Karl VI. Reanimierung des Kaisertums oder Totengräber desselben?

Hätten die Habsburger unter Josef I. und Karl VI. ihre Ressourcen und Kräfte, welche sie für den Gewinn der spanischen Krone aufwendeten, im Sinne einer Reanimierung des Reiches nicht besser in Italien investieren müssen?
Im Sinne des Reiches ganz klar JA, aber im Sinne des Hauses Österreich?
Karl VI. musste befürchten, dass entweder Bayern oder Sachsen, beide katholisch und dynastisch mit dem Kaiserhaus verbunden, nach seinem Tod nach der Kaiserkrone greifen würden. (am 30.10. 12:03 hatte ich diese Option schon betont). Die Reichslehen in Italien wären dann direkt dem Zugriff eines Kaisers aus dem Hause Wittelsbach oder Wettin ausgeliefert gewesen und die Reichsexekution, die sich ja selbst Frankreich 1741-45 auf die Fahnen schreiben durfte, hätte als scharfes Schwert noch wirkungsvoller gegen das Haus Österreich geschwungen werden können.
Erstaunlicher für mich ist, dass Louis XIV. nicht versuchte ein Reichsstand zu werden/zu bleiben, womit er dauerhaft besser Einfluss auf das Reich hätte ausüben können, als mit seinem Rheinbund, der sich als mehr als anfällig erwies. Diese wunderlich Entwicklung drängte Frankreich, sosehr es auch an Boden gewann aus dem Reich heraus, bis dann in der 2.Hälfte des 18.Jh. der Einfluss nur noch marginal war und höchstens noch militärisch beeindruckend. Sicherlich passte das einfach nicht in das Denkschema des Sonnenkönigs. Die polnischen Versuche zur Zeit Karl VI., die Frankreich mehrfach mit dem Prinzen Conti und auch dem Schwiegervater Louis XV. startete, waren daher allerdings von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Diese europäische Politik zu betrachten ist höchst spannend, habe ich das schon erwähnt?=)
 
Zur Frage von Barbarossa/Brissotin betreffs der Lehnshoheit des Reichs in Oberitalien

Während Norditalien noch unter den Staufern zum Reichsverband zählte (Reichsitalien), ging die reale Macht des Reichs in den nächsten Jahrhunderten kontinuierlich zurück. Dass lag zum einen an den mächtig werdenden oberitalienischen Stadtrepubliken, die bereits im 16. Jh. nur noch einer schattenhaften Oberlehnshoheit des Reichs unterstanden (z.B. Genua, Florenz, Mailand).

Verheerende Kriege zwischen Habsburgern und Franzosen, die auf italienischem Boden ausgetragen wurden, schwächten den Einfluss des Reichs weiter. Zum anderen schieden all jene Territorien völlig aus dem Reichsverband aus, die das nicht zum Reich zählende Venedig vom 13.-16. Jh. erwarb. Dazu zählen z.B. die Herrschaften Carrara, Brescia, Verona, Camineti, Bergamo und das Patriarchat Aquileja. Mit ihrer Einverleibung durch Venedig, das damit seine Terra Ferma begründete, waren sie dem Reich entzogen.

Nach dem 30jährigen Krieg und dem Westfälischen Frieden war das alte Reichsitalien dem Reich völlig entfremdet, was die Geschichtsatlanten durch Rücknahme der Reichsgrenze auf Deutsch-Österreich (Südgrenze von Tirol/Kärnten) veranschaulichen.

Wenn auch das Reich im 18. Jh. Italien längst verloren hatte, so gewannen die Habsburger - nicht in ihrer Funktion als Kaiser und Reichsoberhaupt - starken Einfluss. 1708 erwarben sie Mantua, 1714 das Hzm. Mailand (österreichische Linie, nachdem es zuvor zur spanischen Linie gezählt hatte), 1735 Parma und 1737 das Ghzm. Florenz. Damit hatten sie ihre Hausmacht in Oberitalien beträchtlich ausgeweitet, was sich nach dem Sturz Napoleons und dem Wiener Kongress 1815 noch vertiefte: Damals erwarben sie noch die ehemalige Republik Venedig hinzu, und fassten Mailand und Venedig als "Lombardo-Venetianisches Königreich" zusammen.

Im übrigen ist festzustellen, dass die Regierungszeit Karls VI. den Höhepunkt barocker Kultur bildet, deren künstlerische Schöpfungen bis heute das Bild Österreichs und der ihm damals zugehörigen Länder prägen. Politisch hat er mit der Pragmatischen Sanktion Weitsicht bewiesen, und der nachfolgende Verlauf der Geschichte gibt ihm darin Recht.
 
