Präventivschlag 1887

Oder man hätte halt versuchen können aus dem Westen des russischen Reiches neue Staaten zu kreieren. Aber wie hätten die sich allein gegen Russland halten sollen? Wenn man nicht bereit gewesen wäre diesen Staaten ein Bündnis anzubieten oder eine einseitige Garantie hätte Russland sie eben binnen einer Dekade wieder eingesammelt, oder man hätte sich mit ihnen verbündet, dann wäre man wegen des Bündnisses wieder indirekt Zielscheibe des russischen Revanchismus geworden.

Ich frage mich nur, wie du dir ein "unter deutscher Protektion" unabhängiges Polen z.B. vorstellst?
À la Brest-Litowsk als Satelitenstaat Deutschlands mit ggf. noch mehr Satelitenstaaten drumm herum, am Besten noch in Personalunion mit dem deutschen Kaiserreich, oder unter einem Sprössling eines der deutschen Fürstenhäußer, oder der Sigmaringer Linie der Hohenzollern oder so etwas?
Das mit der Protektion bezog sich vor allem auf das Baltikum, wo es ja eine in weiten Teilen deutschsprachige Oberschicht gab. Da wäre eine wie auch immer geartete Bindung an das Reich sich nicht völlig abwegig gewesen.

Polen wäre sicher viel schwieriger zu kontrollieren gewesen aber, aber selbst ein völlig unabhängig, Deutschland (und Österreich-Ungarn) feindlich gesinntes, aber schwaches Polen wäre imho für das Reich als direkter Nachbar besser gewesen als ein auf mittlere bis lange Sicht übermächtig erscheinendes Russland.

Da kann man jetzt natürlich lange drüber diskutieren, aber letzten Endes ist das nicht entscheidend, denn, wie ich schon in meinem letzten Posting geschrieben hatte: Wenn solche territorialen Änderungen (oder ähnliches) nicht wünschenswert oder nicht erreichbar erschienen wäre, dann hätte ein Präventivkrieg eben keinen Sinn gemacht. Denn sonst wäre Russland vielleicht ein paar Jahre lange geschwächt, aber dann bald wieder so stark wie vorher oder stärker und außerdem nun mit Sicherheit feindlich gesinnt.

Die alternative wäre ein tatsächlich unabhängiges Polen auf Kosten Russlands gewesen. Wenn man aber ein tatsächlich unabhängiges Polen, dessen Außenpolitik man nicht von Berlin aus hätte lenken können, zugelassen hätte, warum hätte dann ein, wahrscheinlich von der polnischen Nationalbewegung dominiertes Polen auf die polnischsprachigen Teile Deutschlands und Österreich-Ungarns oder auf Deutschland überhaupt nicht in den Kram passende Bündnisse mit Russland oder Frankreich verzichten sollen?
Ein Bündnis Polens mit Frankreich wäre verkraftbar gewesen und ein Bündnis zwischen Polen und Russland sehe ich nicht als besonders realistisch an. Allein schon, weil es vermutlich wie historisch zu Grenzstreitigkeiten zwischen Polen und Russland gekommen wäre.
Warum hätte die polnische Nationalbewegung darauf verzichten sollen? Um der deutschen und österreichischen Teilungsmacht einen Gefallen zu tiun?

Wenn Deutschland angefangen, damit für diesen Konflikt den Dreibundvertrag ausgehebelt und sich in der britischen öffentlichen Meinung zum Schmuddelkind gemacht hätte, dann ja.
Wenn es Russland den ersten Schritt hätte tun lassen, um bei französischer Einmischung Italien in seine Bündnispflichten nehmen zu können, und ggf. britische Unterstützung, zumindest auf See und auf der diplomatischen Ebene zu haben, wäre das keine besonders gute Gelegenheit für Frankreich gewesen.
Wenn Russland den ersten Schritt gemacht hätte, wäre es kein Präventivkrieg gewesen und über einen solchen spekulieren wir hier doch.
Verzeihung, doch, genau das ist historisch passiert. Russland ließ sich auf den Rückversicherungsvertrag mit Deutschland ein und der wäre auch verlängert worden, wenn Berlin nach Bismarcks Abgang nicht andere Pläne gehabt hätte.
Ja, nur statt der Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages hätte es in dem hypothetischen Szenario, das wir betrachten halt einen Krieg Deutschlands gegen Russland mit hunderttausenden Toten oder Verwundeten gegeben und egal ob der anschließende Frieden nun milde oder nicht gewesen wäre, wiegt so ein Krieg wohl ungleich schwerer als die Nichtverlängerung eines Vertrages.
 
