Lager der Römer in Thüringen

Das ist wirklich herrlich, Pömmelte ist nicht einmal sicher datiert und du weißt bereits, dass es sich um ein Drusus-Lager handelt.

Komisch, genau das Gegenteil hatte ich geschrieben. Wahrscheinlicher wäre doch, dass es 5 n. Chr. unter Tiberius angelegt wurde. Der Ort eignet sich jedenfalls perfekt als Treffpunkt mit der Flotte.
 
Komisch, genau das Gegenteil hatte ich geschrieben.

Hast du?

Vor Drusus' ersten Expeditionen hatte es ja noch nicht einmal Kontakt mit den Römern, das ist richtig. Aber schon Drusus hatte das Ziel mit auf den Weg bekommen, die Grenze vom Rhein an die Elbe zu verschieben.

Leider wissen wir eben nicht, wie weit diese Pläne vor der Varusschlacht schon umgesetzt waren. Also etwa, ob es schon eine Kette von befestigten Lagern entlang der Elbe gab — analog der Situation an der Rheingrenze.

Aber selbst wenn nur eines dieser Lager realisiert worden wäre, so würde ich es unbedingt beim Zusammenfluss von Elbe und Saale erwarten, also bei Pömmelte.

Wer hat also demnach Pömmelte gegründet?
 
Divico, du führst die ab ca. 19 v.Chr. begonnene Ausbau der nassen Grenze des römischen Reiches am Rhein als Vorbild für eine hypothetische Elbegrenze an, die es faktisch jedoch nie gegeben hat: die Rheingrenze wurde Vorbild für den Grenzausbau des röm.Reiches an Donau und Euphrat. Am Rhein gab es zu Drusus Zeiten folgende sicher belegte Anlagen: Nimwegen, Vetera I bei Xanten, Moers-Asberg, Neuß, Bonn, Koblenz, Mainz, Speyer, Basel und Dangstetten (habe ich etwas vergessen?). Was gibt es an der Elbe außer Pömmelte, und ich dachte, dies wäre ein provisorisches Marschlager? Die Ansicht, dass die römische Führung von der Verlegung der Truppen aus dem beendeten Kantabrischen Krieg Kantabrischer Krieg – Wikipedia und dem Inneren Galliens an die Rheingrenze an eine Provinzialisierung bis zur Elbe planten und anvisierten ist umstritten - die Elbe taucht erst nach Drusus überhaupt, etwa bei Strabon im Gesichtsfeld der römisch -griechischen Geographie auf. Daher nehmen die Feldzüge Drusus in der Geschichtsschreibung und auch in den Gedichten Ovids, Senecas Trostschrift für Marcia und bei anderen den Charakter von Vorstößen in unbekannte Weiten an, Drusus als Entdecker: et modo Germanus Romanis cognitus orbis, Consolatio Livia 313-14
 
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Komisch, genau das Gegenteil hatte ich geschrieben. Wahrscheinlicher wäre doch, dass es 5 n. Chr. unter Tiberius angelegt wurde.

Zum vermuteten Lager in Pömmelte hast Du in letzter Zeit folgendes geschrieben:

Für mich riecht es förmlich nach meinem alten Freund Drusus.

No, Sir. Wir reden hier von Drusus ...

Es ist ja nicht so, als gäbe es sonst keine Indizien. Die antike Literatur berichtet von Drusus' Feldzug an die Elbe, und wir haben dieses doch sehr einem Marschlager jener Zeit gleichende Luftbild aus Pömmelte.

Später gelangte er [sc. Drusus] aber bis an die Elbe, was ohne eine Versorgung über Weser oder spätestens Elbe kaum denkbar wäre. Pömmelte wäre der perfekte Treffpunkt: dort, wo die beiden großen Flüsse sich vereinigen.
 
Tiberius, nachdem Drusus den Ort aufgeklärt hatte? Die älteren Legionäre dürften den Weg gekannt haben.

Das glaube ich weniger. Ein Offizier, der mit Tiberius an der Elbe war, schreibt nämlich:

"Diese Zeit machte mich ... zum Soldaten im Lager des Tiberius Caesar: Denn bald nach seiner Adoption [26. 6. 4 n. Chr.] wurde ich mit ihm als Reiterpräfekt nach Germanien geschickt, als Nachfolger im Amt meines Vaters; neun Jahre hintereinander war ich als Präfekt oder Legat Zuschauer seiner übermenschlichen Taten ...

