Karthago

Hallo Marbod,


Marbod schrieb:
es freut mich, dass dich meine Überlegungen interssieren. Sowas habe ich beim Thema Karthago bis heute selten erlebt.
Erlebe ich leider auch zu selten, weshalb man sein bisheriges Wissen schlecht bereichern kann, umso dankbarer bin ich nun jemanden gefunden zu haben, von dem ich noch lernen kann. :hoch:


Marbod schrieb:
Dann bedenke man den Verlauf des ersten römischen Krieges ( wir schreiben ja aus karthagischer Sicht) und der letzten Seeschlacht. Da warfen die Karthager ungeübte Ruderer aufs Schlachtfeld, wohl darum weil durch die enormen Verluste kaum ein geübter Ruderer übrig geblieben war. Diese enorme Schwächung der karthagischen Wehrfähigkeit bringt auch den lybischen Krieg wieder in ein anderes Licht. Die unterworfenen Völkern hatten da erst die entscheidende Möglichkeit sich gegen die Karthager, und zwar unmittelbar gegen die Karthager und keine angworbenen Söldner, zur Wehr zu setzen. Das spricht eindeutig gegen das Bild des Karthagers der nur in äußersten Notfällen zur Waffe greift.

Die Söldner werden wohl von den Reichen und vom Staat angeworben worden sein. Ich vermute mal, dass jeder seinen Teil zu der Wehrhaftigkeit der Stadt beitragen musste. Die Ärmeren konnten sich wohl die Bezahlung von Söldnern nicht leisten, weshalb sie vielleicht selber in der Armee dienen mussten. Vielleicht ist hier im Hinblick auf Athen eine Verbindung zu den Ruderern zu sehen.

Der Eindruck von den Einsätzen in Notfällen entsteht wohl auch dadurch, dass die Karthager an Land größtenteils mit Söldnern gekämpft haben. Nun stehen in Kriegen auf dem Land dem Gegner nur wenige Karthager gegenüber. Gegen schwächere Staaten ohne große Flotten werden deswegen die Karthager, sondern eher die Söldner gekämpft haben. Folglich entsteht doch der Eindruck nur gegen große Gegner würden auch Karthager kämpfen. Und gegen große Gegner ist man in der Bedrängnis, also ein Notfall. Nur so eine Theorie. ;)

Ich habe in einem Buch gelesen, dass nur ein geringer teil innerhalb der Mauern tatsächlich aus Wohnvierteln bestand, deswegen kam ich auf die Bebauung innerhalb Karthagos zu sprechen, ich weiß jedoch nicht, ob das auf Forschungsergebnissen oder Überlieferungen basiert.
Wie du richtigerweise sagst, sind die Überlieferungen oft mit Vorsicht zu genießen und teilweise etwas subjektiv. Es ist sehr schwierig da zu unterscheiden. Du selber hast geschrieben die Karthager hätten ungeübte Ruderer in die Schlacht geschickt. Das stammt doch wohl auch aus einer Quelle, oder? Objektiv? Wer beurteilt das? Auch ungeübte Ruderer können Schlachten gewinnen, schließlich mussten die Römer ja auch erst mal trainieren. J
Ist halt schwer festzustellen, wo die Grenze zwischen wahren und halbwahren, zwischen genauen und ungenauen Überlieferungen liegt, und wo einzelne Werke von antiken Autoren anzusiedeln sind.

Mit freundlichen Grüßen
Hamilkar

P.S: Habe mich im Internet schlau gemacht. Hat das Buch wirklich 78 Euro gekostet?
 
Sagt mal, vieleicht steht es ja auch schon hier irgendwo, aber was ist dran an der Sage von der Gründung der Stadt? Königin Dido und ihre List mit der Stierhaut (oder war es eine Kuh?), die Landung der überlebenden Trojaner unter Führung von Aeneas, die Liebesgeschichte zwischen ihm und Dido, ihre Abreise und der Selbstmord Didos incl. der Verfluchung der Nachkommen Aeneas, also der späteren Römer. Basiert einiges davon auf historischen Ereignissen, oder ist es reine Phantasie?
 
Ja ja, 78 Euro sind schon eine teure Angelegenheit. Wissenschaftliche Werke sind einfach schweineteuer. Ich kann mir als Student ja das Buch aus unserer Unibibliothek ausleihen. Selber besitzen tue ich es leider nicht.

@manganite

Die Gründungslegende historisch nachweisen zu wollen ist eine schwierige Angelegenheit. Der Kern der Geschichte könnte in der Beziehung von Karthago und Tyros als Mutterstadt liegen. Wie Askan oben schon schrieb, gab es anfänglich jährliche Tribute an Tyros, an denen man die Beziehung zwischen Kolonie und Mutterstadt ablesen kann. Diese Tribute sind übrigens auch in den tyrischen Stadtchroniken überliefert. Ebenso gibt es dort eine Prinzessin Elissa ( in anderen Versionen Dido genannt) die die Stadt aus Angst vor ihrem Onkel verlassen haben soll. Diese Elissa/Dido wird dann mit der Gründung in Verbindung gebracht. Es spricht allerdings für mich ein Faktor gegen den Wahrheitsgehalt der Elissa/Dido Gründung. Die Flucht aus Tyros erfolgte, weil der Onkel durch einen Staatsstreich in der Stadt die Macht übernahm. Warum sollte er dann diese Prinzessin in der Kolonie Karthago in Freiheit, oder gar am Leben lassen?
Weiterhin ist auch die List mit der Stierhaut keine Seltenheit und die Verbindung mit Aeneas und damit Troja findet sich häufig in der Antike, ja sogar im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Sogar die Schotten führten sich mal auf geflüchtete Trojaner zurück!
Kurzum, Troja mußte schon öfters als Gründungsmythos für Städte, Völker und "Nationen" ohne eigenständige, oder im hellenistischen Blickwinkel "rückständige" Mythologie herhalten. Denkbar, dass es für Karthago auch so gehandhabt wurde. Zumal dieser Mythos von "außen" auf die Karthager angewendet wurde. Ob er dem tatsächlichen punischen Mythos entspricht können wir heute leider nicht mehr sagen. Dazu fehlen uns eindeutige Bezugspunkte auf die unbekannten punischen Schriftsteller, von denen die uns bekannten abgeschrieben haben. Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen.

Gruß

Marbod
 
Zuletzt bearbeitet:
Achso, na dann muss ich wohl noch ein wenig warten und es mal in der Bibliothek suchen, weil das ist mir etwas zu viel Geld, das ich nicht hab.
 
Gruß an die Freunde der Punier und Römer !!!

Freilich war die Stadt Karthago " Qrt-hdst" anfangs nicht mehr als irgendEINE Gründung, irgendeiner Mutterstadt, irgendwann in der ersten Hälfte des vorchristlichen Jahrtausends. Nun mag man dem Bericht TIMAIOS ( FGrH 566 F 60) Glauben schenken dürfen und auch wollen, wo dann eben doch die Gründung der Stadt im J. 814/3 oder 812/2 v. Chr. durch Kolonisten, Bürgern der alten und mächtigen Stadt Tyros erfolgte und anzusetzen wäre, um wenigstens in diesem Punkte einigermaßen Einigkeit zu erzielen.

Zur Frage, ob denn Karthago ein Handelsstadtstaat gewesen sei oder - nach neuer wissenschaftlicher Untersuchung - überhaupt noch als solcher bezeichnet werden kann bzw dürfte, möchte ich folgendes ausführen:

Die alles entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist doch, wie Karthago zu diesem Machtzentrum werden konnte, zu einem "NEW YORK" der Antike. Doch waren es Bauern, welche -ähnlich wie bei den Römern - über Großgrundbesitz eine Aristokratie entstehen liessen oder doch Kaufleute in Verbindung mit einer entsprechenden Marine ?

Bei einem geopoltischen und geostrategischen Standort, der durch ein agrarisch gut nutzbares Hinterland zusätzlich an Stärke gewinnt, wird wohl der Handel eine entscheidende Rolle gespielt haben, wenn nicht sogar tragender Faktor des gesamten Staatsapparats gewesen sein; dieser ist geradezu bei dieser Lage naturbedingt vorprogrammiert. Ob nun das kaufmännische Talent oder die Seefahrtskunst der Phönzier außer Streit steht, mögen dann andere OBJEKTIV beurteilen, wenn sie es denn können. Zugegeben, eine neue Kolonie ist erst Selbstversorger, benötigt fruchtbares Land in nächster Umgebung, um überhaupt auf längere Sicht Bestand haben zu können. Sind diese Grundbedürfnisse dann erfüllt und abgedeckt, schreitet man zu einem nächsten Schritt, entwickelt und verbessert Handwerk und Gewerbe, organisiert das Militär, übernimmt von fremden Kulturen NEUES, kurz, versucht seine eigene Kultur zu perfektionieren. Wenn nun die Rahmenbedinungen von Natur aus derart günstig sind, wie im Falle unserer "Neuen Stadt", man als Phönizier der Seefahrt nicht abgeneigt, ja im Gegenteil, dafür bekannt ist, dieses "Geschäft" zu beherrschen, geht man auf Erkundung, treibt Handel mit fremden Völkern, schützt das Seefahrtshandelsmonopol durch Kriegsschiffe, gründet nach Loslösung zur Mutterstadt Tyros nun selbst Kolonien, schließt mit Nachbarn Verträge (auch Handelsvertäge ), geht Militärbündinsse ein, erweitert sein Hegemonialgebiet nach Möglichkeit.

