Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Gab es also keine Partisanen, und deren vermeintliche Bekämpfung einer Wahnvorstellung geschuldet?
Das ist die Erklärung, die ich bevorzuge, warum die deutsche Armee 5000-6000 belgische Zivilisten als "Strafmaßnahme" tötete.
sowie:
wiki formuliert es so: "Ob eine größere Partisanentätigkeit in Belgien damals überhaupt vorhanden war, wird von Historikern heute kontrovers diskutiert." Franc-tireurs – Wikipedia
Krumeich schrieb:
Wyrwa beanstandet u.a.. dass Keller den belgischen Widerstand für völkerrechtlich illegitim hält, was er in der Form der Franctireur-Angriffe doch zweifellos war.
Wegner weist noch auf eine weitere Sammlung von Akten im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg hin.
Soweit ich lesen konnte, sieht sie in zahlreichen vermeintlichen Francs-tireurs Angriffen eine "Taktik der Nadelstiche" der regulären Truppen.
Wegner schrieb:
Die Frage, ob es einen Franctireurkrieg gab, lässt sich nach heutigem Forschungsstand also nicht abschließend klären. In Anbetracht der jüngsten Forschungskontroverse erscheint es allerdings angebracht, auf den Spielraum hinzuweisen, der zwischen der vagen Möglichkeit vereinzelter ziviler Kampfbeteiligung, die Horne und Kramer einräumen, und der Behauptung Sprauls und Kellers besteht, es habe einen massenhaften, von der belgischen Regierung heimlich gesteuerten Volkskrieg gegeben.
Das mit dem Spielraum wirkt plausibel.
Leider geht aus Krumeichs Replik (wegen der heftigen Schelte, weil er das Vorwort zu Keller geschrieben hat) nicht direkt hervor, warum er das beliebte Erklärungsmodell Massenhysterie/Wahnvorstellung nicht bevorzugt.
 
Ich finde vor allem den Vorschlag Wegners besonders hilfreich, dass nämlich die Francs-tireurs Frage vorerst losgelöst von den deutschen Gegenmaßnahmen oder Schuldfragen zu betrachten sei. Vielleicht kann ich dazu etwas, wenn auch nur sehr wenig, beisteuern:

Da der 1. WK zu meiner Militärdienstzeit in der Schweizer Armee in den 1970/80er Jahren fast gleich weit zurück lag, wie der Krieg von 1870/71 mit seinen Francs-tireurs und der 1.WK, sei mir auch ein Vergleich erlaubt:
Unser Anteil an Zivilkleidern im Gepäck war manchmal größer, als der uns aus Heeresbeständen zur Verfügung gestellte Anteil Uniformteile. Ohne private Pullover, Trainingsanzüge uvm. hätten wir es, vor allem im Winter, nicht ausgehalten. Der kalte Krieg war manchmal kalt und die Uniformen dünn. Solange diese Kleider nicht in knalligen Farben waren, wurden sie auch sichtbar getragen geduldet. Alles andere durfte man von außen einfach nicht sehen.
Manchmal trugen wir unter der Uniform ein ganzes Set ziviler Kleider. Dass wir damit nicht sehr vorteilhaft aussahen, war mir egal, Hauptsache: warm.
Ich kann mich nicht erinnern, dass uns das für den Kriegsfall verboten gewesen wäre oder dass wir vor den Risiken gewarnt wurden. Ein allfälliger Partisanenkrieg wurde uns weder nahe gelegt, noch wäre er mir in den Sinn gekommen.
Heute ist das anders, da werden selbst grüne Unterhosen verteilt und kalt ist es ja auch nicht mehr.

Ich bin deshalb der Meinung, dass man die Frage der Zivilkleider in den Tornistern der belgischen Soldaten auf die damaligen Gepflogenheiten in der belgischen Armee untersuchen muss.
Ich weiß nur von der französischen Armee, dass sich der Kriegsminister 1912 veranlasst sah, eine Regelung betreffend ziviler Kleidung herauszugeben, weil es ihn störte und weil er fürchtete, die Soldaten gäben zu viel Geld dafür aus.
 
Ohne private Pullover, Trainingsanzüge uvm. hätten wir es, vor allem im Winter, nicht ausgehalten.

Nun dürfe allerdings Schutz vor Kälte im August 1914 kaum ein plausibler Anlass für Zivilkleidung zum Unterfüttern der Uniformen gewesen sein, zumal ja tatsächlich mehr oder minder ganz Europa, nicht nur die deuschen Militärs mit einem kurzen Krieg rechneten, der wahrscheinlich bis zum Winter vorbei sein würde.

Ich bin deshalb der Meinung, dass man die Frage der Zivilkleider in den Tornistern der belgischen Soldaten auf die damaligen Gepflogenheiten in der belgischen Armee untersuchen muss.
Das allerdings würde sich wahrscheinlich in der Tat lohnen, zumal mir persönlich das bloße mitführen von ziviler Bekleidung nach wie vor zu wenig wäre um davon auf vorbereitung von Partisanenaktivitäten schließen zu wollen.

Leider geht aus Krumeichs Replik (wegen der heftigen Schelte, weil er das Vorwort zu Keller geschrieben hat) nicht direkt hervor, warum er das beliebte Erklärungsmodell Massenhysterie/Wahnvorstellung nicht bevorzugt.

