Ötzis Tod

Zunächst einmal hat man ja die Pfeilspitze ganz übersehen. Und wenn ich das richtig im Kopf habe, hat es später Kontroversen darüber gegeben, wie schnell sie zum Tod Ötzis geführt hat. Deshalb frage ich, ob der Artikel von 2001 die letzte Instanz darstellt.

Gute Frage.
Es scheint so zu sein, dass sich die Erkenntnislage hier nicht verändert hat.
Ötzis letzte Tage - LMU München

Das Südtiroler Archäologiemuseum stellt das auch aktuell so dar und bezieht sich hier auch auf die Untersuchung von 2001.
Wie starb er? | Ötzi - Südtiroler Archäologiemuseum
 
Hallo Augusto, ich habe deine Quelle zur Isotopenanalyse anders verstanden, als Laie kann ich allerdings die Untersuchungsergebnisse nur rudimentär lesen und interpretieren. Zuerst benennst du eine Untersuchung nicht, die mir bisher auch unbekannt war, die Untersuchung von Glimmerpartikeln im Darm bzw. deren Alter. Auch wurden nicht nur der Zahnschmelz (Kindheit, Wachstum) und die Knochen (letzte 10 Lebensjahre) sondern auch die Strontiumisotopenwerte in seiner Darmwand vorgenommen. Vermutung der Wissenschaftler ist aufgrund verschiedener Werte: Glimmer-Alterwerte im Darm, dass er sich zuletzt westlich von Meran etwa bei Juval (in der Tabelle Ju) aufgehalten habe, möglichweise ein Hinweis auf Transhumanz (Wanderweidewirtschaft) - im Sommer südliches Ötztal auf Hochalmen und im Herbst bis Frühling in seiner Heimat (seit der Kindheit) verbracht (die Hausarbeit benennt das Etschtal, Eisack - und Pustertal, und spricht vom wahrscheinlichsten Ort Feldthurns, ohne dies zu erklären (in Tabelle als Fe markiert). Vielleicht kann ein Fachmann / eine Fachfrau uns in der Interpretation weiterhelfen. ich kann der Quelle auch nicht entnehmen, ob die Ergebnisse nicht mit anderen möglichen Lokalisierungen/Regionen verglichen wurden, ich gebe allerdings zu bedenken, dass Ötzi eine der bestuntersuchten Mumien ist, und es meines Wissens zum Standard gehört, Isotopenwerte verschiedener Regionen zu vergleichen. Zu den Metallwerten in seinen Haaren, dies kann natürlich auch heißen, dass er in seiner Heimat mit der Verhüttung von Kupfer zu tun gehabt hat. Sein Feuersteindolch kommt vom Material nördlich des Gardasees, dies spricht meiner Ansicht nach für einen regionalen/überregionalen Tauschhandel oder kulturelle Tauschbeziehungen (Geschenke). Kupferbarren werden auch getauscht worden sein.
@ Morifea: auf verschiedenen Aufnahmen (CRT) war zu sehen, dass zwischen der getroffenen Ader und der Pfeilspitze eine Lücke ist, was ein Indiz dafür ist, dass der Pfeil versucht wurde herauszuziehen, was nur mit dem Schaft gelang. Außerdem meinen Wissenschaftler, dass der Angreifer den Sterbenden vom Rücken auf den Bauch gedreht hätte, Ötzi wurde merkwürdig verdreht, einen Arm unter seinem Gesicht gefunden, als wäre er von der Rückenlage an einem Arm auf den Bauch gedreht worden, um den Pfeil herauszuziehen. Das nehmen manche auch als Hinweis, dass der Täter aus der eigenen sozialen Gruppe kam, und der Täter nicht entdeckt / erkannt werden will, deswegen auch die Kupferaxt nicht an sich genommen hätte, weil man handwerklich an der Art der Pfeilspitzenbearbeitung (Feuerstein), der Befiederung individuell erkennbar sein könnte., und die Axt wegen ihrer Bedeutung als Statussymbol einen Seltenheitswert hatte.
@zaphodB, Heine: Gefunden wurde er in einer etwas geschützten flachen Senke, Beil, Bogen und Trage 4,5 m neben ihm an einen Felsen gelehnt. Wenn die Todesart jetzt zuerst der Pfeilschuss war, der einem Blatt/Kammerschuss beim Wild entspricht, dann hätte der Eismann nur noch wenige Minuten zu leben gehabt, und Tatort würde mit Fundort übereinstimmen.
@Lukullus, das ist möglich, dass er versucht hat den Pfeil herauszuziehen, er war jedoch durch das Schulterblatt 8 cm tief eingedrungen, ich bin zwar beweglich, doch genau dahinten bekomme ich gerne Sonnenbrand, weil ich da nicht gut hinkomme...:cool:
Ich gebe dir recht, es ist heute unglaublich faszinierend zu welchen Ergebnissen man mit wissenschaftlicher Methodik und detaillierten Untersuchungen kommt, und wie begrenzt trotzdem die Möglichkeiten sind, einen solchen "Kriminalfall" abzuschließen - er wird in der Vielfältigkeit menschlicher und individueller und kollektiver sozialer Interaktionen und Handlungen immer offen bleiben. Ich hoffe dass ich nicht mumifiziere, um in 5000 Jahren der Wissenschaft für Untersuchungen zur Verfügung stehen muss (Zahn 27 oben links kariös...) das soll nur der Zahnarzt meines Vertrauens wissen....
(Bei diesem großen Bedarf an Spekulatius, der hier schon öfters geäußert wurde, sollte das nächste Forentreffen nicht doch in Westphalen stattfinden?)
@Heine: Interesse, dito, außer der Mörder will unbedingt unerkannt bleiben, Gelegenheit, sehe ich schon, auch wenn die Leiche tatsächlich schnell eingeschneit wurde und deswegen mehrere 1000e Jahre unentdeckt blieb, war sicher noch genug Zeit, die Axt an sich zu nehmen, dafür lag sie zu nahe, bisher wird von einem recht einsamen Geschehen ausgegangen.
Es kann aber auch ein religiöses Tabu geben, ich fand neulich den Hinweis von Ravenik interessant, in der Diskussion um die Zerstörung des Tumulus auf dem Varusschlachtfeld, dass es bei "zivilisierteren" Kulturen üblich war, Grabstätten nicht zu zerstören - ein Hinweis auf ein eventuell ehrenvolles Verhalten gegenüber einem Getöteten, sein Eigentum nicht anzutasten?
Möglichkeit war gegeben, die Kupferaxt lag angelehnt an einem Fels wie ein Wanderstock nur wenige Meter neben der Mumie. Als wäre sie gerade abgestellt worden. Irgendwie schaurig :detektiv:.
 