Wenn also Karthago anfänglich agrarisch strukturiert war, bestimmt nicht lange und nicht nur.
Man darf auch nicht vergessen, dass Sizilien alles andere als agrarisch unbrauchbar war, zahlreiche karthagische Pflanzstädte im Westen könnten von Karthago später möglicherweise bei der Versorgung in Anspruch genommen worden sein. Häfen in Drepanum, Lilybaeum, Panormus halten der Schifffahrt das Wort, Manufakturen dem Handel.

Karthago war zu keinem Zeitpunkt "ein NUR handelnder" Stadtstaat bzw umgekehrt- woher eine so unsinnige absolute Anschauung rührt, bleibt mir ein Rätsel , sondern ein durch optimales Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu einem Machtzentrum gewachsenes Staatswesen, wobei Seefahrt und Handel dominierende Ursache waren, dadurch bedingter Reichtum, die Möglichkeit bot, Söldnern anzuwerben, um so das Fehlen einer entsprechenden Bundesgenossenschaft kompensieren zu können.
Meines Erachtens stellt also die Stadt Karthago in ihrer aufsteigenden Phase einen vorwiegend auf Handel und Seefahrt spezialisierter Stadtstaat dar, der möglicherweise in seiner Anfangsgeschichte vorwiegend agrarisch strukturiert war, jedoch eben aus den oben genannten Gründen, sowie der geopoltischen und geostrategischen Lage überhaupt erst, zu jenem Machtzentrum werden konnte.
im übrigen bin ich der Meinung, man sollte bei Theodor Mommsen zu lesen beginnen
 
Ein Link zu Karthago, den ich ganz gut finde und gerade entdeckt habe:

http://www.barca.fsnet.co.uk

Frage: ich habe gelesen, (nicht in diesem Link, anderswo), daß sich die Karthager selbst als Volksnamen Sidonier nannten, aber erst nachdem sie die anderen westphönizischen Kolonien übernommen und unter ihrer Herrschaft geeint haben.

Stimmt das überhaupt? Und wenn ja, warum Sidonier nach der Stadt Sidon? Die Karthager stammen ihrer Gründungslegende nach ja aus Tyros, vielleicht weil die anderen Phönizier im Westlichen Mittelmeer primär aus Sidon waren, oder zumindest die wichtigsten Kolonien?

Und dann noch eine Frage: Ich habe vor einiger Zeit mal eine Sendung über das Überleben Karthagischer Gebräuche und Dinge auf den Balearen gesehen, weiß aber weder Titel noch wo das war. Die Sendung war herausragend gut meiner Meinung nach, ging um altes Brauchttum auf den Balearen, alte Bräuche, den Hausbau, alte Sprachreste und so einen typischen, nur dort und noch in den Bergen des Libanon vorkommenden Gesang/Singweise, wer weiß da genaueres? Wer kennt diese Sendung und könnte mir den Titel nennen.


`Im übrigen bin ich natürlich der Meinung, daß es FALSCH ist, Karthager zu sein!` :) :)
 
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Hallo Monomachus,

schön, dass du in diese Diskussion einsteigst. Deine Überlgegungen sind gut nachvollziehbar, sie unterliegen allerdings einem entscheidenden Fehler. Du argumentierst aus deiner heutigen Sichtweise und benutzt Begriffe die nicht auf die Antike angewendet werden können. Womit du im übrigen dem von dir empfohlenen Theodor Mommsen in keinster Weise nachstehst ;)
Mit einer geopolitischen und geostrategischen Lage zu argumentieren ist aus anachronistischen Gründen sehr fragwürdig. Du unterstellst damit den antiken Karthagern eine moderne Denkweise, die diese nicht haben konnten. Desweiteren würde ich heutzutage nicht mehr von dem "Talent", oder noch schlimmer "Charaktereigenschaften", eines Volkes sprechen (Wobei du dies nicht geschrieben hast, es ist nur eine Fortführung meinerseits).
Weiterhin glaubst du, dass der Handel der tragende Faktor des gesamten Staatsapparates gewesen wäre. Nun, diese Vorstellung hat die Jahrhunderte ebenso überdauert wie das "Volk der Germanen" und ist trotzdem überholt! Es gab in der Phase der Antike, in der Karthago eine Rolle spielen durfte, keinen einzigen Stadtstaat, dessen Grundlage nicht Ackerbau und Grundbesitz gewesen ist. Einen "Wechsel" zu einem ausgedehnten Handel eines Staatsapparates hat es nirgends gegeben, auch in Karthago nicht.
Mal ganz einfach, mit wem sollte Karthago denn solch ausgedehnten Handel betreiben, sodass sich ein ganzer Staatsapparat finanzieren konnte?
Einen wirklichen Profit konnte man nur mit Luxusgütern erzielen und diese Waren konnten nur von einer sehr kleinen Käuferschicht erworben werden. Man konnte damit Geld verdienen, aber die immensen Ausgaben Karthagos nicht finanzieren. Zusätzlich darf man bei der ganzen Handelsdiskussion auch nicht vergessen, dass wir uns erst am Beginn der monetären Wirtschaft befinden. Will heißen, es waren zu dieser Zeit auch noch gar nicht so viele Münzen im Umlauf. Das begrenzt die moderne Vorstellung von Handel ungemein. Tauschhandel funktioniert eben doch auf einer anderen Basis.
Du führtest Handelsverträge an, welche die Karthager, und im übrigen alle anderen mächtigen Stadtstaaten zu dieser Zeit auch, abgeschlossen haben. Da wurde auch auf der Basis des Austauschs von Gütern bzw. Resourcen gehandelt. Was wiederum unter städtische Versorgung fällt und eben allen Städten gemein war.
Worauf ich mit dieser Argumentation hinaus will, ist diesen "Handelsbegriff" etwas aufzulösen. Die Karthager haben nichts anders gemacht, als alle anderen auch. Es war eine stinknormale antike Metropole. Natürlich mit individuellem Charme und kulturellen Eigenheiten, aber sonst nichts!
Es geht mir dabei natürlich auch um die Vorstellung eine ganze Stadt könnte nur durch Handel reich geworden sein. Dies rührt übrigens von Vergleichen mit Venedig her, woher auch die Unterstellung einer "Handelspolitik" Karthagos kommt. Auch hier unterliegt die Betrachtung wieder einem Anachronismus, den wir Macchiavelli zu verdanken haben.
Soviel von meiner Seite.

Gruß

Marbod
 
Du argumentierst aus deiner heutigen Sichtweise und benutzt Begriffe die nicht auf die Antike angewendet werden können. Du unterstellst damit den antiken Karthagern eine moderne Denkweise, die diese nicht haben konnten.

Dennoch hat sich der Mensch weder von seiner Intelligenz noch von seinen Sozialen Fähigkeiten seit der Steinzeit weiterentwickelt, er ist immer der gleiche geblieben, wenn sich also das Handeln und Denken unterscheidet, dann nur aufgrund seiner anderen Kultur. Und wir finden in der Antike schon in manchen Fällen recht moderne Ansätze des Denkens, verallgemeinern kann man da in keine der beiden Richtungen.

Weiterhin glaubst du, dass der Handel der tragende Faktor des gesamten Staatsapparates gewesen wäre. Nun, diese Vorstellung .....und ist trotzdem überholt! Es gab in der Phase der Antike, in der Karthago eine Rolle spielen durfte, keinen einzigen Stadtstaat, dessen Grundlage nicht Ackerbau und Grundbesitz gewesen ist. Einen "Wechsel" zu einem ausgedehnten Handel eines Staatsapparates hat es nirgends gegeben, auch in Karthago nicht.

Für die Wirtschaftskraft kann ich dir zustimmen, der Großgrundbesitz und die Landwirtschaft waren auch in Karthago vom Anteil her größer, aber der politische Einfluß der Händlerschaft war im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Leistung schon wesentlich größer als in anderen Staaten dieser Zeit, vor allem wegen des Erzabbaus in fremden Ländern, diverser Rohstoffmonopole und wegem dem Einfluß der Händler auf die Flotte.

Mal ganz einfach, mit wem sollte Karthago denn solch ausgedehnten Handel betreiben, sodass sich ein ganzer Staatsapparat finanzieren konnte?

