird die erst nachträglich eingefügt wurde. Abgesehen davon, gibt es ja diverse Bibelhandschriften sowohl in lateinische als auch altgriechischer Sprache und, nun, in einem Vergleich traten z.T. sehr krasse Unterschiede zu Tage - was nicht überraschend ist.


Da man Bücher schlecht verlinken kann, würde ich nur die beiden Links u.a. empfehlen:
Bibelwissenschaft.de
Uni Leipzig

Als Buch ist ansonsten sicherlich Pseudepigraphie und literarische Fälschung im frühen Christentum von A. Baum ziemlich gut. Um eine abschließende Antwort zu geben: Ja, ich erachte die Bibel wie sie heute vorliegt, von Theologen, Exegeten, Apologten, Pfaffen, Gläubigen und Co vorliegt für manipuliert. Schon über die Genese der synoptischen Schriften - Markus, Matthäus und Lukas - gibt es kaum verlässliches Material außer, dass Markus als ältester Evangelist auch auf Hörensagen angewiesen war und schon Kirchenlehrer, kurze Zeit später, beklagten sich über die umlaufenden Fälschungen von denen sich heute nachweislich diverse in der Bibel gehalten haben. Die MT-Passage um die Trinität erachte ich als pseudepigraph, kurz: ich halte diverse Bestandteile der Bibel, so wie wir sie heute vorliegen haben, für bewusst manipuliert.

Auch wenn das anachronistisch gedacht ist, finde ich allerdings, passt es sehr gut: spätetens ab dem Frühmittelalter gehörte das Fälschen ja quasi mit zum Handwerk des Klerus. Dass dabei auch die eigene Heilige Schrift z.T. stark pseudepigraphisch geprägt ist - und ich beziehe mich dabei lediglich auf das NT - kann man wohl als eine Art vorträgliche Trockenübung auffassen. Die Vorstellung, dass ein Buch - eher: Kanon - mit einer derartig komplizierten Entstehungsgeschichte im Verlauf dieser Geschichte manipuliert werden soll, finde ich, wohl im Gegensatz zum TE, völlig nachvollziehbar.


Dass vor allem zu Anfangszeit des Christentums auch u.a. byzantinische Kaiser einen starken Einfluss auf die dogmatische Entwicklung hatten, ist wohl unbestreitbar: Justinian etwa, hat sich ja extra eingemischt, und es waren ja auch die Kaiser welche überhaupt Konzilien einberiefen. In die Bibel ist davon m.A.n. nichts eingeflossen; zumindest nicht durch die späteren Konzilien, die MT-Passage, als Beispiel wie gesagt, legt allerdings eine spätere Manipulation nahe. Sehr wohl aber sind Eingriffe der weltlichen Herrscher in die Tradition, die sich Katholisch nennt, eingeflossen und bis heute wirkmächtig. Dass die Bibel allerdings manipuliert wurde um die Menschen von der Wahrheit abzulenken denke ich nicht; selbst uneditiert ist die Bibel nach wie vor eine Heilige Schrift unter vielen. Die Bibel enthält nicht mehr und nicht weniger Wahrheit als das Enûma elis, das Kojiki, die Edda, der Koran oder die diversen Erzählungen über Mithras, Dyionisos und Co.
 
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In der Zeit als man von byzantinischen Kaisern gab hätte niemand mehr die Bibel verändern können ohne das man es merkt.

Wer hätte den Äthiopiern eine neue Bibelversion aufzwingen können.
 
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Was die Behauptung späterer Veränderungen betrifft, so kann ich nur immer wieder darauf hinweisen, dass wir sehr alte Handschriften auch von neutestamentlichen Texten haben, die aber trotzdem nur unwesentlich vom heute verwendeten Text abweichen. Die Stelle Mt 28,19 z. B. ist im Codex Sinaiticus aus dem 4. Jhdt. enthalten.

Überhaupt habe ich oft den Eindruck, dass manche Stellen nur deshalb für spätere Verfälschungen oder Einfügungen erklärt werden, weil man sie aus welchen Gründen immer nicht im Originaltext haben WILL und erklärt, sie könnten nicht echt sein, weil sie nicht in die Bibel, die man sich persönlich wünscht, passen.
 