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Ötzi soll im Frühling/Frühsommer zu Tode gekommen und wohl recht schnell von einer Schneeschicht bedeckt worden sein, die seine spezifische Mumifizierungsform erst ermöglicht hat. Laut einer Studie weisen Protein-Strukturen (Kollagene) darauf hin, dass er niemals längere Zeit der UV-Strahlung ausgesetzt gewesen sein kann.
Der Fundort liegt knapp über der klimatischen Schneegrenze, Schneetreiben ist demnach ganzjährig möglich...
...wenn ein solches zum Tatzeitpunkt gerade aufkam, könnte Ötzi dem/den Täter/n wegen Sichtmangels schlicht "entwischt" sein, trotz schwerster Verwundung. Dann folgt geschwächt im Flockenwirbeln das Stolpern in die Felsrinne was das Schädeltrauma zur Folge hat, er entledigt sich noch seines Gepäcks und stirbt unter Schmerzen, seine verdrehte Körperlage könnte dabei zustande gekommen sein - ein Mensch ist unter großem Schmerz zu eigenwilligen Bewegungen fähig.

@Biturigos: Ein Sonnenbrand verursacht beileibe nicht so ein unangenehmes Aua wie ein 8 cm tief eingedrungener Steckschuss. Sonnencreme wird präventiv eingesetzt, nicht selten mehr oder minder motiviert dem Motto folgend "ich sollte mal..." - akute Pein hingegen setzt gern mal ungeahnte Kräfte frei.
Also ich komm dahin, bin älter und höchstwahrscheinlich ungelenker als Ötzi. ;)
Das war jetzt aber kein Bewerbungs-Post für die angeregte westfälische Spekulatius-Sause ;op

"Die Bewohner? Huren, Hurensöhne, Kuppler, Stromer und Spieler, mit einem Wort: Menschen;
man könnte mit gleichem Recht sagen: Heilige, Engel, Gläubige, Märtyrer - es kommt nur auf den Standpunkt an."
(J. Steinbeck: Cannery Row)

Zu den Kollagenen wovon ich wahrlich nicht so viel kapier
Trockene Haut konservierte Ötzi - bild der wissenschaft
 
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Ich habe mich noch etwas weiter umgesehen, und folgende Publikation aus 2003 (W. Kutschera/ W. Müller) gefunden, die in Teilen so etwas wie einen technisch-methodischen Annex zu Müllers "Origin of the Iceman"-Studie darstellt.
http://pluslucis.univie.ac.at/FBW0/fbw2004/Oetzi.pdf
Hier ist zunächst die ausführliche Beschreibung der Fundsituation (mit Fotos!) interessant. Ötzi lag auf einem Felsen in einer abflußlosen, d.h. von außen nicht einsehbaren Mulde. Die Muldenlage bewirkte, dass sein Leichnam nicht vom Gletschereis ins Tal transportiert wurde. Grob nach dem Foto (Fig. 5) geschätzt, hat die Mulde eine Ausdehnung von etwa 15x40m. Zusammen mit Ötzi wurden etwa 500 kg Sedimente entfernt und archäologisch / archäobotanisch analysiert. Das heutige Aussehen der Fundstelle ist also nicht mehr repräsentativ.
Die Studie enthält weiterhin eine ausführliche Diskussion der C14 Datierung. Die C14-Kalibrierungskurve schwankt im fraglichen Zeitraum stark, und lässt drei Datierungen möglich erscheinen: (a) 3360–3320 BC (29.3%) (b) 3210–3190 BC (19.8%) und (c) 3160–3130 BC (19.1%). Unter Einschluß von Rand- und Streuwerten ergeben sich eine frühe (3370-3300; 34,3%) und eine späte (3230-3100; 61,1%) Datierungsoption (Fig. 3; Zeiträume nach dem Diagramm, die Diagrammlegende scheint Zahlendreher zu enthalten).
C14 Datierungen von bei Ötzi gefundenen Gegenständen sind uneinheitlich und helfen kaum weiter (Fig. 7). Der Glutbehälter aus Birkenrinde und Teile der Rückentrage sind nur früh, Bogen und Köcher tendenziell v.a. früh datierbar - diese Gegenstände könnte Ötzi aber auch ererbt bzw. wiederverwendet haben. Die tendenziell alte Grasstopfung seiner Schuhe scheint mir dann aber doch eher auf die frühe Datierungsoption hinzudeuten - solche, heutigen Socken vergleichbare Auspolsterung sollte ab und und zu gewechselt worden sein. Auch die Ahornblätter, in die Ötzi Holzkohlenreste und Kräuter einwickelte, datieren tendenziell früh.
It is interesting to see a piece of charcoal (Pinus sp./periderme) at around 4000 BC, probably indicating the presence of humans a 1000 years earlier than the Iceman.
Zur Frage, wie schnell der Eismann einschneite:
When this investigation was started, it was hoped to find clear evidence for climatic variations around the time period of the Iceman. Although there are some indications, it is too early to draw definite conclusions.
Dort beigefügte rekonstruierte Klimadiagramme (Fig. 9) zeigen eine bis etwa 2.600 BC andauernde Periode mit 0,5°C höheren Sommertemparaturen und Gletscherrückgang gegenüber heute. Eine kürzere Kältephase um Ötzis Todeszeit herum kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Interessant hier eine Betrachtung der im Fundaushub gefundenen und datierten Pflanzenreste (Fig. 8), die teilweise zu den Klimadiagrammen in Widerspruch steht (daher wohl auch die oben zitierte Anmerkung):