Den ganzen Staatsapparat haben sie natürlich nicht finanziert, aber hier wirfst du jetzt politischen Einfluß und Wirtschaftskraft durcheinander und springst vom einem zum anderen. Und der Handelspartner der ihnen Möglichkeiten weit über denen anderer Völker ermöglichte hieß die Barbaren. Die Karthager waren Spezialisten für den Handel mit unterentwickelten Völkern, in die Richtung Glasperlen gegen Gold. Dazu kam das de facto Monopol auf bestimmte Waren, und da vor allem auf Rohstoffe wie z.B. Zinn.

Einen wirklichen Profit konnte man nur mit Luxusgütern erzielen und diese Waren konnten nur von einer sehr kleinen Käuferschicht erworben werden. Man konnte damit Geld verdienen, aber die immensen Ausgaben Karthagos nicht finanzieren.

Trotzdem war Karthago zu seiner Blütezeit eben kein Händler mit Luxuswaren, im Vergleich handelten die Karthager wenig mit Luxuswaren und nur im Rahmen des Eigenbedarfs oder bei Spezialprodukten wie Purpur. Wir kennen z.B. von Plautus die Veralberung eines punischen Händlers, der mit Schnürsenkeln, Gold, Nüssen, Trillerpfeifen und Panthern handelt, da ist ein warer Kern in der Sache!

Die Karthager produzierten normale Waren oder Kitsch und verhökerten den Teuer und gegen Wertvolle Rohstoffe an Stämme in entfernten Gebieten wie der Westküste Afrikas oder Spaniens. Dazu kamen die Kolonien mit den Erzvorkommen aller Art, die zum größten Teil aber nicht in karthagischer Hand waren, die Erze wurden erhandelt. Da dann die Gewinnspannen natürlich geringer waren, gierte man daher auch nach einer Eroberung des Landes, der karthagische Imperialismus der Spätzeit folgt ziemlich genau den alten Handelswegen, und dürfte daher von Händlerseite initiiert worden sein.

Man bedenke in dem Kontext, wie lange die Karthager am Tauschhandel festhielten, sie tauschten noch, als sich überall schon im Mittelmeer das Geld durchgesetzt hatte, Zeichen dafür, mit wem sie handelten. Zu dem Monopol mit dem Handel mit diesen Völkern kam das de facto Transportmonopol im westlichen Mittelmeer und die Kontrolle der fernen Kolonien eben nicht durch die Grundbesitzer zuhause sondern durch die Händlerschaft.

Nochmal: Keines der karthagischen Produkte galt damals als Luxusartikel, die meisten Produkte hatten sogar einen schlechten Ruf, dass bestätigt sich auch mit den Funden, oft schlampig und schnell gearbeitete Waren, meist nur Standard. Davon produzierten die Karthager aber sehr viel, Item: muß der Handel damit sehr profitabel gewesen, item: war der Handel neben dem Grundbesitz in Karthago sehr wichtig.

Zusätzlich darf man bei der ganzen Handelsdiskussion auch nicht vergessen, dass wir uns erst am Beginn der monetären Wirtschaft befinden. Will heißen, es waren zu dieser Zeit auch noch gar nicht so viele Münzen im Umlauf.
Das begrenzt die moderne Vorstellung von Handel ungemein. Tauschhandel funktioniert eben doch auf einer anderen Basis.

Die Karthager hielten sogar länger als alle anderen am Tauschhandel fest, jedoch nur mit ihren Barbarischen Handelspartnern, und der Handel funktionierte sehr gut, wenn man überschlägt, was allein Zinn und sonstige Erze über Karthago in den Mittelmeerraum transportiert wurden, dann waren das signifikante Mengen. Und das Gros der Erzminen war in der ersten Hälfte ihrer Herrschaft noch nicht unter ihrer Kontrolle, also müssen sie sich diese Dinge erhandelt haben.

Du führtest Handelsverträge an, welche die Karthager, und im übrigen alle anderen mächtigen Stadtstaaten zu dieser Zeit auch, abgeschlossen haben. Da wurde auch auf der Basis des Austauschs von Gütern bzw. Resourcen gehandelt. Was wiederum unter städtische Versorgung fällt und eben allen Städten gemein war.

Natürlich war das keine Marktwirtschaft im heutigen Sinne, aber es war in Karthago schon mehr, als der übliche Ressourcenaustausch zwischen Städten. Das wird auch einhellig so von anderen damals angeführt und die im Kontext mit Karthago immer gegebene besondere Betonung des Handels von Zeitgenossen stellt klar, dass der Handel dort ein signifikanter Posten war, wirtschaftlich zwar noch hinter dem Grundbesitz, aber dennoch bedeutend und nicht zu vernachlässigen, politisch aber sogar gleichauf mit dem Grundbesitz.

Die Karthager haben nichts anders gemacht, als alle anderen auch. Es war eine stinknormale antike Metropole. Natürlich mit individuellem Charme und kulturellen Eigenheiten, aber sonst nichts!

Nehmen wir nur mal die Söldner Armeen als Punkt, und wie hoch im Karthagischen Militär der Anteil der Söldner war, dann zeigt allein dieser Punkt schon, dass es deutliche Unterschiede in der Staats- und Sozialstruktur im Vergleich zur Römisch/Griechischen Welt mit ihren Milizarmeen gab. Auch und gerade der Seefernhandel war in Karthago eine Größe, zwar kein Hauptposten, aber auch gesellschaftlich sehr bedeutsam.

Es geht mir dabei natürlich auch um die Vorstellung eine ganze Stadt könnte nur durch Handel reich geworden sein. Dies rührt übrigens von Vergleichen mit Venedig her, woher auch die Unterstellung einer "Handelspolitik" Karthagos kommt.

Nicht nur durch Handel, dem Handel aber jeden Anteil daran abzustreiten und Griechisch/Römische Wirtschaftssysteme dieser Zeit mit dem Karthagischen gleichzusetzen ist die gleiche Übertreibung in die andere Richtung. Gerade so viele Dinge im Kontext mit der Politik Karthagos werden ja erst klar, wenn man einräumt, dass die Handelsseite und die Grundbesitzseite politisch und in ihrem Einfluß GLEICH stark waren.

Beschließend noch als Anektdote: Das älteste spezielle Landwirtschaftsbuch der westlichen Welt stammt von einem Karthager namens Mago. Die Karthager brachten sowohl den Wein als auch die Oliven nach Nordafrika, ebenso den Granatapfel (Male punicum!) die Mandel und die Walnuß. Noch heute stehen die Olivenbäume in Algerien und Tunesien in dem Abstand, den die Karthager eingeführt haben, 20 bis 22m. Interessant ist es auch, dass die römischen Dreschmaschinen Postellum punicum hießen.
Wie man also sieht, war Karthago AUCH!!!! ein Staat, der Landwirtschaft auf damals höchstem technischen Niveau betrieben hat, aber eben nicht nur, sondern nur zur Hälfte. Der Grund dafür liegt im Mangel an Platz, da die Gebiete und sicherer Kontrolle in Nordafrika recht klein waren. Die Karthager kämpften vor allem deshalb so verbissen um Sizilien gegen die Griechen, weil sie auf das sizilianische Land zur Ernährung ihrer Bevölkerung angewiesen waren.

Der Hafen ist für antike Verhältnisse eigentlich gar nicht klein.

Der so überaus bekannte Hafen wurde aber erst nach dem zweiten punischen Krieg gebaut, in der Zeit zwischen dem zweiten und dem dritten punischen Krieg, das ist inzwischen ziemlich sicher, von daher ist der Hafen eben nicht sehr groß und seine Lage zeigt deutich die Defensivsituation des gesamten Staatswesens. Die beiden großen Buchten neben Karthago waren als natürliche ideale Häfen groß genug für wirklich große Flotten.

Ansonsten ist es natürlich FALSCH, Karthager zu sein, mehr ist dazu nicht zu sagen!
 
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Hallo Quintus Fabius,

Quintus Fabius schrieb:
Dennoch hat sich der Mensch weder von seiner Intelligenz noch von seinen Sozialen Fähigkeiten seit der Steinzeit weiterentwickelt, er ist immer der gleiche geblieben, wenn sich also das Handeln und Denken unterscheidet, dann nur aufgrund seiner anderen Kultur. Und wir finden in der Antike schon in manchen Fällen recht moderne Ansätze des Denkens, verallgemeinern kann man da in keine der beiden Richtungen.

