Also, was lange währt, währt endlich, jetzt bin ich endlich dazu gekommen noch mal nachzulesen:
Die Lage der Mauer hast du ja jetzt. Auch deutet die Lage als Verbindung zwischen den beiden Hügeln eher nicht auf eine Kasemattenmauer hinter der eigentlichen Mauer hin.
Die Höhe der Mauer wird von den Archäologen schon mit mehr als 5 Metern und mindestens 2stöckig angegeben, auch dass scheint mir kein Indiz für eine solche hinten angelagerte Mauer zu sein.
Da muß ich dir recht geben, tatsächlich waren das offenbar die Hauptmauern, d.h. wenn Scipio über genügend Belagerungsgerät wie z.B. anständige Rammen verfügt hätte, dann wäre diese Mauer für die Römer frontal durchstoßbar gewesen.
Ich habe aber auch gelesen, daß die Karthager dann diese Mauern bei einer solchen Bedrohung von innen einfach mit Erde gefühlt hätten, dazu hätte es ja gereicht das untere Stockwerk der Kasematte zu verfüllen und in der Folge wäre die Mauer stärker gegen Raummböcke gewesen als man annimmt. Ob die Mauer in Carthago Nova in der Art verstärkt wurde ist mir aber nicht bekannt.
Es kann ja auch sein, daß Scipio sie wieder freiräumen ließ, um an Unterkünfte für seine Soldaten zu kommen.
Ich glaube da vertust du dich. Ich weiß nichts von einem Angriff durch die Lagune. Es würde auch wenig Sinn machen, da die Seemauern auf der entgegengesetzten Seite von Karthago Nova lagen, jedenfalls aus der Lagunensicht. Du siehst es ja auf der Karte, die Lagune liegt oben und der Golf mit den Seemauern unten. Da hätte der scipionische Angriff einmal um die Stadt geführt werden müssen. Kann aus kriegspsychologischen, verwirrungstiftenden Gründen natürlich so gewesen sein
Scherz beiseite, die Variante kann ich mir eben schwer vorstellen.
So, der Angriff und die Eroberung der Stadt:
Im Herbst 210 ging Scipio mit 10 000 Mann Fußvolk und über 1000 Reitern als Verstärkung nach Spanien und übernahm dort die römischen Truppen von Neros Armee bei Tarraco. Zusammen mit diesen verblieb er dort in einem Winterlager und betrieb Diplomatie und Spionage, zahlreiche Gesandschaften der Iberer kamen nach Tarraco um mit den Römern zu verhandeln. Viele ibersiche Stämme wollten die drückende Herrschaft der Punier loswerden, zweifelten aber angesichts der punischen Erfolge an den Erfolgsaussichten des jungen Scipio, seine Vorgänger in Spanien hatten ja vernichtende Niederlagen erlitten.
Zu dieser Zeit waren die überlegenen karthagischen Streitkräfte in Spanien in mehren Armeen im Landesinneren verteilt, das hatte wohl logistische Gründe, zudem wollte man so die wichtigen Silberbergewerke gegen den römischen Angriff sichern, der nach der Meinung der karthagischen Strategen sich offenbar gegen das Kernland richten würde, von dort kamen auch die Gesandschaften und dort bestand am ehesten die Möglichkeit aufständische Iberer gegen die Karthager zu mobilisieren. Die Truppen des Hasrubal Gisgo standen bei Gades, Mago in der Nähe von Castulo und Hasdrubal Barkas in der Nähe von Saguntum, er zog aber dann von dort schon früh im Jahr langsam nach Westen. Die Karthagischen Streitkräfte waren so aufgestellt daß sie sich im Fall eines Vorstoßes der Römer nach Zentralspanien realtiv schnell an strategisch günstigen Orten vereinigen konnten. Zusammen waren sie dem römischen Heer von Scipio deutich überlegen.