Wer hätte den Äthiopiern eine neue Bibelversion aufzwingen können.

Von zwingen ist keine Rede, allerdings unterscheiden sich die Bibelhandschriften die wir besitzen z.T. recht deutlich voneinander. Dass in verschiedenen Handschriften - und das ist nun allgemein gesprochen - Unterschiede vorhanen sind, ist wohl keine Besonderheit; aus diesem Grund gibt es ja u.a. auch kritische Editionen zu Quellen. Dass die Bibel Pseudepigraphien enthält, davon sprachen bereits die alten Kirchenlehrer und ich sehe keinen Grund dem nicht zu trauen, denn es passt in die Zeit hinein: Pseudepigraphie, davon waren auch bereits heidnische Autoren, etwa die Philosophenschulen betroffen. Dass insofern christliche Autoren ihrerseits Pseudepigraphien anfertigen, ist plausibel da es, wie gesagt, bereits von den Kirchenlehrern selbst angeprangert wurde.

Die Stelle Mt 28,19 z. B. ist im Codex Sinaiticus aus dem 4. Jhdt. enthalten.

Das ist richtig. Was allerdings eben auffällt ist, dass Kirchenlehrer zuvor diese Stellen rezipierten, sie allerdings nicht gemäß der Trinitätslehre auslegten. Der bereits erwähnte Eusebius bezog sich diverse male auf diese Stelle, lässt allerdings nicht durchscheinen, dass diese Stelle einen Hinweis auf eine Trinitätslehre darstellte - erst nach dem Konzil von Nicäa wurde diese Passage derartig ausgelegt, weshalb es verwundert, weshalb dieselbe Stelle auf einmal eine derartige Neuinterpretation erfuhr. Vor allem deshalb, weil dieser Ausspruch im NT einmalig ist; alle anderen Tauf-Ereignisse werden im Namen des Herren oder Jesus vollzogen. Dass die Textpassage, welche nach dem Konzil von Nicäa - wo genau die Trinitätslehre verhandelt wird - auf einmal eine derartige Rezeption im NT erfährt, wo es zudem ganz am Ende (!) steht, ist verwunderlich.

Dass die Passage in der Codex Sinaiticus vorhanden ist, ist kein zwingender Beweis dafür, dass sie ursprünglich dort zu finden war. Ich hab' auch nicht alle möglichen Handschriften um die Zeit auf'n Schirm um mit Gewissheit sagen zu können, dass sie nicht bereits in älteren Handschriften zu finden ist; allerdings weiß ich soviel, dass es zwischen den Handschriften Abweichungen gibt. In der Bodmer-Papyri-Sammlung gibt es etwa erkennbare Abweichungen zum Codex Sinaiticus und natürlich auch zu anderen Handschriften; so fehlen einzelne Passagen oder Erzählungen ganz. Alleine vor diesem Hintergrund halte ich es für schwer von einer Art Ur-Bibel auszugehen. Die Frage des TE schien ja zu implizieren, dass er von einer Art reinem Ur-Text ausgeht der sich bis heute unveränderlich gehalten hat; alleine die Handschriftenüberlieferung legt dies nicht nahe.

Würde mich allerdings interessieren ob es Handschriften vor dem 4. Jhrd. gibt in denen Mt 28,19 enthalten ist. Wenn ja, wäre das wohl'n überzeugendes Gegenargument. ;)


Allerdings bin ich kein Christ, weshalb es mir prinzipiell egal ist was in der Bibel steht; mich interessiert das Thema der Entstehung der Bibel derzeit einfach. Dass die Bibel allerdings Pseudepigraphien enthält, wie z.B. Teile der Briefe des Paulus, sind die Worte der damaligen Kirchenväter: ich sehe keinen Anlass dem Urteil nicht zu zustimmen. Sie sollten dies besser berurteilen können als ich.


