Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

In diesem Zusammenhang aus totaler Laiensicht gefragt: die Euphorie über den "metallurgischen Fingerabdruck von röm. Legionen" schwindet angesichts der Zweifel, dass man genügend Vergleichsfunde finden und damit einen Datensatz für sämtliche säuberlich voneinander geschiedene Legionen zusammenstellen kann (ganz zu schweigen vom Zeitraum, in welchem der Vergleichsdatensatz gültig sein soll) - begreife ich das richtig?

Man kann ja offenbar nachweisen, dass der metallurgische Fingerabdruck von nachgewiesenen Standorten der 19. Legion mit dem von Kalkriese stärker korrespondiert als etwa mit Legionsstandorten, wo andere Legionen nachgewiesen sind. Natürlich liegen zwischen der Nutzung Dangstettens und Kalkriese 24 bis 18 Jahre. Allerdings hatte ein Legionär auch eine Dienstzeit von 25 Jahren und man darf wohl davon ausgehen, dass Weitergaben von Rüstungsbestandteilen eher innerhalb derselben Legion anstatt zwischen verschiedenen Legionen vonstatten gingen (wenn Legionen nicht gerade gemeinsam operierten oder stationiert waren). Insofern ist es absolut nachvollziehbar, dass der metallurgische Fingerabdruck erkennbar ist. (Ich vergleiche das gedanklich mit einer DNA-Spur, wo man vielleicht den Verursacher der DNA-Spur nicht in der Datenbank hat, aber einen entfernten Verwandten.)
Wir müssen ja bedenken, dass Metall ein schwer zu gewinnendes Gut war und Kreislaufwirtschaft herrschte. Bis sich Plastikprodukte durchsetzten und sich eine Wegwerfmentalität Bahn brach, war Kreislaufwirtschaft nicht innovativ, sondern der absolute Normalfall, gerade was Metalle anbelangt.

Dafür werden in den meisten Fällen einfach die hinreichenden Fundmengen fehlen, Einzelstücke können auf tausend Wegen zu irgendwelchen Fundorten gelangt sein.
Selbstverständlich, das sage ich Hermundure ja auch immer bei seinen so gehypten "Münzspuren", anhand derer er glaubt, Feldzüge nachvollziehen zu können. Allerdings, wenn du eine wirklich große Menge von Funden hast und innerhalb dieser großen Menge von Spuren eine Sachgruppe X (hier bestimmt durch den metallurgischen Fingerabdruck) auffallend hoch ist im Vergleich zu anderen Orten, dann ist das eine nciht abzuweisende statistische Relevanz.
 
Ich weiß leider auch nicht wie gut die verfahren sind b.z.w. weiß ich nicht woran das ausgemacht wird. Laut den Fachleuten und Zuständigen mit welchen ich mal gesprochen habe und den Berichten aus verschiedenen Artikeln soll jede Legion eindeutig zuordenbare metallurgische Muster besitzen.
Das war die Ausgangshypothese 2016, diese ist jetzt, 2022 durch die Dissertation von Annika Diekmann offenbar bestätigt worden.
 
Das war die Ausgangshypothese 2016, diese ist jetzt, 2022 durch die Dissertation von Annika Diekmann offenbar bestätigt worden.
Ja, aber das erklärt nicht woher die Idee stammt, b.z.w. der Nachweis, dass dieses Verfahren auch zuverlässig ist. Man muss ja zuerst herausfinden ob man Legionen überhaupt exakt zuordnen kann. Ich halte das zwar für plausibel verstehe aber den genauen wissenschaftlichen Hintergrund nicht.
 
Ich weiß leider auch nicht wie gut die verfahren sind b.z.w. weiß ich nicht woran das ausgemacht wird. Laut den Fachleuten und Zuständigen mit welchen ich mal gesprochen habe und den Berichten aus verschiedenen Artikeln soll jede Legion eindeutig zuordenbare metallurgische Muster besitzen. Wenn sich das allerdings als Fehler herausstellen sollte wäre damit auch die Aussagekraft der Methode im A****.