Kein karthagisches Heer in Iberien aber stand näher als 10 Tagesmärsche von Carthago Nova entfernt, Scipio entschloß sich also ziemlich tollkühn zum Angriff auf die karthagische Hauptstadt in Iberien, statt die Feldheere anzugreifen, ein sehr gewagter Vorstoß. In der Stadt selbst lag eine starke punische Besatzung und man mußte wenn man Erfolg haben wollte die Stadt binnen 10 Tagen stürmen, sonst hätte man das karthagische Feldheer im Nacken. Scipio verfügte aber über eine gewisse Flotte und ein Teil seiner Truppen war sehr laufstark, so marschierte er im Frühjahr 209 über den Ebro und führte seine Streitmacht von 27 500 Mann Infanterie, dazu noch die Matrosen und Seesoldaten sowie eine unbekannte Zahl von Reitern, vermutlich um die 3000 dazu eine Anzahl iberischer Truppen, vermutlich um die 5000, nach Süden an der Ostküste entlang. Die Karthager waren von diesem Vorstoß völlig überrascht und versuchten mit Gewaltmärschen die Stadt zu erreichen.
Nach Polybius hatte ein Fischer aus der Gegend Scipio berichtet, daß die Lagune im Norden der Stadt, die die gesamte Nordseite der Stadt vom Land trennte an vielen Stellen relativ flach war und bei günstigen Winden zu Fuß bis hin zur Stadt passiert werden konnte, gleichzeitig waren die karthagischen Mauern auf der Lagunen wie auf der Seeseite realitv niedrig und schwach. Vor allem am Abend sollte es nach Aussage des Fischers problemlos möglich sein, einfach dort hinüber zu waten. (Polybius 10.8.6-7)
Scipio teilte diese wertvollen Geheiminformationen anfänglich niemanden mit außer seinem Freund Caius Laelius, gleichzeitig aber hing der Erfolg ziemlich an dieser einen Information. Wenn sie nicht stimmen sollte, dann mußte man binnen weniger Tage die Hauptmauern stürmen oder eine Landung mit den Schiffen gegen die Seemauern versuchen, was aber beides fehlschlagen konnte, dann wären die vereinigten karthagischen Landheere heran gewesen und man wäre zwischen ihnen und der Stadt eingeschlossen.
Der römische Vormarsch auf Carthago Nova war einer der herausragendsten Gewaltmärsche die die Römer überhaupt jemals hingelegt haben, laut Polybius als auch Livius sind die Römer in nur 7 Tagen die gesamte Strecke vom Ebro nach Carthago Nova marschiert. Das ist eine Strecke von 460 km, d.h. die Römer hätten um die 66 km am Tag zurück gelegt. Da die Römer aber statt einem Troß über eine Flotte verfügten die das komplette Gepäck transportierte und da es z.B. im Weltkrieg ähnliche Marschleistungen von z.B. 70 km am Tag durch deutsche Landser gibt, über den Zeitraum einer Woche, kann man diese Information schon als ungefähr richtig annehmen. Selbst wenn die Römer etwas langsamer unterwegs waren und ein paar Tage länger gebracht hätten wäre das immer noch eine herausragende Leistung gewesen.
Laelius übernahm das Kommando über die Flotte, die wohl auch einen Teil der Truppen, vor allem aber wohl das Gepäck transportierte und damit den Troß ersetzte. M. Iunius Silanus blieb mit 3000 Mann Infanterie und 500 Reitern am Ebro zurück um die römischen Lager dort zu sichern.
Wenn wir jetzt die Karte von Marbod betrachten, dann liegt im Norden der Halbinsel auf der die Stadt lag in der Lagune noch eine Halbinsel die mittig im Norden ein Stück weit in die Lagune hinein ragte. Diese Halbinsel wurde durch einen Hügel gebildet. Als Scipio mit seinen Legionen bei der Stadt zur totalen Überraschung der Karthager erschien legte er als erstes sein Hauptlager auf dieser Halbinsel hinter dem Hügel an, so daß es von der Stadt aus verborgen war. Auf dem Hügel des Merkur, dem heutigen Castillo de los Moros baute er ebenfalls eine Befestigung auf, und nutzte ihn um den Zugang zur Stadt abzuschneiden.
Nachdem er Stellung bezogen hatte, und in das Hinterland Kundschafter entsand hatte die ihn über die sich auf die Stadt zubewegenden Karthager informieren sollten, richtete er sich mit einer Ansprache an die Soldaten, um ihnen die Wichtigkeit dieses Kampfes und seine Gründe zu erklären. Er griff dabei zu einem Trick (Polybius 10.11.7)
Er erklärte in dieser Ansprache vor dem Heer, ihm sei im Traum der Gott Neptun erschienen und habe ihm einen Plan eingegeben mit dem die Stadt fallen würde, der Gott Neptun selbst würde den Römern beim Angriff direkt helfen. Gemeint war damit das am Abend in der Lagune vorhandene Phänomen, daß das Wasser in Teilen der Lagune für einige Stunden so flach wurde, daß man durch die Lagune waten konnte.