Ich würde an der Stelle die Frage stellen wollen, ob sich denn die von Horne und Kramer eingeräumte Möglichkeit vereinzelter ziviler Kampfhandlungen denn überhaupt mit dem Erklärungsmodell "Massenhysterie/Wahnvorstellungen" übereinbringen lässt, insofern das ja postullierte dass es eines tatsächlichen organisierten und gesteuerten Untergrundkrieges (den halte ich btw. auch für unwahrscheinlich) benötigte um die Soldaten in entsprechende Panik zu versetzen?

Nachdem der Franctireur-Mythos ja einmal in der Welt war, dürften wahrscheinlich bereits eher niderschwellige und vereinzelte Vorfälle mit wenigen Beteiligten ausgereicht haben um die vorgefasste Meinung bei den deutschen Truppen zu bestätigen und entsprechend schnell dürften entsprechende Vorfälle dann auch die Runde gemacht haben, während dass zu anderen Zeiten und an anderen Orten wahrscheinlich eher weniger Verbreitung gefunden hätte.
 
@Andreas Solar hat in einem anderen Thread mal den Bericht eines Korrespondenten der London Times aus dem Sommer 1914 erwähnt, in dem der Korrespondent darüber berichtete, wie zivile Einwohner Belgiens, Hirschfänger, Schrotflinten und alte Donnerbüchsen aus Urgroßvaters Zeiten sammelte, um einem Aggressor Belgiens zu begegnen.

Wenn man das im Hinterkopf hat, mag es durchaus verständlich sein, dass wenn man die zahlreichen Berichte über Frantireurs liest, Zweifel bekommen mag, dass die Berichte alle erfunden sind, dass die sich das komplett alles aus den Fingern gesaugt haben sollen.

Horne und Kramer halten zumindest den vereinzelten Eingriff von Zivilisten oder Franctireurs für möglich. Angehörige von Miliz, Landwehr usw. waren vordergründig nicht unbedingt auf den ersten Blick als reguläre Soldaten erkennbar.

Wenn man Krieg einhegen will, wenn man im Krieg die Spirale der Gewalt nicht eskalieren lassen will, wenn man zumindest Krieg an bestimmte Regeln und Kriegsgesetze und ein Minimum an Humanität binden will, dann ist es absolut sinnvoll, Zivilisten nicht zu gestatten, sich als Freischärler auf eigene Faust am Krieg zu beteiligen.

Auf den Krieg aus dem Hinterhalt, den Krieg ohne Uniformen, auf Guerillakrieg, Partisanenkrieg und Terrorismus haben seit Menschengedenken alle Armeen auf der Welt mit dem gleichen Mittel geantwortet: Terror! Die Franzosen in Spanien, die Deutschen in Russland, die Amerikaner in Vietnam, alle Armeen auf der Welt haben auf den Krieg ohne Uniformen, haben auf Terrorismus stets die gleiche Antwort gegeben. Die Methoden waren gewöhnungsbedürftig, und Geiselnahmen, Kollektivstrafen und "Sühnemaßnahmen" forderten und fordern stets auch große Opferzahlen, und es trifft so etwas auch immer sehr viele Unschuldige.

Auch die Tatsache, dass Belgiens Neutralität recht brutal missachtet wurde, berechtigt Zivilisten nicht dazu, als Freischärler mitzumischen, und Freischärlern die Rechte von Kombattanten nicht zu gewähren ist absolut nachvollziehbar (nachvollziehbar auch, sie in Kriegszeiten an die nächste Wand zu stellen auch wenn das keiner gerne zugibt.)

Die deutsche Armee ist nicht von Franctireurs überrascht worden in Belgien. Im Deutsch-Französischen Krieg gab es tatsächlich Franctireurs, die zweite Phase des Krieges war tatsächlich ein Volkskrieg, und der Einsatz von Freischärlern war durchaus ein Vorgriff auf den "totalen Krieg" des 20. Jahrhunderts. Diesen Volkskrieg fürchtete man. Auf so etwas erwartete man auch in Belgien zu treffen. Die deutsche Armee, die in Belgien 1914 einmarschierte, war geradezu besessen von Franctireurs. Man erwartete auf Franctireurs zu treffen.

In Dinant wurde deutschen Einheiten befohlen, die Gegend von Franctireurs zu säubern. Wenn man erwartet, auf Franctireurs zu treffen, ist man natürlich auch geneigt, Franctireurs auszumachen.

Wenn von irgendwoher Feuer kam, wenn eine Einheit beschossen wurde-dann waren es Franctireurs. Franctireur-Aktivitäten wurden als Erklärungsmuster herangezogen, wenn etwas schief lief, wenn etwas undurchsichtig war, wenn irgendwo eine "Schweinerei" passierte. Franctireur-Aktivitäten wurden allgemein akzeptiert als Erklärungsmuster. Franctireurs waren aber auch geeignet, um Maßnahmen gegen Zivilisten zu rechtfertigen oder um Bedenken gegen solches Vorgehen zu zerstreuen. Franctireurs und deren Aktivitäten waren aber natürlich auch geeignet, sozusagen "blaming the victim" zu betreiben. Denn wenn es Franctireurs tatsächlich gab, wenn Zivilisten den Krieg ohne Uniformen entfesselten, dann waren die Deutschen nicht dafür zu kritisieren, dass sie darauf so reagierten, wie alle anderen Armeen vor und nach ihnen darauf reagiert haben oder reagiert hätten, und selbst die Massaker von Löwen und Dinant waren dann zwar nicht entschuldigt- (Die Deutschen gaben ja zu, dass viele Unschuldige dabei umkamen) aber doch zumindest verständliche Reaktionen auf einen Verstoß gegen die HLKO.