Ich will dich jetzt hier nicht mit diversen Geschichtstheorien langweilen und der Kern deiner Ausführung, dass sich Denken und Handeln nur aufgrund anderer Kulturen unterscheidet, ist schonmal ein guter Ansatz. Nur müssen wir uns, um die Antike zu verstehen, auch auf diese Kultur einlassen und sie nicht mit modernen Begriffen wie "Geostrategie" versuchen zu bewerten. Es gibt genug Anhaltspunkte um der antiken Weltsicht beizukommen, das ist durch diverse Philosophen schon ausreichend dokumentiert. Sicherlich gab es in der Antike "moderne" Denkansätze, ebenso wie es heutzutage noch sehr archaische gibt ;). Das gibt uns aber trotzdem nicht das Recht mit Anachronismen zu argumentieren. Dann landen wir nämlich wieder bei Theodor Mommsen, der die römische Konsuln als "Bürgermeister" zu erklären suchte! Gemäß einem gängigen Ansatz des Historismus sollte man versuchen Geschichte aus sich selbst heraus zu verstehen.
Darauf war meine Kritik ausgerichtet und deswegen wehre ich mich dagegen, Karthago heutige Vorstellungen von "Handel" aufzudrücken. Ich verlange lediglich, dass man sich ernsthaft damit auseinander setzt. Das kann für jemanden wie dich unter Umständen sehr langweilig sein, da dabei jegliche Spekulationen verboten sind. ( Was ich übrigens auch sehr schade finde, da es mitunter schon spaßig ist)


Bis vor zwei Jahren habe ich auch noch genauso wie du von den Karthagern gedacht, dann bin ich aber dem Aufruf von Ameling gefolgt, die wenigen Quellen mal über diese althergebrachte Theorie zu befragen und siehe da, da war nichts.
Man kann wunderbar Zahlen überschlagen und Handelswege konstruieren, aber der "Wahrheit" kommen wir dabei nicht näher.
Eine Sache greife ich mir noch heraus, die ich doch gerne noch richtig stellen würde. Bis jetzt hat hier niemand behauptet, der Handel hätte in Karthago keine Rolle gespielt. Lediglich über die Bedeutung wurde diskutiert. Dabei bezog ich mich auf das Bild vom "Handelsstaat Karthago", welches nun jahrhundertelang nicht mehr kritisch hinterfragt wurde.

Dann noch ein kleiner Einwurf zu der Aussage ich hätte Wirtschaftskraft und politischen Einfluß durcheinandergeworfen. Ich bezog mich ausdrücklich auf die Aussage von Monomachus über den Handel als tragenden Faktor des Staatsapparates. Ich mag mich ja täuschen aber das klingt für mich sehr eindeutig. :confused: Was ich da jetzt bitte durcheinander gebracht haben soll mußt du mir bitte noch erklären.

Gruß

Marbod
 
Quintus Fabius schrieb:
... Der Grund dafür liegt im Mangel an Platz, da die Gebiete und sicherer Kontrolle in Nordafrika recht klein waren. Die Karthager kämpften vor allem deshalb so verbissen um Sizilien gegen die Griechen, weil sie auf das sizilianische Land zur Ernährung ihrer Bevölkerung angewiesen waren.

Das hatte ich bis jetzt überlesen. Quintus Fabius, dir ist hoffentlich klar, dass man das heutige Nordafrika nicht mit dem Antiken vergleichen kann, denn das tust du ja anscheinend. Anders kann ich mir deine Aussage nicht erklären. Die fruchtbaren Flächen Nordafrikas waren vor 2000 Jahren noch wesentlich größer als der kümmerliche Rest unserer heutigen Zeit. Sizilien brauchten die Karthager ganz sicher nicht zur Ernährung ihrer Bevölkerung. Zumal du mit deiner Argumentation in arge Erklärungsnöte für den Bevölkerungszuwachs in Karthago nach dem Verlust Sizilien kommst!
Die Bedeutung Siziliens für die Karthager ist eher im Bereich der Seefahrt und der Sicherung von Seerouten zu suchen. Den strategischen Wert kannst du dir als Soldat wohl sehr gut vorstellen.

Gruß

Marbod
 
Auch noch ein Wort zu deiner Meinung das griechisch/römische Wirtschaftssysteme nicht mit den karthagischen zu vergleichen wäre. Woher nimmst du diese Behauptung?
Meine These und somit die These Walter Amelings beruht auf der Annahme, dass signifikante Unterschiede zwischen Karthago und dem Rest der Welt ein Konstrukt der Forschung sind. In meinen vorherigen Posts ist das meiner Meinung nach ausreichend dokumentiert. Ansonsten würde ich dir weiterhin das Werk von Walter Ameling empfehlen. Wenn du danach immernoch der Meinung bist, Karthago's Sonderstellung beruhe auf historischen Annahmen, dann können wir gerne weiterdiskutieren. Ansonsten ist es für mich eher demotivierend immer wieder den gleichen Kram posten zu müssen.

Gruß

Marbod
 
Meine These und somit die These Walter Amelings

Oh ich kenne W. Ameling schon, schließlich habe ich mich ja über meine Todfeinde informiert, aber der ist auch nicht ganz unumstritten, er ist sicher der Karthago Kenner Nummer 1, aber sein Urteil in manchen Punkten scheint mir, wie soll ich sagen, nicht objektiv genug, er hat auch bestimmte Vorstellungen und interpretiert dann die Funde!! und auf die sind wir im Fall Karthago primär angewiesen, so, dass sie in seine Linie passen. Das größte Problem ist ja die reine Feinddarstellung durch die Griechen und Römer und der totale Verlust der eigenen karthagischen Überlieferung sowie die Ausradierung der Karthager durch Rom, so dass die Archäologen schon jubeln, wenn sie nur einen echten, Alt Karthagischen Ziegelstein finden....

Ich halte mich primär zum Beispiel an Werner Huß in meinen Ideen und kombiniere dann weiter, und ja, ich bin ein Spekulant :) :)......Gerade bei Karthago ist ja soviel Spekulation!! zum Beispiel die Frage der Kinderopfer!

Doch dann die Überraschung bei der Untersuchung des Erbguts: Eine Urne aus Mozia enthält Knochen eines Mädchens.

z.B. haben jetzt genauere Untersuchungen gezeigt, dass es sich doch um einen Jungen handelt, bis man also wieder ein Mädchen findet, hat man in den Tophet wieder nur Jungenskellete und so müsste man vom derzeitigen Fundgut davon ausgehen, dass die Kinder geopfert haben.

Warum eigentlich nicht?? So Leute wie Ameling wollen regelrecht mit aller Gewalt beweisen, dass es keine Opfer gegeben hat, aber wenn man sieht was Menschen schon alles getrieben haben aus religiösen Gründen, z.B. die Azteken, warum also sollen die nicht solche Opfer dargebracht haben?

Das ist diese sooo typische, humanistische Schönfärberei derjenigen, die von Mami und Papis Geldkonto und dem Gyminasium behütet sich nie real und wirklich mit der Dummheit und dem Dreck anderer Menschen und Kulturen in der Realität beschäftigen mussten, die wollen alle Kulturen gleich wert und wundervoll sehen, und können es daher nicht ertragen ,dass ihre Lieblingsvölker so Böse Dinge getan haben sollen.
Dabei ist das Verbrennen von Kindern in der Menschheitsgeschichte bei weitem nicht das schlimmste.

Quintus Fabius, dir ist hoffentlich klar, dass man das heutige Nordafrika nicht mit dem Antiken vergleichen kann, denn das tust du ja anscheinend. Anders kann ich mir deine Aussage nicht erklären. Die fruchtbaren Flächen Nordafrikas waren vor 2000 Jahren noch wesentlich größer als der kümmerliche Rest unserer heutigen Zeit.

Auch wenn ich nur ein Laie bin, soviel Wissen solltest du mir schon zutrauen!!!!

Der Grund für den Landmangel war nicht der Mangel an fruchtbarem Land, sondern dass dieses anderen gehörte! Die Karthager waren die erste Hälfte ihrer Zeit militärisch zu schwach, um sich gegen die Lybier und Numider durchzusetzen, daher reichte der karthagische Einfluß nicht sehr weit ins Landesinnere, DAHER besaßen sie gar nicht soviel Land in Nordafrika. Das klingt doch schon in der Gründungssage von Karthago so klar durch: So viel Land wie eine Kuhhaut umfasst konnten die Kolonisten erhalten, klug schnitt dann Elissa diese Haut in einen langen und sehr dünnen Streifen und steckte damit die Byrsa. Oder z.B. der König von Utica bedrängte dann die Königin, ihn zu heiraten und drohte die Siedlung andernfalls zu zerstören, Elissa hat sich daraufhin angeblich in ein Feuer gestürzt, Übersetzung: das neue Gemeinwesen Neustadt stand ziemlich unter Druck der Nachbarn in Nordafrika und das blieb auch noch so die erste Hälfte seiner Zeit!!

