Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Was die Geschichte mit dem Tumulus angeht, wenn ich mich recht erinnere, liegen bei den etruskischen Tumuli die Sohlen der Grabkammern unter der Erdoberfläche der Errichtungszeit.
Man geht auf der Nekropolenstraße und steigt ins Grab runter. Von daher, wissend, das der Tumulus zerstört wurde, sind die Grabgruben allein also kein Arument gegen Varus.

Und wenn geschrieben wurde, das der Feldherr selbst zu dem Tumulus den Grundsoden legte, so heißt das nicht, das es nicht noch mehr gegeben hat.

Auf der anderen Seite , Fibel und Münze könnten von den Bestattern stammen, könnten aber auch mit dem Erdmaterial zum Abdecken der Gruben dahin gekommen sein. In beiden Fällen zeit es nur die Beteiligung von Römern an den Ereignissen (Bestattung oder Schlacht), nicht , welches in der Literatur beschriebene Ereignis hier archäologisch gefunden wurde bzw. das es sich um ein beschriebenes, überliefertes Ereignis handelt.
 
Für das Aussehen des Grabtumulus vor seiner Zerstörung durch die Germanen, lieber Wilfried, sind nicht etruskische tumuli ausschlaggebend sondern eher solche, wie wir sie aus den Lagern der Rheinlegionen kennen.
 
80.000 sind keine Kleinstadt mehr. Bis heute gilt die Einteilung der Internationalen Statistikkonferenz von 1887: Landstadt ab 2000 Einwohnern, Kleinstadt ab 5000, Mittelstadt ab 20.000 und Großstadt ab 100.000.

Dabei hatte man die unterschiedlichen Notwendigkeiten hinsichtlich Versorgung und Organisation im Auge. Ich führe das auf, um klar zu machen, was an Organisation und Planung hinter dem Feldzug gestanden haben muss. Germanicus konnte nicht einfach sagen: "Jetzt stellen wir uns in einer langen Reihe auf und sammeln die Knochen auf, die wir die nächsten 40km finden."

Mir ist aufgefallen, dass Germanicus laut Strabon auch über die Chattuarier triumphierte. Sie gehörten also zu den Gegnern. Damit macht es durchaus Sinn, das Basislager westlich der Ems anzulegen. Und nach den Brukterern ist das Gebiet der Chattuarier, in dem Kalkriese lag dann das nächste natürliche Ziel. Falls jetzt jemand den alten Streit, ob Chattuarier und Chasuarier gleichzusetzen sind, aufmachen möchte, wäre es vielleicht gut einen eigenen Thread zu eröffnen und hier darauf hinzuweisen. Es ist hier ja schon unübersichtlich genug.
 
Mein lieber el Quichote, wie jetzt diese Tumuli/dieser Tumulus ausgesehen hat, weiß keiner mehr und es wird sich auch kaum noch rekonstruieren lassen.
Ansonsten ging es mir um das allgemeine Beispiel eines Grabhügels, hier angeführt "etruskische".
Und da ich weder eine Zeichnung von römischen Grabhügeln gesehen habe noch einen besucht habe, kann ich nur von mir bekanntem schreiben.
Und bei denen liegt nun mal die Sohle/das eigentliche Grab unter der damaligen Erdoberfläche. Und das von der Steinzeit an.

Was natürlich nicht heißt, das die Bestatter am Oberesch nicht alle Knochen auf der Erdoberfläche aufgeschichtet haben und dann Erde drüber.

Nur müßten sich dann , so dieser so gebaute Grabhügel am Oberesch finden ließe, dort auch wegen der Zerstörung Reste von SEHR vielen Knochen finden lassen. Speziell Zähne erhalten sich ja recht gut ...

Noch liegen jedenfalls keine Beweise vor, das es sich am Oberesch um eine Schlacht mit Tausenden Gefallenen gehandelt hat
 
80.000 sind keine Kleinstadt mehr. Bis heute gilt die Einteilung der Internationalen Statistikkonferenz von 1887: Landstadt ab 2000 Einwohnern, Kleinstadt ab 5000, Mittelstadt ab 20.000 und Großstadt ab 100.000.

