Rom, seine Küche und wer hat's schon selber ausprobiert?

Kannst Du mir auf Anhieb den Unterschied zwischen Garum und Oenogarum erkären?
@Secundus: Muss wohl mit Wein versetzt gewesen sein (gr. Oinos?) - in deiner Post las ich von Oenogarum zum ersten Mal, keine Ahnung.

@Ganz unten: Die "Ketchup" Analogie entstammt der Journaille und ist ihres Vergleichs beraubt, ursprünglich hieß es "Die Römer verwendeten Garum wie die Amerikaner Ketchup" - will sagen: überall, an allem. Deswegen Würstchen mit Fischsauce zu servieren ist eine (Geschmacks-)Verirrung.

Geschmacklich und anwendungsbezogen würde eine "Maggi" Analogie eher passen, aber die gute braune Flasche wird heute längst nicht mehr so vergnügt gezückt wie noch in den 70ern.
 
Eine interessante Maggivariante bietet Marmite, ich kenne das nur aus England. Ist eine dicke dunkle Paste im Glas.
100% vegetarian, Marmite ist ein "Yeast Extrakt". Darf hier zuhause bei mir nie ausgehen, sehr salzig zwar, aber sehr lecker auf warmen Toastbrot mit Butter und dann ein bisschen Marmite. Lässt auch Suppen oder andere Saucengerichte etwas natürlicher aufpeppen, wenn Jemand keine Glutamate u.Ä. verwenden möchte.

Zum Garum und Oenogarum usw. steht viel im Apiciusbüchlein das ich habe.
Secundus, wenn Du magst kann ich Dir darüber was abtippen, da gabs einige Varianten.
 
Wer sie noch nicht probiert hat, die globi (Mohnknödel aus Frischkäse und Weizengrieß) sind ein Gedicht. Ausgezeichnet und sehr unaufwendig war auch vitellina fricta (Kalbsbraten), wobei wir als liquamen-Ersatz Sardellen zu einer Paste im Mörser zerstoßen haben.
 
@Mummius Picius

Über Geschmack soll man nicht streiten.
Ich hab oft gelesen und gehört, daß die Römer bei ihrer Küche dem Leitbild folgten, Dinge so schmecken zu lassen, wie sie eigentlich nicht sind.
Das ist für den modernen Gaumen ungewohnt.
Als geschmackliche Verirrung sehe ich Lukaner Würstchen in Garum jedenfalls nicht. Wurst- und Saucengeschmack harmonierten. So merkwürdig die Vorstellung auch sein mag. Mag sein, daß es daran lag, daß jedenfalls dieses Garum weniger fischig als vielmehr salzig schmeckte. Und Salzgeschmack mit Fleisch für unvereinbar zu erklären, erscheint mir nicht schlüssig.

Mein Fazit bisheriger Versuche: die Küche ist sehr intensiv im Geschmack und überrascht mit ihren Variationen, die scheinbar nicht zusammen passen, dann aber doch ein harmonisches Gericht bieten.


p.s. wie stehst Du eigentlich zu Pizza Gyros oder Pizza Hawai?
 
Über Geschmack soll man nicht streiten.

Aber aber, wer wird denn streiten. Wir diskutieren ja nur. :winke:

"Würstchen mit Garum" ist eine Rekonstruktion, wie eine gute Bekannte von mir sagen würde; da es in der Antike Würstchen und Garum gab, ist es möglich und zu einem gewissen Grad sogar wahrscheinlich, dass sie zusammen serviert und gegessen wurden. So ähnlich können wir annehmen, dass Seneca sich mit den Ideen des Christentums auseinandersetzte; handfeste Beweise fehlen uns.

Was wir in den vielen Rezepten der Antike besitzen, ist - neben einer Handvoll einfacher Allerweltskost - vor allem bei Apicius haute cuisine, Rezepte also, die nicht zum Allgemeinwissen eines jeden von Kindesbeinen an gelernten Kochs gehörten. Dass sich hierin "besonderer Geschmack" manifestiert, ist klar - schließlich beklagen sich viele römische Autoren von Cicero bis Tacitus darüber, dass ihre Zeitgenossen Vermögen für aussergewöhnliche Gerichte oder deren Köche ausgeben.

Dass man durch Neukombination von Geschmäckern tolle neue Gechmackserlebnisse kreieren kann, ist wohlbekannt (eine schöne Thematisierung findet sich übrigens in "Ratatouille" von Disney/Pixar, das gerade im Kino läuft). Meinethalben kann man zu diesem Zweck auch Pizza Haselmaus oder Pizza Garum entwerfen - aus dem Vorhandensein von Teigfladen, Haselmaus und Garum auf deren Existenz und Authentizität zu schließen halte ich für unangebracht.
 