Zudem, ich mag es nicht Wiki zu zitieren, aber ich bemüh es dennoch mal:
"Die meisten Forscher gehen heute davon aus, dass für einige Bücher bis mindestens 100 mehrere hebräische Fassungen parallel und gleichberechtigt überliefert wurden und sich auch der ab 100 festgelegte Konsonantentext bis mindestens 200 noch veränderte, als die LXX schon fertiggestellt war. Auch diese wurde danach noch mehrfach revidiert, so dass die starken Abweichungen voneinander entstanden."
Septuaginta

Dass es diverse Handschriften bzgl. der Bibel gab, ist wohl unstrittig. Dass verschiedene Überlieferungen auch parallel existierten und verwendet wurden wohl auch.
 
Von zwingen ist keine Rede, allerdings unterscheiden sich die Bibelhandschriften die wir besitzen z.T. recht deutlich voneinander. Dass in verschiedenen Handschriften - und das ist nun allgemein gesprochen - Unterschiede vorhanen sind, ist wohl keine Besonderheit; aus diesem Grund gibt es ja u.a. auch kritische Editionen zu Quellen. Dass die Bibel Pseudepigraphien enthält, davon sprachen bereits die alten Kirchenlehrer und ich sehe keinen Grund dem nicht zu trauen, denn es passt in die Zeit hinein: Pseudepigraphie, davon waren auch bereits heidnische Autoren, etwa die Philosophenschulen betroffen. Dass insofern christliche Autoren ihrerseits Pseudepigraphien anfertigen, ist plausibel da es, wie gesagt, bereits von den Kirchenlehrern selbst angeprangert wurde.

Nein gibt es nicht, es gibt verschiedenen Kanons aber die wichtigsten Bücher sind gleich.

Und die Pseuepigraphien sind in den ersten beiden Jahrhunderten entstanden und da hatte ein byzantinischer oder römischer Kaiser mit den Christen, nichts zu schaffen.

Wenn wir Pseuepigraphien sprechen dann über die Zeit des Urchristentum und nicht über Kaiser oder Editionen im Frühmittelalter, wie es in deinem Text steht.
 
Und die Pseuepigraphien sind in den ersten beiden Jahrhunderten entstanden und da hatte ein byzantinischer oder römischer Kaiser mit den Christen, nichts zu schaffen.

Ich sprach von keinen byzantinischen Kaisern welche die Schrift verändern.
:rotwerd:

Ich sagte lediglich, dass diese die Entwicklung der Theologie beeinflusst haben aber wohl keine Editierungen am Schriftwerk vornehmen ließen.


Als einen Beleg dafür, dass es in späteren Zeiten keine Editierungen gab, sehe ich das allerdings nicht; die Pseudepigraphie ist ein Phänomen des Frühchristentums, das stimmt. Das alleine ist aber eine Beobachtung, man kann daraus nun kaum a priori schließen, dass es deswefeb keine Editierungen kurze Zeit später - wir sprechen hier vom 4. Jahrhundert etwa - geben kann. Bis in das 4. Jahrhundert hinein wurden auch Apokryphen - etwa die Jesu' Evangelien - verbreitet was, genau genommen, ja ebenfalls Pseudepigraphien sind. Die Kanonisierung der Bibel wird, soweit ich weiß, auf das Ende des 4. bis Anfang des 5. Jahrhundert datiert. Der Codex Alexandrinus oder Codex Sinaiticus enthalten umfassen auch einen unterschiedlichen Kanon; im Codex Alexandrinus sind etwa zwei Clemensbriefe enthalten bei beim anderen fehlen. Dass es also auch noch zu dieser Zeit keine Vereinheitlichung und damit genügend Gelegenheit zur Editierung gab, würde ich so auslegen.

Was man nun als wichtige Bücher definiert sei mal dahingestellt; in diversen Kanons etwa fehlt die Offenbarung des Johannes welche ich, nun durchaus schon als gewichtig auffassen würde - aber ich bin kein Theologe, daher gewichte ich nicht. Ich stelle lediglich fest, dass es zu der Zeit keinen einheitlichen Kanon gab und die Handschriften der einzelnen Bücher sich zudem unterschieden haben. Die Möglichkeit, dass daher auch zu der Zeit Veränderungen vorgenommen wurde - was faktisch der Fall ist, da es zwischen den Handschriften derselben Bücher Varianten gibt - scheint mir somit naheliegend.

