Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Aufrechnen musst du dann wiederum die Einheiten, die neben den drei Legionen dabei waren.

Das stimmt natürlich.
Aber Harnecker ging es seinerzeit um den Kern der Truppen, also die drei Legionen.

Aber gerade die Einheiten neben den Legionen sind natürlich interessant.
Insbesondere die genannten sechs Kohorten.
Muss man eigentlich zwangsläufig davon ausgehen, dass dies Hilfstruppen waren?
Das wäre das wahrscheinlichste.
Gesichert scheint auch dies nicht.
Interessant scheint die Frage, ob die ein oder andere Kohorte nicht auch aus einer anderen Legion kam.
 
Das stimmt natürlich.
Aber Harnecker ging es seinerzeit um den Kern der Truppen, also die drei Legionen.

Aber gerade die Einheiten neben den Legionen sind natürlich interessant.
Insbesondere die genannten sechs Kohorten.
Muss man eigentlich zwangsläufig davon ausgehen, dass dies Hilfstruppen waren?
Das wäre das wahrscheinlichste.
Gesichert scheint auch dies nicht.
Interessant scheint die Frage, ob die ein oder andere Kohorte nicht auch aus einer anderen Legion kam.
Ich bezweifle dass man genaue Angaben so über die Truppenstärken machen kann. Was ist der Grund für seine Annahme?
 
Es sind ja auch keine genauen Angaben, sondern Schätzungen.

Man muss das Ganze im Kontext sehen. Die Kalkriesedebatte war immer, teilweise auch innerwissenschaftlich aber hauptsächlich außerwissenschaftlich, von einer gewissen Polemik gegen die Deutung als Varusschlachtort geprägt. Dazu gehörte auch immer das Kleinreden der Funde dort. 20.000 Mann sollen nur so einen geringen Fundniederschlag hinterlassen haben? Nur 17 nachgewiesene Individuen? Diese Fragen sind methodisch absolut berechtigt und müssen beantwortet werden (wurden aber nicht immer aus wissenschaftlichem oder wohlwollendem Interesse formuliert). Und natürlich verändert sich auch die Problematik nicht, wenn man die Zahlen um die Hälfte reduziert. Man muss das vielmehr als Formulierung einer Erwartungshaltung maximal möglicher Funde verstehen.
Auch wenn sich die Hinweise darauf, dass Kalkriese Varusschlachtort war durch die jüngsten metallurgischen Forschungsergebnisse noch weiter verdichtet haben, so haben wie nach wie vor das Problem, dass der Oberesch und die umgebenen Grundstücke mit Funden sicher nur einen Ort der Schlacht darstellen. Cassius Dio sagt ja, sie habe 3 bis 4 Tage gedauert, Tacitus spricht von einem ersten und einem letzten Lager, das erste von der Größe her drei Legionen entsprechend, das letzte unvollendet, offenbar mit letzter Kraft noch zu errichten versucht. Wie viele Lager es zwischen diesem ersten und letzten Lager gab, erfahren wir nicht. Tacitus bestätigt hier aber die Angabe, dass die Vernichtungsschlacht mehrere Tage dauerte. Vielleicht hatten die Überlebenden der ersten Gefechte auch bereits geglaubt, sich freigeboxt zu haben. Was uns fehlt, sind eben weitere Schlachtorte, nur auf dem Oberesch kann due Schlacht nicht stattgefunden haben.
 
Es sind ja auch keine genauen Angaben, sondern Schätzungen.