1870/71 hatte es Franctireurs tatsächlich gegeben. Der Einsatz von Freischärlern ist regelwidrig, es kann nicht angehen, dass Zivilisten einen Hintertreppenkrieg anzetteln. Wenn es den Franctireur-Krieg in Belgien gegeben hätte, wären die Deutschen zumindest nicht dafür zu kritisieren, weil sie sich so verhielten, wie alle Soldaten aller Armeen das getan haben und getan hätten. Die Schweden in Russland, die Soldaten Napoleons in Spanien oder die US-Army in Vietnam. Alle Armeen auf der Welt haben Terror mit Terror bekämpft, und das allein macht sie noch lange nicht zu Kriegsverbrechern.

Franctireurs-Aktivitäten waren damit natürlich auch eine Rechtfertigung, um Terrormaßnahmen gegen belgische Zivilisten zu rechtfertigen oder auch Bedenken gegen ein solches Vorgehen zu zerstreuen.

Bei der Erstellung des Weißbuches hatten Offiziere einen erheblichen Einfluss auf den Gesprächsverlauf. Es war keineswegs so, dass die Soldaten aus ihrer Erinnerung berichteten, sondern sie durften nur auf vorgegebene Fragen Antwort geben. Die Befragung war vielfach suggestiv und manipulativ, man machte von Framing Gebrauch, und Aussagen die dem Narrativ widersprachen, Aussagen von belgischen Zivilisten und kritische deutsche Berichte hatte man gar nicht aufgenommen.

Das Weißbuch war, mehrfach überarbeitet schon zu Kriegszeiten in Belgien und den NL für die Öffentlichkeit verfügbar. Die Weltöffentlichkeit hat anscheinend das Graubuch der belgischen Regierung oder die Tschoffen Studie für weitaus überzeugender gehalten. Der Kriegsschuld-Artikel § 27 des Versailler Vertrags hat ganze Historiker-Generationen motiviert das Reich zu entlasten, und das Reichsarchiv hat durchaus wertvolle Forschungsarbeit geleistet.

Spraul hat Horne und Kramer an einzelnen Stellen nachweisen können, dass sie ungeprüft, belgisches Quellenmaterial übernommen haben. Die Arbeit von Horne und Kramer ist aber nach wie vor ein Standardwerk, und die Fülle an Archivmaterial verdient allein schon wegen ihrem Fleißaufwand Respekt. Gerd Krummeich hat sich ein großes Verdienst nicht zuletzt auch wegen seines Engagements zur europäischen Verständigung erworben.

Krummeich sagte mal an anderer Stelle bei einer Rezension zu Clarks Schlafwandlern, das er sehr lobte, dass er Zeit seines Lebens Gegner von Fischers Thesen gewesen sei, dass er auf seine alten Tage noch zum Fischerianer würde, wenn er sieht, wie Clarks "Schlafwandler" als Entschuldigungs- und Entlastung für das Deutsche Reich, Positionen, die durch Clarks Thesen nicht einmal bestätigt würden.
Von daher verwundert es ein bisschen, dass Krummeich das Vorwort zu Ulrich Kellers Schuldfragen geschrieben hat. Es ist nichts dagegen zu sagen, dass Keller sich auf das Weißbuch als Quelle stützt.

Es ist das Weißbuch aber mindestens eine etwas problematische Quelle. Es ging dabei nicht darum, neutral und ergebnisoffen die historischen Ereignisse zu rekonstruieren. Das Ergebnis stand bereits vor der Erhebung fest, und wie alle Studien mit vorbestelltem Ergebnis hat dann das Weißbuch das gewünschte Ergebnis geliefert und den "Volkskrieg mit Franctireurs" bewiesen.
 
Ich finde vor allem den Vorschlag Wegners besonders hilfreich, dass nämlich die Francs-tireurs Frage vorerst losgelöst von den deutschen Gegenmaßnahmen oder Schuldfragen zu betrachten sei. Vielleicht kann ich dazu etwas, wenn auch nur sehr wenig, beisteuern:

Da der 1. WK zu meiner Militärdienstzeit in der Schweizer Armee in den 1970/80er Jahren fast gleich weit zurück lag, wie der Krieg von 1870/71 mit seinen Francs-tireurs und der 1.WK, sei mir auch ein Vergleich erlaubt:
Unser Anteil an Zivilkleidern im Gepäck war manchmal größer, als der uns aus Heeresbeständen zur Verfügung gestellte Anteil Uniformteile. Ohne private Pullover, Trainingsanzüge uvm. hätten wir es, vor allem im Winter, nicht ausgehalten. Der kalte Krieg war manchmal kalt und die Uniformen dünn. Solange diese Kleider nicht in knalligen Farben waren, wurden sie auch sichtbar getragen geduldet. Alles andere durfte man von außen einfach nicht sehen.
Manchmal trugen wir unter der Uniform ein ganzes Set ziviler Kleider. Dass wir damit nicht sehr vorteilhaft aussahen, war mir egal, Hauptsache: warm.
Ich kann mich nicht erinnern, dass uns das für den Kriegsfall verboten gewesen wäre oder dass wir vor den Risiken gewarnt wurden. Ein allfälliger Partisanenkrieg wurde uns weder nahe gelegt, noch wäre er mir in den Sinn gekommen.
Heute ist das anders, da werden selbst grüne Unterhosen verteilt und kalt ist es ja auch nicht mehr.