Dies änderte sich dann mit dem Verlust Siziliens, in der direkten Folge des Söldnerkrieges weitete sich das karthagische Herrschaftsgebiet in Nordafrika enorm aus, trotzdem war die Lage noch sehr unruhig, die Karthager errichteten daher, kaum bekannt, zur Sicherung ihrer neu gewonnen Gebiete eine Art Limes in Afrika und dazu ein Netz von Festungen. Mit diesen Neuen Gebieten wuchs dann die Bevölkerung, im Endeffekt ging zwar die Fläche Siziliens verloren, aber schon während des Krieges, und dann durch den Strategen Hanno den Großen wurde schon Zeitgleich zum 1 Punischen Krieg und danach zum Söldnerkrieg jede menge Land in Nordafrika gewonnen.

Wenn du danach immernoch der Meinung bist, Karthago's Sonderstellung beruhe auf historischen Annahmen, dann können wir gerne weiterdiskutieren. Ansonsten ist es für mich eher demotivierend immer wieder den gleichen Kram posten zu müssen.

Heh, wer zwingt dich, gib auf! :) :)

Aber Karthago ist ein so großes Thema, da wird sich doch noch viel anderes finden, such dir doch selbst einen neuen Aspekt, ich stell mal ein, zwei in den Raum:

Wann errichteten die Karthager eigentlich ihre berühmten Landbefestigungen, diese gewaltigen Landmauern, gibt es da eine zeitliche Einordnung oder einen bestimmten Anlaß?

Und wie sieht es mit der Entwicklung bei den Schiffen aus: ich habe gelesen, dass die Quadrireme von den Karthagern erfunden worden sein soll, nicht aber die Quinquereme, die soll aus Syrakus stammen, dennoch wurde die Quinquereme zum Standardtyp der karthagischen Flotten und dann der Römischen.

Wie soll man sich das nun vorstellen: Klassisch ist ja die Idee eines Schiffes mit 3 Rudern und zweimal zwei Mann und einmal einem, nach der Zeit von Demetrios Poliorcetes aber, der ja die ganzen Rudersysteme revolutionierte und die Zahl der Ruderreihen senkte und dafür die Zahl der Ruderer pro Ruder erhöhte, gehe ich z.B. von zwei Ruderebenen aus, einmal mit 3 Mann und einmal mit 2 Mann an einem Ruder.

Wie auch immer es war, es war FALSCH, Karthager zu sein!!
 
Auch noch ein Wort zu deiner Meinung das griechisch/römische Wirtschaftssysteme nicht mit den karthagischen zu vergleichen wäre. Woher nimmst du diese Behauptung?

Ich nehme diese Behauptung daher, weil der Handel in Karthago, im Gegensatz zu den anderen Staaten eine wichtige Rolle spielte. DAHER unterschied sich das karthagische Wirtschaftssystem von allen anderen.

Beweisführung:

Wenn wir das epigraphische Material nach Berufen durchsuchen, dann finden wir in Karthago viel mehr Bezeichnungen für Händler und Handel als anderswo, so signifikant mehr spezialisierte Händlertypen, dass es ziemlich auffällig ist.

Dazu kommt eine Vielzahl von produzierenden Berufen des Handwerks und der Industrie, dabei sind aber nur wenige Luxusprodukte oder Produkte hoher Qualität, das deckt sich mit den epigraphischen Aussagen, dass die Karthager Allerweltswaren oder Rohstoffe geliefert haben, nur im Bereich der Rohstoffe (Tiere, Elfenbein, Straußenfedern, Gold) handelten die Karthager mit Sehr wertvollen Sachen ,die verarbeiteten Sachen dagegen lagen unter der griechischen Qualität, alle Aussagen von Zeitgenossen decken sich dahin, dass man ÜBERALL im Mittelmeer Raum normale Standardwaren von Karthagern erworben hat.

Im Gegensatz also zu deiner Aussage haben die Karthager nicht mit Luxuswaren gehandelt, wie aber soll das dann möglich sein, wenn man deiner und Amelings Linie folgt und nur Luxuswaren den entsprechenden Profit brachten?

Nun, zur Zeit der Diadochenreiche gab es eine enorme Kulturvermischung im Osten und da ging das Stilgefühl verloren, so kann man den schlechten karthagischen Kitsch wohl doch als Luxusware betrachten, zudem war das Haupthandelsvolumen der Karthager zu den zivilisierten Völkern das der sehr wertvollen Rohstoffe, von denen die Karthager aber sehr viel mehr als andere Völker erlangen und weiterverkaufen konnten.

Dagegen steht die Größe der die normalen Waren herstellenden Betriebe in keiner Relation zum Vorkommen in Funden im Osten. Daher aber zu folgern, dass diese Dinge für den Eigenverbrauch gewesen sein lässt zwei Dinge außer Acht: 1 was haben die Karthager für die Rohstoffe gegeben und 2 die Karthager produzierten für sich sehr gute Qualität, so war die Qualität der karthagischen Handwerkserzeugnisse IN Karthago sehr bekannt und begehrt, z.B. die von Glas – und Lederwaren.

Sämtliche Zeitgenossen und Zeitzeugnisse ÜBERBETONEN den Handelsaspekt in Karthago und das die Karthager ein völlig ANDERES Wirtschaftssystem gehabt hätten, alles Narren die sich Irren???

Das geht so weit, dass römische Geschichtsschreiber behaupten: Die Karthager hätten gar keinen Ackerbau betrieben, dass ist aber natürlich falsch, Karthago betrieb bis zum Ende eine blühende Landwirtschaft. Oder sogar Aussagen wie von Plinius dem Älteren:
Die Punier hätten sowohl die ernsthafte Geldwirtschaft als auch den Handel selbst erfunden!!

Solche extremen Aussagen muß man aber natürlich immer mit Vorsicht genießen, dennoch zeigen sie klar, dass für JEDEN Zeitgenossen ein klarer Unterschied zwischen ihrem System und dem von Karthago bestand, und zwar gerade eben im Handel.

Nun war Karthago eben NICHT eine reine Handelsrepublik wie Venedig, und dieser Vorstellung folge ich ja auch gar nicht, aber im Verhältnis zu den anderen Staaten der Antike hatte der Handel in Karthago einen viel größeren Anteil am Wirtschaftsleben und auch an der Politik. Das deckt sich auch mit den Funden karthagischer Waren in Gräbern, und mit den Funden anderer Waren in Karthago, diese hatten, bei geringerer Qualität ein viel größeres Verbreitungsgebiet als die anderer Staaten, darüber hinaus handelten die Karthager durch diese Funde bewiesen über viel weitere Strecken, bis nach Ägypten und natürlich in den Libanon oder sogar ins Schwarze Meer. Der Handel lautete Luxuswaren und Waren hoher Qualität für sich selbst, für den Eigenbedarf gegen wertvolle Rohstoffe, andere Staaten konnten denselben Handel gar nicht machen, weil ihnen die Herkunftsgebiete für diese Rohstoffe abgingen und weil sie nicht die Mengen die Karthago zur Verfügung standen überhaupt beibringen konnten. In Westrichtung dagegen lautete der Handel: Eigene Waren geringerer Qualität gegen die Wertvollen Rohstoffe bei unterentwickelten Handelspartnern.

Aus dieser Sonderkonstellation heraus waren die möglichen Profitspannen WEIT über dem, was andere Staaten im Handel verdienen konnten, und daher der Handel in Karthago ein signifikanter Posten in der Wirtschaft und wegem dem Einfluß, gerade aufs Militär und die Flotte der politische Einfluß der Händler GLEICH hoch dem der Großgrundbesitzer!!

Natürlich war das keine Marktwirtschaft im heutigen Sinn. Die Händler benutzen den Staat und das Militär um ihre Handelsinteressen durchzusetzen. Da Karthago eine Oligarchie der Reichen war, wurde dann gegen Geschäftskonkurrenten Piraterie betrieben oder ganz offen Krieg geführt. Auch folgte der karthagische Imperalismus genau den Handelswegen und Bezugsgebieten der Händlerschaft, man gierte danach die Profitspanne zu erhöhen, indem man die Herkunftsgebiete der Rohstoffe unter eigene Herrschaft brachte. Also kein Handel im modernen Sinn, aber dennoch Handel, und zwar von einem derart bedeutsamen Anteil für die Antike, das genau darin der Unterschied zu anderen Staaten besteht.

Zu Ameling: Zumeist hat sich noch jede extreme Theorie, die einen!! Aspekt überbetont!! im Nachhinein als Falsch erwiesen, sicher war Karthago kein reiner Handelsstaat, und es ist wichtig, um die Wichtigkeit der Landwirtschaft und des Landbesitzes in Karthago zu wissen, aber Karthago war AUCH ein Handelsstaat, und gerade das macht Karthago in der Antike im Vergleich zu den anderen so einzigartig. Möglich war dies durch eine besondere Konstellation, von Lage und beherrschten Märkten, die anderen Staaten so gar nicht möglich war! Und da ich, darüber hinaus extreme Positionen in der Geschichtsbetrachtung ablehne, halte ich mich in meinem Bild eher an Werner Huß, der meiner Ansicht nach ein richtigeres Bild von Karthago zeichnet.
 