Man muss das Ganze im Kontext sehen. Die Kalkriesedebatte war immer, teilweise auch innerwissenschaftlich aber hauptsächlich außerwissenschaftlich, von einer gewissen Polemik gegen die Deutung als Varusschlachtort geprägt. Dazu gehörte auch immer das Kleinreden der Funde dort. 20.000 Mann sollen nur so einen geringen Fundniederschlag hinterlassen haben? Nur 17 nachgewiesene Individuen? Diese Fragen sind methodisch absolut berechtigt und müssen beantwortet werden (wurden aber nicht immer aus wissenschaftlichem oder wohlwollendem Interesse formuliert). Und natürlich verändert sich auch die Problematik nicht, wenn man die Zahlen um die Hälfte reduziert. Man muss das vielmehr als Formulierung einer Erwartungshaltung maximal möglicher Funde verstehen.
Auch wenn sich die Hinweise darauf, dass Kalkriese Varusschlachtort war durch die jüngsten metallurgischen Forschungsergebnisse noch weiter verdichtet haben, so haben wie nach wie vor das Problem, dass der Oberesch und die umgebenen Grundstücke mit Funden sicher nur einen Ort der Schlacht darstellen. Cassius Dio sagt ja, sie habe 3 bis 4 Tage gedauert, Tacitus spricht von einem ersten und einem letzten Lager, das erste von der Größe her drei Legionen entsprechend, das letzte unvollendet, offenbar mit letzter Kraft noch zu errichten versucht. Wie viele Lager es zwischen diesem ersten und letzten Lager gab, erfahren wir nicht. Tacitus bestätigt hier aber die Angabe, dass die Vernichtungsschlacht mehrere Tage dauerte. Vielleicht hatten die Überlebenden der ersten Gefechte auch bereits geglaubt, sich freigeboxt zu haben. Was uns fehlt, sind eben weitere Schlachtorte, nur auf dem Oberesch kann due Schlacht nicht stattgefunden haben.
Wie auch immer. Die angenommene Abweichung ist enorm! Da kann ich auch schätzen dass es nur 6000 Römer waren die insegsamt gekämpft haben.
 
Wie auch immer. Die angenommene Abweichung ist enorm! Da kann ich auch schätzen dass es nur 6000 Römer waren die insegsamt gekämpft haben.

Welche Abweichungen? Wovon weicht was ab?
Es geht hier nur um den Kern der Truppen, also die drei Legionen. Das war Harneckers Aussage seinerzeit.
Wir wissen grob, dass die Sollstärke einer Legion in augusteischer Zeit ca. 6000 Mann stark war.
Ich habe aber in meinem Beitrag dargestellt, dass die Sollstärke nur selten erreicht wurde.
Von, ich glaube Patercullus (bin mir nicht sicher) wissen wir, das römische Truppen in ganz Germanien verteilt waren und auch so etwas wie "polizeiliche" Maßnahmen durchgeführt haben. Die Germanen haben sie einfach beschäftigt. Ein Streit hier, ein anderer dort. Ich habe auch auf die Vexilationen hingewiesen.
Auf jeden Fall halte ich die Ausführungen von Harnecker durchaus für realistisch und gut begründet. Er wird auch für seine Zahlen gute Gründe haben. Und 6000 Mann für drei Legionen halte ich für unrealistisch wenig. Aber, wer weiß? Harnecker ist Wissenschaftler und ich denke, er wird diese Schätzungen schon gut überlegt haben. Es sind nicht seine persönlichen Schätzungen, sondern wie ich das verstanden habe schon allgemeine Schätzungen von Historikern und Archäologen. Natürlich kann man Zahlen immer anzweifeln. Dieser Vortrag war von 2009. Aber ich denke, die Meinung hat sich nicht stark verändert. Die Begründung ist logisch. Aber wir leben leider in Zeiten, in denen wissenschaftliche Meinungen nicht mehr viel zählen...

Um noch kurz auf die Ausführungen von @ELQ #5943 einzugehen:
Absolut richtig! Polemik war immer angesagt, ich sage nur Schoppe und Co.
Das haben wir hinreichend in diesem Thread diskutiert.
Sorry, man wird langsam müde...

Zur Fundsituation in Kalkriese möchte ich nochmals anmerken:
Viele meinen es handelt sich dort um Funde einer Schlacht.
Nein, nimmt man den momentanen Wissensstand, so handelt es sich um Funde nach einer Plünderung!
Da bleibt nunmal nicht soviel übrig wie manch einer es sich wünscht!
So ein toller vollständiger Schienenpanzer wird die Ausnahme bleiben, zumindest vorerst.
Aber ich wette, dass dieser Fundplatz noch jede Menge Überraschungen bereit hält...
 