Kurz dargestellt:

1. Metallagerstätten haben i.d.R. eine ziemlich einzigartige chemische Zusammensetzung, was das Verhältnis der Beimengung anderer Materailien angeht.
Ich muss an dieser Stelle dazu sagen, dass ich nicht weiß ob die Art der Verarbeitung Einfluss darauf hat, wie präzise sich das nachweisen lässt grundsätzlich müsste das bei so ziemlich jedem Metall möglich sein, wobei es dann auch sonderfälle wie z.B. extraterrestisches Material gibt.

2. Wenn man davon ausgeht, dass Metalle meistens der direkten Umgebung bezogen wurden (schon wegen der Transportschwierigkeiten) setzt sich damit bei längerem Aufenthalt in der Nähe einer konkreten Lagerstätte natürlich das Material mit den chemischen Eigenschaften der Umgebung durch.
Wechselt der Standort und wird erneut lange beibehalten, wiederholt sich der Vorgang und es kommen in der Masse wieder einigermaßen homogene Materialien hinzu, die dem neuen Standort entsprechen.

Metalle die Eingeschmolzen und umgearbeitet werden, nehmen dann chemische Eigenschaften an, die sich aus der Kombination der Vorgänger ergeben.

Insofern lassen sich aus der Metallurgie theoretisch Hinweise auf die vorherigen Standorte ziehen und aus denen lässt sich über Reliktfunde und Schriftzeugnisse theoretisch ableiten um welche Legionen es sich gehandelt haben müsste.


So weit die Theorie.

Nur wie gesagt, es kann natürlich z.B. passieren, dass Legionen an Standorten standen, an denen bestimmte Metalle aus der näheren Umgebung überhaupt nicht verfügbar waren und sie ihre Metalle eben aus völlig anderen Gegenden bezogen, in denen sie aber tatsächlich nie stationiert waren.

Ein weitetres Problem, das hier noch nicht in Gänze thematisiert wurde, ist dass eine Legion als militärischer Verband natürlich laufend sein Personal wechselte.
Selbst wenn man annimmt, dass es de facto keine Ausfälle gibt und jeder Legionär 25 Jahre ableistete, tauschte eine Legion ihren Mannschaftsbestand innerhalb von 12 Jahren um die Hälft aus, die tatsächliche Rotation, durch Verluste im Kampf, Krankheiten, Unfälle etc. dürfte deutlich schneller gegangen sein.

Das bedeutet, dass jede Legion einen kontinuierlichen Zustorm von Menschen aus sehr verschiedenen Herkunftsregionen haben konnte und gerade auf der Ebene der Buntmetalle, also von Gegenständen, die möglicherweise nicht unmittelbar zur Ausrüstung gehörten einiges aus den entferntesten Ecken des Imperiums mitbringen konnten, was dann natürlich kontinuierlich in den Buntmetallbestand mit einfloss.

Hinzu können natürlich noch eingeschmolzene Beutestücke etc. kommen, die das Gesamtbild wieder ändern.


Die Vorstellung eines metallurgischen Fingerabdrucks einer Legion funktioniert dann, wenn man die Legion als relativ konstanten Verband betrachtet.
Das wird man aber bereits mit Hinblick auf die personelle Fluktuation nur für wenige Jahre annehmen können.

Weiß man wo eine Legion stand und bekommt genügend Funde für einen solchen matallurgischen Fingerabdruck zusammen, lässt sich daraus vielleicht einigermaßen präzise an hand von Funden nachzeichnen, was die Legion in den fünf jahren davor oder danach gemacht hat.
Danach kann sich durch Neuaufteilugen, Zustrom neuer Metalle etc. die Zusammensetzung schon wieder so verändert haben, dass das nicht mehr so eindeutig ist, jedenfalls sehe ich dieses Problem dabei.


Edit: Was sich wenn man einigermaßen kontinuierlich Funde einer bestimmten Legion hätte, möglicherweise konstruieren ließe wäre eine Abfolge chemischer Zusammensetzungen, verglichbar mit dendrochronologischen Sequenzen, als als Auswertungsystem nützlich sein könnte, aber dafür wird wahrscheinlich einfach die Funddichte nicht hinreichend sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man muss ja zuerst herausfinden ob man Legionen überhaupt exakt zuordnen kann.