Quintus Fabius schrieb:
Oh ich kenne W. Ameling schon, schließlich habe ich mich ja über meine Todfeinde informiert, aber der ist auch nicht ganz unumstritten, er ist sicher der Karthago Kenner Nummer 1, aber sein Urteil in manchen Punkten scheint mir, wie soll ich sagen, nicht objektiv genug, er hat auch bestimmte Vorstellungen und interpretiert dann die Funde!!


Von soetwas kann sich ja kein Forscher frei machen. Er spekuliert trotzdem wesentlich weniger als Werner Huß. Dessen Phantasie macht Tolkien Konkurrenz.


Quintus Fabius schrieb:
Gerade bei Karthago ist ja soviel Spekulation!! zum Beispiel die Frage der Kinderopfer!

Warum eigentlich nicht?? So Leute wie Ameling wollen regelrecht mit aller Gewalt beweisen, dass es keine Opfer gegeben hat, aber wenn man sieht was Menschen schon alles getrieben haben aus religiösen Gründen, z.B. die Azteken, warum also sollen die nicht solche Opfer dargebracht haben?

Das ist diese sooo typische, humanistische Schönfärberei derjenigen, die von Mami und Papis Geldkonto und dem Gyminasium behütet sich nie real und wirklich mit der Dummheit und dem Dreck anderer Menschen und Kulturen in der Realität beschäftigen mussten, die wollen alle Kulturen gleich wert und wundervoll sehen, und können es daher nicht ertragen, dass ihre Lieblingsvölker so Böse Dinge getan haben sollen.
Dabei ist das Verbrennen von Kindern in der Menschheitsgeschichte bei weitem nicht das schlimmste.

Na , ich wäre da vorsichtig der humanistischen Bildung Schönfarberei vorwerfen zu wollen.
Sicher gibt es da solche Bestrebungen, auch in dem Extrem wie du sie darstellst, aber der Regelfall ist dies sicher nicht. Das Grundproblem des "ich kann es nicht ertragen, dass mein Lieblingsvolk so böse war" liegt meiner Meinung nach eher in der starken Schwarz/Weiß-Sicht die in unserer Gesellschaft vorherrscht. Immer wieder dieses entweder "nur Gut" oder "nur Böse" Denkmuster, das verhindert ein anderes Verständnis. Und die Wurzeln dessen sind wirklich nicht in der humanistischen Bildung zu suchen!
Jetzt auch noch meinen Senf zu den Kinderverbrennungen und Menschenopfern in Karthago. Ich lehne diese Vorstellung, trotz humanistischer Bildung ;) , keineswegs ab. Auch hier kommt wieder der römischen Geschichtsschreibung eine besondere Rolle zu. Gerade die Menschenopfer werden benutzt um die Moral der Karthager in Frage zu stellen, aber die römischen Menschenopfer werden von ihnen dabei natürlich völlig außer acht gelassen. Auch ich weiß, wieviele Völker der Antike Menschen geopfert haben.
Noch ein Nachtrag zu dem Mädchen, das ein Junge war. Die Bedeutung ist letztendlich gering, denn das Argument des Kinderfriedhofes stützt sich auf die nicht unerheblichen Funde von embrionalen Knochen bzw. Föten. Das Mädchen sollte nur ein Zubrot der ganzen These sein. Hinfällig wird sie durch diese "Geschlechtsumwandlung" keineswegs.


Quintus Fabius schrieb:
Auch wenn ich nur ein Laie bin, soviel Wissen solltest du mir schon zutrauen!!!!

Der Grund für den Landmangel war nicht der Mangel an fruchtbarem Land, sondern dass dieses anderen gehörte! ...
Dies änderte sich dann mit dem Verlust Siziliens, in der direkten Folge des Söldnerkrieges weitete sich das karthagische Herrschaftsgebiet in Nordafrika enorm aus, trotzdem war die Lage noch sehr unruhig, die Karthager errichteten daher, kaum bekannt, zur Sicherung ihrer neu gewonnen Gebiete eine Art Limes in Afrika und dazu ein Netz von Festungen. Mit diesen Neuen Gebieten wuchs dann die Bevölkerung, im Endeffekt ging zwar die Fläche Siziliens verloren, aber schon während des Krieges, und dann durch den Strategen Hanno den Großen wurde schon Zeitgleich zum 1 Punischen Krieg und danach zum Söldnerkrieg jede menge Land in Nordafrika gewonnen.


Das Wissen traue ich dir durchaus zu und ich schätze deine Beitrage sehr, durch die Spekulationen bieten sie durchaus viel Diskussionspotenzial, wobei es auch durchaus ermüdend werden kann bei der Menge ;) :p

Deine Argumentation bezüglich des verfügbaren fruchtbaren Landes ist zwar logisch, allerdings wieder eine Spekulation deinerseits. Der karthagische Einflußbereich in Nordafrika war auch schon vor den punischen Kriegen groß genug um Karthago ernähren zu können. Völker wie Numider waren durchaus schwächere und keine gleichberechtigten Bündnispartner. Karthago war auch auf dem Land die stärkste Macht in diesen Regionen. Man macht das immer nur an dem Begriff der Söldner in Karthagos Diensten fest. Daraus resultiert dann die Argumentation Karthago wäre militärisch schwach gewesen. Das stimmt in keinster Weise, da dabei völlig außer Acht gelassen wird, dass im gesamten hellenistisch geprägten Raum das Anwerben von Söldnern für den Krieg völig selbstverständlich war. Und Karthago gehörte zur hellenistischen Einflußsphäre. Das ist nicht wegzudiskutieren!
Südlichöstlich von Tunis/Karthago erstreckt sich heute noch eine fruchtbare Gegend an der Küste bis nach Tripolis und noch etwas weiter. Dieses Gebiet stand seit jeher unter karthagischer Kontrolle und die fruchtbaren Ebenene reichen heute noch aus um diese beiden Großstädte und diverse kleinere Städte zu ernähren. Auch wenn die Pflanzkulturen der Antike nicht so ertragreich waren wie die heutigen, so reichten sie doch aus um Karthago ernähren zu können. An Nahrung hat es dort nie gemangelt, auch ohne Sizilien.



Quintus Fabius schrieb:
Heh, wer zwingt dich, gib auf! :) :)
Niemals :p



Quintus Fabius schrieb:
Aber Karthago ist ein so großes Thema... ich stell mal ein, zwei in den Raum:

Wann errichteten die Karthager eigentlich ihre berühmten Landbefestigungen, diese gewaltigen Landmauern, gibt es da eine zeitliche Einordnung oder einen bestimmten Anlaß?


Soweit ich weiß sind die berühmten Landfestungen der Karthager trotzdem alle an der Küste gebaut und dienten zur Verteidigung gegen Landungsheere. Die Festungen die ich kenne, erstreckten sich um den gesamten Golf von Karthago. Weiterhin wurde das gebirgige Hinerland an wichtigen Punkten durch Festungen gesichert. Von einem "Überlandlimes" ist mir nichts bekannt? Meinst du den an der Küste? Es gibt da einen italienischen Archäologen mit Namen Sabatino Moscati der etwas über die Festungen geforscht hat. Vielleicht hilft dir das weiter.


Quintus Fabius schrieb:
Und wie sieht es mit der Entwicklung bei den Schiffen aus: ich habe gelesen, dass die Quadrireme von den Karthagern erfunden worden sein soll, nicht aber die Quinquereme, die soll aus Syrakus stammen, dennoch wurde die Quinquereme zum Standardtyp der karthagischen Flotten und dann der Römischen.

Wie soll man sich das nun vorstellen: Klassisch ist ja die Idee eines Schiffes mit 3 Rudern und zweimal zwei Mann und einmal einem, nach der Zeit von Demetrios Poliorcetes aber, der ja die ganzen Rudersysteme revolutionierte und die Zahl der Ruderreihen senkte und dafür die Zahl der Ruderer pro Ruder erhöhte, gehe ich z.B. von zwei Ruderebenen aus, einmal mit 3 Mann und einmal mit 2 Mann an einem Ruder.


Das muß ich jetzt auch nochmal nachlesen. Ich schreib dann gesondert was dazu.