Sowohl Kanon als auch Handschriften unterscheiden sich. Letzteres z.T. nur marginal - da stimme ich zu - , aber wir sprechen bei Mt 28,19 ja schließlich auch nur von einem Vers, maximal 2 wenn man noch Vers 20 als dazugehörig auffasst. Das ist - von der Textmenge her marginal - von der Bedeutung her, scheint mir aber dieser Vers in der Rezeption einiges an Unheil angerichtet zu haben.
;)

Papyri 66 aus der Bodmer-Papyri-Sammlung - enthält weite Teile des Johannes Evangeliums - lässt eine zentrale Begebenheit aus, welche wiederum im Codex Sinaiticus zu finden ist. Auf den Gesamttext gesehen ist dies, wie bereits gesagt, marginal. Aber auch marginale Unterschiede sind eben Unterschiede und da wir keine ältere Überlieferung des Mt 28,19 haben, sehe ich nicht, mit welcher Gewissheit es auszuschließen sei, dass es sich dabei um eine spätere Editierung handelt welche im Folgenden übernommen wurde, sowie etwa die Geschichte über Jesus und die Ehebrecher aus dem Johannes-Evangelium. Dies wird - vielleicht sind wir uns da einig! - von den meisten als Pseudepigraph aufgefasst. Stammt natürlich aus früherer Zeit, aber es soll als Beleg dienen, dass auch marginale Unterschiede eben Unterschiede sind und ggf. eine nachhaltige Wirkungsgeschichte haben können.

Bei Joh 7,53 bis 8,11 ist die derzeitige communis opinio, dass es eine Fälschung ist. Alleine ein einziger Beleg reicht ja aus, um die Frage des TE mit einem "Ja" beantworten zu können.
 
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Soweit mein Kenntnissstand, gab es zur Anfangszeit des Christentums keine Vorstellung einer Trinität
Es gab aber auch keine Vorstellung, dass es die Trinität nicht gebe.
Sagen wir präziser: Das Verhältnis von Vater, Sohn und hl. Geist wurde noch nicht so offen und vehement problematisiert. In der Geschichte des Christentums und der einzelnen Konfessionen kam es immer wieder vor, dass plötzlich irgendwelche theologischen Fragen aufgeworfen wurden, die vorher jahrhundertelang noch niemandem eingefallen waren oder die vorher zumindest noch nicht als intensiv diskussionswürdig wahrgenommen worden waren, jetzt aber plötzlich für hitzige Diskussionen und Streitereien sorgten. (Nehmen wir z. B. das Thema Bilderverehrung vs. Bilderverbot: Stellungnahmen dazu hatte es immer wieder gegeben, ohne dass sie groß für Aufsehen sorgten, aber erst im 8. Jhdt. eskalierte das Thema dann plötzlich. Andere Themen sorgten nie für große Konflikte, z. B. die Frage, ob der Mensch gleich nach dem Tod aufersteht oder erst beim jüngsten Gericht, wofür es schon im NT Anhaltspunkte für das eine wie das andere gab.) Man kann Gottvater und Gottsohn auch verehren, ohne sich über das genaue Verhältnis der beiden nähere Gedanken zu machen, ob der eine dem anderen untergeordnet, von ihm erschaffen oder was auch immer ist und wie es um die Wesensgleichheit oder Wesensähnlichkeit steht und wie das Verhältnis von göttlicher zu menschlicher Natur Jesu zu verstehen ist. Aber alle drei - Vater, Sohn und der hl. Geist - wurden in den Evangelien häufig erwähnt, wenn auch selten alle drei im Zusammenhang. Da konnte es wohl nicht ausbleiben, dass man sich irgendwann nähere Gedanken über das Verhältnis der drei machte. (Erste Ansätze zur begrifflichen Erfassung der Trinität gab es ab dem 2. Jhdt.) Das bedeutet nicht, dass die Trinität eine Neuerfindung gewesen wäre, die keine biblische Grundlage gehabt hätte, sondern nur, dass den Verfassern der NT-Schriften die Problematik anscheinend noch nicht bewusst war und sie sich daher noch nicht klar dazu geäußert haben - weder für noch gegen die Trinität. (Es gibt auch andere Beispiele dafür, dass die NT-Autoren völlig unbefangen Texte schrieben, deren genaue Auslegung erst später für Probleme und Konflikte sorgte, z. B. die Gnadenlehre.) Erst später wurden dann Erklärungsansätze entwickelt, die sich alle auf verschiedene Bibelstellen stützten. Ebenso könnte man also sagen, dass es zur Anfangszeit des Christentums noch keine Vorstellung alternativer Konzepte gab, wie sie z. B. der Arianismus vertrat.
 
