Hallo Stradivari,
, das habe ich so doch gar nicht gesagt.
Ja, es mag diese Rechtsordnung in den germanischen Stämmen gegeben haben, nur lese ich, dass während der Augusteischen Germanenkriege diese "fragile" Ordnung wahrscheinlich aus den Angeln gehoben wurde.
Das basiert z.B. auf Aussagen wie bei WP: Drusus-Feldzüge:
Der Landfeldzug des Drusus richtete sich zunächst gegen die Usipeter, die sich unterwarfen. Es folgten ein aufwändiger Brückenschlag über die Lippe, vielleicht bei Olfen. Das Sugambrerland zwischen Lippe und Ruhr fanden die Legionen unverteidigt vor. Die sugambrischen Krieger waren gegen ihre südlichen Nachbarn, die Chatten, zu Felde gezogen, um sie in ein antirömisches Bündnis zu zwingen.

Wie kann man denn jemand unter Waffengewalt dazu zwingen, ...? Die Chatten im Felde besiegen, damit die Überlebenden dann zusammen mit den sugambrischen Siegern gegen die Römer vorgehen?
Die Situation in den Jahrhunderten um Chr. Geburt und das Jahr 2023?
Vielleicht eher mit der Erschließung Amazoniens, dem Bau der Transamazonica und den Einfluß weißer Siedler auf die umliegenden Indiovölker. Oder ein Fort mitten in den Jagdgründen der Apachen und Komantschen - aber ohne Karl May-Romantik, sondern als plastisches Bild jenes besagten "Clash of Civilizations".
Das Bild habe ich aber schon einmal gebracht und es wurde mit gesagt, dass es Quatsch/Bullshit sei. Ja es passt nicht, weder die Lebens- noch die Wirtschaftsweise im Vergleich Germanen - Indianer, wohl aber die Begegnung an jener Kontaktzone am Rhein. Zumindest stelle ich mir das so vor, da ich keine Vergleiche habe.

Hier wird dieses Thema nochmal aufgenommen: Waren die Germanen Bauern oder Krieger?
Waren die Germanen Bauern oder Krieger? - Geschichte-Wissen
Germanen waren in erster Linie Krieger und zwar alle. Die eigene Sippe konnte nur überleben, wenn sie sich mit mehreren Sippen zu einem Stamm zusammenschloß und diesen auch mit Gewalt verteidigte. Erst in zweiter Sicht haben dann die Germanen auch andere handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt. Aber über mehrere Jahrhunderte hat sich kaum etwas geändert. Siehe z.B. den Häuserbau und die Siedlungsstruktur. Auch kann man mit dem Märchen aufhören, daß die Germanen Bauern waren, die die Landwirtschaft nutzten. Hier hat Tacitus es genau beschrieben: „Wenn sie nicht zu Felde ziehen, verbringen sie viel Zeit mit Jagen, mehr noch mit Nichtstun, dem Schlafen und Essen ergeben. Gerade die Tapfersten und Kriegslustigsten rühren sich nicht. Die Sorge für Haus, Hof und Feld bleibt den Frauen, den alten Leuten und allen Schwachen im Hauswesen überlassen; sie selber faulenzen. …Sie bestellen Jahr für Jahr andere Felder, un doch bleibt Ackerland übrig. Denn ihr Arbeitsaufwand wetteifert nicht mit der Fruchtbarkeit und Ausdehnung des Bodens; sie legen keine Obstpflanzungen an noch umzäunen sie Wiesen oder bewässern sie Gärten; einzig Getreide soll der Boden hervorbringen. ….Für Winter, Frühling und Sommer haben sie Begriff und Bezeichnung; der Herbst ist ihnen unbekannt, der Name ebenso wie die Gaben…Die Mittel zu diesem Aufwand bieten Krieg und Raub. Und nicht so leicht könnte man einen Germanen dazu bringen, das Feld zu bestellen und die Ernte abzuwarten, als den Feind herauszufordern und sich Wunden zu holen; es gilt sogar für träge und schlaffe, sich mit Schweiß zu erarbeiten, was man mit Blut erringen kann.“

Damit will ich nur sagen, dass es nun mal diese Auffassung gibt. Tacitus Bild ist, nach alledem, was ich von Euch gehört habe, nicht besonders glaubhaft.
 