Ich bin nicht von der Vollstärke der Legionen ausgegangen. ;) Aber ich denke, wir sind uns einig, dass die Herren Legionäre sich nicht alle an einem Ort geknubbelt haben.

Mein lieber el Quichote, wie jetzt diese Tumuli/dieser Tumulus ausgesehen hat, weiß keiner mehr und es wird sich auch kaum noch rekonstruieren lassen.

Richtig. Wir wissen aber, wie die tumuli der Römerlager der augusteisch-tiberischen Zeit aussahen und brauchen daher nicht auf die etruskischen tumuli zurückzugreifen, wenn wir von einem tumulus der augusteisch-tiberischen Zeit sprechen.

Und da ich weder eine Zeichnung von römischen Grabhügeln gesehen habe noch einen besucht habe, kann ich nur von mir bekanntem schreiben.
Und bei denen liegt nun mal die Sohle/das eigentliche Grab unter der damaligen Erdoberfläche. Und das von der Steinzeit an.

Da kann ich nur ayayay sagen! Wenn wir von Großsteingräbern sprechen, dann sind diese häufig ebenerdig und mit einem Grabhügel überworfen. Eisenzeitliche Grabhügel dagegen haben häufig Primär und Sekundärbestattungen. Auch steinzeitliche Großsteingräber wurden teilweise in der Eisenzeit wiedergenutzt. Da findet man z.B. ein Körbergrab oder ein Brandgruben- oder Brandschüttungsgrab (das sind tatsächlich eingetiefte Gräber), überhügelt und im Hügel wiederum, eingetieft in der Hügeldecke, die Sekundärbestattungen, eben Asche- oder Urnenniederlegungen.

Nur müßten sich dann , so dieser so gebaute Grabhügel am Oberesch finden ließe, dort auch wegen der Zerstörung Reste von SEHR vielen Knochen finden lassen. Speziell Zähne erhalten sich ja recht gut ...
In Norddeutschland herrscht - gesprungene Schallplatte - ein saurer Boden vor. Nur durch Kalksteinsättigung sind in Kalkriese überhaupt Knochen erhalten. Dass alle Knochen in einem tumulus gesammelt wurden, dürfte nach einer viertägigen Marschschlacht schon aus pragmatischen Gründen auszuschließen sein. Dies zu glauben wäre weltfremd.
Zähne, das ist richtig, sind der härteste Bestandteil eines Säugetierkörpers und vergehen am langsamsten. Doch auch sie vergehen, wenn die Erhaltungsbedingungen ungünstig sind. Die in Kalkriese gefundenen Knochen und Zähne sind in keinem guten Zustand.

Noch liegen jedenfalls keine Beweise vor, das es sich am Oberesch um eine Schlacht mit Tausenden Gefallenen gehandelt hat
Es handelt sich um ein Fundgebiet von 15 km Länge, über das römische Militaria und Münzen verteilt gefunden worden sind mit einer besonderen Dichte Kalkriese und Engter, wo Spuren von Verschrottung römischer Ausrüstungsteile und eine außergwöhnlich hohe Menge an Fundmünzen, nebenbei auch Reste von römischem Luxus gefunden wurden. Natürlich kann man das bagatellisieren. Aber wozu?!
 
Sie wurden mehr oder weniger sorgfältig und pietätvoll bestattet, bisher gut eineinhalb Dutzend Gefallene.

Bestattet wurden nicht Individuen, sondern Knochenreste.
Wenn in einem Grab drei Knochen gefunden werden, z. B. ein Unterkiefer, eine Rippe und ein Fingerknochen, könnten diese Knochen zu einem Individuum oder zu drei Individuen gehört haben.

Dass es ein Glücksfall ist, wenn überhaupt noch Reste von Bestattungen zu finden sind, wurde schon angesprochen.
Das gilt auch für Schlachten aus späterer Zeit.
An der Schlacht von Wittstock (1636) waren ca. 40.000 Soldaten beteiligt. Die Schlacht wird als "überaus grausam und schockierend" beschrieben; es soll 6.000 bis 9.000 Tote gegeben haben.
Die Gefallenen wurden (im Unterschied zu Kalkriese) direkt nach der Schlacht bestattet.
Und die Knochen hatten (im Unterschied zu Kalkriese) auch noch nicht 2000 Jahre Zeit zum Verrotten.
Am Ende der Grabung hatten die Forscher 88 Skelette in originaler Fundlage und zahlreiche Einzelknochen weiterer Individuen geborgen. Insgesamt waren es etwa 125 gefallene Soldaten, die - militärisch exakt in Reih' und Glied - hier ihre letzte Ruhe gefunden hatten.
Sabine Eickhoff, Anja Grothe und Bettina Jungklaus:
Das Massengrab von Wittstock und seine Erforschung.
In: 1636 - Ihre letzte Schlacht (Stuttgart 2012)