Man kann die Legion selber nicht konkret einem metallurgischen Befund zuordnen, sondern man kann aus den Funden die Herkunft der Metalle bestimmen und über die Herkunftsregionen einen Schluss daraus ziehen um welche Legion es sich gehandelt haben mag, wenn man davon ausgeht, dass diese länger an einem bestimmten Standort stand und immer wieder vor allem Metall aus lokalen Lagerstätten in den Bestand der Ausrüstung und persönlicher Gegenstände eingegangen ist.
Daraus ergibt sich dann gewissermaßen eine Signatur, aber die ist zum einen veränderlich, zum anderen funktioniert das möglicherweise nicht, wenn die Standorte schnell wechselten oder aus anderen Gründen größere Mengen Metalls in den Bestand der Legion einsickerten, die aus Regionen stammte, in denen diese nie stationiert war.

Möglicherweise könnte z.B. eine Legion in einer relativ erzarmen Region gestanden und ihre Bestände durch Importe aus Britannien, der iberischen Halbinsel oder anderen erzreichen Regionen aufgefüllt haben, kann ja sein.

Ein reines Verlassen auf die Metallurgie würde dann einen Legionsstandort in Britannien oder auf der iberischen Halbinsel nahelegen und man würde das Spekturm auf Legionen eingrenzen von denen klar ist, dass sie dort stationiert waren.
Möglicherweise sitzt man dann aber einem massiven Fehlschluss auf, weil die Legion tatsächlich nie dort stand und kommt zu keinem Ergebnis, weil die Zusammesnetzung des Metalls nicht zu den überlieferten Standorten einer Legion zugeordnet werden kann.
 
Die hier notwendige Krücke ist die Statistik. Die führt aber nie zu einem eindeutigen Beweis, sondern nur zu einer (prozentualen) Wahrscheinlichkeit von Zusammenhängen. Und die Bewertung von Wahrscheinlichkeitsprozenten trägt subjektiven Charakter.
 
Die hier notwendige Krücke ist die Statistik. Die führt aber nie zu einem eindeutigen Beweis, sondern nur zu einer (prozentualen) Wahrscheinlichkeit von Zusammenhängen. Und die Bewertung von Wahrscheinlichkeitsprozenten trägt subjektiven Charakter.

Das Problem ist eher, dass keine zwangsläufige Verbindung zwischen Legionsstandorten und Metallagerstädten, die sich identifizieren lassen besteht.
Es lässt sich aus dem Metall heraus zwar sagen, woher die einzelnen Bestandteile kommen, das beweist aber nicht, dass eine Legion tatsächlich auch da stationiert war.

Das liegt zwar möglicherweise nahe, kann aber auch andere Gründe haben und dann zu Fehlschlüssen führen.
 
Ja, aber das erklärt nicht woher die Idee stammt, b.z.w. der Nachweis, dass dieses Verfahren auch zuverlässig ist. Man muss ja zuerst herausfinden ob man Legionen überhaupt exakt zuordnen kann. Ich halte das zwar für plausibel verstehe aber den genauen wissenschaftlichen Hintergrund nicht.

In einem der Artikel, die letzte Woche zu dem Thema erschienen sind, wurde erwähnt, dass dieses Verfahren auch schon in England von einem Forscher angewendet wurde. Ich meine, der Herr hatte einen spanischklingenden Nachnamen.
 
Allerdings, wenn du eine wirklich große Menge von Funden hast und innerhalb dieser großen Menge von Spuren eine Sachgruppe X (hier bestimmt durch den metallurgischen Fingerabdruck) auffallend hoch ist im Vergleich zu anderen Orten, dann ist das eine nciht abzuweisende statistische Relevanz.

Ja, aber wie schon oben angesprochen, das kann dann mitunter auch täuschen, weil möglicherweise auch Metalle in diese Melange Eingang finden konnten, die aus Lagerstätten stammten, in deren Nähe die Legion nie stationiert war.

Ich sehe da die Gefahr, dass durch Metallzuflüsse, die über längere Handelsverbindungen erfolgt sein können über deren Lagerstätten die Metallurgie auf potentielle Standorte schließen lässt, an denen die Legion möglicherweise aber nie stand.
Hält man sich einzig daran, löst diese Methode in bestimmten Fällen möglicherweise eher Verwirrung aus, als das sie Fragen beantwortet.

Außerdem könnten sich dadurch möglicherweise Verwechslungen ergeben.
 