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Vor allen Dingen dieser Absatz:
Bei den Chatten wurde eine eigene Kriegerkaste beschrieben: Keiner von ihnen hat Haus oder Hof oder sonstige Pflichten. D.h. sie leben nur für den Kampf und wenn der Frühling begann, dann wurde auf dem Thing beschlossen, gegen wen man Krieg führte bzw. wohin der nächste Raubzug ging. Es war nicht die Frage, ob es Krieg geben wird, sondern nur gegen wen?
Es sind also keine Spinnereien, die von mir kommen, sondern es gibt diese Auffassung.

Und wenn es einmal in einem Stamm keine Möglichkeit für Auseinandersetzungen gab, dann hat man sich anderen Kriegsherren angeschlossen. Als die Römer (u.a. mit Drusus) in der Dekade vor der Zeitenwende nach Germanien kamen, da trafen sie keine friedliche bäuerliche Gesellschaft an, sondern eine kriegerische raubgierige Meute. Varus kam daher auch zu dem Schluß, daß diese Germanen mit den Menschen wenig gemeinsam haben, sondern eher Tieren gleichen.

Fazit: Der Germane war kein friedlebender Getreidebauer, sondern ein Berufskrieger, der mit Raub und Krieg sein Leben gestaltete. Vergleichbar wären die Zulu in Afrika bzw. einige Indianerstämme in Nordamerika.
 
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Waren die Germanen Bauern oder Krieger? - Geschichte-Wissen


Damit will ich nur sagen, dass es nun mal diese Auffassung gibt. Tacitus Bild ist, nach alledem, was ich von Euch gehört habe, nicht besonders glaubhaft.
Der Verfasser dieses Textes „Ingo“, ist nicht wirklich zitierfähig (und das liegt nicht etwa daran, dass er nur mit „Ingo“ firmiert).
Die Behauptung „die Germanen waren alle Krieger und haben erst in zweiter Linie Handwerk betrieben, sie waren, wie Tacitus schreibt, keine Bauern“, ist Blödsinn. Das einzige, was an dieser Aussage stimmt, ist, dass im Prinzip jeder in der Lage sein musste, sich und seine Sippe zu verteidigen.
Wenn man mal das Fazit („Indianer“) aufgreift: 1491 waren die meisten Indianer bäuerliche Gesellschaften. Unser Bild vom büffeljagenden Ponyreiter ist das von den Indianern, wie sie den Europäern im 19. Jhdt. begegneten, als sie aus den fruchtbaren Gebieten in die Great Plains vertrieben worden waren, wo man bis zur Einführung der stählernen Pflugschar durch John Deere und trockenheitsresistenen Weizensorten keine Landwirtschaft betreiben konnte.

Sowohl bei den Indigenen Amerikas als auch bei den Germanen ist inzwischen archäologisch (und archäobotanisch) gut belegt, dass es sich um bäuerliche Gesellschaften handelte.
Du solltest dich von dem Namen der Seite Geschichte-Wissen nicht beeindrucken lassen. Der Betreiber ist ein junger Mann, der vor Jahren mal Mitglied hier im Forum war, eigentlich ein Politikforum gründen wollte und dann diese Seite gegründet hat, damals war er Abiturient und wollte Jura studieren. Die Seite ist also mitnichten eine Seite, wo professionelle Historiker publizieren, sondern Laien. Anders als bei Wikipedia, das ja auch oft genug kritikabel ist, fehlt hier bei Artikeln ein Korrektiv und dann kommt halt ab und zu so ein Schmarren heraus.

Also, dass irgendwer ins Internet seine Privatauffassungen bläst, belegt zwar, dass es „diese Auffassungen gibt“, aber das ist keine Fundierung. Es gibt auch evangelikale „Auffassungen“, dass die Bibel die Wahrheit über die Schöpfung der Welt erzählt und das, was uns die Naturwissenschaften erzählen, Blödsinn sei. Nur um mal die Wertigkeit zu skizzieren.
 