Gruß

Marbod
 
Marbod schrieb:
Völker wie Numider waren durchaus schwächere und keine gleichberechtigten Bündnispartner. Karthago war auch auf dem Land die stärkste Macht in diesen Regionen. Man macht das immer nur an dem Begriff der Söldner in Karthagos Diensten fest. Daraus resultiert dann die Argumentation Karthago wäre militärisch schwach gewesen. Das stimmt in keinster Weise, da dabei völlig außer Acht gelassen wird, dass im gesamten hellenistisch geprägten Raum das Anwerben von Söldnern für den Krieg völig selbstverständlich war. Und Karthago gehörte zur hellenistischen Einflußsphäre. Das ist nicht wegzudiskutieren!
Ich mag mich irren, aber gab es nicht auch verschiedene Kriege mit den Numider und den Lybiern? Wird nicht von Überfällen auf punische Güter berichtet?
Von einem militärisch schwachen Karthago muss gar nicht die Rede sein, man könnte andere Prioritäten gesetzt haben (z.B. andere Gebiete (Sardinien) oder die Flotte allgemein) bzw. sich teilweise geeinigt haben. Sicher unterworfen war das afrikanische Hinterland aber wahrscheinlich nicht, zumindest wenn man antiken Berichten folgen mag. Und wenn nicht, kann man sowieso alles anzweifeln.

Marbod schrieb:
Von einem "Überlandlimes" ist mir nichts bekannt?
Na irgendein gigantisches Bollwerk von Verteidigungsanlagen muss ja die Syrakuser, Lybier und Römer von Karthago fern gehalten haben :), schließlich soll Karthago mehrmals von Land aus belagert worden sein. Aber was genaues weiß ich auch nicht.
 
Er spekuliert trotzdem wesentlich weniger als Werner Huß. Dessen Phantasie macht Tolkien Konkurrenz.

Und umgekehrt hört man von der Seite das gleiche über Ameling. Eine private Vendetta zweier Professoren wie es mir scheint, mein Wissen ist viel zu beschränkt, zu entscheiden wer da nun Recht hat. Im Fall Karthago speziell scheint es mir aber ohnehin besonders schwer zu sein, die Geschichte richtig zu konstruieren, und die wenigen Male wo ich bei Ausgrabungen helfen konnte oder Koryphäen kennen lernte musste ich immer wieder feststellen, dass da vieles mit Phantasie ergänzt wird, die Geschichte ist ja auch eine Konstruktion, nur eine Annäherung, vor allem und gerade bei Karthago.

Deine Argumentation bezüglich des verfügbaren fruchtbaren Landes ist zwar logisch, allerdings wieder eine Spekulation deinerseits. Der karthagische Einflußbereich in Nordafrika war auch schon vor den punischen Kriegen groß genug um Karthago ernähren zu können.

Da muß ich von meinem Wissenstand her klar wiedersprechen. In der Anfangszeit wuchs die Siedlung Karthago wesentlich schneller, als das Land für sie ausreichte, DARIN liegt gerade der Grund für den im Vergleich mit anderen phönizischen Kolonien viel stärkeren Expansionismus der Karthager. Erst mit der Unterwerfung und Eingliederung der anderen mächtigen Stadtstaaten phönizischer Herkunft, vor allem von Utica gewann Karthago genug Land. ABER: Zeitgleich zur Ausweitung in Nordafrika, weiteten die Karthager ja auch ihre Herrschaft in Sizilien aus. In Nordafrika standen ihnen nun in Guerilla und ständigen überfällen kämpfende Völker mit leichter und schneller Reiterei gegenüber: z.b. die Numider, die ja für diese Kampfweise berühmt sind. Was nützt es mir, in Quadratkilometern theoretisch genug Land zu haben, wenn dieses in jeder Erntezeit überfallen wird und höchstgradig unsicher ist.
Daher die schnelle und enge Verbindung mit den Einheimischen Stämmen in Sizilien, die ja auch bis in den Karthagischen Hochadel einheirateten und daher die besondere Bedeutung Siziliens, nicht nur wegen der strategischen Lage sondern auch zur Versorgung. Das deckt sich auch mit den Funden, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, aber über die Hälfte der Zeit dieses Staates war nur das unmittelbare Umland von Karthago und Utica intensiv genutzt und besiedelt, dagegen dominieren im Hinterland militärische Befestigungen!!

Wenn man jetzt nur die Anzahl karthagischer Siedlungen und Gehöfte nimmt, und nur das direkte Umland, dann reichte dieses als Grundlage gerade mal für eine Subssidenzwirtschaft der Stadt, aber nicht für eine Machtposition und noch nicht mal ganz für die Ernährung der Bevölkerung zur Blütezeit Karthagos. Erst in der Spätzeit, direkt vor dem 1 Punischen Krieg, während dieses Krieges und während des Söldnerkrieges begann sich die karthagische Herrschaft in Nordafrika ausreichend auszuweiten, so meine Theorie. Das die Söldner so viel Zulauf von den Lybiern und Numidern erhielten zeigt klar, dass diese Völker noch sehr unruhig waren und noch nicht lange unterworfen, auch alle zeitgenössischen Berichte zeigen, und eben die Funde der vielen Befestigungsanlagen zeigen, dass die Herrschaft in Nordafrika nicht ausreichend gefestigt war, um dort auf ausreichend Fläche Landwirtschaft als Grundlage zu betreiben. Zum Überleben und zur Ernährung der Bevölkerung von Karthago selbst reichte das zwar, aber was ist mit den vielen anderen großen Städten dort? Und was ist, wenn man die Landwirtschaft wie Ameling als Grundlage für die Macht und die Stärke des karthagischen Staates hernimmt? Den dazu reichte die Nutzung des Landes in Nordafrika nicht.

Auch ein Indiz: die karthagische Landwirtschaft war vor allen anderen sehr technisch und von der Art her hochstehend, alles, von der Art der Nutzung und Bewässerung bis den Landwirtschaftsmaschinen (Dreschmaschinen!) die ja zuerst in Karthago genutzt wurden deutet darauf hin, dass man Weniger Land intensiver nutzen mußte. Und das deckt sich mit den karthagischen Funden und wie sie verteilt sind, obwohl die karthagische Herrschaft nominell schon früher weiter nach Nordafrika hereinreichte und obwohl dieses Land fruchtbar gewesen wäre, wurde es nur wenig und extensiv genutzt, was aber dem ganzen Wesen der karthagischen Landwirtschaft wie wir sie aus den Quellen und aus dem was von ihr übrig blieb (Maschinen und das Landwirtschaftsbuch von Mago) kennen.

Fazit: Das Land in Nordafrika, dass SICHER war und genutzt wurde, wurde hochtechnisch und intensiv genutzt und reichte zur Ernährung, produzierte aber nicht die Überschüsse, die für eine solche Machtstellung reichten. Item: müssen noch andere Gebiete diese Überschüsse mitproduziert haben. Item: bleibt da nur Sizilien übrig, zudem kompensierten die Karthager aus Landmangel und weil sie, im Gegensatz zu den anderen Mächten es KONNTEN die mangelnden Überschüsse durch Handelserträge. Zum Beispiel wenn auf Sizilien Krieg gegen die Griechen herschte und diese in karthagischem Gebiet standen, was auch immer wieder vor kam und daher die Ernten aus Sizilien schlechter ausfielen.
Hätten die Gebiete in Nordafrika alleine ausgereicht, dann stellt sich die Frage nach den Gründen der Expansion nach Spanien! Und das war nicht nur eine Frage der Gewinnung der Silberminen, sondern auch eine Frage der Überschüsse!! Die Überschüsse aus der Landwirtschaft in Nordafrika reichten eben alleine nicht, um seine Machtstellung zu behalten!!

Man macht das immer nur an dem Begriff der Söldner in Karthagos Diensten fest. Daraus resultiert dann die Argumentation Karthago wäre militärisch schwach gewesen. Das stimmt in keinster Weise, da dabei völlig außer Acht gelassen wird, dass im gesamten hellenistisch geprägten Raum das Anwerben von Söldnern für den Krieg völig selbstverständlich war. Und Karthago gehörte zur hellenistischen Einflußsphäre. Das ist nicht wegzudiskutieren!

Das stimmt alles, aber ich habe NIE und nirgends etwas anderes geschrieben. Karthago war aber militärisch vom Maximalen Wehrpotential durchaus schwächer als andere Staaten z.B. viel schwächer als Rom. Das glich Karthago mit einem sehr guten Berufssoldaten und Offizierstum wieder teilweise aus.

Es gibt da einen italienischen Archäologen mit Namen Sabatino Moscati der etwas über die Festungen geforscht hat. Vielleicht hilft dir das weiter.

Danke für den Namen, mit dem bin ich weitergekommen, so ich mal wieder privat etwas mehr Luft habe fasse ich dazu mal einen Beitrag ab.

Noch beschließend eine Frage: Wie festgefügt darf man sich das karthagische Imperium eigentlich vorstellen, damit meine ich nicht den Stadtstaat selbst, sondern das gesamte unter karthagischer Kontrolle stehende Gebiet von Spanien bis Korsika, von Lybien bis Mauretanien. Wie autonom waren die anderen Städte unter dieser Herrschaft, war das eher ein Bundesgenossensystem, vergleichbar dem Roms, oder eher eine direkte Militärherrschaft, die sich aus der besonderen militärischen Stärke und Expansion der Stadt Karthago ergeben hat? Wie locker und indirekt, oder wie fest und direkt gestaltete sich die Karthagische Herrschaft im Laufe der Zeit? Meine Ansicht dazu ist, dass sich da auch große Veränderungen ergeben haben, vor allem als Folge der Konfrontation mit den Römern.