Ganz Germanien wurde mit den Waffen durchstreift, Stämme mit beinahe unbekanntem Namen wurden besiegt, die Völker der Chauken wieder unterworfen ... Die Langobarden wurden bezwungen, ein Volk, das noch wilder ist als die germanische Wildheit; schließlich wurde - was man nie zuvor gehofft und niemals wirklich versucht hatte - das römische Heer mit den Feldzeichen zum 400. Meilenstein hinter dem Rhein [von der Rheinmündung aus gerechnet?] bis zur Elbe geführt, die an den Gebieten der Semnonen und Hermunduren vorbeifließt. Und mit dem gleichen wunderbaren Glück und dank der Sorgfalt des Feldherrn vereinigte sich unter Einhaltung des Zeit(plans) die Flotte, die den Meerbusen umfahren hatte und von dem bis dahin völlig unbekannten Meer aus die Elbe hinaufgefahren war, nach einem Sieg über zahlreiche Völker mit einer überreichen Menge aller möglichen Güter mit dem Heer und mit Caesar."
(Altes Germanien - Auszüge aus den antiken Quellen über die Germanen und ihre Beiehungen zum Römischen Reich, Band Ia Zweiter Teil, Hrsg. Hans-Werner Goetz und Karl-Wilhelm Welwei, Darmstadt 1995, S. 41. Hervorhebungen von mir.)

Also:

Laut Velleius ist Tiberius mit seinem Heer weiter vorgedrungen als es sein(e) Vorgänger jemals versucht hatten, und auch die Einfahrt mit einer Flotte elbaufwärts hatte es vorher nie gegeben.

Das schreibt jemand, der dabei war, und dessen Kampfgefährten das Buch jederzeit in die Hände bekommen konnten.
 
Zum vermuteten Lager in Pömmelte hast Du in letzter Zeit folgendes geschrieben:

Das ist das Schöne an einem Gedankenaustausch: dass er zu neuen Erkenntnissen führen kann.

Schlussendlich geht es aber doch darum, ob Pömmelte ein augusteisches Marsch- oder gar Standlager gewesen sein könnte. Und die Soldaten und Ingenieure waren nach Drusus' Tod dieselben, wie auch der Chef.
 
Am Rhein gab es zu Drusus Zeiten folgende sicher belegte Anlagen: Nimwegen, Vetera I bei Xanten, Moers-Asberg, Neuß, Bonn, Koblenz, Mainz, Speyer, Basel und Dangstetten (habe ich etwas vergessen?).

Von denen die eine oder andere schon vor Drusus bestanden haben dürfte. Die drususzeitliche Anlage in Neuss könnte bereits die dritte an derselben Stelle gewesen sein:

Neuss: Römer waren früher in Neuss
 
Schlussendlich geht es aber doch darum, ob Pömmelte ein augusteisches Marsch- oder gar Standlager gewesen sein könnte. Und die Soldaten und Ingenieure waren nach Drusus' Tod dieselben, wie auch der Chef.

War denn diese Fundstelle Pömmelte überhaupt ein Lager? Irgendwo oben hat doch Sepiola eine Mitteilung des Landesdenkmalpflegers (oder ähnlichen Einrichtung) verlinkt, nach der dieser Fundkomplex wohl aus dem frühen MA stammen könnte.

hier:

... weil sie auf das Zeug darin nicht scharf waren (wenn wir Tacitus hier glauben wollen): "non concupiscentibus."


Du meinst das hier?
Germanische Siedlungen in Sachsen-Anhalt - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

Was an dem Schnitt hältst Du für "ausgesprochen dilettantisch" ausgeführt?

Die ma Scherben stammen aus der Verfüllschicht des Grabens:

Ein kleiner Schnitt im Torbereich des Grabenwerkes von Pömmelte (Salzlandkreis) erbrachte bisher keine kaiserzeitlichen, sondern mittelalterliche Scherben, die aber in einer nicht bis auf die Sohle reichenden Verfüllschicht lagen.