Drei Anmerkungen, die beim Überfliegen der heutigen Texte entstanden sind:
1.) Wird hier nicht Falschzuschreibung (Pseudepigraphie) mit Verfälschung (nachträgliche Sinnveränderung eines etablierten Textes) verwechselt?
2.) Wenn ein Sachverhalt von einem Kommentator nicht aufgegriffen wird, kann das nicht schlicht bedeuten, dass er diesen Punkt für so klar und zweifelserhaben hielt, dass man ihn nicht weiter auszuführen brauchte?
3.) Jeder abgeschriebene Text enthält Fehler. In der Hebräischen Bibel gibt es deshalb die masoretischen Festlegungen von Ketiv und Qere. Weil man die Schrift nicht intentionell verändern durfte, haben die Masoreten das Geschriebene (Ketiv) vom zu Lesenden (Qere, das Wort ist etymologisch verwandt mit dem Qur'ān) getrennt. Der Originaltext blieb - auch wenn er ganz klar fehlerhaft war - bestehen, aber in einer Textglosse war angeben, was stattdessen zu lesen war.

Nur als fiktives Beispiel um das zu verdeutlichen:

"Schweijk schlug die Haken zusammen." Wir wissen, dass es korrekt Hacken heißen müsste, nicht Haken. Weil uns der Text aber heilig ist, setzen wir, anstatt den Text zu korrigieren ein Zeichen und schrieben am Rand das richtige Wort.

Anderes fiktives Beispiel:
"Es war ihm eine Lust*." *Last

Das neue Testament kennt kein Ketiv und Qere und natürlich gibt es Abschreibefehler in den Texten. Die Textkritik erstellt aufgrunddessen Handschriftenstemmata. Allerdings dürften die heutigen Bibeln auf dem basieren, was dem Urtext historisch-kritisch nach opinio communis am nächsten kommt.
 
Der Hinweis auf die Perikope Adulteriae ist interessant, wobei schon in der Antike umstritten war, ob sie unecht sei, oder nicht doch zu Unrecht aus einigen Evangelien gestrichen.

Für alle diejenigen, die - wie ich - mit dem Begriff Pericope Adulteriae zunächst nichts anfangen können: das ist die Geschichte mit der Ehebrecherin* und dem Satz von Jesus: "wer von Euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein." Übrigens für mich eine der sympathischsten Stellen im NT.

Zur Echtheit steht in der Wiki einiges: Jesus und die Ehebrecherin ? Wikipedia



*die Szene wird übrigens auch humorvoll im Film "Leben des Brian" parodiert.
 
Drei Anmerkungen, die beim Überfliegen der heutigen Texte entstanden sind:
1.) Wird hier nicht Falschzuschreibung (Pseudepigraphie) mit Verfälschung (nachträgliche Sinnveränderung eines etablierten Textes) verwechselt?

Jain. Ich denke in diesem Fällen geht es Hand in Hand; wenn man an einem bestehenden Text eine Zufügung anbringt ist dies einerseits eine Verfälschung - da der Sinn des Textes nachträglich geändert wird - gleichzeitig aber auch eine Pseudepigraphie, da diese Worte dem Autor des Ursprungstextes in den Mund gelegen werden und der Editor nicht angibt, dass diese Änderung auf ihn zurückzuführen sind.

