Ganz anders sah das bei den Kelten aus. Dort gab es Kriegerkasten, die auch Kopfjägerei betrieben
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Hatte man sich der ca. 4% Krieger entledigt, so kam es zu keinem nennenswertem Widerstand mehr. Siehe auch Tacitus Annalen III.Buch (46): "Denn schon rückten die Legionen in Kampflinie heran, und das ungeschulte, mit dem Kriegsdienst nicht vertraute Stadtvolk zeigte, als es diese sah und hörte, nicht die erforderliche Fassung."
Also zwischen Kelten und Germanen gab es auch im militärischen Dingen deutliche Unterschiede.
Okay, das mag so gewesen sein. Trotzdem befanden sich (wenn man Caesars Angaben trauen will) in der Stadt 70.000 Gegner, die Caesar weiter belagern musste, während er außerhalb von 110.000 Gegnern, vorwiegend Reiter, bedrängt wurde. Das war sicher nicht alles "ungeschultes Stadtvolk". Caesar indes hatte meiner Erinnerung nach zehn Legionen zur Verfügung. Demnach war er zahlenmäßig nicht mal dem Stadtvolk gewachsen. Zumal er in dieser Situation in der "Angreiferrolle" war, die - militärischen Grundsätzen zufolge - eigentlich eine zahlenmäßige Überlegenheit (man sagt: 3:1) erfordert.
Na ja...ein toter Germane wurde auch nicht wieder lebendig. Kleine Stämme , wie die Marser, konnten nicht schnell ihr Kontingent wieder erneuern. Das war doch der Vorteil der Römer. Wurde eine Legion besiegt, so erschien sofort eine neue Legion.
Naja, aus dem Boden gewachsen sind diese Legionen auch nicht. Ein Vorteil Roms war sicher seine Integrationskraft. Sprich: Sie haben besiegte Völker in das Reich eingegliedert - und die Angehörigen dieser Völker gleich in die Legionen gesteckt. Was in spätaugusteischer Zeit in Germanien passierte, konnten aber auch die Römer nicht so leicht wegstecken. Mit Varus hatten sie annähernd die Hälfte ihrer Truppen an der Nordgrenze eingebüßt. Die mussten ersetzt werden. Dies schwächte die Truppen, die ursprünglich mal für den Zug gegen Marobod vorgesehen waren. Gegen Germanen
und gegen Marbod konnte auch Rom nicht vorgehen. Die Verluste der Germanicus-Feldzüge haben diese Situation nicht besser gemacht. Dass die Marser über die plötzlich neu auftauchenden Truppen schockiert waren, will ich glauben. Aber die Marser waren nur
einer der feindlichen Stämme. Tacitus berichtet aber auch, dass Gallien zu dem Zeitpunkt kaum noch in der Lage war, die Legionen mit Waffen und Nachschub zu versorgen.
Übrigend muss man zweifeln, ob die Tacitus-Berichte gerade an dieser Stelle stimmig sind. Woher wussten die Stämme im Lipperaum eigentlich, dass die Germanicus-Flotte gesunken war? Und wenn sie auf dem Meer zerstreut wurde, wie konnte dann Germanicus bei den Chauken landen? Wie konnten Angrivarier römische Gefangene von Stämmen "im Binnenland" freikaufen? Wieso waren die Gestrandeten von Feinden umgeben, wo doch Friesen, Bataver und Chauken römische Verbündete waren. Diese Passage der Annalen ist irgendwie dubios. Die nährt eher den Verdacht, dass die Verluste in den Gefechten größer als zugegeben waren und dass der Sturm nur "erfunden" war, um das zu tarnen. Aber das nur am Rande.
Und ob... u.a. wurde im Sauerland Erz abgebaut. Auch wäre durch ein Sieg über die Germanen eine potentielle Gefahr für die römische Provinz Gallien ausgeschaltet gewesen.
Der Erzabbau ging auch nach der Varusniederlage und den Germanicus-Zügen weiter. Erz muss man nicht eroberen. Man kann es auch kaufen. Überdies war die Entscheidung von Tiberius, sich auf die Rheinlinie zurückzuziehen, keine Kapitulation. Er ist im Grunde nur zu der alten Caesar-Strategie zurückgekehrt: Den Rhein sichern, notfalls auch mit Präventivschlägen gegen Stämme in Germanien, ansonsten Ruhe halten und zum Beispiel Handel treiben. Übrigens scheinen schon die Germanicus-Züge solche Präventivschläge gewesen zu sein. Tacitus berichtet, dass angesichts der Meuterei der Rhein-Legionen der Feind Anstalten gemacht habe, nach Gallien einzufallen. Aber auch das nur am Rande.