Was römisch sein könnte, ist die Anlage dieses Komplexes:

Aus den Luftbildern wurden für die ersten Untersuchungen morphologisch unterschiedliche Anlagen ausgewählt: Grabenwerke, die auf Grund ihrer spielkartenförmigen Grundrisse an römische Militärlager erinnern; rechteckige Anlagen unterschiedlicher Form und Größe mit Hinweisen auf kaiserzeitliche Datierung und Anlagen mit sichtbarer Binnengliederung.

Römische Lager sind im Regelfalle spielkartenförmig (Rechteck mit abgerundeten Ecken). Haben denn andere Kulturen in diesem Bereich (seien es frühma Slawen oder antike/frühma Germanen) auch Siedlungen oder andere Anlagen in dieser Form angelegt?
 
Das ist das Schöne an einem Gedankenaustausch: dass er zu neuen Erkenntnissen führen kann.

Schlussendlich geht es aber doch darum, ob Pömmelte ein augusteisches Marsch- oder gar Standlager gewesen sein könnte. Und die Soldaten und Ingenieure waren nach Drusus' Tod dieselben, wie auch der Chef.

Die Quellen berichten von einer Umkehr des römischen Feldzugs von der Elbe weg zurück - der Ort des Reitunfalls wird von Strabon gekennzeichnet: "Ferner gibt es einen Fluß Salas (Saale); zwischen ihm und dem Rhein starb Drusus Germanicus auf einem erfolgreichen Feldzug..." (Strab 7,1,3) Nach dem Unfall errichtete das Heer ein Sommerlager, da der Weiterzug mit dem verunglückten Drusus nicht mehr möglich war. Dieses Lager wird nach dem Tod des Drusus castra scelerata genannt, und nie wieder reaktiviert (Suet.Claud. 1,3) Der Tod wird in den September oder Oktober datiert, danach ziehen die Legionen südwestlich nach Mogantiacum/Mainz.
Weder die Chatten, noch die Cherusker, oder die Sugambrer waren zu diesem Zeitpunkt endgültig militärisch geschlagen und unterworfen - ein einzelnes Standlager an der Elbe macht keinen Sinn, und hätte im feindlichen Gebiet nicht versorgt werden können - es wäre zu diesem Zeitpunkt selbstmörderisch gewesen, einen so weit vorgelagerten Vorposten zu errichten. Alles spricht dafür, dass die Legionen komplett in ihre Winterlager am Rhein zurückkehrten.
 
Schlussendlich geht es aber doch darum, ob Pömmelte ein augusteisches Marsch- oder gar Standlager gewesen sein könnte. Und die Soldaten und Ingenieure waren nach Drusus' Tod dieselben, wie auch der Chef.

Die eigentliche Frage ist doch, ob Pömmelte überhaupt ein römisches Lager war.
Wie viele Omeletts kann man aus einem Ei backen, das noch gar nicht gelegt ist?
 
Die Quellen berichten von einer Umkehr des römischen Feldzugs von der Elbe weg zurück - der Ort des Reitunfalls wird von Strabon gekennzeichnet: "Ferner gibt es einen Fluß Salas (Saale); zwischen ihm und dem Rhein starb Drusus Germanicus auf einem erfolgreichen Feldzug..." (Strab 7,1,3)

Strabon schreibt nichts über einen Reitunfall (geschweige denn den Ort, wo dieser sich ereignete). Den Reitunfall finden wir nur in den Inhaltsangaben zu den verlorenen Kapiteln bei Livius. (Bei Sueton, Cassius Dio, Plinius und Seneca heißt es überall nur, Drusus sei krank gewesen.)
Aus Strabon läßt sich eigentlich nur ableiten, dass Drusus irgendwo zwischen Salas und Rhein gestorben ist. Dass es doch ein gutes Stück weit weg vom Rhein gewesen sein muss, ergibt sich aus Valerius Maximus 5,5,3, wonach Tiberius 200 Meilen durch das gerade erst besiegte Barbarenland geeilt sei (die 200 Meilen finden sich dann auch bei Plinius.)
 
Aber schon Drusus hatte das Ziel mit auf den Weg bekommen, die Grenze vom Rhein an die Elbe zu verschieben.

