Reinecke
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Welche Rolle spielten Sklaven in der germanischen Welt?
War es lohnend einen rivalisierenden Stamm zu unterwerfen und einen Großteil der überlebenden Besiegten beispielsweise an die Römer zu verkaufen? Wurde das in größerem Stile praktiziert?
Naja, um einen ganzen rivalisierenden Stamm zu versklaven muss man den erst mal vollständig unterwerfen. Ich denke nicht, dass sowas an der Tagesordnung war, da mE dafür die militärischen Voraussetzungen (Überlegenheit, Organisation etc) nicht gegeben waren. Bei Einzelpersonen, Familien oä, die bei Überfällen oder Scharmützeln Feinden in die Hände fielen schon eher.
Wer oder was war der Adel bei den Cheruskern, vom dem die Rede ist. Legitimation durch vererbte Macht oder durch Meritokratie - Aufstieg in der Hierarchie beispielsweise durch erfolgreiche Feldzüge.
Hatten wir mal nen langen Thread zu...
Besitz & Familiengröße dürften eine große Rolle gespielt haben. Ob es institutionalisierte, ererbte Vor- oder Sonderrechte gab wissen wir nicht.
Ursprünglich kannten die germanischen Stämme weder geheime Zeichen noch gebrauchten sie Schrift. Sie befolgten folglich keinerlei geschriebene Gesetze.[1] Gleichwohl bescheinigte ihnen Tacitus in einem ältesten überlieferten Bericht, dass sie ein wohlgeordnetes Gemeinwesen pflegten und löbliche Sitten festzustellen waren.
Mündlich überlieferte Gesetze gab es ja bei vielen Völkern. Historisch besser belegt ist das bspw bei den nordgermanischen Verwandten, glaub ich.
Im FrühMA war es so, dass die Freien zum Heeresbann gerufen wurden. Ihre Waffen (Schwert, Schild, Speer, Pferd) musste sie sich selber leisten. Wer das nicht konnte, weil sein Hof zu wenig abwarf, kam seinen Verpflichtungen nicht nach, weshalb viele freie Bauern sich ihre Freiheit aufgaben.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Anforderungen bei den Cheruskern im 1. Jh. noch geringer waren; bspw werden Pferde kein Muss gewesen sein, dafür hatten die damaligen Germanen mE zu wenige, und sie waren durch den räumlich begrenzteren Einsatzraum auch nicht notwendig. Caesar berichtet über die Gallier, dass dort die Bauern unfrei und fast wie Sklaven gewesen seien. Auch wenn ich das für Propaganda halte, könnte es auf i-wie ähnliche Prozesse hinweisen. Jedenfalls gab es einen adligen Kriegerstand, der das Militärwesen und die Oolitik wesentlich bestimmte. Von den Germanen wird solches mWn nicht berichtet, oder nicht in der Form. ME war die germanische Gesellschaft noch ein gutes Stück egalitärer als die gallische, römische oder spätere frühmittelalterliche, auch wenn es Standes- oder Reichtumsunterschiede gab. Egalitär genug, dass noch die Mehrzahl der Bevölkerung Waffendienst leistete (so sie männlich & kv waren), und noch ein Mitspracherecht in der Politik hatte (wenn auch vielleicht nicht personal, sondern über Familien & deren Patriarchen).
EDIT & P.S.: Und egalitär genug, dass sie Probleme mit der militärischen Disziplin hatten, wie deine Quelle ja auch sagt...