Es stellt sich also die hier die Frage, wenn dieses Phänomen wirklich existierite, warum dann die Karthager nicht darum wußten bzw warum sie keine Gegenmaßnahmen ergriffen. Tatsächlich aber konnten die Karthager davon ausgehen, daß die Römer eben nicht um diese Erscheinung wußten und Scipio eröffnete den Angriff auf die Hauptmauer eben schon am Morgen, was die Vermutung der Karthager bestätigte, daß die Römer keine Ahnung hatten.
Meiner Meinung nach griff Scipio aber eben genau deshalb schon am Morgen an, um die Karthager zu täuschen. Er war numerisch der Besatzung die unter dem Kommando eines gewissen Mago stand so weit überlegen, daß er sie durch den Ansturm dazu brachte, alle Kräfte an die Hauptmauer abzustellen und tatsächlich gelang es den Karthagern die ohne Belagerungswaffen anstürmenden Römer immer wieder abzuschlagen.
Um Belagerungswaffen zu bauen und einzusetzen fehlte aber im Angesicht der herannahenden Feinde die Zeit.
Wir wissen heute aus wissenschaftlichen Untersuchungen in vergleichbaren Laguen wie auch in der See direkt bei Cartagena, daß dort starker Wind am Abend den Wasserpegel um bis zu 1,5 meter fallen lassen kann. Vor allem starker Nordwind hat diesen Effekt. Das Phänomen existiert also, Berechnungen haben ergeben, daß in der alten Lagune der Effekt sogar bis zu 2 m betragen haben könnte.
Scipio griff eben deshalb schon am Morgen an, um die gesamten karthagischen Kräfte durch die Heftigkeit seines Angriffs zur Hauptmauer zu ziehen damit die Mauer zur Lagune hin ungesichert blieb.
Die Beschreibungen des Sturms auf die Stadt durch Livius und Polybius decken sich, obwohl Livius einige Details anders darstellt und einen Angriff der Flotte von der See her auf die Seemauern erwähnt. Der Angrif began also mit der Flotte, die 2000 ausgesuchte Legionäre mit Leitern an den Seemauern direkt südlich der Hautpmauer anlandete. Das ist der Angriff den Marbod erwähnt hat, dieser führte aber nicht zum Fall der Stadt. Die Karthager zogen alle Truppen dorthin ab und schlugen die Römer zurück.
Danach teilte Mago seine 1000 Mann in zwei Gruppen auf, die eine stationierte er in der Zitadell die andere auf einem der östlichen Hügel, vermutlich dem Monte Concepcion, im Süden der Stadt. Er bewaffnete auch die 2000 stärksten Bürger und stationierte sie an der Hauptmauer. In dieser Maßnahme kann man nur ein erstes Abflauen der Kämpfe sehen, und daß er seine Haupttruppen zurückverlegte um sie auszuruhen und aufzufrischen. Polybius erwähnt auch extra, daß beide Seiten von den Seemauern ihre Truppen zurückzogen.
Als nächstes Griff Scipio nun die Hauptmauern auf dem Isthmus an. Es entwickelte sich ein harter und langer Kampf, vermutich hat Mago in dieser Zeit seine Truppen bis auf die 500 in der Zitadell dann komplett an den Isthmus verlegt. Die 500 die hinten in der Stadt verblieben fungierten wohl als Reserve, ihre Lage im Süden der Stadt aber diente wohl auch dazu, einen zweiten römischen Angriff auf die Seemauern abzuschlagen und für einen solchen Angriff noch Truppen bereit zu halten, die Lagunenmauern im Norden dagegen blieben unbewacht. Bei den Kämpfen wird klar erwähnt, daß die Römer nur mit Leitern anstürmten, und das wegen der Höhe des Walls sie damit einige Schwierigkeiten hatten. Scipio gab daher erstmals am Nachmittag das Signal für den Rückzug.