Von einem solchen Auftrag finde ich nichts in den Quellen.

Drusus stieß offensichtlich so weit vor, wie er es in der jeweiligen Situation für sinnvoll hielt.

11 v. Chr. hatte er vor, die Weser zu überqueren, doch Proviantmangel und Zeitnot ließen ihn von dem Vorhaben Abstand nehmen.

9 v. Chr. hatte er vor, die Elbe zu überqueren, doch auch diesmal änderte er seine Plan: "Er wollte auch die Elbe, die auf den Vandalischen Bergen entspringt und in großer Breite in den nördlichen Ozean mündet, überqueren, doch war er hierzu nicht in der Lage, sondern kehrte nach Errichtung eines Siegesdenkmals um..." (Nun kommt die Story mit der übermenschlich großen Frau, die ihm Einhalt gebietet: "Wohin willst du eigentlich noch ziehen, unersättlicher Drusus? ..."

In einer anderen Diskussion habe ich schon mal geschrieben, dass Sueton als Ergebnis der Feldzüge (die Tiberius zu Ende geführt hat) vermerkt, dass 40.000 Germanen (namentlich Sugambrer) auf das linke Rheinufer umgesiedelt wurden.
... Das könnte darauf hindeuten, dass man in erster Linie diesen Unruheherd auszuschalten wollte. Hielt man eine starke militärische Präsenz östlich des Rheins nicht mehr für erforderlich, als dieses Ziel (vermeintlich) erreicht war?

Aus der Umsiedelungsaktion lässt sich schließen, dass es links des Rheins noch eine Menge Land zu kultivieren gab, und dass die Römer sich auch darum kümmerten, dieses Potential weiter auszubauen.
Auf der anderen Seite waren die Römer offensichtlich nicht daran interessiert, das landwirtschaftliche Potential der Hellwegbörde zu nutzen. Durch die Umsiedlung von 40.000 Menschen wurde dieses Potential eher geschwächt als gestärkt.
Pläne, die Germanen rechts des Niederrheins zu direkten Untertanen (und Steuerzahlern) zu machen, dürfte es zu diesem Zeitpunkt wohl kaum gegeben haben.
 
... die Flotte, die den Meerbusen umfahren hatte und von dem bis dahin völlig unbekannten Meer aus die Elbe hinaufgefahren war, nach einem Sieg über zahlreiche Völker mit einer überreichen Menge aller möglichen Güter...

und es hätten auch den alten Römern Nüsse und Trockenfrüchte genügt.
... das klingt jetzt nicht so nach einer "überreichen Menge aller möglichen Güter".

Ich stelle mir gerade die Legionäre vor, die sich am Elbufer nach einem kräftigen Eintopf aus Graupen, Bohnen und Speck sehnen. Und nun kommen endlich die (mit ihrer doppelter Besatzung schon gut beladenen) Ruderboote angeschippert: "Speck und Weizen is nich, aber wir können euch noch was von unseren Nüssen und Dörrpflaumen abgeben. Wir wünschen euch einen angenehmen Nachhauseweg, valete!"
 
Ich stelle mir gerade die Legionäre vor, die sich am Elbufer nach einem kräftigen Eintopf aus Graupen, Bohnen und Speck sehnen. Und nun kommen endlich die (mit ihrer doppelter Besatzung schon gut beladenen) Ruderboote angeschippert: "Speck und Weizen is nich, aber wir können euch noch was von unseren Nüssen und Dörrpflaumen abgeben. Wir wünschen euch einen angenehmen Nachhauseweg, valete!"

Und Fisch - ich tippe auf Schleppnetze und außenbords angebrachte Reusen. Bei einer dritten Rudererschicht dürften zwar Nüsse und Trockenobst nahezu aufgezehrt, die angepeilte Durchschnittsgeschwindigkeit jedoch zu halten gewesen sein... Und man kann obendrein Garum daraus machen! Mit Doppeleffekt, bietet den Legionären einerseits einen vertrauten Hochgenuss, und säubert zudem als biologische Waffe die Elbufer - was den Standlagerbau erleichtert.
Ich würde in Pömmelte nach Fermentierungsbecken suchen!
 
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