Die Grundannahme ist, dass die Buntmetalle der Legion sich in einem ständigen internen Wertstoffkreislauf befanden und die Verwendung von neuen Metallen aus Erzlagerstätten keine große Rolle gespielt hat.
Pressemappe Museum Kalkrise schrieb:
Nun haben die Forschenden an sieben Legionsstandorten die Buntmetalle in den Fokus genommen: Diese sind unendlich recyclebar und wurden von den Legionsschmieden vor Ort bearbeitet, z. B. bei der Reparatur von Waffen- und Ausrüstungsteilen wie Fibeln, Gürtelschnallen oder Riemenhalter. „Über zwei Jahre haben wir rund 550 Proben entnommen und mit chemischen Verfahren analysiert“, so Annika Diekmann, Forschungsbereich Forschungslabor in Bochum. Die Metalle, die zur Reparatur in den Lagerschmieden eingesetzt wurden, enthalten Spurenelemente in so geringen Mengen, dass sie von den römischen Schmieden unbemerkt blieben und auch nicht willentlich beeinflusst wurden. Diese Elemente sind über die ursprünglichen Erze, die diversen Zuschläge bei der Verarbeitung oder auch durch Anhaftungen an den Werkzeugen in die Metalle gekommen.

https://www.kalkriese-varusschlacht.de/presse/pressemappe-metallurgischer-fingerabdruck.html
 
Nur wie gesagt, es kann natürlich z.B. passieren, dass Legionen an Standorten standen, an denen bestimmte Metalle aus der näheren Umgebung überhaupt nicht verfügbar waren und sie ihre Metalle eben aus völlig anderen Gegenden bezogen, in denen sie aber tatsächlich nie stationiert waren.
Dazu kommt noch die Frage ob es nicht trotzdem denkbar wäre dass sich Material vermischte?
 
Die Grundannahme ist, dass die Buntmetalle der Legion sich in einem ständigen internen Wertstoffkreislauf befanden und die Verwendung von neuen Metallen aus Erzlagerstätten keine große Rolle gespielt hat.

Da lässt sich allerdings die Frage stellen ob diese Annahme tatsächlich nachweisbar zutreffend ist.

Es wird ja sicherlich auch vorgekommen sein, dass defekte Ausrüstungsteile hin und wieder einfach verloren gingen, so dass sie nicht unmittelbar aus dem vorhandenen Bestand durch Einschmelzen und umarbeiten zu ersetzen waren, so dass in gewissen Maßen Nachschub heran musste und davon abgesehen reden wir ja gerade bei Buntmetallen nicht nur über Ausrüstung, sondern auch über Gegenstände die dem persönlichen Besitz der Legionäre zuzuordnen sind und in diesem Sinne möglicherweise vom anderen Ende des Imperiums her zuströmten oder dorthin abflossen.

Gerade Abflüsse durch das Verlieren von Material, sei es auf längeren Märschen oder in Kampfhandlungen etc. dürften sich am Ende doch summiert haben und da musste sicherlich auch mal Material zugekauft werden um das zu substituieren.
 
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Man kann die Legion selber nicht konkret einem metallurgischen Befund zuordnen, sondern man kann aus den Funden die Herkunft der Metalle bestimmen und über die Herkunftsregionen einen Schluss daraus ziehen um welche Legion es sich gehandelt haben mag, wenn man davon ausgeht, dass diese länger an einem bestimmten Standort stand und immer wieder vor allem Metall aus lokalen Lagerstätten in den Bestand der Ausrüstung und persönlicher Gegenstände eingegangen ist.
Daraus ergibt sich dann gewissermaßen eine Signatur, aber die ist zum einen veränderlich, zum anderen funktioniert das möglicherweise nicht, wenn die Standorte schnell wechselten oder aus anderen Gründen größere Mengen Metalls in den Bestand der Legion einsickerten, die aus Regionen stammte, in denen diese nie stationiert war.

Möglicherweise könnte z.B. eine Legion in einer relativ erzarmen Region gestanden und ihre Bestände durch Importe aus Britannien, der iberischen Halbinsel oder anderen erzreichen Regionen aufgefüllt haben, kann ja sein.