  • Bis etwa 3.800 BC dominiert Alpen-Rispengras (lt. Wikipedia heute wachsend bis etwa 2.600 m Höhe, bevorzugt Sumpfboden), dazu Fichtennadeln, sowie vielfältige Dung-Funde von Caprinen (Steinböcke?, Schaf-/Ziegenweide?)
  • Ab etwa 3.800 BC tritt Polytrichum sexangulare hervor, ein Widertonmoos, das charakteristisch für 9-10 Monate schneebedeckte Mulden ist. Alpen-Rispengras wird zunehmend durch Schlaffes Rispengras (poa taxa) ersetzt, heute "in den Ötztaler Alpen bis 3.680 m ansteigend". Kaum noch Dungfunde.
    http://www2.biologie.uni-halle.de/bot/ag_chorologie/choro/img/txt/I/ChoroT402.pdf
    [Die hier offenbar werdende, aus den Klimadiagrammen jedoch nicht ablesbare regionale Klimaverschlechterung könnte vielleicht auch die Einstellung des Jadeabbaus am Monte Viso um etwa 4.000 BC erklären]
  • In Ötzis Todeszeitraum (3.300-3.000) tritt neben Polytrichum sexangulare die Kraut-Weide.
    Schneetälchen ? Wikipedia
    "Die Krautweidenflur (Salicetum herbacea Rübel 12) ist eine bodensaure Schneeboden-Gesellschaft insbesondere der alpinen Stufe mit durchschnittlich acht- bis neunmonatiger Schneebedeckung."
  • Um etwa 2.900 BC bricht Polytrichum sexangulare ab, und wird durch Polytrichum piliferum ersetzt - dieses Moos liebt trockene, sonnenreiche Standorte einschließlich hochalpiner Felsen. Lärchennadeln (Waldgrenze am Similaun heute auf ca. 2.300 m) deuten auf wärmeres, aber auch trockeneres Klima. Wieder-Auftreten von Viehdung, ein menschlich verbrachtes Eichenholz.
  • Ab 2.500 BC finden sich vermehrt Varietäten von Steinbrech (Saxifraga)- typischer Siedler auf silikathaltigen Geröllhalden, einschließlich der Vorfelder alpiner Gletscher. Polytrichum piliferum bricht ab und wird durch Zottige Zackenmütze (Racomitrium lanuginosum) ersetzt. Letzteres benötigt niederschlagsreiches Klima, und siedelt bis in hochalpine Regionen, ist auch typisch für Tundren (Permafrost-Böden), daneben ein Torfbildner. Rac. lan. gilt u.a. als Indikator für Viehtrift - dazu passen vermehrte Dungfunde. Scheint so, als wurde die Gegend wieder feuchter und kälter, blieb aber im Sommer noch nutzbar.
  • Etwa um 2.000 BC brechen biogene Materialien ab. Ab dann scheint der Fundort durchgängig eisbedeckt gesesen zu sein.
Nach diesen Daten scheint mir das vorherrschende "Gefriertrocknungs-Szenario" problematisch - da müsste Ötzi diverse Male vor 2.000 BC auf- oder zumindest angetaut sein. Der eine oder andere vorbeikommende Hirte hätte sich vielleicht auch mal die Kupferaxt genauer angesehen.
Ein "Moorleichen-Szenario", also Bildung eines Schmelzwasser-Sees in der Mulde, in dem Ötzi samt Axt und übriger Ausstattung versank, könnte dagegen passen. Alle festegestellten Pflanzen lieben saure Böden, sind teilweise sogar Torfbilder. Das Fundort-Foto zeigt eine Art "Überlauf" der Mulde, dessen Höhe ich grob auf etwa 4-5m über dem Niveau des Felsens, auf dem Ötzi lag, schätze.
Die Übersäuerung von hochliegenden Alpenseen ist lange bekannt; die zugrundeliegenden Mechanismen jedoch nur zum Teil. Der kristalline Untergrund, der die Neutralisierung von durch Schmelz- und Regenwasser eingetragenen athmosphärischen (CO2) sowie organischen Säuren aus der Umgebung erschwert, dürfte eine wesentliche Rolle spielen. Dazu kommt wohl Kieselsäureeintrag aus Silikatverwitterung. Für höherliegende Seen im Vinschgau sind historische pH-Werte unter 6 belegt, in Skandinavien teilweise - vor/ohne "sauren Regen" - sogar von nur 4,5.
Versauerung alpiner Hochgebirgsseen - Wechselspiel von natürlichen und menschlichen Einflüssen - Spektrum der Wissenschaft
Ob ein solches Szenario je erwogen wurde, weiß ich nicht (viel Erfahrung mit später tiefgekühlten Moorleichen gibt es ja wohl nicht).