Noch liegen jedenfalls keine Beweise vor, das es sich am Oberesch um eine Schlacht mit Tausenden Gefallenen gehandelt hat
Es gibt wahrscheinlich kein einziges historisches Schlachtfeld, von dem sich aufgrund der Funde beweisen lässt, dass dort Tausende gefallen sind.
 
Moin

Irgendwie habe ich auch noch keine vernünftige/einleuchtende Erklärung gehört, wer denn ca. im Jahre 20 n. Chr. dort die Knochen bestattet haben soll?

Wenn man (die Germanen) die Knochenreste einfach nur aus den Augen haben wollten, warum legt man dann die Gruben mit Steinplatten aus? Es macht keinen Sinn!

Welcher Römer war 20 n. Chr. in der Gegend unterwegs?

Gruß
Andreas
 
Ich bin nicht von der Vollstärke der Legionen ausgegangen. ;) Aber ich denke, wir sind uns einig, dass die Herren Legionäre sich nicht alle an einem Ort geknubbelt haben.
Ich dachte, Du meinst die Germanicus-Legionen.

@Grabgruben:

Eine Bestattung durch Germanen könnte rituelle Bedeutung gehabt haben. Einen Teil der Beute haben sie ja den Göttern geopfert, wie Tacitus berichtet. Vielleicht gehörte dazu, dass sie die menschlichen Überreste irgendwann unter die Erde brachten. Das wird dann auch bei anderen Schlachten in Erwägung zu ziehen sein.

Oder es sind die erwähnten Gruben, die zu Ehren der Götter mit Kalkstein ausgekleidet sind und in die die Geopferten hineingeworfen wurden, ohne dass sie mit Erde bedeckt wurden. Germanicus hätte dann die Geopferten, vielleicht wegen des Aberglaubens der Legionäre, nur mit Erde bedeckt, statt auch sie im Grabhügel zu bestatten. Und wenn es nicht die Varusschlacht war, hat man sie vielleicht wegen der Unfallvermeidung irgendwann eingeebnet. Oder sie haben sich bei einem Unwetter verfüllt.

Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, dass Überlebende der Schlacht sie bestattet haben. Natürlich kommen keine versklavten Römer in Frage. Aber Tacitus lässt Arminius doch sagen, dass ein Teil der Römer übergelaufen sei und jetzt eigene Höfe bearbeite. Das wird zwar fast immer als Spott interpretiert, aber übergelaufene Römer haben vielleicht tatsächlich die Erlaubnis erhalten, ihre ehemaligen Kameraden zu bestatten.

Oder die Angehörigen der Legionäre oder die Bestattungsgesellschaften, zu denen sich die Gefallenen zusammengeschlossen hatten, haben Geld aufgewendet, von den Chattuariern die Erlaubnis zur Bestattung zu erlangen.

Es gibt sicher noch mehr Möglichkeiten, sowohl um zu erklären, warum die Opfer der Schlacht an den Pontes Longi bestattet wurden, als auch um zu erklären, warum Germanicus nicht alle Gefallenen in den Tumulus verbringen lies.

Wir wissen, dass bei der clades variana an mehreren Punkten einer langen Strecke gekämpft wurde. Wir wissen, dass der Tumulus in der Nähe des Endkampfs errichtet wurde. Jedenfalls erweckt Tacitus diesen Eindruck. Wenn dann Germanicus nach der Verfolgung des Arminius von Osten am Kalkrieser Berg vorbeikam, um wieder an die Ems zu gelangen, kam er am dortigen Kampfplatz vorbei. Es wäre für die Moral sicher schlecht gewesen, wenn er jetzt gesagt hätte: "Keine Lust, die hier lassen wir liegen." 5 belegte Tatsachen:
1-Kämpfe an verschiedenen Orten
2-Tumulus beim Ort des Endkampfs
3-Verfolgung des Arminius
4-Rückkehr an die Ems
5-Gruben bei Kalkriese
Kombiniert passen sie zusammen.