Insofern denke ich, dass Pseudepigraphie und Fälschung in vielen Fällen Hand in Hand gehen oder eher: zwei Betrachtungsweisen derselben Sache sind. Pseudepigraphie ist, sofern bewusst vorgenommen, ja nichts anderes als literarische Fälschung.

2.) Wenn ein Sachverhalt von einem Kommentator nicht aufgegriffen wird, kann das nicht schlicht bedeuten, dass er diesen Punkt für so klar und zweifelserhaben hielt, dass man ihn nicht weiter auszuführen brauchte?

Ja, das ist natürlich ein Argument und ich stimme dir und Ravenik zu, dass die Mt-Passage einzig deshalb keinerlei Erwähnung gefunden haben könnte, weil sie zum Zeitpunkt der damaligen Rezeption nicht als relevant empfunden wurde und man erst später darin ein Problem sah. Gegen die Argumentation kann ich nichts sagen; die ist einleuchtend. Als anderes Argument würde ich anführen, dass die Mt-Passage in diesem Wortlaut und auch Sinn einzigartig in der Bibel ist, dass es die einzige Passage ist in der im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes getauft wird und dieser Ausdruck so an keinen anderen Stellen in der Bibel - meines Wissens! - auffindbar ist, was sehr verblüfft; einerseits ist die Bibel eine Komposition, andererseits wird allerdings doch der Anspruch erhoben, dass das was in ihr steht, auch eine Wahrheit darstellt. Wenn also alle Taufen in der Bibel anders dargestellt werden als diese, dann finde ich die Frage berechtigt, weshalb Jesus - bzw. der Autor, der ihm diese Worte in den Mund legt - an einer einzigen Passage eine derartig starke Abweichung vornimmt.

Das ist natürlich kein Beweis, dass diese Stelle eine Pseudepigraphie ist; es ist aber zumindest eine ungewöhnliche Auffälligkeit. In der Abwägung der Argumente würde ich persönlich (!) der Mt-Passage gegenüber arg skeptisch sein, da es eben ein starker Bruch zu restlichen Narration darstellt und mir daher suspekt vorkommt und desweiteren die Passage in der Rezeption erst nach dem Konzil von Nicäa in genau der Formulierung auftaucht; vorher findet man es soweit ich weiß nicht. Ein eindeutiger Beweis ist's nicht, aber wieviel in der Geschichtsforschung kann man schon eindeutig beweisen.

Das neue Testament kennt kein Ketiv und Qere und natürlich gibt es Abschreibefehler in den Texten. Die Textkritik erstellt aufgrunddessen Handschriftenstemmata. Allerdings dürften die heutigen Bibeln auf dem basieren, was dem Urtext historisch-kritisch nach opinio communis am nächsten kommt.

Ich kann das im Einzelfall nicht nachweisen, allerdings gibt es im Wortlaut der NT-Handschriften Abweichungen die im Einzelfall marginal, auf die Menge gesehen aber durchaus deutlich ausfallen können. Ich will nicht in jedem Fall bewusste Pseudepigraphie unterstellen, denn dass es bei manuellen Abschriften zu Fehlern kommt ist wohl nur zu menschlich. Dass es allerdings diese Abweichungen der Handschriften gibt macht es für mich schwer die Existenz einer Urschrift nahezulegen; denn offenkundig existierten diverse Handschriften mit Variationen nebeneinander. Inwiefern die von uns tradierte, übersetzte Bibelfassung näher am urspünglichen Text ist, kann man denke ich kaum beurteilen. Die Existenz der diversen Handschriften mit z.T. nachweisbaren inhaltlichen Unterschieden lässt mich aber daran Zweifel, dass unsere heutige Bibelfassung in einer eindeutigen Traditionslinie bis zur Verfassung der Evangelien reicht.

Wenn man von kritischen Versen wie etwa der Mt-Passage oder der Joh-Passage absieht, so ist man sich zumindest etwa darüber einig, dass diverse Paulusbriefe - die ja Bestandteil des NT-Kanons sind, wenn auch keine Evangelien - Pseudepigraphien sind, z.B. die Apostoralbriefe oder die Epheserbriefe.