Hallo Stradivari,
, das habe ich so doch gar nicht gesagt.
Ja, es mag diese Rechtsordnung in den germanischen Stämmen gegeben haben, [...]

Mit "tumben Raufbolden" wollte ich eigentlich nicht Deine Auffassung wiedergeben, sondern sozusagen eine extreme Gegenposition. Vielleicht habe ich Dich falsch verstanden, aber bei Dir las ich eher heraus, dass die Germanen friedlich zusammenlebten, bis die Römer kamen. Dein nächster Beitrag hat das aber natürlich eingeordnet, und zweifellos hat das Ausgreifen des Imperiums politische Strukturen vor Ort verändert. Es wird von einigen Althistorikern (zB Mischa Meier) sogar die These vertreten, dass die römische Politik erst die Voraussetzungen für die Bildung der Großverbände geschaffen habe, die später das Reich in eine schwere Krise stürzten. Wir wissen aber eben nicht sehr viel über die innergermanischen politischen Querelen, weil römische Autoren darüber meist nur aus gegebenem Anlass berichten, also vor allem wenn es für die Römer von Interesse war.
 
Übrigens, eine physische/topographische Karte von Südniedersachsen zeigt es recht gut, dass der Teutoburger Wald eine Art natürliche Schutzbarriere bildet.
Heimat und Welt - Kartenansicht -

Da ist im Süden das Hessische Bergland, das Eggegebirge und gleich daran im Anschluss der Teutoburger Wald, ein bewaldeter Höhenzug.
Wenn die römischen Legionen über die Lippe in die Gegend von Paderborn kamen, mussten sie zwangsläufig durch enge Täler hindurch auf die andere Seite. Deswegen wundere ich mich, dass die Germanen, bzw. die antirömische Koalition den Weg nicht schon sehr viel früher gekappt hatte. Die Topographie spielte - wenn man nur den Blick auf der Karte hat - eindeutig den Verteidigern in die Hände.

Ja ich weiß, vorausgesetzt es gab schon einen organisierten Widerstand. Ja, gab es nicht in der Form.
 
Wenn die römischen Legionen über die Lippe in die Gegend von Paderborn kamen, mussten sie zwangsläufig durch enge Täler hindurch auf die andere Seite. Deswegen wundere ich mich, dass die Germanen, bzw. die antirömische Koalition den Weg nicht schon sehr viel früher gekappt hatte.

Naja, wir wissen wie die Bewaldung heute aussieht, was uns nichts darüber aussagt, wie sie damals aussah. Könnte man via pollenanalyse zwar nachvollziehen, bringt allerdings nichts wenn man nicht weiß, durch welche der Täler sich die Römer möglicherweise bewegt haben.
Militärisch sinnvoll wäre es natürlich gewesen eines auszusuchen, dass selbst und dessen Hänge wenig bewaldet waren und potentiellen Angreidern keinen Schutz boten, außerdem wäre es natürlich sinnvoll gewesen berittene Späher auf die vorausliegenden Hügel zu schicken um das Terrain zu überwachen.

Eine weitere Überlegung wäre die Frage, warum man den Weg früher hätte kappen sollen, wenn man eine Falle zu stellen gedachte?
Je weiter sich die Römer von ihren Stützpunkten entfernten desto unwahrscheinlicher war es, dass sie aus der Falle ausbrechen und sich unter einigermaßen erträglichen Verlusten bis in den eigenen Machtbereich durchschlagen konnten, würde ich meinen.
 
Danke Dir für Deine dezidierte Antwort.
Ein Blick auf die Topographie reicht natürlich nicht aus. Der Teutoburger Wald hat die Form einer Art "Schutzschild" aber das ist auch schon alles.
 