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Hätten die Habsburger unter Josef I. und Karl VI. ihre Ressourcen und Kräfte, welche sie für den Gewinn der spanischen Krone aufwendeten, im Sinne einer Reanimierung des Reiches nicht besser in Italien investieren müssen?
Der spanische Erbfolgekrieg ist nichts als eine Fortsetzung des Jahrhundertelangen Ringes, zwischen dem "weltweit tätigen Familienunternehmen" Habsburg und Frankreich, um die Hegemonialstellung Europas. Hätte dieser Krieg Habsburg einen Sieg gebracht statt eines blutigen Patts so hätte es wohl geheißen: "The winner takes it all....".
Mit anderen Worten man spielte einfach um alles oder nichts, verglichen damit waren die Lehensgebiete eine Kleinigkeit.
 
Immerhin hat der Spanische Erbfolgekrieg beträchtliche territoriale Verschiebungen bewirkt: So wurde Spanien aus dem Reich der Habsburger herausgebrochen und kam unter die Herrschaft einer Bourbonenlinie. Damit hatte Frankreich die Umklammerung durch Habsburg gesprengt und ein lang erstrebtes Ziel erreicht. An Österreich fielen im Frieden von Utrecht 1713 Mailand, Mantua, Neapel und die spanischen Niederlande, was wegen der zerstückelten Ländermasse keinen sonderlich großen Machtgewinn bedeutete.
 
Mit anderen Worten man spielte einfach um alles oder nichts, verglichen damit waren die Lehensgebiete eine Kleinigkeit.
Aber das heißt, dass die Realitäten, wohl von beiden Lagern, nicht erkannt wurden. Darin sind wir uns vermutlich einig. Weder der Konflikt um Italien noch der um das spanische Restreich konnte von Karl VI. als wirklich erfolgsversprechend eingeschätzt worden sein, wenn er nicht alle Augen vor der tatsächlichen außenpolitischen Lage verschloss.

Prinz Eugen hatte ja eine Politik zu Gunsten des Reiches angestrebt, die trotz aller Huldbeweise seiner drei Herrscher, unter denen er kämpfte und Politik gestaltete, aber bei ihnen keinen Widerhall fanden. Er hatte wenig von dem spanischen Abenteuer gehalten, vermutlich auch wenig von dem Schacher mit Lothringen, um das begierige Sachsen erstmal wieder auf Kurs zu halten.
Die Reichspolitik und die Vorstellungen Prinz Eugens sollten vielleicht mal näher in Relation zu den Ereignissen gesetzt werden und man bemerkt vielleicht, dass er doch nicht soviel Einfluss auf das Haus Österreich besaß, wie es oberflächlich erscheint.:grübel:
 
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Aber das heißt, dass die Realitäten, wohl von beiden Lagern, nicht erkannt wurden. Darin sind wir uns vermutlich einig. Weder der Konflikt um Italien noch der um das spanische Restreich konnte von Karl VI. als wirklich erfolgsversprechend eingeschätzt worden sein, wenn er nicht alle Augen vor der tatsächlichen außenpolitischen Lage verschloss.
Er spielte um alles oder nichts, also die absolute Vorherrschaft in Europa, und verlor. Ja ich würde dir zustimmen. Wobei natürlich verlieren sehr relativ ist, das reiche Flandern, nur mal so zum Bsp., hat den Finanzen sicher nicht geschadet
 
Flandern war auch für den Handel überhaupt äußerst wichtig. Das ist wahr.

Aber in wie weit setzte sich die österreichische Außenpolitik mit den Konsequenzen auseinander? Wie weit gab es Vernunftsentscheidungen?

Wir wissen ja, dass das Ressourcenwesen in der Bürokratie der neueren Neuzeit eher erst unter Friedrich Wilhelm I. Einzug hielt. Also müssten die Entscheidungen und auch die Beratungen über Kriegsführung und Allianzpolitik in ganz kleinem Kreise in Wien erledigt worden sein. In wie weit kannte dieser sich mit außenpolitischen Schwierigkeiten aus? Es muss etwas wie das "conseil secret" unter Louis XIV. auch unter Karl VI. gegeben haben. Dieses sollte doch zumindest über ein par Fachleute verfügt haben, welche die Erfolgsaussichten von weittragenden politischen Entscheidungen ermessen konnten. In wie weit waren bei diesen Leuten aber die Einflussmöglichkeiten auf den Kaiser selbst?