Die deutschfeindliche Stimmung ist nicht nur auf den Zaren und seine Regierung zu reduzieren.
Ich wäre jetzt nicht auf den Gedanken gekommen, dem Zaren und dem Großteil seiner Umgehung überhaupt eine deutschfeindliche Haltung zu unterstellen. Das war naturgemäß eher die Haltung. der Slowophilen.

Ich wollte eigentlich mit dem Einwurf darauf hingewiesen haben, dass nicht irgendein kollektives Russland zu handeln gehabt hätte, sondern eine zarische Regierung, die bei weiten Teilen der eigenen Bevölkerung nicht mehr so gut gelitten war spätestens nach dem Petersburger Blutsonntag.

Ein interessanter Gedankengang. Nur glaube ich nicht, das sich die Monarchie dazu verstanden hätte, Serbien eigenes Territorium abzutreten. Österreich hatte die "Gelegenheit" den Balkan, zumindest Serbien und Montenegro so umzugestalten, wie es den eigenen Interessen entsprochen hätte.
In Wien hatte man doch ohnehin keine Vorstellung davon, was man nun mit diesem Bosnien und der Herzegowina eigentlich anfangen sollte. Man konnte sich ja nicht mal darauf einigen, welcher der beiden Reichshälften das am Ende zugeschlagen werden sollte, du kennst die Querelen darum ja.
Was hätte, wenn man eine großangelegte Balkan-Aktion gestartet, bei der man gleichzeitig Bosnien endgültig vom Osmanischen Reich getrennt und die Obrenovic-Dynastie in Serbien wieder eingesetzt hätte, dagegen gesprochen, die Herzegowina dem Kronland Dalmatien, damit der österreichischen Reichshälfte zuzuschlagen, den Nordwesten dem Kronland Kroatien und damit der ungarischen Reichshälfte und den serbischsprachigen Südosten an das Königkreich Serbien abzutreten, um die Akzeptanz der neuen-alten Dynastie und die Akzeptanz einer Orientierung an und eines Klientelverhältnisses gegenüber Wien zu erhöhen?

Das wäre für den Zarismus fatal gewesen!
Wären solche Nachrichten in das revolutionäre Sankt Petersburg gedrungen, hätte sich die gesamte slawophile und panslawische Presse sofort mit Forderungen überboten auf dem Balkan einzugreifen und Österreich-Ungarn den Krieg zu erklären und es hätte sicherlich, zumindest in Petersburg und Moskau eine entsprechende Stimmung herausgebildet.

Hätte sich der Zar geweigert dem nachzugeben, wäre das vermutlich zumindest sein politisches Ende gewesen, die Spekulation, was danach gekommen wäre, dürfte müßig sein.
Hätte er dem entsprochen, sich an die Spitze der ganzen Veranstaltung gestellt, und tatsächlich den Krieg erklärt, hätte dass zu einer innenpolitischen Festigung der eigenen Position und Versöhnung mit den Slawophilen und Liberalen führen können.

Wäre der Krieg dann verloren gegangen, wäre das kaum dem Zaren angelastet worden (im Besonderen, wenn er schlau genug gewesen wäre, einen General, mit dem Ruf den Liberalen oder Slawophilen nahe zu stehen zum Oberkommandierenden der ganzen Veranstaltung zu machen und das als politisches Entgegenkommen zu verkaufen), weil das kein Krieg aus dynastischen Interessen gewesen wäre sondern ein Krieg, hinter dem die Bevölkerung oder weite Teile davon gestanden hätten.
 