Zue Deinem verlinkten Artikel, Lukullus, habe ich mir mal die Original-Publikation angesehen:
Nanostructure and mechanics of mummified type I collagen from the 5300-year-old Tyrolean Iceman | Proceedings of the Royal Society of London B: Biological Sciences

  • Keine Anzeichen für mehrmaliges Auftauen/ Einfrieren (freeze-thaw)
  • "short periods of UV irradiation " festgestellt; sollte der Körper dabei unter Wasser gelegen haben, könnte dies die festgesellten Gewebeänderungen z.T. erklären ("Short irradiation of collagen stored in water, or under nitrogen atmosphere increases its stability")
  • Dehydrierung als wahrscheinlichste / maßgebliche Ursache. Der Dehydrierungsmechanismus an sich scheint irrelevant, die Studie verweist auf ähnliche Befunde bei mittelalterlichen chinésischen Mumien. Die als Beleg für den vermuteten Mechanismus zitierte Studie (Link unten) bezieht sich auf Collagenveränderung durch nachträgliche Dehydrierung von zunächst in saurer Lösung gelagerter Kalbshaut. Volkstümlich wird dieser Prozess auch "Leder gerben" genannt, seine Wirkung dürfte allgemein bekannt sein.[Die Erzeugung ähnlicher Effekte mittels UV-Strahlung heisst im Volksmund "sonnengegerbt"].
    The interplay between surface micro-topography and -mechanics of type I collagen fibrils in air and aqueous media: An atomic force microscopy study - Springer
Da finde ich nichts drin, was gegen ein "gefriergetrocknete Moorleiche"-Szenario spricht, aber so einiges, was es potentiell stützt. Ansonsten bestätigt sich die alte Regel, dass Experten auch nur mit Wasser kochen (bzw. in Gerbsäure tunken), allerdings auf hohem geräte-technischem Niveau, und mit Fachchinesisch garniert.

Forts. folgt - dann gehe ich auf Deine Kommentare ein, Biturigos.
 
... zunächst die ausführliche Beschreibung der Fundsituation (mit Fotos!) interessant. Ötzi lag auf einem Felsen in einer abflußlosen, d.h. von außen nicht einsehbaren Mulde. Die Muldenlage bewirkte, dass sein Leichnam nicht vom Gletschereis ins Tal transportiert wurde. ....

Das muss aber nicht heißen, dass Ötzi in dieser Mulde umkam!? Für mich kaum vorstellbar, dass ein Gletscher über den Körper gewandert ist, ohne diesen zu bewegen! Vielleicht ist sein Körper ja auch in einer frühen Phase in diese Mulde "sedimentiert" worden?
 
@xander
Bin kein Glaziologe, bei Betrachtung des Fundorts (relativ flache Muldenlage auf einem Grat oberhalb eines Tal-Einschnitts) scheint mir jedoch gut vorstellbar dass Fließkräfte in der Mulde nicht oder nur minimal autraten. Auch die Lage von Ötzis Ausrüstung spricht mE für keine oder nur sehr geringe Bewegung. Eine ortsverändernde Bewegung unter Eislast auf Fels stelle ich mir extrem verunstaltend vor.

Bin nicht tiefer in die Frage Bewegung des Körpers eingestiegen, hier eine auf die Schnelle gefundene Literaturarbeit von 2011:
Medizinische Untersuchungen und Ergebnisse an Ötzi | Daniel Möckli - Academia.edu
...spricht sich gegen größere Bewegung aus, dagegen für Auflast-Deformation. Zu Deformationen infolge Taphonomischer Prozesse S. 10ff
 