Zuletzt bearbeitet:
Es sind ja auch keine genauen Angaben, sondern Schätzungen.
Korrekt. Ich verstehe nur nicht so genau warum er davon ausgeht.
Dazu gehörte auch immer das Kleinreden der Funde dort. 20.000 Mann sollen nur so einen geringen Fundniederschlag hinterlassen haben? Nur 17 nachgewiesene Individuen? Diese Fragen sind methodisch absolut berechtigt und müssen beantwortet werden (wurden aber nicht immer aus wissenschaftlichem oder wohlwollendem Interesse formuliert). Und natürlich verändert sich auch die Problematik nicht, wenn man die Zahlen um die Hälfte reduziert. Man muss das vielmehr als Formulierung einer Erwartungshaltung maximal möglicher Funde verstehen.
Ich denke das was man in kalkriese gefunden hat ist nicht wenig. Das ist eine ganze Menge! Und man muss auch bedenken dass das nur ein Ausschnitt ist dessen ist was dort insgesamt gefunden werden kann/wird.
Auch wenn sich die Hinweise darauf, dass Kalkriese Varusschlachtort war durch die jüngsten metallurgischen Forschungsergebnisse noch weiter verdichtet haben, so haben wie nach wie vor das Problem, dass der Oberesch und die umgebenen Grundstücke mit Funden sicher nur einen Ort der Schlacht darstellen. Cassius Dio sagt ja, sie habe 3 bis 4 Tage gedauert, Tacitus spricht von einem ersten und einem letzten Lager, das erste von der Größe her drei Legionen entsprechend, das letzte unvollendet, offenbar mit letzter Kraft noch zu errichten versucht. Wie viele Lager es zwischen diesem ersten und letzten Lager gab, erfahren wir nicht. Tacitus bestätigt hier aber die Angabe, dass die Vernichtungsschlacht mehrere Tage dauerte. Vielleicht hatten die Überlebenden der ersten Gefechte auch bereits geglaubt, sich freigeboxt zu haben. Was uns fehlt, sind eben weitere Schlachtorte, nur auf dem Oberesch kann due Schlacht nicht stattgefunden haben.
Natürlich ist Kalkriese nur ein Teilauschschnitt der Varusschlacht. Ich vermute dass man eines Tages auch noch andere Lagerspuren finden wird, wenn diese nicht zerpflügt oder anderweitig zerstört worden sind. So denke ich dass die Römer vor Kalkriese noch irgendwo bei Rödinghausen ein Lager hatten, vorausgesetzt der Ausgangspunkt waren die Ems/Lippe-Quellen.
 
Wie auch immer. Die angenommene Abweichung ist enorm! Da kann ich auch schätzen dass es nur 6000 Römer waren die insegsamt gekämpft haben.

Das dürfte allerdings schwer zu begründen sein.

Da möchte ich @salvus ausdrücklich recht geben.

Wir haben die Literaturverseise auf 3 Legionen, die in der "Varusschlacht" mehr oder minder untergegangen sein sollen und wir kennen die Sollstärke einer augusteischen Legion von etwa 6.000 Mann.

Wir reden also von 18.000 Mann Sollstärke zuzüglich Auxiliartruppen, wahrscheinlich also von einem Gesamtaufgebot von um die 30.000 Mann herum oder mehr, selbst wenn man mal annimmt, dass die Legionen ihre Sollstärke de facto vielleicht um einige 100 Mann unterschritten haben mögen (Krankeiten, Verletzungen, sonstige Ausfälle, Garnisonsaufgaben etc.).

6.000 Mann hätte bedeutet, dass alle drei Legionen nur bei einem Drittel ihrer Sollstärke gewesen wären und den Römern keine Auxiliare zur Verfügung gestanden hätten.
Das wäre etwas arg tief gestapelt.