Hat Germanicus die Gruben angelegt, lagen sie übrigens definitiv unter Erdhügeln. Zusätzlich zum Aushub kamen ja die Kalkplatten und die Knochen hinein. Zur Befestigung werden auch mehr Grassoden benutzt worden sein, als die Oberfläche der Gruben bot.
 
Oder es sind die erwähnten Gruben, die zu Ehren der Götter mit Kalkstein ausgekleidet sind und in die die Geopferten hineingeworfen wurden, ohne dass sie mit Erde bedeckt wurden.
Was in die Gruben hineingeworfen wurde, waren Knochen, die schon länger herumgelegen hatten und dann aufgesammelt wurden.

Sonst wäre dieser Befund kaum zu erklären.

Dabei zeigte sich, daß in dem Schädelfragment weitere Knochen quasi gesammelt niedergelegt worden waren. Auf dem Bild sind deutlich zwei Röhrenknochen zu erkennen, die durch ein Loch im Schädelknochen nach außen ragen.
 
Ja Sepiola, daran habe ich nicht gedacht. Wenn die Germanen keine Magier dabei hatten, ist es damit eine Möglichkeit weniger.

Aber ich habe ja bestimmt auch Möglichkeiten übersehen.
 
Ich dachte, Du meinst die Germanicus-Legionen.

Genau die.


1-Kämpfe an verschiedenen Orten
2-Tumulus beim Ort des Endkampfs
3-Verfolgung des Arminius
4-Rückkehr an die Ems
5-Gruben bei Kalkriese
Kombiniert passen sie zusammen.
Den tumulus am Ort des Endkampfes kann ich, abgeleitet aus dem Tacitus-Text, nicht als belegt anerkennen. Nach Rost müsste er aber wahrscheinlich sein. Rost geht davon aus, dass bei Kalkriese das römische Heer kollabierte. Es gibt zwar auch noch Kampfspuren weiter westlich, in der Germanensiedlung bei Engter, von durchgebrochenen Römern, aber er meint, die Häufung der Funde in Kalkriese sei eben auf den dortigen Zusammenbruch zurückzuführen. Bis dahin habe man auch die Verwundeten noch mitgeführt. Ich halte das für weitgehend plausibel, wenn auch unbeweisbar und bin mir um ehrlich zu sein, nicht ganz schlüssig, ob ich mich dieser Annahme anschließen kann. Demnach müsste der tumulus in der Nähe von Kalkriese gelegen haben.

Hat Germanicus die Gruben angelegt, lagen sie übrigens definitiv unter Erdhügeln. Zusätzlich zum Aushub kamen ja die Kalkplatten und die Knochen hinein. Zur Befestigung werden auch mehr Grassoden benutzt worden sein, als die Oberfläche der Gruben bot.
Ich würde die Gruben eher für Supplementärgräber halten.
 
Eine Bestattung durch Germanen könnte rituelle Bedeutung gehabt haben. Einen Teil der Beute haben sie ja den Göttern geopfert, wie Tacitus berichtet. Vielleicht gehörte dazu, dass sie die menschlichen Überreste irgendwann unter die Erde brachten. Das wird dann auch bei anderen Schlachten in Erwägung zu ziehen sein.

Zu Kriegsbeuteopfern (Menschen und Waffen) erlaube ich mir einen kurzen Hinweis zur Fundstätte Illerup Ådal:

Germanischer Götterkult: Das Geheimnis der geopferten Armee - SPIEGEL ONLINE
Forschungsgeschichte
 
Ja, das Problem der Kunstprosa. Das hatte ich ja schon angedeutet. Wenn das Ende in einem Lager kam, lagen dort die meisten Toten. Da liegt der Grabhügel dort auch sachlich nahe. Dummerweise gibt's da auch andere Möglichkeiten, wie ich gerne zugebe. Mir ging es an der Stelle auch nur um eine plausible Erklärung der Differenz von Tumulus und Grube.