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Kenne deine Feinde !!
 
Gruß an die Freunde der Punier und Römer - insbesondere Quintus und Marbod !!!



Nun bin ich nicht jemand, der sich bei kritischen Worten taub stellt, um dann für blind gehalten zu werden. So mische ich diverse Meinungen, "spekuliere" freilich frei nach Herzenslust und gemäß dem Recht auf Bildung einer eigenen Meinung aus dem uns vorliegenden wissenschaftlichen Material mit jenem Teil, der meines Erachtens aus Gründen der Wahrscheinlichkeit am sichersten und überzeugendsten erscheint; in diesem Sinne versuche ich so ein Gesamtpanorama zu gewinnen, welches jener Zeit am ehesten entspricht



Doch wer folgert nun richtig und wer spekuliert vielleicht falsch?



Wo Quellen Raum für mögliche Interpretationen lassen bzw diese Quellen überhaupt fehlen, werden immer wieder schlaue Köpfe, schlaues zu schreiben wissen.



Eine Spekulation und kein Beweis nun meinerseits:



Was ist nun, wenn ... diese Phönizier, zu Beginn ihrer Niederlassungen - und auch noch danach - nun doch gegenüber den dort "Eingeborenen" für ihre Landpacht tributpflichtig gewesen sind ? Wie hätten sie dieser Pflicht befriedigend nachkommen können, wären sie nicht dieses „ zum Handel geborene, geschäftstüchtige Volk“ gewesen?! Was ist eigentlich so schlecht daran, einem bestimmten Volk bestimmten Charakter zu verleihen? Besitzen und besaßen alle Kulturvölker zur gleichen Zeit gleiches Kulturgut? gibt es nicht jene Unterschiede zwischen den Völkern die Kulturfortschritt erst möglich machen? Wie sahen denn die Römer die Karthager und wie definierten sie den Begriff Barbar?

Billigten sie nicht ausdrücklich den Puniern die Kunst des Handelns zu – wenn auch später in einem negativen Bedeutungsinhalt interpretiert durch die Kriegspropaganda bedingt ?



Karthago als stinknormale Metropole zu zeichnen, genügt mir nicht. Karthago war für eine bestimmte Zeit die Stadt in der Mittelmeerwelt.



Ist es also nicht so, dass die Karthager zu Beginn ihrer Sesshaftigkeit in Nordafrika nur gegen Tribut geduldet wurden? Ist es ferner nicht so, dass sie erst dann in der Lage waren, friedlich - eine anfangs keineswegs gewinnbringende - Landwirtschaft zu vollziehen, als durch den Handel der Punier, jenes wirtschaftliche und militärische Fundament geschaffen ward, auf dem diese erst zu gedeihen vermochte ?



Wer aber darf denn nun glauben, dass die einheimischen Völker Nordafrikas - vielleicht aus Nächstenliebe ??? - interessiert daran waren, dass „ihr“ fruchtbares Land von fremden Kolonisten bevölkert und genutzt werde ? Diese Vorstellung ist doch absurd und völlig lebensfremd ! Gerade für die Antike ist uns aus Verträgen bekannt ist, wie Territorien abgeschottet wurden und man diese Gebiete "eifersüchtig" behütete. Doch ist es heute anders? So aber schließt Macchiavelli den Kreis, die Geschichte wiederholt sich !



Mit freundlichen Grüßen Monomachus
 
zitrat:"! Gerade für die Antike ist uns aus Verträgen bekannt ist, wie Territorien abgeschottet wurden und man diese Gebiete "eifersüchtig" behütete. "

Weil es profitabwerfendes Gut war, oft wurden ganze Ländereien gegen Güter oder Dienstleistungen anderer Könige eingetauscht. Den einfachen Menschen damals scheint recht egal gewesen zu sein welchem König sie ihre Abgaben machen mussten.
 
Wer aber darf denn nun glauben, dass die einheimischen Völker Nordafrikas - vielleicht aus Nächstenliebe ??? - interessiert daran waren, dass „ihr“ fruchtbares Land von fremden Kolonisten bevölkert und genutzt werde ?

Wie Marbod richtig geschrieben hat, war der Handel in der Antike wegen der Beschränktheit der Beförderungsmittel, dem hohen Risiko und den Geringen Gewinnspannen nicht mit dem heutigen Handel vergleichbar. Im römischen Reich gab es durch die Aufhebung der Grenzen und die Größe des Reiches einen gewissen Handel, und ich habe ja bereits erklärt, warum auch die Karthager dann

Als Sonderfall in der Antike einen Handel betrieben, der für ihr Staatswesen einen Signifikanten Anteil trug, ABER: auch in Karthago war die Landwirtschaft und der Abbau von Rohstoffen auf eigenem Territorium sehr wichtig und anfangs die Grundlage der Expansion.

Und erst mit dieser Expansion kam dann der Handel auf, der dann mit der Landwirtschaft gleichzog.

Es ist nämlich nicht so, dass die Karthager da als Phönizier hinkamen und den Handel unter Kontrolle gehabt hätten, den schon lange vor ihnen saßen andere Phönizier und auch Griechen und Etrusker im westlichen Mittelmeer. Die direkte Nachbarstadt Utica war anfangs ein ganz massiver Konkurrent Karthagos und den Handel mit Spanien hatten die Tyrer und Sidonier und die Stadt Gades in der Hand, den Handel mit dem Spanischen Hinterland Tartessos.

Die Karthager kämpften anfangs durchaus nicht wie von dir behauptet gegen einheimische Nordafrikaner sondern primär gegen ihre Eigenen Landsleute, die anderen phönizischen Städte entlang der Küste die das notwendige Hinterland schon vor der Gründung Karthagos erobert hatten.

Das hat es bis in die Sage geschafft, die Stadtgründerin Karthagos brachte sich zum Beispiel nach der Legende selbst um, um nicht den König von Utica heiraten zu müssen.

Was unterschied dann die Karthager, bzw warum setzten sie sich durch? Im Gegensatz zu den anderen Phöniziern waren die Karthager sehr konservativ und das besonders im Bereich der Religion, sie sprachen auch weiterhin phönizisch, obwohl es im Osten unter der Perserherrschaft verloren ging. Besonders aber war ihre konservative Religionsausübung, und die von anfang an gegebene Militärische Tüchtigkeit, die Karthager waren unter den Phöniziern am Militärischsten orientiert und ihre Bürgerarmeen, Anfangs kämpften Karthagos Bürger nämlich noch selbst, kampfstärker als die der anderen Stadtstaaten der Phönizier und Griechen in der Region, was vielleicht eben an ihrer traditionelleren Gesellschafts- und Sozialkultur lag.

Als die Ostphönizier durch das Neu-Babylonische Reich und die Belagerung von Tyros durch Nebukadnezar ausfielen, und zugleich die Griechen ganz massiv ins Westliche Mittelmeer drängten wandten sich die Westphönizier gegen die Griechen, denen sie nicht gewachsen waren an die Karthager um Hilfe und unterstellten sich dafür deren Herrschaft, so gelangte Karthago an größere Gebiete und erst mit denen stieg es dann zu einem Reich auf. Nicht jedoch so sehr durch Handel, der kam dann erst durch den Ausfall der Konkurrenz überhaupt in Karthagische Hand sondern mehr durch die Ausbeutung der gewonnenen Gebiete und die Überschüsse die man durch die auswärtigen Besitzungen erzielte. Mit diesen konnten dann die Karthager weiter expandieren und so wurde dann auch Tartessos zerstört und die Gebiete in Spanien und an der Westküste Afrikas gewonnen und erst da setzte dann die besondere Konstellation eines Rohstoff- und Transportmonopol ein, dass die Karthager überhaupt zu einem signifikante Maße annehmenden Handel befähigte.

Dieser wurde auch notwendig, da Sizilien immer mehr zum Kriegsgebiet zwischen Griechen und Karthagern wurde, und daher die Einnahmen aus der Insel zurückgingen und sie immer mehr für die strategisch militärische Lage wichtig wurde, und immer weniger für die Einnahmen, die man nun aus dem Handel nach Iberien und Afrika und an die Atlantikküsten bezog. Dieses Monopol mussten sich die Karthager auch erkämpfen, zusammen mit den Etruskern verdrängten sie die Griechen aus ihren Gebieten (Seeschlacht gegen die Phokaier vor Korsika!)

Erst später dann weiteten die Karthager dann auch noch ihre Herrschaft in Nordafrika in Numidisches und Lybisches Gebiet aus, als die Anfänglichen Gebiete nicht mehr reichten und nach dem 1 Punischen Krieg als Ersatz für die Verluste an Land in Übersee gegen Rom.
 
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