Ich bin deshalb der Meinung, dass man die Frage der Zivilkleider in den Tornistern der belgischen Soldaten auf die damaligen Gepflogenheiten in der belgischen Armee untersuchen muss.
Ich weiß nur von der französischen Armee, dass sich der Kriegsminister 1912 veranlasst sah, eine Regelung betreffend ziviler Kleidung herauszugeben, weil es ihn störte und weil er fürchtete, die Soldaten gäben zu viel Geld dafür aus.

In der französischen Armee liefen die "Poilus" 1914 und 1915 noch in den charakteristischen roten Hosen aus dem 19. Jahrhundert herum. Als dann zarte Anfragen und Empfehlungen wegen Camouflage aufkamen. Die Briten hatten sich mit der Khaki-Farbe und die Deutschen mit "Feldgrau" der Tarnung Kredit gegeben. Ein Minister oder Staatssekretär sah in der roten Hose sozusagen ein Symbol Frankreichs.

Andere Baustelle, aber in der französischen Armee wurde 1914 sogar mal ein Soldat erschossen, weil er eine blutbeschmierte, viel zu kleine Hose nicht tragen wollte.

Maurice Bersot war Schmied und wurde 1914 eingezogen zur Armee. Bersot bekam bei der Einkleidung statt der vorschriftsmäßigen (roten) Hose eine weiße, eine andere passende war nicht verfügbar. Bersot wurde in seiner Einheit gehänselt. Bei einer Parade stellte ihn ein Vorgesetzter zur Rede. Es sollte Bersot von der Kammer eine vorschriftsmäßige Hose bekommen.

Man gab Bersot eine vorschriftsmäßige Hose, die war aber viel zu klein, total zerrissen und total verdreckt und mit Blutflecken verdreckt, weil man sie einer Leiche abgenommen hatte. Maurice Bersot weigerte sich, diese Hose zu tragen, und man machte daraus eine Riesen-Nummer. Bersot und zwei seiner Kameraden dazu, die ihn verteidigen wollten wurden vor ein Kriegsgericht gestellt, der Prozess war eine Farce. Dem Vorsitzenden ging es darum, ein Exempel zu statuieren. Bersot wurde zur Todesstrafe, seine Kameraden zu Zwangsarbeit verurteilt.
Bersot war eigentlich ein tapferer Soldat, ein Leutnant Guerin, der ihn hatte kämpfen sehen und der sein Verteidiger war, versuchte ihn zu retten und erreichte tatsächlich vom General der Armee einen Aufschub der Exekution. Guerin und Bersot hatten aber Pech, Guerin geriet auf dem Rückweg von der Front mit dem Aufschub in der Tasche in einen Artillerieüberfall und wurde dabei getötet und Bersot wurde wegen Insubordination und Feigheit vor dem Feind erschossen, weil er sich geweigert hatte, die blutverschmierte, unpassende, zerrissene Hose zu tragen.

Alain Skoff hat das Schicksal Lucien Bersots beschrieben in dem Roman "Fürs Vaterland erschossen" ( Le Pantalon) Skoffs Roman diente dem Regisseur Yves Boisset zur Vorlage für einen gleichnamigen Film Le Pantalon aus dem Jahre 1997, der sich an die historischen Fakten hält. Ein sehenswerter Film!
 
Hier noch die Quelle zur französischen Armee:

Ein bürgerlicher Kriegsminister gegen das Tragen von Zivilkleidern.
Der französische Kriegsminister Millerand bekundet, trotzdem er nicht aus dem Militärstande hervorgegangen ist, ausgesprochen soldatisches Empfinden. ... Nun verstand es auch dieser Minister, das berüchtigte Tragen von Zivilkleidung innerhalb der Armee stark einzuschränken. Diese Neuregelung erstreckt sieh vorläufig auf Unteroffiziere- und Mannschaften. Bloß Adjutanten, sowie längerdienende verheiratete Unteroffiziere dürfen künftighin, und zwar nur Sonn- und Feiertags, außer Dienst Zivilkleider tragen. Den Truppenkommandanten ist es überlassen, fallweise diese Begünstigung auch den übrigen Unteroffizieren und sonstigen Längerdienenden zugute kommen zu lassen. In der Begründung dieser Maßregel heißt es unter anderem: „In Berücksichtigung der Meinung der Korps- und und Truppenkommandanten bin ich zur Einsicht gelangt, daß die bürgerliche Kleidung, abgesehen von allgemeinen Unzukömmlichkeiten, die sie mit sich bringen kann, die Unteroffiziere zu beklagenswerten Neigungen führen und sie nur zu häufig zu Ausgaben verleiten kann, die nicht im Verhältnis zu der finanziellen Lage des Unteroffiziers sind.


Allgemeine Schweizerische Militärzeitung vom 27.4.1912
 
Wir reden über belgische und französische Soldaten, die ihre Uniformen aus recht durchsichtigen Gründen gegen zivile Kleidung tauschen aus recht durchsichtigen Gründen

Französische und belgische Soldaten, die im Tornister ganze Zivilgarnituren mit sich tragen, um vor, zwischen und hinter den feindlichen Linien zu operieren, im Hinterland Terroranschläge verüben, und dann wieder durch die feindlichen Linien.

Da ist doch zu bedenken, dass bei einem solchen Unterfangen solche Franctireurs immerhin auf beiden Seiten der Front eine sehr breite Zone überwinden mussten, , in der es Dörfer gab, die evakuiert wurden, wo keine Zivilisten sich aufhalten durften, militärische Sperrgebiete, Minenfelder, in denen Zivilisten auffielen und es gibt ja doch auch so etwas wie Feldjäger, Militärpolizei.