Das mit der Protektion bezog sich vor allem auf das Baltikum, wo es ja eine in weiten Teilen deutschsprachige Oberschicht gab. Da wäre eine wie auch immer geartete Bindung an das Reich sich nicht völlig abwegig gewesen.
Nur dass die deutschsprachige Oberschicht im Baltikum (vgl. Angermann/Brüggemann) und ihre Privilegienin der Zeit schon längst massiv unter Beschuss standen, weil sich in Lettland und Estland die entstprechenden Nationalbewegungen formierten und ein Ende der aus dem Mittelalter und der FNZ überkommenen Ritterschafts-Privilegien forderten.
Die Deutsch-Baltische Bevölkerung machte auf dem Gebiet des heutigen Lettland und Estland 1-2% der Bevölkerung und konnte ihre Stellung vor allem deswegen behaupten, weil das zarische System, für dass sie wiederrum Teile der Funktionseliten in Militär und Staatsdienst stellten, sie ein Stück weit vor der lettischen und estnischen Nationalbewegung und deren Forderungen schützte.

Bei einer Herauslösung dieser Provinzen aus dem system der zarischen Autokratie, wäre wahrscheinlich sehr schnell dass passiert, was dann nach dem 1. Weltkrieg tatsächlich passierte, nämlich eine von den Nationalbewegungen betriebene Annulierung der alten Privilegien und eine Bodenreform auf Kosten des deutschbaltischen Landadels, der auch dessen ökonomische Macht gebrochen hätte.
Hätte man die Nationalbewegungen dort machen lassen, hätte man die Idee mit der deutschbaltischen Oberschicht als Statthalter vor Ort vergessen können, weil die sehr schnell wegmarginalisiert worden wäre.


Es sei denn, man hätte da dauerhaft Truppen hingestellt um die estnische und lettische Nationalbewegung zu unterdrücken. Aber wäre es das wert gewesen? Ökonomisch interessant waren diese Provinzen eigentlich nicht besonders.

Auch muss da die Frage in Relation mit dem Verhältnis zu Russland gestellt werden: Wären es die kleinen und wirtschaftlich eher uninteressanten weil rohstoffarmen Ostseeprovinzen, es in der Tat wert gewesen sich deretwegen mir Russland anzulegen?
Die Schwächung Russlands, was sein Potential angeht, durch den Verlust dieser Gebiete wäre marginal gewesen.

Wie sieht es mit der Militärgeographie aus?
Lange, unbefestigte Grenze der Territorien nach Süden und Osten, keine vorhandenen Eisenbahnlinien, die für westeuropäische Spurweite ausgelegt waren....... auch das hätte massive Probleme mit sich gebracht.

Polen wäre sicher viel schwieriger zu kontrollieren gewesen aber, aber selbst ein völlig unabhängig, Deutschland (und Österreich-Ungarn) feindlich gesinntes, aber schwaches Polen wäre imho für das Reich als direkter Nachbar besser gewesen als ein auf mittlere bis lange Sicht übermächtig erscheinendes Russland.
Was genau an Russland war denn übermächtig?

Ein Bündnis Polens mit Frankreich wäre verkraftbar gewesen und ein Bündnis zwischen Polen und Russland sehe ich nicht als besonders realistisch an. Allein schon, weil es vermutlich wie historisch zu Grenzstreitigkeiten zwischen Polen und Russland gekommen wäre.
Ich darf dich daran erinnern, dass wir ja noch von 1887 reden.
Zu diesem Zeitpunkt gab es das Russisch-französische Bündnis noch nicht.
Man hatte also erstman nur mit einem dauerhaften Feind im Westen zu tun. Warum diesem einen weiteren Partner im Osten schaffen und sich selbst in die Umklammerung begeben?
Mal davon abgesehen, dass Russland aus der Rechnung nicht raus gewesen wäre.
Bei einem eigenständigen Polen hätte es immer noch eine russisch-deutsche Grenze im Baltikum gegeben und ggf. eine russisch-österreichische im Bereich Ostgaliziens und der Bukowina.
Ein Russland, dem man Polen vollständig abgenommen hätte, wäre selbstredend feindlich gesonnen gewesen.
Was hätte es also gebracht, selbst wenn es zu keinem polnisch-russischen Bündnis gekommen wäre?