Hallo Augusto, (..)Zuerst benennst du eine Untersuchung nicht, die mir bisher auch unbekannt war, die Untersuchung von Glimmerpartikeln im Darm bzw. deren Alter..
Die Untersuchung hatte ich aus Platzgründen weggelassen, aber auch, weil sie nicht Ötzis Herkunft beleuchtet, sondern bestenfalls den Aufenthaltsort kurz vor seinem Tod. Die Glimmerpartikel reichern sich im Darm nicht an, sondern werden wie alle Ballaststoffe früher oder später wieder ausgeschieden.
Mit dem Glimmer gibt es noch ein zweites Problem - wie kam er in den Darm? Typischerweise handelt es sich um Mahlstein- bzw. Mörserabrieb. Die starke Abnutzung von Ötzis Zähnen wird auf verhältnismäßig hohen Abriebanteil in den von ihm konsumierten Getreideprodukten zurückgeführt. Letztendlich sagt die Glimmeranalyse also nur etwas darüber aus, wo der Mahlstein, mit dem das Mehl für seine letzten Brote/ Breie gemahlen wurde, herkam. Eine Handmühle wurde bei Ötzi nicht gefunden, jedoch haftete Getreideschrot an seiner Kleidung, im Darm fand sich feingemahlenes Einkorn-Mehl. Er mag sich vor seinem Tod also durchaus von Vorräten aus andernorts geschrotetem/ gemahlenem Getreide ernährt haben. Sprich: Aus der Glimmerananalyse lassen sich kaum konkrete Rückschlüsse ziehen - vielleicht ein Grund, warum sie in archäologischen Isotopenanalysen so selten vorkommt.
Zur Methode (Kalium-Argon-Datierung): Das Kalium-Isotop 40K zerfällt, mit einer sehr langen Halbwertzeit von 1,25 Mrd. Jahren, zu 40Ar. Das Edelgas Argon entweicht aus Flüssigkeiten, einschließlich Lava, bleibt aber in Kristallen erhalten. Über das K/Ar-Verhältnis kann man damit feststellen, wann die Kristallisierung erfolgte.
Vermutung der Wissenschaftler ist aufgrund verschiedener Werte: Glimmer-Alterwerte im Darm, dass er sich zuletzt westlich von Meran etwa bei Juval (in der Tabelle Ju) aufgehalten habe,
Juval ist durchaus plausibel - dort zweigt das Schnalstal vom Etschtal ab, und der Aufstieg zum Simlaun erfolgt üblicherweise vom oberen Schnalstal aus.
Die Glimmer-Partikel in Ötzis Darm waren 100-70 Mio. Jahre alt, datieren also in die obere (jüngere) Kreidezeit bzw. den Beginn der Alpidische Orogenese. Geologisch älteres Gestein der afrikanischen Platte wurde unter die europäische Platte geschoben, und dabei unter Druck re-kristallisiert (Metamorphose (Geologie)). Entsprechende Alterswerte charakterisieren die geologische Kategorie des "Kristallinen Ostalpins" (mittelblau in der angehängten geologischen Karte), das prinzipiell überall entlang des zentralen und östlichen Alpenhauptkamms zu finden ist, wo nicht Erosion älteres Urgestein (Tauernfenster) freigelegt hat.
Spätere Faltungen, Verschiebungen, Erosion und Sedimentablagerungen haben lokal sehr differenzierte Muster erzeugt, so dass die geologische Grobschau natürlich verfeinert werden muss. Gerade das Ötztal-Stubai-Kristallin hat eine komplexe geologische Geschichte mit vielfältiger lokaler Differenzierung. Die in meinem ersten Post hier als möglicher Jadeit-Lieferant erwähnte Ötztal-Eklogitfazies, nördlich des Hauptkamms, hat beispielsweise das erforderliche geologische Alter, ebenso wie die Umgebung von Sterzing, oder auch das Passeier. Um das Tauernfenster herum, und in den Ostalpen finden sich diverse weitere Gesteine im fraglichen Alter. Da würde ich schon gerne genauer wissen, warum all diese Regionen verworfen wurden, und die Wahl auf Juval fiel. Hier wird ohne Blick in die Originalstudie kaum weitere Aufklärung möglich sein.
Grundätzlich weiß Müller sicher, wovon er redet. Seine ersten Publikationen, vor den Ötzi-Untersuchungen, beschäftigten sich mit der geologischen Altersbestimmung in den Süd- und Ostalpen mittels der Ar/Ar-Methode. Die Vor-Eingrenzung des Untersuchungsraums (s.u.) dürfte das größere Problem sein.
https://pure.royalholloway.ac.uk/po...894-4682-b156-8df9280585aa)/publications.html
Auch wurden nicht nur der Zahnschmelz (Kindheit, Wachstum) und die Knochen (letzte 10 Lebensjahre) sondern auch die Strontiumisotopenwerte in seiner Darmwand vorgenommen.
Zu den Werten in der Darmwand habe ich keine weitere Analyse/ Diskussion gefunden. Interessant ist aber die Aussage in der im Vorbeitrag verlinkten Arbeit von Kutschera/ Müller zu den übrigen Analysen:
Tooth enamel, even of the permanent dentition, mineralizes during the early childhood (..) Bones, on the other hand, constantly remineralize and therefore compositionally average the last 10–20 years of life of an individual (..) Compact (cortical) bones average over longer periods of time, whereas spongy (cancellous) bone turns over more rapidly.​
The results for enamel point towards gneisses/phyllites building up the region for the childhood of the Iceman (e.g. similar to the ones found in the vicinity of the finding site). During his adulthood (represented by the bone value) an isotopically distinct food source was utilized and migration of the Iceman is highly probable, although it is not yet possible to deduce with certainty where to.​
Dies liest sich deutlich anders als die Interpretation in der zunächst verlinkten Hausarbeit.
Möglichweise ein Hinweis auf Transhumanz (Wanderweidewirtschaft) - im Sommer südliches Ötztal auf Hochalmen und im Herbst bis Frühling in seiner Heimat (seit der Kindheit) verbracht.
Wanderweidewirtschaft wird inzwischen ausgeschlossen, dazu passen die orthopädischen Befunde nicht (kaum Gelenkabnutzung, jedoch starker Bandscheibenverschleiß, vgl. u.a. die von Lukullus verlinkte, lesenswerte Studie). Auch trug er weder Hirtenstab noch typische Hirtenkleidung (Schafswolle). Seine letzten Mahlzeiten enthielten Fleisch von Rothirsch und Steinbock, aber weder Fleisch noch Milchprodukte von Schaf/ Ziege.
Ötzi war wohl handwerklich tätig, nutzte seine Fingernägel häufig als Werkzeug. Er war entweder medizinisch geschult, oder regelmäßig in medizinischer Betreuung - in seiner "Kräuterdose" fand sich beispielsweise ein Baumpilz zur Behandlung seines Wurmbefalls, die "Tätowierungen" liegen auf Akupunkturpunkten zur Linderung von Bandscheiben-/ Arthroseschmerzen. Auch völliges Fehlen von Karies trotz hohen Getreidekonsums ist untypisch, sowohl zahnmedizinisch als auch im Vergleich zu sonstigen Untersuchungen neolithischer/ bronzezeitlicher Skelette. Die gesamte Ausrüstung ist sehr "edel" -neben Kupferaxt u.a. Eibenholzbogen, Bärenfellmütze, Schuhsohlen aus Bärenleder, hirschlederne Kleidung und Schuhe.
Metallrückstände in den Haaren, starke Beinmuskulatur (Blasebalg treten), Bandscheibenverschleiß - passt alles zum Erzauflesen/ -schmelzen.
ich kann der Quelle auch nicht entnehmen, ob die Ergebnisse nicht mit anderen möglichen Lokalisierungen/Regionen verglichen wurden,
Bei der Sauerstoffisotopenanalyse ist die Arbeit von Kutschera/ Müller (s. 707) eindeutig:

Delta 18O-analyses of river waters from valleys north and south of the finding site (the latter being located at the main Alpine watershed) have revealed significant differences predominantly between northern and southern rivers, but also in east and west direction. Waters from the southeast of the investigated area (i.e. a 100100 km square with the finding site located close to the middle) display the least depleted d18O values.
Neben klimabedingten 18O-Schwankungen (übrigens einer von Müllers aktuellen Forschungsschwerpunkten), und geographisch eingeengter Betrachtung haben wir also auch noch einen festgestellten west-östlichen Gradient. Letzteres heisst, dass tendenziell auch weiter nord-östlich des Eisacktals mit Ötzis Zahnschmelz/ Knochen korrepsondierende Sauerstoffisotopenverhältnisse vorkommen könnten.​
Dazu tritt noch der lange bekannte O18-Anreicherungseffekt in Thermalwasser, an dem es in den Alpen, und insbesondere im Einzugsgebiet der Salzach, wahrlich nicht mangelt.​
Heilwasser ? Salzburgwiki
Thermalwasser entsteht u.a. durch radioaktiven Uran-Zerfall (daher auch der hohe Radium-Gehalt vieler Thermalquellen), welches häufig an der Genese von Erzlagerstätten beteiligt ist, was dann auch zu charakteristisch hohen Isotopenwerten von 206Pb in der Nähe von Erzlagern/ Thermalquellen führt.​
.​
Blei-/ Strontiumanalysen:

Soils from Neolithic–Copper age archaeological horizons, which minimize the risk of picking up an anthropologically modified isotopic signal, crucial in particular for Pb, have been leached with very dilute acetic acid in order to only extract the biologically available trace elemental budget present in a given soil sample.​
Prinzipiell sehr lobenswert. 50 Jahre verbleites Benzin haben in fast jedem heutigen Boden Spuren hinterlassen bzw. verfälscht; Metallurgie ab der Bronzezeit hat u.a. heute noch unschwer auffindbare Bleifahnen im Okertal (Rammelsberg), im Erzgebirge, im Böhmerwald und in den Westkarpaten erzeugt. Die Methode schränkt aber natürlich die Probenauswahl stark ein bzw. macht sie relativ aufwendig.​
Die einzelnen Messpunkte wurden in den mir zugänglichen Quellen nicht vollständig aufgelistet. Ein Vergleich von Fig. 11 bei Kutschera/ Müller und Abb. 3 in Zimmermanns Hausarbeit zeigt aber jeweils 11 Messpunkte (ohne Basalte, nichtalpin, vermutl. bei Zimmermann zum Vergleich neu eingefügt). 9 dieser 11 Messpunkte, alle aus Italien, sind in Zimmermanns Tafel 2 / Abb. 3 benannt, und entsprechen in ihren Werten denen aus Fig. 11 bei Kutschera/ Müller. Dazu tritt bei Zimmermann ein weiterer Carbonat-Fundort (Brixlegg?*), bei Kutschera/ Müller ein zusätzlicher Gneiss-Fundort mit sehr hoher Bleisignatur (Prettau?**), und bei beiden ein dritter vulkanitischer Fundort.​
Von umfassendem Vergleich mit anderen Regionen/ Lokalisierungen kann also nicht die Rede sein - dies wäre bei der gerechtfertigten Beschränkung der Probeentnahme auf kupferzeitliche Fundhorizonte auch kaum leistbar gewesen.​
Von den untersuchten 11-13 kupferzeitlichen Fundhorizonten kam Feldthurns den Isotopenwerten in Ötzis Zähnen am nächsten, jedoch bei der Bleisignatur nicht wirklich nah. Die Werte seiner kompakten Knochen (~Wohnort im frühen Erwachsenenalter) liegen sehr nahe an einem der drei untersuchten Fundhorizonte aus dem Vulkanit-Gebiet - hier wäre es interessant zu wissen, um welchen Ort es sich handelt, und warum diese sehr genaue Übereinstimmung in der Folge nicht weiter diskutiert wurde.​
Mein Eindruck ist, dass eine durchaus vorsichtig formulierende wissenschaftliche Arbeit (zumindest für die Kutschera/Müller-Studie trifft dies zu) aus regional-politischen Gründen überinterpretiert wurde (Feldthurns hat ein archäologisches Museum). Dazu auch​
Eismann: Neue Befunde: Die Herkunft von Ötzi - Spektrum der Wissenschaft
Allerdings fand Wolfgang Müller von der australischen National-Universität in Canberra, als er den Zahnschmelz untersuchte, dass der Gletschermann in seiner Kindheit und Jugend offenbar in einer anderen Gegend lebte als später im Erwachsenenalter. Genaueren chemisch-physikalischen Untersuchungen weiterer Forscher zufolge scheint er seine letzten Lebensjahre vorwiegend im Ventertal oder benachbarten Nordtiroler Tälern verbracht zu haben.
(Geologie auf S. 300, Bleiisotopenwerte S. 305).
**) Vgl. zu Prettau http://paduaresearch.cab.unipd.it/3982/1/thesis.pdf (Geologie auf S. 49f, Bleiisotopenwerte S. 69).
 