Ich bin wie gesagt kein Theologe und rezipiere das meiste nur über die Sekundärliteratur, aber sofern die communis opinio bei den Paulusbriefen recht behält kann man die Antwort des TE - ob Fälschungen in der Bibel vorhanden sind - denke ich problemlos und klar mit "Ja" beantworten.


Ich würde bei Wikipedia an so Stellen arg aufpassen aus zwei Gründen:

1) Wikipedia enthält z.T. faktische Unwahrheiten. Ich einem Artikel über die Stadt Bocholt habe ich selber eine Quellenangabe korrigiert, nachdem ich mich über eine Stunde in der Vita Caroli Magni blöde gesucht habe, weil auf Wikipedia behauptet wurde der Name würde das erste mal dort erwähnt: tut er allerdings nicht. Ich fand ihn in den Annales regni francorum - im Internet liest auf diversen Arcor-Seiten und Co aber immer noch die erste Angabe, weil einfach blind aus Wikipedia kopiert wurde. Sowas kommt leider nicht selten vor. :p

2) Wikipedia stellt nur eine Meinung dar. Das mag ausreichend sein um zu erfahren ob es einen Menschen namens Martin Luther gab, wenn man allerdings Forschungskontroversen - und die Diskussion ob ein Text pseudepigraphisch ist, ist immer kontrovers! :D - taugt das wenig, da man mit Wikipedia i.d.R. eine einseitige Darstellung erhält die, so mein Eindruck, z.T. auch sehr tendiziös ist. So steht auf Wikipedia etwa,

"Pseudepigraphie ist nicht als Fälschung im heutigen Sinne zu deuten. Wenn ein Mitarbeiter oder Schüler des Paulus einen Brief verfasste und dabei Paulus als Absender angab, so wollte er damit den Brief unter die Autorität des Apostels stellen und ihn der Lehrtradition des Paulus einordnen."
Paulusbriefe#Verfasserschaft

Das ist aber nur eine Meinung und keineswegs unbestritten, was der Artikel irgendwie suggeriert.
 
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Insofern denke ich, dass Pseudepigraphie und Fälschung in vielen Fällen Hand in Hand gehen oder eher: zwei Betrachtungsweisen derselben Sache sind. Pseudepigraphie ist, sofern bewusst vorgenommen, ja nichts anderes als literarische Fälschung.

Nun, das Johannesevangelium ist sicher nicht von dem Apostel Johannes geschrieben worden. Dennoch behauptet dies sein Verfasser. Es ist also eine Pseudepigraphie, aber es ist dennoch nicht verfälscht und kann trotzdem - neutral formuliert - Wahrheit in sich tragen.

Ja, das ist natürlich ein Argument und ich stimme dir und Ravenik zu, dass die Mt-Passage einzig deshalb keinerlei Erwähnung gefunden haben könnte, weil sie zum Zeitpunkt der damaligen Rezeption nicht als relevant empfunden wurde und man erst später darin ein Problem sah. Gegen die Argumentation kann ich nichts sagen; die ist einleuchtend. Als anderes Argument würde ich anführen, dass die Mt-Passage in diesem Wortlaut und auch Sinn einzigartig in der Bibel ist, dass es die einzige Passage ist in der im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes getauft wird und dieser Ausdruck so an keinen anderen Stellen in der Bibel - meines Wissens! - auffindbar ist, was sehr verblüfft; einerseits ist die Bibel eine Komposition, andererseits wird allerdings doch der Anspruch erhoben, dass das was in ihr steht, auch eine Wahrheit darstellt. Wenn also alle Taufen in der Bibel anders dargestellt werden als diese, dann finde ich die Frage berechtigt, weshalb Jesus - bzw. der Autor, der ihm diese Worte in den Mund legt - an einer einzigen Passage eine derartig starke Abweichung vornimmt.