Ein reines Verlassen auf die Metallurgie würde dann einen Legionsstandort in Britannien oder auf der iberischen Halbinsel nahelegen und man würde das Spekturm auf Legionen eingrenzen von denen klar ist, dass sie dort stationiert waren.
Möglicherweise sitzt man dann aber einem massiven Fehlschluss auf, weil die Legion tatsächlich nie dort stand und kommt zu keinem Ergebnis, weil die Zusammesnetzung des Metalls nicht zu den überlieferten Standorten einer Legion zugeordnet werden kann.
Ich habe gelesen dass auch die Legionen in Brittanien und an anderen Orten in ihrem „metallurgischem Fingerbadruck“ deutlich von Kalkriese abweichen.

In einem der Artikel, die letzte Woche zu dem Thema erschienen sind, wurde erwähnt, dass dieses Verfahren auch schon in England von einem Forscher angewendet wurde. Ich meine, der Herr hatte einen spanischklingenden Nachnamen.
Ja, das war ein mexikanischer Forscher. Den Artikel las ich auch.
 
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Es ist ein statistisches Verfahren. Es sind ja nicht das eine reine Metall, es sind ja auch die Isotopen dieses Metalls. Und gerade der Anteil der Isotopen ist charakteristisch. Die Kombinationen dieser Isotopenverteilungen verschiedener Metalle ergibt dann Kombinationen die noch charakteristischer sind.
Diese metallurgische Signatur z.B. einer Legion ändert sich nicht abrupt, sondern schleichend.
Wenn wir jetzt bestimmte Eigenschaften nicht als diskret (ja/nein) sondern als Elemente von Punktwolken betrachten, ergeben sich sehr charakteristische Muster.

Ein Beispiel: ich bin Mediziner von Beruf, bin jenseits der fünfzig, spreche Englisch, Deutsch, Spanisch, Latein und Französisch, interessiere mich lebhaft für die Varusschlacht, Südtirol und die Kanaren und lebe in NRW. Mit diesen Charakteristika bin ich extrem sicher bei einer polizeilichen, wissenschaftlichen oder werbetechnischen "Rasterfahndung" zu identifizieren.

Man kann einzelne Merkmale herausnehmen oder niedriger werten, die Kombinationen dieser Allele sind immer sehr ähnlich.
Ihr könntet z.B. jeden beliebigen Artikel im Geschichtsforum nach diesen Kriterien prüfen, der Computer würde innerhalb kürzester Zeit den Autor identifizieren.
Für metallurgische Analysen gilt ähnliches.
 
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Es wird ja sicherlich auch vorgekommen sein, dass defekte Ausrüstungsteile hin und wieder einfach verloren gingen, so dass sie nicht unmittelbar aus dem vorhandenen Bestand durch Einschmelzen und umarbeiten zu ersetzen waren
Zum besseren Verständnis hilft es sich ein Blick auf die fragile Ausrüstung der Legionäre.

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Bildnachweis: https://www.archaeologie-online.de/...chen-ueberlieferung-die-fallstudie-kalkriese/

Die obige Abbildung zeigt einen Legionär zur Zeit der Varusschlacht. Rot markiert sind jene Fragmente, die in Kalkriese gefunden wurden.
Davon sind aber jetzt nur die Teile aus Buntmetall interessant. Der Gürtel besteht aus zahlreichen kleinen Beschläge aus Buntmetall, ebenso die Schwert- und Dolchaufhängung, die Zierbeschläge am Schild, die Scharniere und Verschlüsse am eisernen Helm und den eisernen Segmenten des Brustpanzer.

Die meisten dieser Buntmetallteile sind fest vernietet oder vernagelt. Wenn da etwas ausgetauscht werden muss, müssen die Nieten gelöst werden und können kaum ohne Beschädigung entfernt werden. Bei den meisten Reparaturen der Rüstung und des Gürtels wird Schrott aus Buntmetall entstanden sein.

Die Kleinteile, die in Kalkriese ausgegraben wurden, sind wahrscheinlich genau die Teile, die schnell verloren gingen und laufend ersetzt werden mussten.

Wie oft ist es einem Legionär wohl passiert, dass von den frei am Gürteln baumeln dünnen Leder-Ptreges einer abgerissen ist? Da war dann gleich ein dutzend Buntmetallbeschläge verschwunden.

Wenn ein Legion mit 3000 Mann losmarschiert, fallen ständig irgendwelche Bronzeteile ab und die Nachzügler am Ende der Kolonne werden ständig irgendwelche Sachen aus Buntmetall finden. Wenn die das gleich zum Einschmelzen bringen, schließt sich der Wertstoffkreis und im Schmelztiegel wird alles durchmischt.
 