Außerdem, wie sollte das vor sich gehen? In der Regel entschließt man sich doch nicht spontan und auf eigene Faust, um die feindlichen Linien zu infiltrieren und sich als Freischärler zu betätigen, sondern erhält einen Auftrag. Falls nicht, dann muss man zumindest hüben wie drüben eine Menge Militärpolizei passieren,

Zog man Soldaten aus der Front ab, damit sie das Hinterland terrorisieren? Das ist doch selbst für einen Alleskönner wie James Bond, und selbst für ein "Chamäleon" wie Agent Fred Clever eine echte Herausforderung, und bei der Mehrzahl der Teilnehmer, die man auf eine solche Expedition schickt, müsste man doch davon ausgehen, dass die Mehrheit dabei draufgehen würde. Dass sie an Sprachbarrieren, Sperrgebieten, Militärpolizei scheitern würde. Um sich wie angedacht derartig flüssig vor, zwischen, hinter der Front und ganz weit im Hinterland bewegen zu können, braucht es doch zumindest Papiere, Urlaubs- oder Entlassungsscheine und ähnliche Dokumente, mit denen man sic legitimiert wenigstens bei einer Routinekontrolle bestehen kann.

So recht überzeugt mich auch die Sinnhaftigkeit nicht recht. Es ist doch immerhin ein solches Unterfangen ein Himmelfahrtskommando. Da muss man doch davon ausgehen, dass man die meisten Männer nie wieder sieht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da ist doch zu bedenken, dass bei einem solchen Unterfangen solche Franctireurs immerhin auf beiden Seiten der Front eine sehr breite Zone überwinden mussten, , in der es Dörfer gab, die evakuiert wurden, wo keine Zivilisten sich aufhalten durften, militärische Sperrgebiete, Minenfelder, in denen Zivilisten auffielen und es gibt ja doch auch so etwas wie Feldjäger, Militärpolizei.

Außerdem, wie sollte das vor sich gehen? In der Regel entschließt man sich doch nicht spontan und auf eigene Faust, um die feindlichen Linien zu infiltrieren und sich als Freischärler zu betätigen, sondern erhält einen Auftrag. Falls nicht, dann muss man zumindest hüben wie drüben eine Menge Militärpolizei passieren,

Ich denke, wenn da tatsächlich ein Partisanenkrieg zentral vorbereitet worden wäre, hätte man das anders angegangen und alles von Anfang an für einen Einsatz im Hinterland vorbereitet und die Akteure spätestens bei der Mobilmachung auf Position berufen (aber das würde sich nachweisen lassen).
Zumal es ohnehin, in meinen Augen eher unsinnig gewesen wäre vereinzelte Heckenschützen anzuweisen, auf die deutschen Truppen zu schießen, in dem Wissen, dass es im Grunde auch keinen sicheren Rückzugsort gibt, weil die mitgeführte Artillerie im Zweifelsfall alles kurz und klein schießen kann.
Unter solchen Voraussetzungen hätten damit beschäftigte Truppen wahrscheinlich größere oder ähnlich große Verluste erlitten, wie die Angegriffenen.
Das ist etwas was 1870/1871 noch anders gewesen sein mag, als dass Maschinengewehr bzw. seine auf Lafetten montierten Vorgänger noch relativ exotische Erscheinungen waren, Handgranaten auch noch nicht unbedingt zum Standartrepertoire sämtlicher infanterieverbände gehörten und ein Großteil der deutschen Artillerie, die noch lange nicht so zahlreich war zunächst vor Metz, später vor Paris gebunden war und infolge wesentlich schwächeren Ausbaus der Eisenbahn auch Nachschub nicht in dem Maße gegeben war.

Insofern man mit solchen Aktionen 1914 wahrscheilich ohnehin nicht mehr viel hätte erreichen können (realiter hielt sich ja auch der Erfolg der Franctireurs im deutsch-französischen Krieg in überschaubaren Grenzen), würde ich auch annehmen, dass wenn es einen zentral organisierten Franctireur-Krieg gegeben hätte, man sich mehr auf die sensible Infrastruktur, also vor allem Brücken und Bahnlinien konzentriert hätte, wo man vor allem unter Einsatz von Sprengmitteln wesentlich mehr hätte erreichen können.

Da hätte man allerdings kaum nach Kriegsbeginn erstmal reguläre Soldaten zusammengetrommelt, mit Zivilkleidung versehen und sie hinter die Front geschickt sondern bereits spätestens mit der Generalmobilmachung entsprechende Kräfte unter das Bahnpersonal und in andere zivile Bereiche gemischt, von denen man ausgehen konnte, dass sie sich im Hinterland einigermaßen frei hätten bewegen können, weil jede potentielle Besatzungsmacht sie tendenziell brauchte und versuchen würde sie zur Kollaboration zu bewegen.

Auch Waffen etc. hätte man sicherlich bereits lange vor Kriegsbeginn entsprechend einglagert. Polizei- und Gendameriestationen so wie diverse Amtsgebäude hätten sich sicherlich zum Versteck von Waffen für kleinere Trupps geeignet, Sprengmittel hätte man ohne weiteres auf den größeren Materialdepots der Eisenbahnen verteilen können, da wären sie nichtmal besonders verdächtig gewesen, weil das auch Tunnnelbau-Projekten etc. hätte dienen könnnen.


