Hallo Cécile,
vielen Dank für Deine Beschreibung - ja, ich glaube, ich kann mir jetzt ganz gut vorstellen, wie sowas ausgesehen hat.
Wobei ich mich frage, wie man das gewaschen hat ohne dass die Wolle verklumpt...
Vielleicht gar nicht? Wenn man noch Strümpfe drüber trägt, braucht man es ja auch nicht (so oft) zu waschen. Und wenn es nur einen Steg hat und keinen Strumpf, dann fängt es ja auch nicht so schnell an, nach Schweiß zu riechen. Oder man konnte die Polsterung rausnehmen? Wenn ich richtig informiert bin, hat man ja zum Beispiel auch Spitzenmanschetten vor dem Waschen von Hemden abgenommen, getrennt gewaschen, und hinterher wieder angenäht.
Es gibt aber auch eine Karikatur eines Dandys, der sich falsche Waden tatsächlich umschnallt. Inwieweit das aber wahrheitsgemäß ist wage ich zu bezweifeln, denn man würde ja sehen wie sich die Bänder und Schnallen durch die Strümpfe abzeichnen.
Das kann ich mir zwar auch nicht vorstellen - sicher sollte die Karikatur zeigen, welche albernen Auswüchse das Dandytum haben konnte? Aber natürlich haben Leute schon immer allerhand Merkwürdiges getan, um irgend einem Schönheitsideal zu entsprechen, und nicht immer ist es sofort offensichtlich, dass das, was sie tun, wirklich zum gewünschten Ideal führt, und nicht etwa lächerlich wirkt (wie wenn man noch die Schnallen der falschen Waden sehen würde).
Als ich noch in Schottland gewohnt habe, war ich mal in einem Schloss in den Highlands, wo eine Ausstellung von Gegenständen und Möbeln seines Besitzers aus dem 18. Jahrhundert zu sehen war (ich müsste daheim nachsehen, wo genau das war - in den drei Jahren habe ich einiges besichtigt...). Jedenfalls gab es da zwei Dinge, die mich nachhaltig beeindruckt haben: Falsche Augenbrauen aus Mäusefell, die sich die Herren mit Fischleim ins Gesicht geklebt haben, weil buschige Augenbrauen gerade en vogue waren (das muss so um 1760 gewesen sein): Man sah sicher auch sofort, dass der Brauenträger kein Vorfahr von Theo Waigel war, sondern ein Stück Maus über dem Auge kleben hatte. Und die Erklärung zu den überall vor den Kaminen stehenden kleinen Kaminschirmchen (etwa von der Größe eines DIN-A4 Papiers, auf einem Ständer in der Höhe des Gesichts, wenn man vor dem Kamin saß), war folgende: Weil die Damen blass, glatt und unbewegt erscheinen wollten, bestrichen sie sich ihr Gesicht mit Wachs. Das schmolz natürlich, wenn man vor einem Kamin saß, weshalb man sich dann einen solchen Kaminschirm vors Gesicht stellte. Viel zu sagen oder zu lachen hatten sie offensichtlich nicht, die schottischen Damen - und ob es so toll aussah, mit einer Wachsschicht im Gesicht?
Fashion Victims gibt es ja auch heute genug, aber das Ausmaß des Sich-Wunderns ist vielleicht kleiner, weil man an die heutigen Lächerlichkeiten eher gewöhnt ist. Die damaligen Merkwürdigkeiten, die manche Leute unternahmen, um "schön" zu sein, erschienen den Menschen damals sicher ebenso weniger absurd als uns heute.
Viele Grüße,
Gnlwth