Mir geht es konkret ja nicht um den Spanischen Erbfolgekrieg an sich, sondern das sture Beharren an der Erklärung, nicht auf die Königskrone Spaniens zu verzichten, als die anderen Mächte schon mit Frankreich Frieden geschlossen hatten.
Prinz Eugen muss in der Verwaltung, schaut man sich seine spätere Rolle im Staat an, eine großen Part eigenommen haben. Seine Ideen hinsichtlich der Reichspolitik müssen also von Karl ignoriert worden sein und ich möchte mir gerne die Gründe und den Ablauf dessen vorstellen können.
 
Prinz Eugen war immerhin Präsident des Hofkriegsrats und damit oberster, militärischer Berater des Kaisers. Angesichts seiner Erfahrungen und großen Siege (Perterwardein, Belgrad, Zenta...) muss er wohl auch recht einflussreich gewesen sein.
 
Brissotin schrieb:
Im Sinne des Reiches ganz klar JA, aber im Sinne des Hauses Österreich?
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AndreasKlammer schrieb:
Der spanische Erbfolgekrieg ist nichts als eine Fortsetzung des Jahrhundertelangen Ringes, zwischen dem "weltweit tätigen Familienunternehmen" Habsburg und Frankreich, um die Hegemonialstellung Europas.
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Da stimme ich zu.
Aber. Ich bezweifel das das Durchsetzen der spanischen Erbansprüche der österreichischen Habsburger für das HRRDN produktiv waren, bzw. je produktiv sein konnten. Es wurden hohe Ressourcen des Reiches in Anspruch genommen um Interessen der habsburgischen Dynastie zu verfolgen. Doch anders als im Kampf gegen die Osmanen war hier das Reich selber nicht unmittelbar bedroht. Spanien und sein Kolonialreich war kein Reichslehen anders als es etwa Oberitalien war, wo man durchaus hätte Ansprüche geltend machen können. Und, in anbetracht der Mittel die für den Krieg um Spanien mobilisiert wurden, hätte man damit in Italien nicht mehr erreichen können?
Schon 1706 konnten die Habsburger Mailand ihr eigen nennen. Eine gute Basis um auch den Interessen des Reiches in Italien wieder mehr Nachdruck zu verleihen.

Auch wurden die Überlegungen des Prinzen Eugens, Habsburgs Länderkomplex von einem anderen Reichsfürsten beerben zu lassen, sträflichst übersehen. Mir scheint es als ob Karl VI., in Anbetracht eines fehlenden männlichen Erbens, dass Reich aufgegeben hatte. Für eine Reanimierung hätte es eine klare Erbfolgeregelung nicht nur in den Habsburgischen Ländern sondern auch im Kaisertum gebraucht. Und da wäre der Bayer (Karl Albrecht) die bessere Alternative zum Lothringer (Franz Stephan), führ die Hand Maria Theresias, gewessen.
 
@ Joinville

Wie ich mit Posting Nr. 22 bereits erläutert habe, war Oberitalien im 18. Jh. längst KEIN Reichslehen mehr.

Das Reich selbst war im 18. Jh. nur noch ein machtloses und schattenhaftes Gebilde, das längst von den einzelnen nahezu souveränen Territorien überstrahlt. wurde. Zu diesem Zeitpunkt war also eine Belebung der Reichsidee längst jenseits jeder Realität und kein Kaiser - sei es Karl VI. oder ein anderer - hätte sie verwirklichen können.

Wer wäre denn damals in der Lage gewesen, mächtigen Reichsfürsten wie denen von Brandenburg-Preußen, Bayern, Württemberg oder Sachsen ihre seit Jahrhunderten verbrieften Rechte zu entwinden? Und eine "Erbfolgeordnung" für das Reich? Das Reich war nominell eine Wahlmonarchie, auch wenn die Habsburger seit Generationen auf den Thron gewählt wurden. Auch ein solcher Umsturz hin zur Erbmonarchie wäre nicht realisierbar und utopisch gewesen. Nur etwa 90 Jahre nach Ende des Spanischen Erbolgekriegs brach das ehrwürdige Heilige Römische Reich Deutscher Nation ja auch auseinander ... nahezu geräuschlos und von wenigen betrauert!

Es bleibt dabei: Karl VI. hat seine Regierungszeit gut genutzt und dem Haus Habsburg eine feste Grundlage gegeben - nach der Pragmatischen Sanktion auch erbrechtlich. Das "Reich" spielte zu dieser Zeit keine Rolle mehr.
 