Es stimmt...selbst eine gut organisierte und vorbereitete Armee ist auf dem Marsch verwundbar. Allerdings gibt es auch Maßnahmen, die diese Gefahr beseitigen können.
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...aber Cäsar schickte eine Reserve von 300 Legionären und die Reiterei zur Nachhut, die nur die Angreifer abwehren sollten....und schon war der Spuk beendet.
Die Disziplin ist dafür entscheidend. Auch als die Parther den Antoniuszug angriffen, ordneten sich die Legionäre ohne Befehl zu einer schützenden "testudo". Gut ausgebildete Truppen konnten halt mitdenken. Und Varus hat nicht über Idioten verfügt.
Das passierte in Situationen, in denen die Römer in Gefechtsformation marschiert sind und Platz zum Manövrieren hatten. Beides war bei Kalkriese nicht der Fall. Da befand sich der mit dem Tross durchmischte Zug in der Engstelle zwischen Kalkrieser Berg und Sumpf. Und ich vertraue Frau Wilbers-Rost, wenn sie schreibt, dass diese Engstelle sechs Kilometer lang und zumindest am schmalsten Punkt nur am unteren Rand des Berges passierbar war.
Und kein Römer läuft wie ein Lemming an einem Wall entlang und läßt sich je nach Belieben abschlachten. Nach dem Motto: "Jeder 10. Römer wird angegriffen".
Nun, den archäologischen Spuren nach haben sie
genau das gemacht. Sie sind dran vorbeigezogen. Gekämpft wurde dabei nur auf der Sumpfseite, nicht auf der Hangseite des Walls. Die Römer haben also offenbar nicht versucht, den Wall zu nehmen, oder es ist ihnen nicht gelungen. Beides wäre plausibel. Dort war nun definitiv eine Engstelle, durch die sich der Zug hindurchpressen musste. An der Stelle konnten die Römer nicht einfach so genug Truppen sammeln, um erfolgreich gegen eine von mehreren tausend Gegnern gehaltene Befestigung vorzugehen. Dazu hätte der ganze Zug erstmal zum Stehen gebracht werden müssen, was wegen der (meiner Ansicht nach andauernden) Angriffe auf die Nachhut und die Flanken zumindes schwer durchsetzbar war. Ein bisschen hingen diese Legionäre ja schließlich auch am Leben. Die wollten in erster Linie aus dieser beengten Situation, in der sie nahezu schutzlos waren, raus. Die Germannen hatten bei dem Wall also immer eine punktuelle zahlenmäßige Überlegenheit. Hätte der Wall den Weg blockiert, wäre das anders gewesen. Dann hätten sich zwangsläufig römische Truppen vor der Befestigung gestaut. Es wäre dabei laufend "Verstärkung" von hinten eingetroffen.
Und warum mußten die Germanen durch den Graben steigen, um auf den Wall zu gelangen? Warum fand man Reste eines Bettgestells am Wall? Wollten die Römer so auf den 1,5m hohen Wall gelangen? Wieso lagen dort soviele Kisten? Fragen über Fragen...
Der Graben hinter dem Wall war meines Wissens ein Entwässerungsgraben. So ein Ding muss nicht zwei Meter breit und 1,50 Meter tief sein. Der ist vielleicht 40 cm breit und tief. Da steigt man mit einem Schritt drüber.
Warum das Bettgestell und die Kisten? Vielleicht sind an der Stelle die Zugochsen eines Karrens niedergemacht worden und die kämpfenden Legionäre hatten keine Lust, das Luxusbett von Varus auf dem Buckel über das Schlachtfeld zu schleppen? Wer auch immer an der Stelle zugange war: Dort ist eine Schlacht ausgetragen worden (und keine kleine, angesichts 30 Quadratkilometer Fundgebiet). Da geht es angeblich drunter und drüber und die Leute haben andere Sorgen als Kisten und Bettgestelle.
MfG