Mir ging es um die "geschmackliche Verirrung" und nicht um Existenz und Authentizität. Aber wenn Du darauf nicht eingehen willst, dann lassen wir es dabei bewenden. :)
 
In der 7. Klasse haben wir mal in der Schule römisch gekocht.
Unser Geschichtslehrer hatte ein Kochbuch, das er uns auslieh.
Zuerst wollten wir Flamingo probieren, aber unser Lehrer war von der Idee in den Duisburger Zoo zu gehen und einen zu schießen nicht so begeistert;)

Schließlich hat jeder ein Gericht vorgestellt und zubereitet, ich hatte gefüllte Datteln :rolleyes:
 
Mir ging es um die "geschmackliche Verirrung" und nicht um Existenz und Authentizität. Aber wenn Du darauf nicht eingehen willst, dann lassen wir es dabei bewenden. :)

Und mir geht es um Authentizität. Man kann nicht römische Zutaten wild durcheinander kombinieren und hinterher sagen: "Huch, die römische Küche ist aber intensiv" - ohne die überlieferten Leitfäden ist das "verirrt" im wahrsten Wortsinn.

In jedem besseren Museumsshop gibt es das Kochbüchlein von Junkelmann, das kann ich - auch wegen seiner Kommentare zu den Kochtests - nur empfehlen. Außerdem gibt es eine schöne Übersicht über die Bandbreite der römischen Küche, nicht nur die Apicius-Gerichte.
 
Und mir geht es um Authentizität. Man kann nicht römische Zutaten wild durcheinander kombinieren und hinterher sagen: "Huch, die römische Küche ist aber intensiv" - ohne die überlieferten Leitfäden ist das "verirrt" im wahrsten Wortsinn.

Historische Verirrung und geschmackliche Verirrung ist nicht dasselbe.
Mir aber zu unterstellen, ich hätte einmal in meinem Leben Wurst mit Garum gegessen und käme deshalb zu meinem Fazit, ist doch sehr billig.
Meinen Glückwunsch zu der Ferndiagnose. :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Kommt drauf an, wie die Sauce schmeckt.
Bei einer fischigen Note käme sie in der Tat nicht für Fleisch in Frage.
Schmeckt sie dagegen lediglich salzig, paßt dies sehr gut zu Fleisch.
 
Historische Verirrung und geschmackliche Verirrung ist nicht dasselbe.
Mir aber zu unterstellen, ich hätte einmal in meinem Leben Wurst mit Garum gegessen und käme deshalb zu meinem Fazit, ist doch sehr billig.
Meinen Glückwunsch zu der Ferndiagnose. :D

Sei mal etwas vorsichtig mit dem, was du da behauptest. Jemandem eine billige Unterstellung zu unterstellen ist nicht gerade die feine römische Art - da kannst du noch so viele :D anhängen.

:motz:
 
Bin fündig geworden zu den verschiedenen Sorten von Fischsauce:
Hydrogarum war mit Wasser angereichert,
Oleogarum mit Öl,
Oenogarum mit Wein (Du warst auf der richtigen Fährte),
Oxygarum mit Essig.

Aus dem Bodensatz, der bei der Herstellung anfiel, wurde noch ein Billigprodukt namens Allec gemacht.
 
Mit Abwandlungen

Rezepte von Apicius hatte ich mal im Internet gefunden und mir daraus "Lukanische Bouletten" ausgesucht. Ein Wort zum Ergebnis: diese Bouletten schmecken sehr ähnlich wie "Mititei" in Rumänien. Kein Wunder, denn die Rumänen haben ja auch eine römische Tradition und ich schätze mal, dass dieses Rezept in Rumänien seit langem bekannt ist.

Nur zwei Dinge habe ich geändert. Den Liquamen habe ich durch eine vietnamesische Fischsoße ersetzt. (War übrigens ein Tipp, der im Netz so drinstand). Fragt mich bitte nicht nach dem Namen, denn auf Vietnamesisch hat die Soße einen endlos langen Namen, den ich mir nie merken kann. Im Asia-Shop erkenne ich Vietnamesisch an den Sonderzeichen und auf dem Etikett ist ein Fisch abgebildet.

Zur Raute: die habe ich ganz weggelassen, denn in dem Beitrag stand auch, dass es im römischen Reich einmal eine wildwachsende Raute gab, die durch übermässigen Gebrauch ausgestorben ist. Die heutige Raute gilt als zweifelhaft.

Dagegen hat mir Apicius, bzw. der freundliche Übersetzer, die Augen geöffnet. In Rumänien wurde behauptet, dass "Mititei" eine geheime Würzmischung enthalten. Das ganze Geheimnis heißt Bohnenkraut. Das wussten schon die alten Römer und bei uns ist nur der Name irreführend. Man denkt vielleicht, das Kraut sei gut für Bohnen. Im alten Rom wurde Bohnenkraut für alles und jedes verwendet.
 