Man hätte ein wahrscheinlich tendenziell feindlich gesonnenes Polen produziert, dass sich wenn nicht mit Russland, wenigstens mit Frankreich verbündet hätte und ein revanchistisches Russland, dass dann sehr wahrscheinlich auch die Verständigung mit Frankreich gesucht hätte. Welches deutsche Problem hätte das gelöst?

Russland Territorien abzunehmen, hätte nur dann Sinn ergeben, wenn die Zentralmächte selbst bereit gewesen wären sich von Teilen ihrer Territorien zu trennen um eigene Territoriale Differenzen mit einem potentiellen Polen, einem potentiellen Litauen (Memel als Ostseezugang) oder einer potentiellen Ukraine (Problematik Ostgalizien mit Lemberg und Bukowina mit Tschernowitz) auszuräumen und dort Staaten zu schaffen/wieder zu beleben, für die man selbst zusammenarbeits- und ggf. bündnisfähig gewesen wäre.

Wenn Russland den ersten Schritt gemacht hätte, wäre es kein Präventivkrieg gewesen und über einen solchen spekulieren wir hier doch.
Naja, du spekulierst darüber. Ich schreibe seit mehreren Beiträgen entschieden darüber, warum dass eigentlich eine realitätsferne Schnapsidee ist, die einige Leute da hatten.
"Präventives" Losschlagen, hätte das eigene Bündnis mit Italien deaktiviert, ggf. Großbritannien aufgebracht und territorialziele hätte, so lange man nicht bereit war eigene Territorien abzugeben mehr geschadet als genutzt.

Das rationalste in der Situation war abzuwaren, ob Russland den ersten Schritt tun würde, und falls dass der Fall sein sollte, ihn abzuwehren und einen möglichst schnellen, milden Frieden anzustreben. Vielleicht kleinere Korrekturen im Grenzgebiet, Schleifen von Festungen, Rüstungsbeschränkungen aber nicht mehr.

Ja, nur statt der Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages hätte es in dem hypothetischen Szenario, das wir betrachten halt einen Krieg Deutschlands gegen Russland mit hunderttausenden Toten oder Verwundeten gegeben und egal ob der anschließende Frieden nun milde oder nicht gewesen wäre, wiegt so ein Krieg wohl ungleich schwerer als die Nichtverlängerung eines Vertrages.
Wiso Nichtverlängerung? Insofern der Rückversicherungsvertrag erst im Laufe dieser Kriese zwischen St. Petersburg und Bismarck ausgehandelt wurde, hätte es, wenn diese Verhandlungen unterblieben wären ja nichts gegeben, was man hätte verlängern können.

Natürlich hätte das erstmal die Beziehungen belastet, aber wenn man keine einschneidenden Territorialen Veränderungen vorgenommen hätte, gibt es keinen Grund, warum sich das nicht irgendwann wieder hätte normalisieren können.

Bis die Verhältnisse zwischen dem neuen Deutschen Kaiserreich und Österreich-Ungarn so weit ins Reine kamen, dass man wieder bereit war umfassend zusammen zu arbeiten und das Dreikaiserabkommen zu schließen, dauerte es nach dem Krieg von 1866/1867 auch 6 Jahre.

Es hat auch um ein anderes Beispiel für einen größeren, länger anhaltenden Krieg zu bemühen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte benötigt um dass Binnenverhältnis zwischen dem Norden und dem Süden in den USA nach dem Bürgerkrieg wieder einigermaßen versöhnlich zu gestalten.
Aber es war möglich.

Auch die Napoléonischen Krieg hatten hunderttausende bis Millionen an Menschenleben gefordert. Trotzdem war es möglich zwischen Frankreich und seinen Nachbarn danach einen Frieden herzustellen, der, was die deutschsprachigen Großmächte betrifft, 40 Jahre anhielt und mit dem Dauerrivalen Großbritannien am Ende mehr oder weniger dauerhaft war.

Kurzfristig belastete Beziehungen sind langfristig nicht das unbedingt der sichere Abgrund.
 
ch wäre jetzt nicht auf den Gedanken gekommen, dem Zaren und dem Großteil seiner Umgehung überhaupt eine deutschfeindliche Haltung zu unterstellen. Das war naturgemäß eher die Haltung. der Slowophilen.