Ich denke, wenn tatsächlich irgendwelche Heckenschützen tatsächlich auf die deutschen Truppen schossen, wird das von Einzeltätern oder spontan gebildeten Gruppen betrieben worden sein, die wahrscheinlich mit der regulärenn Armee oder irgendeiner staatlichen Organisation nichts zu tun hatte.
Wie du richtig bemerkst ist die Vorstellung das Hinterland von regulären Soldaten mit Zivilkleidung im Tornister infiltrieren zu lassen, eigentlich wenig sinnvoll.
Da würde ich wirklich eher auf allgemein übliche Eigenheiten in Sachen Kleidung bei der belgischen Armee oder auf die Absicht zu desertieren/sich einer potentiellen Kriegsgefangenschaft zu entziehen schließen wollen, als auf Absicht irgendwelche Partisanentätigkeit zu betreiben.
 
Preußische Jahrbücher sind keine Landserheftchen, diese wurden häufig genug als Quelle in Geschichtswerken bemüht.
Das hat auch niemand behauptet.

Curt Schütt war fleißig in diversen Heftchen im "Landser-Stil" unterwegs, z.B.

Belgien vor dem Weltgericht / Die belgische Schuld. Süddeutsche Monatshefte; München. Hans Witte Curt Schütt u. a. (1929) |
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für die Klarstellung.

Die Verwendung des Begriffs „Quelle“ oben ist auch eine Spezialität für sich, oder schlicht unverstanden, weil es nicht mehr in die Blase passte. Letzteres ist bei Spraul der Fall, der hier als „Quelle“ (nicht im geschichtswissenschaftlichen Sinn, sondern als Fundgrube :D ) benutzt wurde:

Curt+Schütt+Belgien+1914, google-Suche, anschließend die Suche auf Bücher einschränken. Fertig.
 
Der Einsatz von Freischärlern ist regelwidrig, es kann nicht angehen, dass Zivilisten einen Hintertreppenkrieg anzetteln.
Wer ein anderes Land regelwidrig überfällt, kann nicht damit rechnen, dass er in diesem Land fortan eine ruhige Kugel schieben wird, denn dass sich die Bewohner des überfallenen Landes gegen die Besatzung wehren werden, war und ist vorauszusehen. Wer diesen Widerstand als regelwidrig oder gar als Terror bezeichnet, der mit Gegenterror der Besatzungstruppe zu beantworten ist, verwechselt Ursache und Wirkung.
 
Wer ein anderes Land regelwidrig überfällt, kann nicht damit rechnen, dass er in diesem Land fortan eine ruhige Kugel schieben wird, denn dass sich die Bewohner des überfallenen Landes gegen die Besatzung wehren werden, war und ist vorauszusehen.

..... wenn dieser Widerstand im Rahmen der dafür gesetzten Regel abläuft, wozu gehört, dass am Krieg teilnehmende nichtangehörige der regulären Streitkräfte, sich als solche zu erkennen geben müssen um von nicht aktiv am Krieg teilnehmenden Zivilpersonen unterscheidbar zu sein.

Wer diesen Widerstand als regelwidrig oder gar als Terror bezeichnet, der mit Gegenterror der Besatzungstruppe zu beantworten ist, verwechselt Ursache und Wirkung.

Beteiligung von icht als Kombattanten erkennbaren Personen an Kampfhandlungen ist offensichtlich reglwidrig und das aus gutem Grund.
Man hat die rechtliche Trennung von Kombattantenn und Nichtkombattanten ja nicht zum Spaß oder zur Bevorteilung einer Seite festgesetzt, sondern explizit zum Schutz der Zivilbevölkerung und aus dem Kampf ausgeschiedener Personen, so wie nicht bewaffneter Armeeangehöriger.

Diese Abkommen und Bestimmungen regeln unter anderem das Gebot, dass Leib und Leben von Sanitätspersonal und aus dem Kampf ausgeschidene verwundeten und/oder gefangenen Soldaten zu schonen ist.

Wer die Abkommen in denen diese Bestimmungen niedergelegt sind, mal eben für nichtig erklären möchte, der sanktioniert damit das barbarische Misshandeln oder gar das Abschlachten von Verwundeten, Gefangenen und Sanitätspersonal oder sonstiger Nichtkombattanten im betreffenden Gebiet als rechtens.
Und das kann niemand ernsthaft wollen.
Angesichts deiner neulichen Ereiferung über die Nichtverurteilung eines Generals aus dem 1. Weltkrieg, dem der Vorwurf gemacht wurde den Befehl zur Gefangenentötung erteilt zu haben, verwundert mich deine mangelnde Sensibilität in diesen Bereichen.

Nichts, aber auch gar nichts, auch nicht der Umstand angegriffen worden zu sein, rechtfertigt es sich an Verwundeten oder Gefangenen, die aus dem Kampf ausgeschieden sind zu vergreifen, oder an Sanitätspersonal dessen einzige Rolle im Krieg darin besteht Verwundete (beider Seiten denn es sind ja auch Gefangene zu versorgen) zu versorgen und dass allgemeine Leid zu lindern oder an Parlamentären.
Hinter diesen Grundsatz darf in keinem Fall zurückgefallen werden und schon deswegen ist keiner Partei a priori die Entbindung von den internationalen Bestimmungen zuzubilligen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier noch etwas zur Garde Civique:
1887 forderte eine Gruppe um Alfons Prayon-van Zuylen (gemäßigt flämisch-nationalistisch) die Reform der Burgerwacht (garde civique) und macht zuerst eine Bestandsaufnahme.
Der Einfachheit halber gleich übersetzt.

Beginnen wir mit einer groben Beschreibung der aktuellen Struktur der Burgerwacht.
Theoretisch gehören alle Belgier im Alter von 21 bis 50 Jahren der Burgerwacht an.
Tatsächlich gibt es weniger als 40.000 Bürger, die anders als pro forma registriert sind.