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Ötzi doch kein Kupferschmied
Nachspann: im von Augusto verlinkten Artikel siehe oben Eismann: neue Befunde aus Spektrum der Wissenschaft, steht folgendes neues Forschungsergebnis:
"Weil die wenigen erhaltenen Haarbüschel des Mannes Arsen und Kupfer in hoher Konzentration aufweisen, kam die These auf, er habe beim Kupferschmelzen gearbeitet. Geoffrey Grime von der Universität Surrey (England) gibt eine andere Erklärung. Demnach sorgten Metall bindende Bakterien nach dem Tod des Mannes für die hohen Metallwerte. Grime wies nach, dass das Kupfer nicht in den Haaren saß, sondern darauf. Bestärkt wird diese These dadurch, dass am Fundort Kupfermoos (Mielichhoferia elongata) wächst, welches kupferhaltiges Gestein bevorzugt."
Meiner Ansicht nach deutet die gesamte Ausrüstung und die Konstitution des Eismanns auf einen Großwildjäger, einem in der Begehung der Hochalpen erfahrenen Mann, und weniger wie Augusto oben schrieb, (" starke Beinmuskulatur (Blasebalg treten), Bandscheibenverschleiß - passt alles zum Erzauflesen/ -schmelzen." Augusto) - genau dies lässt sich viel besser mit der starken Belastung beim Bergwandern vereinbaren,
und auch mit dem Abfedern beim Abstieg und Tragen eines Wildstücks ins Tal.
Dazu setze ich auch noch einen Artikel hinein, der sich kritisch mit dem Mondsee-Tsunami auseinandersetzt - http://unterwasserarchaeologie.com/file/NAU16/NAU16page85–118.pdf
mit dem Untergang der kupferverhüttenden Mondsee-Kultur, aus der nach Augusto Ötzi stammen könnte.
 
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Mhh, wenn die Kupferspuren nur auf den Haaren abgelagert wurden - müssten sie dann nicht auch auf der Haut, der Kleidung und ähnlichen Dingen gefunden werden?
 
@Arldwulf: ich habe leider ausser einer englischsprachigen Wissenschaftszeitung keine weitere Veröffentlichung von Geoffrey Crane auf seiner Universitätsseite gefunden, anhand der man erkennen könnte, was er untersucht hat und wie er zu diesem Ergebnis gekommen ist - trotzdem wollte ich dies einstellen, da wir über die Herkunft, die berufliche Tätigkeit und den gesellschaftlichen Status vom Eismann diskutiert haben.
 
Oh, daran keine Kritik - ich war nur neugierig und finde diesen Aspekt sehr interessant. Zumal uns Ötzis Herkunft und vorherige Lebensgewohnheiten ja aus heutiger Sicht auch mehr Informationen verraten und interessanter sind als die Frage wer sein Mörder war.
 
...
Meiner Ansicht nach deutet die gesamte Ausrüstung und die Konstitution des Eismanns auf einen Großwildjäger, einem in der Begehung der Hochalpen erfahrenen Mann, und weniger wie Augusto oben schrieb, (" starke Beinmuskulatur (Blasebalg treten), Bandscheibenverschleiß - passt alles zum Erzauflesen/ -schmelzen." Augusto) - genau dies lässt sich viel besser mit der starken Belastung beim Bergwandern vereinbaren,
und auch mit dem Abfedern beim Abstieg und Tragen eines Wildstücks ins Tal.
...

Das finde ich auch sehr wahrscheinlich.