Man muss sich das auch mal logistisch überlegen. Da ist eine Bevölkerung, die hauptsächlich von Subsistenzwirtschaft lebt. Flache Hierarchien, im archäologischen Befund lässt sich kaum ermitteln, ob ein Gehöft einem Adeligen, einem Freien oder einem Unfreien gehörte - nehmen wir Tacitus' Germania in dieser Beziehung ernst (müssen wir nicht zwingend, können wir aber), dann gaben die Germanen (manchen) ihrer Unfreien eigene Gehöfte.

So ist also die Situation. Nun bekommt der Germane Y zufälligerweise mit, dass sich eine römische Heeressäule von Olfen aus durch die Senne in Richtung Porta Westfalica fräst. Was macht Germane Y? Er hat ein Pferd? Glück gehabt. Er reitet also los, um den Römern zuvorzukommen und alamiert seinen Dorfchef: "Die Römer kommen." Der schickt weitere Boten zu anderen Dörfern: "Die Römer kommen."
Die Germanen müssen sich erst organisieren, aber vermutlich haben sie bestimmte Orte (nennen wir sie nordisch "Thingplätze"), wo sie sich in solchen Fällen treffen. Nehmen wir weiterhin an, dass Frauen, Kinder und Alte sich aus den Dörfern zurückziehen entweder Fluchtburgen aufsuchen oder sich irgendwo abseits ihrer Dörfer verstecken.
Während nun die Germanen auf dem Thingplatz das weitere Vorgehen beraten, sind die Römer natürlich nicht liegen geblieben, wo unser Germane Y sie gesehen hat, sondern weitermarschiert.
Die Römer haben von Olfen bis zur Porta Westfalica (140 km) vermutlich so ungefähr vier Tage benötigt (35 km/Tag, ca. 7 Stunden Marsch, danach noch Lagerbau. Der Bote zu Pferd schaffte die Strecke in zwei Tagen. Aber da waren noch keine Boten ausgesandt zu anderen Dörfern und noch niemand war zum vorvereinbarten Treffpunkt genommen.
 
So ist also die Situation.

Hängt wahrscheinlich aber auch davon ab, wie gut die ganze Aktion vorbereitet war. Gegebenenfalls wäre wäre es ja durchaus möglich gewesen den "Germanen" in der Gegend bereits bei Abmarsch der Römer in Richtung des betreffenden Gebietes Nachricht zukommen zu lassen, dass die Römer vermutlich in den nächsten so-und-so vielen Tagen die Punkte X und Y passieren würden, wobei man dann natürlich die genaue Route im Vorraus hätte kennen müssen.
 
Der Punkt ist halt, dass, wenn du kein stehendes Heer hast, sondern eine subsistenzwirtschaftende Gemeinschaft, du einen Heeresbann erst einmal organisieren musst und das benötigt ein paar Tage Organisiationszeit.
Ich las mal vor 20 Jahren in einem Buch* die Behauptung, dass Syrien eigentlich nur jeden Morgen in Damaskus (80 km bis zum Golan) seine Panzer anlaufen lassen müsste, um Israel in ständiger Alarmbereitschaft zu halten und das israelische Wirtschaftsleben lahmzulegen.



*Israel, um Himmels willen, Israel von Ralph Giordano oder Schalom Israel von Friedrich Schreiber, eines von beiden.
 
Der Punkt ist halt, dass, wenn du kein stehendes Heer hast, sondern eine subsistenzwirtschaftende Gemeinschaft, du einen Heeresbann erst einmal organisieren musst und das benötigt ein paar Tage Organisiationszeit.


Das ist mir durchaus klar, und auch dass man eine solche Streitmacht nicht mal ebeen beliebig lange irgendwo stehen und warten lassen konnte, weil es dafür übeerhaupt keine Versorgungsinfrastruktur gab.

Allerdings ließ sich ja, vorausgesetzt das man die Route kannte durchaus vorheersagen, wann eein römisches Heer ungeefähr wo auftauchen würde, wenn es sich an sein normales Marschpensum hielt.
Entsprechend wäre es, wenn man die Route gekannt hätte und schon bei Aufbruch berittene Boten ausgeschickt hätte sicherlich möglich gewesen die Römer irgndwo nach einigen Marschtagen abzufangen.