Der Zar war Wachs in den Händen der Slawophilen. Er war sehr leicht beeinfluss- und manipulierbar. Und wenn ich mir so manche Äußerungen in den diplomatischen Akten ansehe, na dann weiß ich nicht so recht.......................
 
as hätte, wenn man eine großangelegte Balkan-Aktion gestartet, bei der man gleichzeitig Bosnien endgültig vom Osmanischen Reich getrennt und die Obrenovic-Dynastie in Serbien wieder eingesetzt hätte, dagegen gesprochen, die Herzegowina dem Kronland Dalmatien, damit der österreichischen Reichshälfte zuzuschlagen, den Nordwesten dem Kronland Kroatien und damit der ungarischen Reichshälfte und den serbischsprachigen Südosten an das Königkreich Serbien abzutreten, um die Akzeptanz der neuen-alten Dynastie und die Akzeptanz einer Orientierung an und eines Klientelverhältnisses gegenüber Wien zu erhöhen?

Wenn Serbien ein zuverlässiger Verbündeter gewesen wäre, Serbien nicht ständig die Integrität der Monarchie in Frage gestellt hätte und keie entsprechende Wühlarbeit geleistet hätte, nichts.

Hätte sich der Zar geweigert dem nachzugeben, wäre das vermutlich zumindest sein politisches Ende gewesen, die Spekulation, was danach gekommen wäre, dürfte müßig sein.

Immerhin wurde auch 1909 der Krieg gefordert, aber die Armee war noch nicht so weit und das hat man auch an entsprechender Stelle so gesehen. Ansonsten hätte es bereits zu jenem Zeitpunkt "gekracht". Und das alles aufgrund Iswolskis Versagen.

Wäre der Krieg dann verloren gegangen, wäre das kaum dem Zaren angelastet worden (i

Das ist spekulativ und Nikolaus war kein sonderlich begabter Herrscher.
 
Während der Ära Bismarck waren Frankreich und Russland keine zwei Mächte, die irgendwie am gleichen Strang zogen, das kam erst danach, als sich Deutschlands Regierung endgültig auf das mit Russland rivalisierende Österreich-Ungarn als Verbündeten festlegte.

Die Festlegung erfolgte bereits am 07.Oktober 1879.

Insofern dürfte die Frage, ob Holstein oder Waldersee Vorstellungen davon hatten, Russland irgendwas abzunehmen (zugegeben, ich weiß nicht, ob sie so etwas hatten) von nachrangiger Bedeutung sein, weil sie wenn sie solche Vorstellungen gehabt haben sollten technisch gesehen keine Chance hatten diese Ideen zu offizieller Politik zu machen, so lange der alte Wilhelm I. und Bimarck letztendlich das Sagen hatten, was Außenpolitik und Kriege betrifft.
Die hatten ganz sicher nicht vor dadurch Russland Territorialverluste beizubringen russischen Revanchismus zu provozieren und damit eine russisch-französische Allianz (denn die gab es damals ja noch nicht) wahrscheinlicher zu machen.

Die eine oder andere Grenzkorrektur hätte es sicherlich gegeben, schon um einen künftigen Angriff Russland besser parieren zu können. Das ist nicht eimal ein gewagte Spekulation.

Des Weiteren ging es bei dem angedachten Präventivkrieg ja in erster Linie darum, sich für eine bestimmte Zeit Ruhe und Sicherheit zu verschaffen. Russland hat die ganzen Jahre, gewissermaßen als latente Drohung, kontinuierlich während der Bismarckära und auch später seine Truppen an der Grenze zu Deutschland und auch Österreich verstärkt. Einen vernünftigen Grund, es sei denn man hegte keine freundlichen Absichten, ist nicht auffindbar. Die Eisenbahnlinien wurden ausgebaut, um den Aufmarsch zu beschleunigen. Kronstadt und Libau wurden ebenfalls ausgebaut usw.usw.