Als die Kämpfe am Abend abflauten führte nun Scipio seinen Plan aus und schickte 500 seiner besten Soldaten durch die Lagune. Sie führten ebenfalls Leitern mit sich und durchquerten die Lagune im Abendlicht mitten durch, von der Halbinsel zum Nordöstlichen Abschnitt der Lagunenmauern. Kurz zuvor hatte Scipio seine nun von den Kämpfen etwas ausgeruhten Truppen zu einem weiteren Großangriff auf die Isthmus Mauern befohlen, der die gesamten karthagischen Kräfte dort band. Die 500 überstiegen ohne Wiederstand die Lagunenmauern und stürmten zwischen dem Monte Molinette und dem Monte Sacro in die Stadt. Sie marschierten dann direkt am Wall entlang vor zum Isthmus wo die Kämpfe tobten und fielen dort den Verteidigern am Nordöstlichen Ende der Isthmus Mauer in den Rücken.
Sie räumten die Wälle frei so daß die Römer dort von außen mit ihren Leitern auf den Wall hinauf kamen und eroberten auch ein Tor daß sie öffnen konnten. In der Folge stürmten die Römer den Wall und vernichteten den karthagischen Wiederstand dort.
In der Stad nahmen die Truppen gegen den sich formierenden Wiederstand der Einwohner der Stadt als erstes den Monte Concepcion ein, Livius teilt uns mit, das ein Soldat der Marineinfanterie namens Sextus Digitus die Corona Muralis erlangte. Daraus und aus der aller ersten Attacke die ja von der Flotte ausgeführt wurde folgerte man nun hin und wieder, daß die Marine eine größere Rolle bei der Erstürmung gespielt hat, Aber: die 500 Mann die durch die Lagune gegangen sind werden von allen erwähnt. Es ist anzunehmen, daß diese Truppe eben zu einem Teil auch aus Marinesoldaten gebildet wurde die zumindest schwimmen konnten und vertrauter mit dem Wasser waren. Die Flotte setzte erst Truppen an den Seemauern ab, als der Monte Concepcion schon von innnen von der Stadt her genommen war und die karthagischen Verteidiger dort gefallen waren, und daher die Seemauern nicht mehr verteidigt wurden.
Wegen des Wiederstandes der Zivilisten in der Stadt und weil er sich nicht mit der Zivilbevölkerung belasten wollte, auch weil unklar war, ob man die Stadt dann überhaupt behalten würde ordnete Scipio die Auslöschung der Bevölkerung an. Zu dieser Zeit verschanzte sich Mago immer noch mit der Reserve von ungefähr 500 Mann in der Zitadelle. Das Töten wurde erst eingestellt, als die Besatzung der Zitadelle sich ergab und der Gros der Einwohner getötet worden war. Nur einige Tausend Gefangene wurde gemacht, es wurde jedoch auf allerschärfsten Befehl von Scipio hin darauf geachtet, keine Iberer umzubringen. Die Römer erbeuteten in der Stadt 600 Talente in Gold, dazu gewaltige Vorräte an Waffen und Kriegsmaterial.
Die wertvollste Beute aber waren die iberischen Geiseln, darunter die 300 Kinder von iberischen Fürsten die die Karthager als Unterpfand der Treue hier gefangen gehalten hatten, da die Stadt so plötzlich und überraschend gefallen war, hatten die Karthager es versäumt die Geiseln umzubringen. Scipio ieß diese Geiseln besonders hervorkommend behandeln und sandte sie mit der Bitte an ihre Stämme zurück, diese möchten sich doch Rom im Kampf gegen die Punier anschließen.
Der Fall der Stadt durch den strategischen Fehler der Karthager und den unfassbar schnellen Vorstoß der Römer ermöglicht zeigte dann auf beiden Seiten enorme Auswirkungen. Reihenweise liefen die Iberer zu den Römern über und in ganz Iberien kam es zu prorömischen Aufständen. In Rom veranstaltete der mit der Siegnachricht zurückgesandte Laeliusm mit den schönsten Beutstücken und den 600 Talenten ein Triumphzugartiges Spektakel, daß in Rom eine enorme Hochstimmung zur Folge hattte. Die Karthager in Iberien aber kamen zu dem Beschluß, ihre immer noch starken Truppen dort nun offensiver einzusetzen und Hasdrubal beschloß nun ebenso kühn, nicht gegen Scipio vorzugehen sondern mit der Armee nach Italien zu marschieren um seinem Bruder Hannibal dort die gesamte Iberien Armee als Verstärkung zu zu führen.