Bei frühzeitigem Abgang der Information hätte man ja einen Teil der Zeit, den diee Römer zum Anmarsch benötigten zum Organisieren nutzen können.
 
Also ein germanischer Nullnullsix?

Das wäre der Endung nach doch eher ein Gallischer?

Ich muss dazu sagen, dass ich in Sachen Arminius nicht sattelfest bin und dementsprechend etwas darüber im Dunkeln tappe wann er sich dazu entschlossen hat sich von den Römern los zu sagen und wie lange vor der Varussschlacht so etwas gegebenenfalls mit den germanischen Akteuren sondiert wurde, bzw. wie lange da bereits Kontakte bestanden, denn den Entschluss sich gegen Rom zu wenden wird er nicht erst auf dem Weg aus heiterem Himmel getroffen haben.
Von dem her wäre es auch ohne einen "Nullnullsix" bei Abmarsch sicherlich nicht abwegig gewesen für Vorwarnung zu sorgen.
 
Das wäre der Endung nach doch eher ein Gallisches?
Es handelt sich auch um ein Zitat aus einem Asterix-Comic (und ich bin nicht einmal sicher, ob ich die Figur korrekt benamst habe): Es handelt sich um einen Druiden(?), der als Angehöriger des M.I.VI im Dienste Roms an die Kenntnisse von Miraculix herankommen soll und der eine ganz zufällige Ähnlichkeit mit dem jungen Sean Connery aufweist.
 
Es handelt sich auch um ein Zitat aus einem Asterix-Comic (und ich bin nicht einmal sicher, ob ich die Figur korrekt benamst habe): Es handelt sich um einen Druiden(?), der als Angehöriger des M.I.VI im Dienste Roms an die Kenntnisse von Miraculix herankommen soll und der eine ganz zufällige Ähnlichkeit mit dem jungen Sean Connery aufweist.

Verstehe: Ich sehe ich muss mehr Asterix lesen. ^^
 
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Ich muss dazu sagen, dass ich in Sachen Arminius nicht sattelfest bin und dementsprechend etwas darüber im Dunkeln tappe wann er sich dazu entschlossen hat sich von den Römern los zu sagen und wie lange vor der Varussschlacht so etwas gegebenenfalls mit den germanischen Akteuren sondiert wurde, bzw. wie lange da bereits Kontakte bestanden,
Die Quellen besagen, dass Segestes Varus gewarnt habe. Mehr wissen wir über die Vorrausplanungen nicht. Die Geschichtsschreibung ist dieser Darstellung bis ins 20. Jhdt. kritiklos gefolgt und hat das so übernommen. Segestes galt deutschen Nationalisten immer als der Bösewicht, der Volksverräter. Die Frage ist halt: Hat Segestes Arminius gewarnt? Oder hat er das nur sechs Jahre später Germanicus erzählt? Tacitus legt Segestes ein "testis illa nox" '[nur] jene Nacht war Zeuge' in den Mund. Und ich lese bei Strabon eine gewisse Süffisanz, wenn er schreibt, dass Segestes hochgeehrt beim Triumphzug zusah, wie seine Kinder und sein Enkel als Gefangene vorgeführt wurden.
 
Die Quellen besagen, dass Segestes Varus gewarnt habe. Mehr wissen wir über die Vorrausplanungen nicht. Die Geschichtsschreibung ist dieser Darstellung bis ins 20. Jhdt. kritiklos gefolgt und hat das so übernommen. Segestes galt deutschen Nationalisten immer als der Bösewicht, der Volksverräter. Die Frage ist halt: Hat Segestes Arminius gewarnt? Oder hat er das nur sechs Jahre später Germanicus erzählt?

Und eben diese angebliche Warnung des Segestes ist mir durchaus noch geläufig, weswegen ich hier für mich immer vorausgesetzt hatte, dass dieses "Überlaufen" des Arminius oder wie immer man es bezeeichnen möchte, durchaus jedenfalls eine Zeit lang vorbereitet gewesen sei.
Möglicherweise bin ich dann aber genau in die Falle gegangen auf die angebliche Warnung zu viel zu geben.
 