Ich finde gerade, dass diese starke Abweichung zwischen Mt 28, 19 und den parallelen Erzählungen bei Markus und Lukas ein Beleg dafür ist, dass hier nicht rumgefuscht wurde. Wäre herumgefuscht worden, wäre damit sicher das Interesse verbunden gewesen, Matthäus den andern beiden Synoptikern anzugleichen. Genau das ist aber nicht passiert. Man könnte fast meinen, Matthäus steht hier mit Markus (bzw. der entsprechenden Interpolation im Markusevanglium) geradezu im Widerspruch, was natürlich auch an Matthäus' Sondernarration vom Sterben und Auferstehen Christi liegt, welche den Sanhedrin quasi zum Zeugen der Auferstehung Christi erhebt.
Dass eine solche Äußerung nicht häufiger in den Evangelien vorkommt hat natürlich auch einen ganz praktischen Grund: Sie kann sinnlogisch nur nach der Auferstehung getätigt worden sein, aber keines der Evangelien hat der nach Auferstehung noch viel Raum zu berichten. Im Prinzip kommt da sofort die Himmelfahrt, bei Markus Teil der Interpolation. Überhaupt wird nur bei Markus (Interpolation) und Matthäus an dieser Stelle zwischen Auferstehung und Himmelfahrt von dem Taufauftrag gesprochen, Lukas und Johannes sprechen hier nicht von einem Taufauftrag.


Dass es allerdings diese Abweichungen der Handschriften gibt macht es für mich schwer die Existenz einer Urschrift nahezulegen; denn offenkundig existierten diverse Handschriften mit Variationen nebeneinander.

Eine Urschrift ist zunächst immer der Text, den der Verfasser geschrieben hat, alles weitere sind die Abschriften. Bei einem veränderten Text, insbesondere dann, wenn er intentionell verändert wurde, kann man natürlich auch von der kreativen Leistung des Fälschers ausgehen.


Ich bin wie gesagt kein Theologe und rezipiere das meiste nur über die Sekundärliteratur, aber sofern die communis opinio bei den Paulusbriefen recht behält kann man die Antwort des TE - ob Fälschungen in der Bibel vorhanden sind - denke ich problemlos und klar mit "Ja" beantworten.

Was dann aber hieße, dass du Pseudepigraphien mit Textveränderungen auf eine Stufe stelltest. Punkt zwei ist - und das unterstellt der Threadersteller implizit (edit: korrigiere, ich habe noch mal nachgelesen, er unterstellt dies explizit!) - dass hier mit Absicht falsches Q-Material eingebracht wurde, um den Glauben der Leute zu manipulieren.
 
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Das ist natürlich kein Beweis, dass diese Stelle eine Pseudepigraphie ist; es ist aber zumindest eine ungewöhnliche Auffälligkeit. In der Abwägung der Argumente würde ich persönlich (!) der Mt-Passage gegenüber arg skeptisch sein, da es eben ein starker Bruch zu restlichen Narration darstellt und mir daher suspekt vorkommt und desweiteren die Passage in der Rezeption erst nach dem Konzil von Nicäa in genau der Formulierung auftaucht; vorher findet man es soweit ich weiß nicht.
In der im späten 1. oder im 2. Jhdt. entstandenen "Didache" taucht die Formulierung auch auf. Im 7. Kap. heißt es: "Tauft so: Nachdem ihr dies alles zuvor gesagt habt, tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes mit lebendigem Wasser. [...] Wenn du aber beides nicht hast, dann gieße auf den Kopf dreimal Wasser auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes."
 
Klar ist die Bibel keine zuverlässige Quelle. Bedenkt mal wie viele Jahrhunderte sie schon überdauert hat und immer wieder wurde sie von unterschiedlichen Menschen neu übersetzt und bestimmt an manchen Stellen verändert. Die eigentlichen Texte in der Bibel zb die Evangelien stammen auch aus unterschiedlichen Jahren und legen die selben Ereignisse oft etwas anders dar.
 
Auch die Urtexte stammen nur von Menschen - deshalb kann der Wahrheitsgehalt nur geglaubt werden. Einer Prüfung - wie auch immer - würde er nicht standhalten...
 
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