Kalkriese kann ich immer noch nicht als Endpunkt der Schlacht begreifen. Sonst hieß es ja auch immer, dass die Funde die Flucht von größeren Teilen in verschiedene Richtungen bewiesen. Die Häufung der Funde weist auf einen Schwerpunkt der Schlacht hin. Ein Teil des Trosses und Geldes blieb dabei auf der Strecke. Die Fundhäufung ist noch nicht so groß, als dass der Schluss auf die Vernichtung zwingend wäre. Im Gegenteil: Meist sind Schlachtfelder gut geplündert und hier ist sogar ein systematisches Vorgehen nachgewiesen. Da passt die große Anzahl der Funde eher, wenn die Plünderung erst nach ein paar Tagen stattfand.

Die Ähnlichkeit der Schlacht an den Pontes Longi und der Funde von Kalkriese und die Bezeugung der Ähnlichkeit der beiden Schlachten durch Tacitus lassen vermuten, dass es ganz in der Nähe ein Lager geben muss, welches während der Kämpfe angelegt wurde, wie es auch in anderen Situationen mehrfach bezeugt ist. Das ist ein weiterer Grund, warum ich nicht an das Ende in Kalkriese glauben kann.
 
Zu Kriegsbeuteopfern (Menschen und Waffen) erlaube ich mir einen kurzen Hinweis zur Fundstätte Illerup Ådal:

Aber die Schilderung des Tacitus stimmt damit nicht übereinstimmt. Er erwähnt ausdrücklich Gruben. Im Zusammenhang mit den Opferungen. Dann haben wir hier Rhein-Weser-Germanen, dort Elbgermanen.

Aber in einem stimme ich zu: Das Moor liegt direkt daneben. Dort einen entsprechenden Opferplatz zu finden, wäre natürlich ein Traum. Doch vielleicht gab es hier ein Heiligtum eines anderen Typs. Wir wissen durch Tacitus von Seen wie in Illerup (Historien: Flaggschiff der Rheinflotte, Bataveraufstand) und Wäldern (Germania: Heilige Haine). Auch neben Knüppeldämmen durch Moore sind Idole gefunden worden. Berge als Heiligtümern finde ich in der Literatur auch erwähnt, was aber auch ein Rückschluss sein mag.

Wie schon gesagt, eine Erklärung muss es geben. Sonst war die Schlacht woanders. Und dann fehlt erst recht eine Erklärung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, nicht zwingend! Es bedeutet nur, dass dort eine Menge Material geplündert wurde. Ob es nach der Schlacht dort lag, oder zusammengetragen wurde (Sammelplatz), wissen wir ja nicht!.

Gruß
Andreas

Ich bezog mich auch auf die Kampfspuren am Wall.

Doch auch die Sammelstellen lassen auf einen Schwerpunkt schließen. Diese werden ja nicht angelegt, wo weit und breit nichts zu finden ist.
 
Ich bezog mich auch auf die Kampfspuren am Wall.

Doch auch die Sammelstellen lassen auf einen Schwerpunkt schließen. Diese werden ja nicht angelegt, wo weit und breit nichts zu finden ist.

Ich meine Kampf- und Sammelstelle schließen sich ja nicht aus! Daher können wir meiner Einschätzung nach auch nur schwerlich sagen, wieviel zusammengetragen wurde oder schon da lag!

Eine Sammelstelle würde man wohl dort anlegen, wo man am komfortabelsten "arbeiten" kann und wo ein guter Zugang gegeben ist (z. B. eine Freifläche). Es macht aus meiner Sicht wenig Sinn alle Sachen in den Wald zu schleppen, nur weil dort am meisten liegt.
Natürlich kann die Freifläche auch gleichzeitig der Schwerpunkt der Schlacht gewesen sein.
 
Wie gesagt, die Schildrandblechfragmente sind alle am Wall gefunden worden, was auf eine systematische Plünderung hinweist. Man hat dort am Wall die Schildrandbeschläge von den Schilden abgezogen und zum Transport zusammengefalten. Dabei sind Fragmente abgebrochen und liegen geblieben.
 