Ja, aber wie schon oben angesprochen, das kann dann mitunter auch täuschen, weil möglicherweise auch Metalle in diese Melange Eingang finden konnten, die aus Lagerstätten stammten, in deren Nähe die Legion nie stationiert war.

Ich sehe da die Gefahr, dass durch Metallzuflüsse, die über längere Handelsverbindungen erfolgt sein können über deren Lagerstätten die Metallurgie auf potentielle Standorte schließen lässt, an denen die Legion möglicherweise aber nie stand.
Hält man sich einzig daran, löst diese Methode in bestimmten Fällen möglicherweise eher Verwirrung aus, als das sie Fragen beantwortet.
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Da nicht die reinen Metalle sondern die Isotope beachtet werden braucht man nicht unbedingt die Lagerstätten der Erze zu kennen, sondern die Orte, in der eine Legion stationiert war. Vorzugsweise mehr als eine Feldzugsaison.

Jede Erzgrube hat eine andere Isotopenzusammensetzung der Erze. Da aber das Erz auch aus mehreren Lagerstätten kommen kann ist es schwierig über die Lagerstätten der Erze auf die Legion zu schließen.

Was ist ein Isotop? Ein Isotop ist eine unterart eines Elementes. Mit unterschiedlichen Atomkernen. Das kommt durch unterschiedliche Wege der Erzeugung der Atome.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Isotop
 
In einem der Artikel, die letzte Woche zu dem Thema erschienen sind, wurde erwähnt, dass dieses Verfahren auch schon in England von einem Forscher angewendet wurde. Ich meine, der Herr hatte einen spanischklingenden Nachnamen.


Hier ist noch der "Erfinder", auch wenn mir scheint, dass der Akzent auf seinem Nachnamen falsch gesetzt ist (Fernández):

Es zeigt sich, dass sich die Buntmetalle römischer Legionen in ihrer Zusammensetzung unterscheiden lassen. Erste Hinweise darauf konnte Pablo Fernàndez Reyes (Universität Liverpool) in einer früheren Arbeit zu den Legionsstandorten in Großbritannien aus dem 1.–3. Jahrhundert n. Chr. gewinnen.​


Metallurgischer Fingerabdruck weist Legion des Varus in Kalkriese nach

Auch interessant ist die Karte im Artikel, die die untersuchten Legionsstandorte aufführt.

Die Doktorarbeit von Fernández Reyes findet sich hier: https://livrepository.liverpool.ac.uk/2003529/1/Fernandez-ReyesPab_Sep2014_2003529.pdf
 
Jetzt könnte man den Thread ja nach 14 Jahren in „Kalkriese als Ort der Varusschlacht nicht mehr so zweifelhaft“ umbenennen. ;)
 
Moin

Eigentlich wohl eher nur ein Teil der Schlacht, wahrscheinlich das "letzte Gefecht".
Die Gefechte zogen sich ja wohl entlang der gesamten Marschroute hin.
Daher wäre es nun interessant, diese in etwa zu bestimmen.
Das ist auch meine Ansicht. Kalkriese kann nur ein sehr kleiner Ausschnitt der gesamten Varusschlacht sein. Das Ganze Gebiet muss sich über etwa 60 - 80 km gezogen haben wenn man normale Marschgeschwindigkeiten annimmt. Alleine Tacitus beschreibt die Begehung des Ortes. Und zwar so dass man einen Beginn der Schlacht irgendwo jenseits der Lippequellen im oder hinter den dort liegenden Höhenzügen zwischen Brilon und Bielefeld. Von dort aus ergäbe eine Verortung des Schlachtbeginns nahe dem Bereich zwischen Detmold, Bielefeld und sagen wir mal Herford m.E nach am ehesten Sinn. Dort wären die Römer dann in nordwestliche Richtung marschiert und hätten irgendwo zwischen dem Wiehengebirge und Herford ein vorletztes Lager aufgebaut bevor sie nach Kalkriese kamen. In diesen Kontext würden auch die von Cassius Dio gemachten Angaben Sinn ergeben (von den ganzen Übertreibungen und Topoi mal abgesehen).
 
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