Ein schönes Beispiel dafür ist Serbien zwischen den Balkankriegen und dem 1. Weltkrieg. De facto hatte Serbien in den beiden Balkankriegen in Koalition mit anderen Balkan-Akteuren das Osmanische Reich und Bulgarien schlagen und dabei sein eigenes Territorium mehr oder weniger verdoppeln können.

Durch die Nichteinhaltung des Vertrages mit Bulgarien, das Serbien sich weigert, welches vertraglich Bulgarien zugesichert war, zu räumen. Und Rumänien wollte Beute machen. Anfangs genügt Silistra, dann wurden die Ansprüche größer, nach dem Bulgarien der Abtretung von Silistra zugestimmt hatte. Echter Anschauungsunterricht für Rom.
Trotzdem fingen die in Wien an wegen Serbien Panik zu schieben. Warum? Weil sie nicht auf die Machtpotentiale dieses für sich genommen eher mittelmäßigen Akteurs schauten, sondern auf sein Verhalten und die Entwicklung seiner Machtpotentiale und unterstellten, Serbien würde bei sich beitender Gelegenheit seine Expansionspolitik ungehemmt fortsetzen und ohnehin würde die Entwicklung das Gleichgewicht am Balkan zerstört haben und die Stabilität der südlichen Provinzen der K.u.K.-Monarchie gefährden.

Nicht zu vergessen, der große slawische Bruder in Petersburg, der sich dann Eintritt in das Mittelmeer verschafft hätte.
Man darf getrost sagen, das Serbien sich für einen Kleinstaat, nach dem Balkankriegen Mittelmacht, gegenüber der Großmacht Österreich-Ungarn provokativ und unverschämt benommen hatte. Damals spielte auch das Prestige eine erhebliche Rolle.

Das denke ich nicht. Und zwar mit der Begründung, dass ich unterstelle, dass was Großbritannien in diesem Fall beunruhigte nicht der Status Quo war, sondern der Trend des preußischen Machtzuwachses in den letzten anderthalb Jahrzehnten und die Unterstellung, dass der Erfolg der expansiven Politik Preußens und Deutschlands Regierung dazu ermutigen würde das was funktionierte fortzusetzen.

Nicht Preußen, sondern Deutschland. Was exakt meinst du mit "expansiven Politik" Deutschlands? Territorial konnte Deutschland Großbritannien wohl nicht annähernd das Wasser Reichen. Sagenhafte 33 Millionen Quadratkilometer umfasste das britische Weltreich; überall galt es "Interessen" zu verteidigen.
Mit der tatsächlich expansiven Politik der USA und auch Japans hatte London hingegen keine Probleme und vor allem auch nicht mit deren Flottenrüstung; die eben auch nicht ohne war.
Vergleichen wollte sich London nun auch nicht wirklich, lieber mit Paris und Petersburg den "nach Hegemonie strebenden" Deutschland in Schach halten. In London hatte man vollkommen falsche Vorstellungen von den deutschen Intentionen und mit Grey und Co.ließ sich da auch nichts verändern.
Eine Niederlage Russlands hätte das Zarenreich zwar geschwächt aber zum einen nur temporär, wenn das mit keinen weiteren großen Verschiebungen verbunden gewesen wäre und außerdem, wäre das London wahrscheinlich durchaus recht gewesen.

Das ist wenig realistisch. Der Sieger nahm damals grundsätzlich territoriale Korrekturen vor; bis auf Frankreich, welches für sich eine Sonderbehandlung wollte und nicht bekam, und deshalb auf Revanche sann. Ich glaube aber, das die Grenzberichtigung gering ausgefallen wäre denn noch mehr Polen, wollte man sicher nicht im Reich haben.
 
ch würde meinen, Bismarck hat sich für den Rückversicherungsvertrag entschieden, weil dass für den Moment die beste Möglichkeit war das revanchistische Frankreich weiterhin zu isolieren.

Es musste ein Ersatz für das DreiKaiserbündnis, welches über die Bulgarienkrise an dem Interessengegensätzen zwischen Österreich-Ungarn und dem Zarenreich zerbrochen war, her. Und trotz aller Zugeständnisse Deutschlands: Russland war nicht willens und bereit den Besitz von Elsass und Lothringen zu garantieren.
 
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