Vielleicht kann man wegen nicht vollständiger Sollstärke, Ausfällen und Abstellung zu anderen Aufgaben annehmen, dass die Legionen ihre Sollstärke vielleicht um 10% oder 20% unterschritten haben dann hätte man es vielleicht mit 14.500 oder 16.000 statt 18.000 Mann (+ Auxiliare) zu tun, das wäre vielleicht im Bereich der realistischen Schwankungen.

Aber letztendlich ist das ein durchaus überschaubarer Rahmen und bei moderneren Schlachtereignissen nicht anders auch da hat man im Grunde bis ins 19. Jahrhundert hinein nur sehr ungefähre Zahlen, die man etwas mit Vorsicht genießen muss, denn auch da wurden korruptionsbedingt gerne mal auf dem Papier Mannschaften abgerechnet, die de facto nicht vorhanden waren oder deren Ausrüstung nicht dem Soll entsprach.

Das änderte sich im Grunde erst mit der Wehrpflicht, dem Abgehen von Söldnereinheiten und der zunehmenden politischen Kontrolle der Militäretats ab dem 19. Jahrhundert.

Das hatte aber auch Grenzen und ging in aller Regel nicht so weit, dass es die Kampffähigkeit der Einheiten grundsätzlich beeinträchtigte oder ganze Einheiten nur auf dem Papier existierten.

Annahmen die dahin gehen die Sollstärke mal eben um 2/3 zu unterschreiten oder in ähnliche Stoßrichtungen, müssen demgemäß als ziemlich unwahrscheinlich erscheinen.
 
Das ist eine ganze Menge! Und man muss auch bedenken dass das nur ein Ausschnitt ist dessen ist was dort insgesamt gefunden werden kann/wird.

Da wäre ich nicht ganz so optimistisch

Nicht weil ich der Meinung bin, dass da einfach nur ein Scharmützel hochstilisiert wird, sondern weil möglicherweise die beteiligten Parteien ein Interesse daran hatten die sterblichen Überreste zu entfernen und die auch durch andere Ereignisse abhanden gekommen sein können.

Allein durch Erdrutsche kann etc. kann von potentiellen Schlachtorten schon einiges unter Tonnen von material begraben und signifikant von seinem ursprünglichen Lagerkontext entfernt worden sein. 2.000 Jahre sind eine verdammt lange Zeit, da ist so etwas absolut denkbar.

Sollte das Gebiet um die Schlachtorte von "germanischen" Gruppen/Siedlungsgemeinschaften bewohnt worden sein, mussten die ein Interesse haben die Leichen so schnell wie möglich weg zu schaffen, allein um wegen der Abertonnen von verwesendem Fleisch nicht sämtliche Raubtiere der Umgebung in die unmittelbare Umgebung ihrer Wohnstätten zu locken.
Und was in irgendeiner Form metallisch und daher wertvoll war, selbst wenn in seiner ursprünglichen Funktion defekt, wird es tendenziell geplündert worden sein.

Es kann also sehr gut sein, dass bereits wenige Monate/Jahre nach der Schlacht ein Großteil der Überreste von den Bewohnern der Umgebung abgeräumt wurden.
Anorganische Kleinteile können um so leichter in irgendwelchen Erdrutschen, starken Regenfällen, Schneeschmelzen etc. mitgerissen und ganz anders wo verteilt worden sein, wo man sie möglicherweise nicht mehr en bloc sondern nur noch als Einzelfunde vorfindet.

Ich würde von dem her nicht unbedingt davon ausgehen wollen, dass da unbedingt noch größere Anhäufungen von Material gefunden werden, wobei das was in Kalkrise gefunden wurde natürlich ausreicht um jedenfalls festzuhalten, dass das was da stattgefunden haben muss mehr war, als ein unbedeutendes Scharmützel mit vielleicht ein paar Duzend Beteiligten.
 
30.000 ist aber auch wieder viel zu viel.