Am 1. Januar 1886 war die aktive Burgerwacht nur in dreißig Gemeinden und oft in sehr unzureichender Weise eingerichtet. Seit den Unruhen im März desselben Jahres, die die Notwendigkeit der Burgerwacht so deutlich machten, wurde sie in achtzehn weiteren Gemeinden, meist im wallonischen Kohlegebiet, für aktiv erklärt. Aber aus Gründen, die sicherlich etwas mit unseren verfluchten Wahlinteressen zu tun haben, sieht man immer noch eine Reihe von Gemeinden mit mehr als zehntausend Einwohnern, zum Beispiel Borgerhout, Berchem bei Antwerpen, Ledeberg bei Gent usw. usw. , wo von der Einrichtung einer diensttuenden Burgerwacht keine Rede ist.

So gibt es heute nur noch 48 Gemeinden, in denen es eine mehr oder weniger seriöse Burgerwacht gibt. Auch in allen anderen Gemeinden gibt es eine Burgerwacht auf dem Papier: Offiziere werden gewählt, aber die Männer sind weder bekleidet noch bewaffnet und werden nie zusammengerufen.

Selbst dort, wo die Zivilgarde aktiv ist, ist die Zahl der Zivilisten, die ihr angehören, im Allgemeinen sehr gering. Jeder ist eingeschrieben, aber nur wer über die Mittel verfügt, sich auf eigene Kosten auszurüsten, wird aufgenommen. Die anderen werden in die Reserve eingestellt, und diese Reserve wird nur „in Ausnahmefällen“, also nie, abgerufen.


Bei der Bildung des belgischen Staates im Jahr 1831 gab es 2739 Gemeinden. Heute gibt es noch 581 Gemeinden.
Geschrieben 1887, 22 Jahre vor der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.

Dann gibt es noch einen interessanten Abschnitt zu Freikorps (vrijkorps):

Wenn wir jedoch die Beibehaltung der sogenannten Spezialwaffen in der Burgerwacht fordern, stimmen wir völlig mit unseren Gegnern darin überein, dass die Existenz von Freikorps (Corps Francs) unter keinen Umständen zugelassen werden sollte, die, und das lehrt uns die Geschichte, nie einen Dienst erwiesen haben und im Gegenteil durch ihr Beispiel einen schädlichsten Einfluss auf die militärische Disziplin einer Armee ausüben. Im Jahr 1830 beeilte sich unsere Provisorische Regierung, die Auflösung des Freikorps anzuordnen, das durch seine Indiskretion unter anderem die Bombardierung Antwerpens verursacht hatte. Und während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870-71 waren es sicherlich nicht die Enfants du Désespoir oder die Chasseurs sans merci, die irgendeinen Dienst erwiesen. Es muss also verhindert werden, dass eine Spezialkompanie nach und nach den Charakter eines Freikorps annimmt.

Man scheint sich in der Frage von Freikorps 1887 einig gewesen zu sein.
Belgiës strijdmacht. (Vervolg, z. Nederlandsch Museum, 2e Reeks, 3e Jaarg., 11e en 12e Afl.), Nederlandsch Museum. Tweede Reeks. Jaargang 4 - DBNL
 
Andere Baustelle, aber in der französischen Armee wurde 1914 sogar mal ein Soldat erschossen, weil er eine blutbeschmierte, viel zu kleine Hose nicht tragen wollte!
Lucien Bersot wurde im Februar 1915 standrechtlich erschossen. Er hinterließ eine Frau und eine kleine Tochter. 1922 wurde er rehabilitiert und das Urteil vom Obersten Gerichtshof aufgehoben.

Von den beiden Soldaten, die Bersot verteidigen wollten, starb der eine im Zwangsarbeitslager, der andere wurde in Nordafrika getötet. Der Oberst, der wegen der zerrissenen Hose auf das Kriegsgerichtsverfahren drängte, brachte es bis zum General und Mitarbeiter von Maginot.

Bersots Leichnam wurde zunächst nahe des Lagers beerdigt, später aber exhumiert und in seinem Heimatort bestattet, wo man ihm später ein Denkmal setzte.
 
Dem Umstand, dass das mitführen vollständiger Zivilgaderobe vrdächtig im Hinblick auf Verschleierung des Soldatenstatuses ist, würde ich zustimmen.
Allerdings würde mir eine Schlussfolgerung, die postulierte, dass dies grundsätzlich auf Vorbereitung/Durchführung von Partisanentätigkeit hinausliefe zu weit gehen.
Die Verschleierung des Soldatenstatusses kann ja z.B auch zur Vermeidung von Kriegsgefangenschaft betrieben werden.

In Anbetracht des Umstands, dass es Belgien im August 1914 mit einem deutlich überlegenen Gegner zu tun hatte, erscheit mir das insofern die Gefahr in Gefangenschaft zu geraten relativ hoch gewesen sein dürfte auch als Rückversicherungsmaßnahme um sich im Fall der Einschließung absetzen zu können, nicht unplausibel.



Als sich gegen Ende des 2. Weltkriegs hier in der Gegend die im Ruhrgebiet eingeschlossenen Truppen selbst auflösten habn die sich, wo es ging bei der Bevölkerung Zivilkleidung beschafft und die Militärmontur im nächstbesten Waldstück verklappt, um durch die alliierten Linien zu kommen, ohne einkassiert zu werden, aber in aller Regel wohl nicht mit dem Ziel Partisanen zu spielen, sondern um einfach nach Hause zu kommen.