Hallo El Quijote,

es ist tatsächlich schwer, und mir offensichtlich nicht gelungen, einen Gedanken zu formulieren, der es dem Gegenüber leicht macht, diesen zu verstehen...
Du schriebst z.B. zu meinen Ausführungen zur Bestattungsaktion:
"Die müssen sich ja ganz schön geknubbelt haben, die Einwohnerzahl einer Kleinstadt an einem einzigen tumulus."
Schau, wenn ich etwas beschreibe, gehe ich davon aus, dass vor dem geistigen Auge des Rezipienten ein adäquates Bild entsteht. Das hab ich offensichtlich bei Dir nicht erreicht.
Wenn ich von einer zentral geleiteten Aktion schreibe, meine ich damit nicht, dass die Einwohnerzahl einer mittleren Kleinstadt wie wild herumwuseln. Ich impliziere damit natürlich, dass bei so einer Aktion die verschiedenen Handlungen koordiniert ablaufen, quasi jeder Kombattant eine oder mehrere konkret zugewiesene Aufgaben hat, die dann mit denen der anderen Leute abgestimmt werden.
Beispielsweise funktioniert sowas sehr anschaulich in einem Bienenstock, wo starke Völker auch leicht etliche Tausend Mitglieder haben können. Wer selber Imker ist, oder einem schon mal zugesehen hat, weiß, was ich meine...

Weiterhin hatte ich nicht vor, mit dem, was ich zur möglichen Verwechslung von Ort und Fluss Amisia geschrieben habe, zu überzeugen. Damit wollte ich eine mögliche Lösung anbieten, die die Heerzüge des Germanicus militärisch etwas sinnvoller macht. Dabei hatte ich dem Text wenige Fehler unterstellt, die ähnlich in unzähligen anderen historischen Texten vorgekommen sind. Überzeugen kann ich jedoch nur, wenn ich handfeste unwiderlegbare Beweise vorweisen kann. Die habe ich nicht.

Deine permanenten Wiederholungen, dass dem Germanicus das Verlangen, die Gefallenen aufzusuchen, erst während des Feldzugs kam, machen dies jedoch nicht glaubwürdiger.
Es ist doch eindeutig von Tacitus beschrieben, das Heer ging in einem Zug bis zu den äußersten Brukterern, alles Land zwischen Amisia und Lupia wurde verwüstet. Und dieses verwüstete Land war nicht weit vom teuto burgiensi saltu - und genau DESHALB, weil man erst jetzt in dessen NÄHE war, überkam dem Caesar das Verlangen! Nicht, weil er den Adler gesehen hatte, nicht weil er sich den Rücken auf seinem Marsch nach Kalkriese offenhalten wollte, oder meinetwegen auch nach seinem geplanten Aufeinandertreffen mit Arminius. Was soll das? Es gab hier keine ernsthaften Gegner! Die paar Brukterer hatte doch schon Stertinius erledigt! Hatten sich Drusus, Ahenobarbus und Tiberius, ebenso Caesar, in den Jahren vorher auch den Rückweg gesichert? Mitnichten! Nicht mal Germanicus selbst, als er den Marsern an den Kragen ging! Beim Chattenfeldzug hatte er nur Dämme und Brücken anlegen lassen, weil er Sorge wegen dem Hochwasser hatte, nicht wegen der Germanen!
Und nun willst Du mich oder wen auch immer überzeugen, dass er deswegen mit 100.000 Mann (incl. Hilfstruppen) von der mittleren Ems erstmal eine Riesenschleife Richtung Südosten bis nahe der Lippe- und Emsquellen (so muss ich es ja verstehen, wenn ich die als Flüsse anspreche) zieht, dabei munter alles verwüstet (was eigentlich? Können doch nur unmilitärische Felder und Ansiedlungen gemeint sein!) um dann, nach getaner Arbeit wieder bis fast zum Ausgangspunkt zurückzuziehen. Dabei lässt er noch den Caecina vorgehen, da das Gelände, was man ja grade erst verwüstet hat, nun nochmals nach Verstecken in den Ländereien durchsucht werden muss und über trügerischen Mooren etc.pp. Brücken gebaut werden müssen. Oder zog man nun nordwestwärts um den Osning? Um den Varuszug nachzuempfinden?
DAS soll überzeugen?