Konkrete Angaben zur Zusammensetzung des vernichteten Heeres macht Velleius Paterculus (II,117): "legionum trium todidemque alarum et sex cohortium", also drei Legionen, ebensoviele Alen und sechs Kohorten.
Wenn man von Sollstärken ausgeht, wären das also 3x6.000 + 3x500 + 6x600 = 23.100. (Wobei wir allerdings nicht wissen, was für Kohorten das gewesen sein sollen, also könnten sie, wenn es Auxiliareinheiten waren, auch abweichende Sollstärken gehabt haben.) Da Sollstärken wohl kaum erreicht waren, wird man ein paar tausend Mann abziehen müssen.
 
Sollte das Gebiet um die Schlachtorte von "germanischen" Gruppen/Siedlungsgemeinschaften bewohnt worden sein, mussten die ein Interesse haben die Leichen so schnell wie möglich weg zu schaffen, allein um wegen der Abertonnen von verwesendem Fleisch nicht sämtliche Raubtiere der Umgebung in die unmittelbare Umgebung ihrer Wohnstätten zu locken.

Das war offensichtlich nicht der Fall. Die Knochen, die bestattet wurden, waren bereits abgenagt.

"Zusammen mit den Verbissspuren an den Knochen muss man deshalb zu dem Ergebnis kommen, dass die Knochen der bestatteten Individuen bereits vollkommen aus dem anatomischen Verband gelöst waren und mehrere Jahre an der oberfläche gelegen hatten, bevor sie in die Gruben gelangten – nach Einschätzung der bearbeitenden Anthropologin aber nicht mehr als 10 Jahre."​
Ereignis- versus Strukturgeschichte: zum Verhältnis von Archäologie und Geschichtswissenschaft am Beispiel der frühprinzipatszeitlichen Fundplätze Kalkriese und Waldgirmes
 
Vielleicht kann man wegen nicht vollständiger Sollstärke, Ausfällen und Abstellung zu anderen Aufgaben annehmen, dass die Legionen ihre Sollstärke vielleicht um 10% oder 20% unterschritten haben dann hätte man es vielleicht mit 14.500 oder 16.000 statt 18.000 Mann (+ Auxiliare) zu tun, das wäre vielleicht im Bereich der realistischen Schwankungen.
Hier wird aber behauptet es wären höchstens 10 000 Mann gewesen.
 
Das war offensichtlich nicht der Fall. Die Knochen, die bestattet wurden, waren bereits abgenagt.

Ich sehe da den Widerspruch nicht so ganz.
Ist ja durchaus möglich, das Teile der Überreste übersehen oder bereits von Tieren weggezerrt wurden, bevor es möglich war alle Überreste zu beseitigen.
Oder sich die Aasfrsser bereits darüber hermachten, als man noch damit beschäftigt war andere Überreste wegzuschaffen.

Wenn wir hier potentiell über ein paar 1.000 Tote reden, würde eine Beseitigung der Überreste natürlich seine Zeit gedauert haben, im Besondern dann, wenn nur die Bewohner der näheren Umgebung ein wirklich starkes Interesse daran hatten.
Bei solchen Mengen an Toten wäre wahrscheinlich Verbrennen der Leichen um nicht dauerhaft Wildtiere anzulocken, keine wirkliche Option gewesen, da hätte man potentiell einen ganzen Wald für kahlschlagen müssen um genügen Feuerholz zu bekommen, und wenn wir annehmen, dass es bereits Herbst war, würde das auch nicht zwangsläufig trocken gewesen sein.

Entsprechend zeitaufwändig wäre eine Entsorgung der sterblichen Überreste wahrscheinlich gewesen.
 
Nach dem anthropologischen Befund lagen die Knochen mindestens zwei und maximal zehn Jahre an der Erdoberfläche. Ist ja auch nichts mehr im Verband bestattet*. Der Lageort eines Schädels konnte anhand der Zähne eines Gefallenen identifiziert werden. Von denen war gerade noch der Zahnschmelz übrig und in situ.