Das leuchtet mir auch sofort ein, dass die Germanen kein stehendes Heer hatten, um eine römische Invasion an bestimmten Geländepunkten abzuwehren bzw. Hinterhalte legen und sie in einem günstigen Gelände schlagen.

Aber andererseits hatten die Drusus-Feldzüge ja auch ihre Vorgeschichte gehabt.
Und 11 v.Chr. wurde im unverteidigten Sugambrerland wahrscheinlich relativ robust vorgegangen, sprich niedergebrannte Dörfer, vernichtete Ernte möglicherweise, "Verbrannte Erde" im Allgemeinen. Diese Härte hätte dann im Germanicus-Feldzug wohl noch zugenommen.
Es fallen immer wieder die Begriffe "Vernichtungskriege". So etwas spricht sich rum. Andere germanische Stämme erhalten davon Kunde, dass mit den Besiegten nicht gut umgegangen wird und schon gar nicht, wenn sie sich als widerspenstig erweisen.

Es will mir einfach nicht in den Sinn, dass die germanischen Stämme, trotz allen Zwist, nicht Rom frühzeitig als gemeinsamen Feind erkannt und entsprechend gehandelt haben.
Ja, ich weiß, es gibt zig Argumente dagegen und einige haben auch durchaus ihre Berechtigung, nur ...

Wenn ich aus einem Cheruskerdorf käme und sehen würde, wie der eigene Stamm/Ethnie/Sippe gegen die Chatten, gegen die Fosen, gegen die Chauken oder wen auch immer kämpft und dann erscheint auf einmal eine römische Legion auf dem Schauplatz und die sieht die eigenen Leute als "Barbaren" für die sie nur ein Rezept haben. Zumindest wenn man Rom herausfordert.

Doch Arminius scheint es ja innerhalb relativ kurzer Zeit nach seiner Rückkehr aus Rom geschafft, eine derartige Allianz aus Brukterern, Marsern & Co. zu schaffen, die zumindest für diese eine Kampagne Bestand hatte und danach auch erstaunlich schnell wieder zerfiel.
Wie er das geschafft hatte, wie er argumentiert hatte, um die wichtigen Leute auf seine Seite zu ziehen, bleibt ein Rätsel der Geschichte.
 
Es will mir einfach nicht in den Sinn, dass die germanischen Stämme, trotz allen Zwist, nicht Rom frühzeitig als gemeinsamen Feind erkannt und entsprechend gehandelt haben.
Ja, ich weiß, es gibt zig Argumente dagegen und einige haben auch durchaus ihre Berechtigung, nur ...

Wenn ich aus einem Cheruskerdorf käme und sehen würde, wie der eigene Stamm/Ethnie/Sippe gegen die Chatten, gegen die Fosen, gegen die Chauken oder wen auch immer kämpft und dann erscheint auf einmal eine römische Legion auf dem Schauplatz und die sieht die eigenen Leute als "Barbaren" für die sie nur ein Rezept haben. Zumindest wenn man Rom herausfordert.
Es war ja nicht so, dass Rom mit brutaler Gewalt alles niedergemacht hätte. Die Römer gingen oft schon brutal vor – wenn jemand Widerstand leistete. Für Stämme, die sich (mehr oder weniger) „freiwillig“ unterwarfen, änderte sich vorerst nicht viel. Die Römer betrieben keine Zwangsromanisierung, der Alltag ging also zumindest vorerst wohl großteils wie gehabt weiter. Für Stämme, die bislang unter ihren Nachbarn zu leiden hatten, konnte der neue Oberherr, der für Ruhe und Ordnung sorgte, durchaus ein Gewinn sein. Wieso sollte man sich mit einem fiesen Nachbarn zusammentun, um gegen den zu kämpfen, der diesen fiesen Nachbarn neuerdings im Zaum hält?

Kritisch wurde die Lage erst, als die Römer begannen, die frisch Unterworfenen tatsächlich wie Provinzialen zu behandeln.
 
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