Den Liquamen habe ich durch eine vietnamesische Fischsoße ersetzt. (War übrigens ein Tipp, der im Netz so drinstand). Fragt mich bitte nicht nach dem Namen, denn auf Vietnamesisch hat die Soße einen endlos langen Namen, den ich mir nie merken kann. Im Asia-Shop erkenne ich Vietnamesisch an den Sonderzeichen und auf dem Etikett ist ein Fisch abgebildet.

Der endlos lange Name lautet:

Nuoc Mam

(Die Sonderzeichen habe ich weggelassen.)
 
Kumpels haben mir aus Tailand Tra Chang Brand Fishsauce mitgebracht. Istaus Anchovis und 2 Jahre gealtert. Soll angeblich eine der besten sein. Werde es mal als Liquamenersatz ausprobieren, wenn ich ein mir schmackhaft erscheinendes römisches Gericht gefunden habe :)
 
Schon klar

Der endlos lange Name lautet:

Nuoc Mam

(Die Sonderzeichen habe ich weggelassen.)

Dann sage ich, wie das gekommen ist. Auf "Nuoc Mam" folgten noch mehrere Worte in gleicher Schriftgröße und Vietnamesisch zählt leider nicht zu meinen Sprachkenntnissen. Deshalb wusste ich nicht, wo der Name aufhört. Dabei kenne ich ähnliches von europäischen Etiketten: Produkt - Hersteller - Adresse... (Ich muss nicht weiter ins Detail gehen).

Jedenfalls wissen wir jetzt, wie das Produkt heißt.
 
Beim gepflegten Essen und gepflegter Konversation brachte ich kürzlich das Thema auf, ob denn bereits in der Römerzeit Pastagerichte auf die mensa romana gekommen sind.

Einer meinte, dass erst durch Marco Polo die Kenntnis von Pastagerichte aus China gekommen ist. Andererseits schien es mir ein wenig merkwürdig, da die Grundzutaten für Pasta (Wasser und Mehl) auch im Westen vorhanden waren. Da ich selbst mir (!) die Herstellung von Pasta auch zutrauen würde, wäre es verwunderlich, dass man erst auf Marco Polo hätte warten müssen.

(Auf die Tomatensauce hätte man allerdings auch zu Marco Polos Zeiten noch verzichten müssen, Tomaten kamen erst mit Kolumbus aus Amerika. Vielleicht hätte man stattdessen Garum benutzt.)

In der Nachschau habe ich tatsächlich gefunden, dass Pasta bereits vor Marco Polo in Europa bekannt waren.

Pasta - Wikipedia, the free encyclopedia

Danach gab es bereits in der Antike Laganum, eine Art Teigscheibe, die möglicherweise eine frühe Version der Lasagne darstellt.

Leider ohne Nennung von Quellen wird unter Planet Wissen - Nudeln vermutet, dass bereits den Etruskern die Herstellung von Pasta bekannt war:

Historiker gehen heute aber davon aus, dass die Geschichte der Pasta in Italien wohl schon vor Marco Polo begann. So gibt es Grund zur Annahme, dass die beliebten Teigwaren bereits vor den Römern auf der Speiseliste der Etrusker standen. Auf einer etruskischen Grabstele fand sich die Darstellung eines Teigrädchens, die den Schluss zulässt, dass die Teigbearbeitung zu etruskischen Zeiten, im 4. Jahrhundert vor Christus, bereits bekannt war.

Unter Geschichte der Nudeln und Pasta werden auch Cicero und Horaz herangezogen, natürlich ohne Quellenangabe:motz::

Die römischen Dichter Cicero und Horaz berichteten von »Lagoni, dünnen aus Wasser und Mehl zubereiteten Teigstreifen.

Bedauerlicherweise konnte ich diese Stellen bei Cicero und Horaz nicht finden. Auch "Lagoni" tauchen nicht in meinem Wörterbuch auf.
 
Nicht "Lagoni", sondern "laganum", ein aus dem Griechischen (λάγανον) übernommenes Wort. Horaz verwendet es in seiner 6. Satire (Vers 115). Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass es eher ein "Arme-Leute-Essen" war, da Horaz an dieser Stelle die Einfachheit seiner Mahlzeiten zuhause betont. Die Stelle lautet: "inde domum me ad porri et ciceris refero laganique catinum", also "darauf schleppe ich mich nach Hause zurück zu einer Schüssel Lauch, Kichererbsen und laganum".
Normalerweise scheint es sich dabei um eine Art in Öl gebackenen Eierkuchen gehandelt zu haben.

Dass damit tatsächlich auch eine Art Lasagne gemacht wurde, sieht man an dem dem Apicius zugeschriebenen Kochbuch ("De re coquinaria"), wo im 14. Rezept des 4. Buches eine Art Lasagne beschrieben wird, jedenfalls werden mehrere Schichten lagana und Fleisch übereinander gelegt.
 
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