Solche Absichten würde ich belgischen Soldaten die Zivilmontur mit sich führten durchaus zubilligen wollen, zumal wenn sich nicht feststellen lässt, dass die Mitführung angeordent wurde, denn dann kann die Zivilmontur auch kurzfristig mit dem Ziel ds Absetzens bschafft worden sein, möglicherweis fehlte einfach nur die Gelegenheit sie noch rechtzeitig anlegen und abtauchen zu können.

Es ist doch wohl auch das Naheliegendste, dass wenn ein Soldat vollständige Zivilkleidung auf die Seite legt, dass man davon ausgeht, dass ein Soldat, der solche Vorbereitungen trifft, eben "stiften gehen" will, dass er die Schnauze voll hat. Vor Feldgerichten wurde häufig das Tragen von Zivilkleidung als sicheres Indiz für geplante oder vollendete Desertion ausgelegt.

Heimweh war ein klassisches Motiv für Desertion oder unerlaubtes Entfernen von der Truppe. Junge Männer, die erstmals lange weg waren von zu Hause, fühlten oft einen großen Drang, mal Zuhause nach dem Rechten sehen zu wollen, vor allem, wenn sie wussten, dass ihre Arbeitskraft fehlte. In dem Roman "Im Westen nichts Neues" wird der Bauer Detering von Feldgendamerie aufgegriffen und als Deserteur hingerichtet.

Die Konföderierten Armee verlor zahlreiche Soldaten auf diese Weise, und man machte ihnen sogar Zugeständnisse, indem nur wegen unerlaubtem Entfernen von der Truppe gestraft wurde, wenn Deserteure sich zu einem bestimmten Datum wieder bei der Truppe einfanden.
 
Wer hier die Einhaltung von Regeln von Menschen einfordert, die er zuvor selbst regelwidrig überfallen hat, der misst mit zweierlei Maß.
 
Wer hier die Einhaltung von Regeln von Menschen einfordert, die er zuvor selbst regelwidrig überfallen hat, der misst mit zweierlei Maß.

Mit zweierlei Maß misst, wer einerseits Personen, die auch nur im Verdacht standen Gefangenentötung angeordnet zu haben als Kriegsverbrecher verurteilt sehen und gleichzeitig eine der betiligten Parteien von den Regelungen, die Leib und Leben von Gefangenen und anderen Nichtkombattanten schützen befreien und für entsprechende Übertretugen Persilscheine verteilen möchte.
 
Wer sich nicht an die Regeln des Kriegsrechts hält (zB durch das Abtauchen in der Zivilbevölkerung) kann nicht erwarten, von diesen Regeln geschützt zu werden (und zB als Kriegsgefangener behandelt zu werden). Völlig unabhängig vom Grund oder Ausbruch des Konflikts, denn da wird allzu oft eine oder beide Seiten davon ausgehen, ungerechter Weise attackiert worden zu sein.

Da werden ganz anderer Fragen (und Rechtsgebiete) aufgemacht: Ab wann ist gewaltsamer Widerstand abseits der offenen Kriegsführung legitim? Welche Antworten darf es darauf geben? Alles hoch interessant, meist tief tragisch, aber nichts, wo die Haager Landkriegsordnung Aussagen zu trifft. Das gesamt Kriegsrecht ist auf einen symmetrischen Konflikt ausgelegt, und hilft bei den Problemen eines assymmetrischer Konflikts nicht wirklich weiter.

Erinnert mich an den Gefangenenprotest der IRA in den 70ern. Da war auch die Forderung, als Kriegsgefangene behandelt zu werden... Und die Briten haben einen Teufel getan, sich darauf einzulassen...
 
IRA ist problematisch und ggf. Äpfel und Birnen
CAPTIVE OR CRIMINAL? REAPPRAISING THE LEGAL STATUS OF IRA PRISONERS AT THE HEIGHT OF THE TROUBLES UNDER INTERNATIONAL LAW

Bzgl. der Kriege: die HLKO „ bindet“ unabhängig vom ius ad bellum beide Seiten. Siehe #251.

Insbesondere bindet sie weiter den Aggressor, z.B. in der „Verhältnismäßigkeit“ eines niedergebrannten Stadtzentrum inkl. Dutzenden Toten, Hunderten Deportierten wegen (siehe Aussagen Manteuffel zu Löwen im deutschen Weißbuch) oder gegen „verhältnismäßig wenig“ deutschen Opfern

- selbst Manteuffels [als OB Militäradminkstration] deutscherseits bestellte Aussage redet von ein paar Beinschüssen und ein paar erschossenen Pferden zu Beginn der Aktionen der Soldateska -

und z. B. bindet sie weiterhin den Aggressor in der Bringschuld - zB Repressalien nur gegen Ankündigung, zB Erschießungen auf Tat-Nachweise, also insbesondere keine Hau-drauf-Aktionen.

Diese Feuer- und Blutorgie ist jedenfalls ohne jeden Nachweis geblieben, dass sie konkret die angeblichen Partisanen (oder zusammen mit sie ggf. deckende Zivilbevölkerung aufgrund der zulässigen Kriegshandlungen) traf.

Insofern regelt die HLKO auch eine Beweislast. Das mag manchem nicht gefallen, ist aber so.
Siehe oben zum wiederholten Male sehr instruktiv der Bundesgerichtshof #251, wie solche Sachen zu sehen sind.
Natürlich kann jeder abwegig abweichende Meinungen auf der Couch zum Thema äußern, völkerrechtlich ist das aber ohne Belang.
 
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