Joinville schrieb:
Hätten die Habsburger unter Josef I. und Karl VI. ihre Ressourcen und Kräfte, welche sie für den Gewinn der spanischen Krone aufwendeten, im Sinne einer Reanimierung des Reiches nicht besser in Italien investieren müssen?
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Überhaupt, was ist denn letztlich wirklich dran an der von preußischen Historikern oft kritisierten "undeutschen Politik" Habsburgs/Österreichs?
Kann ich dir erklären. Die Möglichkeiten der Habsburger, das Reich zu vereinigen, waren nach dem 30-jährigen Krieg nicht mehr groß. Eine intensive Hausmachtspolitik zu betreiben, war da die letzte Option, also eine Heiratspolitik, durch die immer mehr Kleinstaaten dem Haus Habsburg einverleibt worden wären, so, wie Kaiser Maximilian I. es demonstrierte. Statt dessen betrieb Habsburg jedoch genau diese Hausmachtspolitik in Italien und ließ die deutschen Kleinstaaten so bestehen, wie sie waren.
Und daß viel Kraft mit dem Kampf gegen die Osmanen aufgewendet werden mußte, ist mir ja bekannt und das ist natürlich auch etwas, was ich den Habsburgern wiederum zu Gute halte.
 
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@Dieter

Das Oberitalien zum Zeitpunkt des spanischen Erbfolgekrieges kein Reichlehen mehr war ist mir bewußt. Im übrigen sind die Habsburger da nicht ganz unschuldig daran gewessen. Karl V. vermachte Mailand dereinst seinem spanischen Sohn, anstatt seinem österreichischen Bruder.
In Zeiten wo Kriege auf fragwürdigen Ansprüchen basierend gefochten wurden (siehe Reunionskriege des Sonnenkönigs) hätte eine gute Portion Skrupellosigkeit auf Seiten der Habsburger da nicht schaden können. In jedem Fall währe ein italienisches Abenteuer enorm risikoreich gewessen, wie auch die Überlegung eines wittelsbachischen Erbgangs. Immerhin hätten die habsburgischen Lande und Bayern eine durchaus machtvolle Einheit bilden können, der Sachsen, Württemberg und Preußen durchaus gewachsen gewessen wär.

Natürlich sind das alles jetzt "was wäre wenn"-Gedankengänge die einzig auf dem Schlachtfeld hätten realisiert werden können.
Aber auch hier stell ich mir immer die Frage, Warum nicht? Friedrich II. war 40 Jahre später bereit für sein Preußen hohe Risiken einzugehen.
 
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Kann ich dir erklären. Die Möglichkeiten der Habsburger, das Reich zu vereinigen, waren nach dem 30-jährigen Krieg nicht mehr groß. Eine intensive Hausmachtspolitik zu betreiben, war da die letzte Option, also eine Heiratspolitik, durch die immer mehr Kleinstaaten dem Haus Habsburg einverleibt worden wären, so, wie Kaiser Maximilian I. es demonstrierte.
In einem scheinen wir uns einig zu sein: Hausmachtspolitik war für Habsburg eine Notwendigkeit. Doch sollte man bedenken dass Leopold III nur zwei Söhne hinterließ:Joseph I und Karl VI. Ersterer starb Kinderlos, zweiterer hatte nur 3 Töchter (http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_VI._(HRR)#Familie), sprich es fehlte schlicht an Kindern für die von dir propagierte Heiratspolitik. Erst unter Maria-Theresia war eine solche Politik theoretisch möglich.
 