Was die Wirkung des Pfeilschusses angeht, kommt es darauf an, ob eine der großen Arterien im Schulterbereich getroffen wurde. Das kann man aber nicht sicher feststellen, soweit ich weiß. Wenn die Arterie nicht getroffen wurde, kann man von stunden- bis tagelanger Handlungsfähigkeit ausgehen, der Schuss kann also weit weg erfolgt sein. Dass die Spitze vorm Herzen steckte, ist insofern belanglos, als das Herz nicht getroffen war.

Ich habe auch mal in einem Film vor ein paar Monaten von der Vermutung gehört, der Mann sei nach dem Schuss mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen worden, darauf könnten Stellen am Schädel deuten.
 
Die können natürlich auch von einem Sturz als Folge der Verwundung kommen.
Wäre er erschlagen worden ,hätte der Täter sicherlich seine Besitztümer an sich genommen.
Wenn er sich aber nach dem Schuss noch entfernen konnte, womöglich über mehrere Tage , dann würde das auch erklären,warum er seine Ausrüstung bei sich trug
 
Wenn er sich aber nach dem Schuss noch entfernen konnte, womöglich über mehrere Tage, dann würde das auch erklären, warum er seine Ausrüstung bei sich trug.
Ich denke, man weiß mittlerweile - lang übersehene Pfeilspitze im Torso - dass er innerhalb kurzer Zeit (allenfalls Minuten) nach dem Treffer tot gewesen sein muss?
 
Die können natürlich auch von einem Sturz als Folge der Verwundung kommen.
Wäre er erschlagen worden ,hätte der Täter sicherlich seine Besitztümer an sich genommen.
Wenn er sich aber nach dem Schuss noch entfernen konnte, womöglich über mehrere Tage , dann würde das auch erklären,warum er seine Ausrüstung bei sich trug

Dafür gibt es ja noch eine Menge anderer Erklärungen. Zum einem wissen wir nicht ob Ötzi geplündert wurde. Nur das noch Sachen da blieben die aus unserer heutigen Sicht plündernswert gewesen wären. Aber weder muss unsere heutige Sicht stimmen (ob das Beil z.B. für den Mörder interessant war ist unklar und hängt von vielen Faktoren ab), noch können wir sagen was Ötzi vielleicht noch für andere Dinge bei sich trug.

Zum anderem könnte der Kampf aber auch einfach woanders weitergegangen sein. Wir wissen ja nicht wer dort noch dabei war, ob z.B. Begleiter von Ötzi anschließend flohen und verfolgt wurden. So das schlichtweg keine Zeit zum Plündern blieb.
 
Die Schädelverletzungen werden auf den Druck des darüberliegenden Gletschers zurückgeführt und sind erst postmortal entstanden. Lucullus hatte oben eine sehr lesenswerte Zusammenfassung der medizinischen Befunde verlinkt, in der sich dies und anderes finde - ich meine auch (habe aber nicht erneut nachgelesen) der Befund, daß der Pfeil eine Arterie verletzte und zu schnellem Tod infolge innerer Blutungen führte.
Was Ötzis "Wertsachen" angeht - eine Bärenfellmütze war wohl auch damals schon selten und kostbar, und ein Eibenholzbogen vermutlich "state of the art". Ich hatte weiter oben vermutet, das Beil sei als "wertlos" liegengeblieben. Inzwischen halte ich es für wahrscheinlicher, daß Ötzi gar nicht geplündert wurde.
 
In der Presse ging vor einigen Jahren die Vermutung um, dass man das Beil liegenließ, weil der Mörder sich damit verraten hätte.
 
Ötzi patologische Befund

Hallo



hier mal ein download link für den patologischen Befund.von Ötzi:

http://www.academia.edu/attachments...MDAxMyw3OC40OC4yMS43OCwzMTA3ODk4&s=work_strip

Was die Schädelverletzung angeht, kann nicht geklärt werden, ob durch Sturz oder stumpfe Gewalteinwirkung (dabei treten typischeweise an der gegenüberliegenden Schädelstelle auch Verletzungen auf, was hier der Fall ist), diese Verletzungen entstanden sind.


mfg
schwedenmann
 
Nun ja,die Pfeeilspitze steckte noch,also muß der Schuß nicht sofort tödlich gewesen Die Spitze stecken lassen verringert die Blutung, weil die Pfeilspitze die Verletzungen selbst bedingt abdichtet. Erst wenn man die Klinge herauszieht oder sich durch Bewegung lockert verblutet der Verletzte
 
In der Presse ging vor einigen Jahren die Vermutung um, dass man das Beil liegenließ, weil der Mörder sich damit verraten hätte.

Zum Beispiel. Alternativ wäre auch denkbar, dass man die Waffen eines fremden Clans nicht verwendete. Oder das der Mörder selbst ein Beil hatte, und nicht zwei rumschleppen wollte. Oder das Ötzi vorher mit dem Beil die Kinder des Mörders umgelegt hat, was es nicht gerade zu einem Gegenstand macht den man gern an sich nimmt. Und genausogut könnte es ein Zeichen der Ehrerbietung sein dem Toten seine Waffe zu lassen. Oder das wir heute zwar sagen: Sowas ist wertvoll - damit aber völlig auf dem Holzweg sind. Von mangelnder Gelegenheit mal ganz abgesehen. Es gäbe hunderte Erklärungen warum das Beil liegen gelassen wurde.
 
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