Tacitus berichtet ausdrücklich, dass die Legionen des Germanicus sechs Jahre nach der Schlacht auf die bleichen Gerippe ihrer Kameraden stießen, einen Tumults errichteten und sie bestatteten.

Ein Teil der Kalkriesedebatte drehte sich dann auch immer darum, warum man nur 17 Individuen und keine Spuren des (freilich bereits ein Jahr später zerstörten) tumulus fand. Der tumulus befand sich sicher nicht auf dem Oberesch.

Von Kalkriese nur wenig entfernt lag bei Engter eine Buntmetall verarbeitende Schmiede. Das Gehöft scheint bereits vor der Varusschlacht existiert und diese überstanden zu haben. Allerdings dürfen wir hier nicht mit einer allzu dichten Besiedlung rechnen, denn die Landschaft hier war nicht besonders fruchtbar. Spätmittelalterlicher Mittelalterlicher Eschauftrag und Industriedünger an dem 19. Jhdt. haben hier das Landschaftsbild erst spät verändert.


*Abgesehen von einigen Mittelhandknochen, die einer Erklärung bedürfen. Rost meint, dass sie aufgrund einer versorgten Verletzung im Verband blieben und mit dem Verband im Grab landeten.
 
Ein Teil der Kalkriesedebatte drehte sich dann auch immer darum, warum man nur 17 Individuen und keine Spuren des (freilich bereits ein Jahr später zerstörten) tumulus fand. Der tumulus befand sich sicher nicht auf dem Oberesch.

Ich denke an der Geschichte mit dem Tumulus muss man sich nicht mehr abarbeiten. Alleine durch die potentielle Ausdehnung des Fundgebiets ist klar, dass das kaum als sinnvolles Argument herhalten kann.
Der bzw. dessen Reste kann sich sonstwo befunden haben und längst durch andere Strukturen überbaut worden sein.

Tacitus berichtet ausdrücklich, dass die Legionen des Germanicus sechs Jahre nach der Schlacht auf die bleichen Gerippe ihrer Kameraden stießen, einen Tumults errichteten und sie bestatteten.
Womit wir wieder bei der Problemtaik wären, dass Tacitus nicht dabei war, erst ein halbes Jahrhundert nach den Ereignissen schrieb und es sich kaum sagen lässt ob er das realistisch schildert oder ob das mit gewaltigen Übertreibungen verbunden ist.

Was genau bedeutet das "Auffinden der bleichen Gerippe ihrer Kameraden" in Zahlen?
Hat man sich das dahingehend vorzustellen, dass dort noch die Überreste von hunderten bis tausenden von Schlachtteilnehmern zu finden waren, oder haben wir uns darunter eher vorzustellen, dass bei der Begehung des Schlachtfeldes noch in irgendeinem Gebüsch ein paar Dutzend Skelette aufzufinden waren, die möglicherweise beim Abräumen der Überreste aus irgendwelchen gründen übersehen worden sind oder etwas in der Art?

Die Stelle ist offensichtlich interpretierbar.


Allerdings dürfen wir hier nicht mit einer allzu dichten Besiedlung rechnen, denn die Landschaft hier war nicht besonders fruchtbar.

Mit einer allzu dichten Besiedlung rechne ich auch nicht.

Je kleiner allerdings die vorhandene Besiedlung, eine desto größere Problematik hätte das Anlocken größerer Mengen von raubtieren sein müssen und um so länger hätte es wahrscheinlich gedauert das Schlachtfeld einigermaßen von den Überresten zu räumen.