Die Drei- oder Viertages-Marsch-Schlacht ist auch so ein Thema. Konkret schreibt das nur C.Dio so, das ist richtig. Ob unser Tacitus das auch so mit seiner Kurzbeschreibung gemeint hat, ist Ansichtssache. Eigentlich beschreibt er die Stätten recht unkompliziert. ich formuliere das mal so: Zuerst (von weitem?) sah man das intakte Lager, dann (beim Näherkommen) das Halbfertige und mitten im Feld die bleichen Gebeine.
Ich weiß, nicht ganz korrekt, aber eine Lagerschlacht wie von Florus (den hattest Du vergessen zu erwähnen!) berichtet, lässt diese Beschreibung auch zu. Nun kann man natürlich in den Text viel hineininterpretieren: Tacitus schreibt literarisch gerafft, er baut das Geschehen klimakterisch überhöht auf - und viele andere schöne Formulierungen mehr. Alles nur, damit seine Beschreibung mit Dio konform geht. Letzterer wird ansonsten als maßloser Übertreiber bei der Beschreibung des Geländes, des Wetters und was weiß ich nicht, gesehen. Da ist es legitim, was anderes zu verstehen, als der gute Mann schreibt, ebenso bei Florus - da ist "man" sich einig, nicht wahr?
Überzeugend ist das für mich nicht.

Grüße
Ostfale
 
Zuletzt bearbeitet:
Es steht doch eindeutig im Text, dass die Brukterer vor Stertinius ausgewichen sind. Da blieb als Strategie nur die Zerstörung übrig.

Die Geschichtsschreibung der klassischen Antike ist sehr gut untersucht. Man weis, wie die Autoren vorgegangen sind und welche Schulen es gab. Z.B. sind die gehaltenen Reden ausgedacht. Und zwar indem der Autor so schrieb, wie er meinte, dass die Rede hätte gehalten werden müssen. Das ist überprüfbar. Denn es sind auch Reden als solche überliefert, die mit ihren Gegenstücken in den Geschichtswerken wenig zu tun haben. Thukydides beschreibt es sogar selbst.

Auch für militärische Aktionen gibt es verfälschende Verfahrensweisen. Daher kann man Tacitus und Dio Cassius ziemlich sicher beurteilen. Tacitus gibt ein Gesamtbild. Auch wenn er einen Klimax aufbaut, bleibt es dabei: intaktes Lager, zusammengesunkener Wall, Schlachtfeld, Überreste, immer schrecklichere Details. Damit hat er eine dritte Methode eingeflochten: Wenn man das Gesamtbild nicht schildern kann, schildere die Details. Und hier sind wir dann bei Cassius Dio, der vorwiegend Einzeleindrücke der Schlacht zeigt, wie sie so oder so ähnlich seiner Meinung nach haben stattfinden müssen. Das ist natürlich vom Historiker auszusondern. Was bleibt übrig: die dreitägige Schlacht. Und Tacitus: 2 Lager, 2 Tage. Dass die Lager in Sichtweite voneinander lagen, kann man wegen seiner Methoden, die er wesentlich kunstvoller als Dio anwendet, nicht sagen. Und natürlich muss man einen großen Teil der Details streichen. Und genau hier ist das Problem: Gibt es Details, die nicht zu streichen sind? Ja. Die Überlebenden erzählen. Die Opferungen. Diese Motive sind zu zentral. Die -auch von mir - vielzitierten Gruben sind hingegen unsicher. Ohne den Befund in Kalkriese würde ich sie als Ausschmückung abtun.

Das widerspricht ja auch nicht Florus, wenn man bedenkt, dass das Ende in den schlechten Wällen gekommen sein wird. Dann muss man nur davon ausgehen, dass Florus schlecht informiert war. Er wusste nur vom Ende im Lager, das ja auch anderswo überliefert ist und berichtete dies unter Ausschmückungen als ganze Schlacht. Wieso kann man das so interpretieren? Ganz einfach. Er ist nicht der einzige, der so vorgegangen ist. Bis auf die Ausschmückungen tun wir hier nichts anderes: Wir gehen von den Quellen aus, die uns vorliegen.

Zu der Problematik kann ich empfehlen: Dieter Flach, Römische Geschichtsschreibung, Darmstadt 1985. Zu Beginn erläutert er auch die Hauptströmungen der Griechischen Geschichtsschreibung.
 
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