Auch wurden die Überlegungen des Prinzen Eugens, Habsburgs Länderkomplex von einem anderen Reichsfürsten beerben zu lassen, sträflichst übersehen. Mir scheint es als ob Karl VI., in Anbetracht eines fehlenden männlichen Erbens, dass Reich aufgegeben hatte. Für eine Reanimierung hätte es eine klare Erbfolgeregelung nicht nur in den Habsburgischen Ländern sondern auch im Kaisertum gebraucht. Und da wäre der Bayer (Karl Albrecht) die bessere Alternative zum Lothringer (Franz Stephan), führ die Hand Maria Theresias, gewessen.
Ich denke mal, es war Karl VI. klar, dass die Betonung eines Hauses Wittelsbach-Habsburg eher auf ersterem Familiennamen gelegen hätte. Da spielten eindeutig dynastische Ziele eine Rolle. Hätte sich Maria Theresia mit einer Gleichrangigkeit neben dem Gemahl zufrieden gegeben, wäre sicherlich der Krieg um die Österreichische Erbfolge und der Bayrische Erbfolgekrieg ebenso vermieden worden, geht man einmal bei Letzterem davon aus, dass M.T. mit Karl Albrecht ebenso viele Kinder gehabt hätte. Hervorragend hätte das Kaiserhaus damit auf jeden Fall die Wittelsbacher vereinnahmen können, die immerhin bis zu 4 Kurstimmen auf sich vereinigen konnten. Oder eben, und das war Karl VI. "ja aber" umgekehrt. So oder so wäre eine gewaltige Ballung von Macht im Reich in einer Hand geschehen und Frankreich hätte noch mehr Einflussmöglichkeiten auf die Angelegenheiten innerhalb des Reiches verloren, was sicherlich der Hauptgrund für Prinz Eugen war.

Andersrum hätte Franz Stephan, dann nicht auf die Lothringische Herzogswürde ohne Heirat verzichtet, soviel ist sicher und das Reich hätte so oder so Lothringen vor dem französischen Zugriff bewahren müssen. Der Polnische Erbfolgekrieg hätte sich länger hingezogen, was nicht in den Interessen Karl VI. lag, der keine Zeit mehr hatte, seine Länder geordnet zu übergeben, was ihm scheinbar bewusst war.

@ AndreasKlammer
Ich denke schon dass die Hofkriegsratspräsidentschaft Prinz Eugens in etwas gleich zu setzen ist mit dem ersten Berater im Staate, aber scheinbar hörte der Kaiser, wie von mir erläutert kaum effektiv auf seinen treuesten Befehlshaber und Politiker. Außerdem war Prinz Eugen während des Krieges im Feld, konnte also seinen 1703 erhaltenen Posten nicht oder eingeschränkt wahrnehmen.
 
Mal ein paar Infos zu Prinz Eugen und Österreich in der Barock-Zeit:
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.e/e879492.htm
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.g/g813624.htm
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.s/s683486.htm
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.h/h743298.htm
Nachdem ich hier das genaue Unterzeichnungsdatum der Friedensverträge sah bin ich mir nicht sicher ob es so falsch war den Krieg fortzusetzen. Immerhin unterzeichnete Karl VI den Frieden v. Raststatt nur ein halbes Jahr nach den brit. Verträgen. Also hier kann man wohl sagen dass die Vernunft schnell obsiegte. Und den Krieg zu beginnen war auch nicht grundsätzlich falsch, immerhin standen die Chancen nicht schlecht. Immerhin kämpften auf Seiten Österreichs England,Holland,Brandenburg und Hanover. Nach dem Sieg Prinz Eugens in der Schlacht v. Turin stieß auch Savoyen hinzu. Frankreich dagegen hatte außer Spanien keine Verbündeten (bzw. in Bezug auf Bayern: Keine die lange überlebten) und die Ressourcen Spaniens konnte man Frankreich zumindest teilweise vermehren. Und Angesichts der militärischen Erfolge der Haager Allianz fragt man sich ob der Krieg nicht gewonnen worden wäre, wenn England nicht abgesprungen währe. Hätte man den Krieg gewonnen wären vielleicht sogar Territorien ins Reich zurückgekehrt (Savoyen, Norditalien) oder zumindest unter Habsburger Herrschaft geraten. Alles in allem lohnte sich das Risiko.
 
@ AndreasKlammer
:hoch:
Das sind ganz gute Links, da die Querverweise auch zu den Beziehungen von Aufstieg Österreichs, Feldherren etc. führen.
Ein bisschen ulkig fand ich die Bemerkung, dass Prinz Eugen zusehends weniger, ins Feld ziehen gewollt hätte. Eigentlich blieb Prinz Eugen immer seinen Prinzipien treu, hatte aber im Felde, so mein Eindruck, immer auch die Politik im Hinterkopf.