Wenn ich mir so etwas zusammenspinne, dann gehe ich auch durchaus nicht davon aus, dass sich irgendjemand potentiell die Mühe gemacht hätte die gesamte Strecke des potentiellen Schlachtfeldes abzugehen und da sämtliche Leichen weg zu schaffen, sondern mehr, dass man vielleicht im Umkreis von ein paar Km um die eigene Behausung herum die Überreste wegschaffte, um sich selbst zu schützen.
Würde es sich so abgespielt haben würden Teile des Schlachtfelds, wenn sie nur weit genug von den Wohnplätzen entfernt lagen, wahrscheinlich nicht angerührt worden sein und man hätte da sicherlich noch Überreste finden können, während aber möglicherweise der Löwenanteil doch beseitigt worden sein könnte, allerdings nicht in einer Hau-Ruck-Aktion innerhalb von ein paar Tagen, sondern über einen längeren Zeitraum.

Zugegebenermaßen alles spekulativ, aber durchaus denkbar.
 
Was genau bedeutet das "Auffinden der bleichen Gerippe ihrer Kameraden" in Zahlen?
Hat man sich das dahingehend vorzustellen, dass dort noch die Überreste von hunderten bis tausenden von Schlachtteilnehmern zu finden waren, oder haben wir uns darunter eher vorzustellen, dass bei der Begehung des Schlachtfeldes noch in irgendeinem Gebüsch ein paar Dutzend Skelette aufzufinden waren, die möglicherweise beim Abräumen der Überreste aus irgendwelchen gründen übersehen worden sind oder etwas in der Art?
"medio campi albentia ossa, ut fugerant, ut restiterant, disiecta vel aggerata", also "mitten auf dem Feld bleichende Gebeine, wie sie geflohen waren, wie sie Widerstand geleistet hatten, verstreut oder aufgehäuft".
Demzufolge können das nicht nur ein paar Knochen in einem Gebüsch gewesen sein, sondern über eine größere Fläche verteilt, teils einzeln, teils in Haufen.
 
Das haben wir doch schon ausführlich diskutiert. Nur auf stocktrockenem Boden wären bleichende Knochen über Jahre hinweg frei sichtbar gewesen. Andern Falls hätte dichter, bis meterhoher Wuchs von Gräsern und Unkräutern alles eingeschlossen. Unter Laub-Bäumen hätte eine dicke, feuchte Laubschicht alles bedeckt.
 
Unter Laub-Bäumen hätte eine dicke, feuchte Laubschicht alles bedeckt.
Die von Jahr zu Jahr immer weiter anwächst, bis sie zu den Baumkronen reicht, oder wie sollen wir uns das vorstellen?
Wenn ich aus meinem Fenster sehe, blicke ich auf eine Eiche, die derzeit mal wieder ihre Blätter abgeworfen hat. Das Laub räumt kein Mensch weg, doch im Lauf der Monate tun sich Asseln, Würmer, Schnecken, Insekten, Pilze und Mikroorganismen daran gütlich, und im Sommer ist es praktisch verschwunden.


Ich sehe da den Widerspruch nicht so ganz.
Das erstaunt mich. Du hast doch gelesen, dass die Knochen mehrere Jahre an der Oberfläche gelegen hatten, bevor sie in die Gruben gelangten?
 
Sepiola, Du weißt aber schon wie Humus entsteht und im Laufe der Zeit Dinge darunter gegraben werden, dauert halt.
In 6 Jahren natürlich nicht, aber Knochen könnten da schon schwerer zu finden sein.
 
Auf jeden Fall bleichen sie kaum noch, sondern sind mit einer Schicht überzogen. Pilzsammler kennen das Problem, wenn sie nach dem Blätterfall auf Suche gehen.
 
Auf jeden Fall bleichen sie kaum noch, sondern sind mit einer Schicht überzogen. Pilzsammler kennen das Problem, wenn sie nach dem Blätterfall auf Suche gehen.


Nach meinem Verständnis lagen die Gebeine auf einem Feld, nicht im Sinne von Acker, sondern wie unbewaldete Fläche:

"mitten auf dem Feld bleichende Gebeine, wie sie geflohen waren, wie sie Widerstand geleistet hatten, verstreut oder aufgehäuft".

Von daher sollte mangels Bäumen auch kein Laub da liegen, und die Knochen dürften da durchaus bleichen.
 
Zurück
Oben