Dennoch ist der Kern meiner Frage scheinbar schwierig zu lösen. Das Reich und der Kaiser konnten scheinbar nicht allein den Krieg weiterführen (anders als Frankreich), deswegen schwenkte das Reich dann ja ein auf Friedenskurs. Der war notwendig gerade weil die österreichischen Verbände ohne englische Unterstützung kaum in Spanien hätten weiter opperieren können. Bei meinen Betrachtungen kam ich immer dahin, dass aber der Kaiser eher widerwillig sich einfügte, während die Engländer und anderen Vertragspartner eigentlich das Heft in der Hand hatten. Warum hierbei nicht der Kaiser ebenso geschickt diplomatisch handelte ist mir ein Rätsel, das vielleicht auch garnicht bis in alle Einzelheit gelöst werden kann.
Interessant in dem Zusammenhang, dass Preußen seperat im Frieden von Utrecht mit Frankreich sich einigte. Dabei war Kurbrandenburg ja dem Kaiser untertan. Wurde der Reichskrieg zuvor beendet? Durfte Preußen das? Der Kaiser und das Reich schlossen erst in Rastatt bzw. Baden (Schweiz) den Frieden. Wie konnte da ein Teil des Reiches seperat Frieden schließen?
 
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Mit Ausnahme des Kaisers, der bis 1714 weiterkämpfte, hatten 1713 die österreichischen Alliierten die Kampfhandlungen gegen Frankreich eingestellt und waren trotz des kaiserlichen Protestes 1711 in Friedensverhandlungen eingetreten. So wurde z.B. Spanisch-Geldern dem König von Preußen überlassen.

Dies zeigt deutlich, was ich oben schon mehrfach geschrieben habe: Das Reich war nur noch ein machtloses und schattenhaftes Gebilde, das von den nahezu souveränen deutschen Territorialstaaten nur noch wenig beachtet wurde. Zumal wenn man bedenkt, dass der Kaiser keine neutrale Institution war, sondern als Habsburger österreichische Interessen mehr oder weniger offensichtlich verfolgte.

Insofern kann man auch kaum noch davon sprechen, dass Brandenburg-Preußen oder andere mächtige Reichsfürsten dem Kaiser "untertan" waren, denn die reale Machtverteilung hatte sich längst verschoben. Österreich war mächtig, der Kaiser als Reichsoberhaupt kaum noch.
 
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@Brissotin
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Dennoch ist der Kern meiner Frage scheinbar schwierig zu lösen. Das Reich und der Kaiser konnten scheinbar nicht allein den Krieg weiterführen (anders als Frankreich), deswegen schwenkte das Reich dann ja ein auf Friedenskurs. Der war notwendig gerade weil die österreichischen Verbände ohne englische Unterstützung kaum in Spanien hätten weiter opperieren können.
Das problem war, Österreich führte zwischen 1500 und 1800 (Ein wenig aufgerundet) praktisch einen Dauer-Zwei-Fronten-Krieg gegen Frankreich und die Türken http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.t/t941704.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Habsburgisch-Französischer_Gegensatz
Dazu kamen noch die Kuruzzen-Aufstände
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.k/k983314.htm
All das führte dazu dass Österreich nahezu pleite war. Das erlaubte die Fortsetzung des Krieges auf eigene Rechnung schlicht nicht.
Überigends AEIOU ist so was ähnliches wie Wikipedia und meine erste Anlaufstelle für Österreichs Geschichte im I-Net. Ist quallitativ einfach besser als Wiki. Bitte dem Link folgen http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.gateway/annotate.pl?oid=
 
@ Dieter
Gut geschrieben.
Wieviel steckte also hinter der Reichsrenaissance, die am Anfang im ersten Beitrag von mir stand? Was ging über die kaiserliche Selbstdarstellung hinaus? Das Klientelwesen und das erkannte selbst Friedrich II. (habe schon irgendwo einen Beitrag mal mit Zitat dazu, den ich aber leider nicht mehr finden kann), verschaffte dem Kaiser ein großes Übergewicht gegenüber den anderen Fürsten und auch dem König in Preußen, nahmen das Haus Österreich als Gewinn aus dem Besitz des Kaisertitels. Eben diese Fragen sind unlösbar mit einer Persönlichkeit wie Karl VI. verbunden.
Der Kaiser mischte sich ja noch immer ein, wenn man an den sächsisch-preußischen Konflikt in den 1720ern denkt und die Beschwerde der Magdeburger Ritter gegen Preußen.
 
Der Kaiser mischte sich ja noch immer ein, wenn man an den sächsisch-preußischen Konflikt in den 1720ern denkt und die Beschwerde der Magdeburger Ritter gegen Preußen.
Der Kaiser war stehts Protektor der kleinen Stände, also Ritter, Reichsstädte usw. Daraus bezog er auch den Rest kaiserl. Macht im HRRDN, sieht man mal von der eigenen Hausmacht ab. Begründet wurde dies damit dass der Kaiser der oberste Richter ist.
 
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