Rom, seine Küche und wer hat's schon selber ausprobiert?

Mulsum kann man in der villa rustica in Hechingen/Stein in 0,1 Gläsern trinken - macht Spaß :yes: freilich lohnt sich insgesamt ein besuch der Villa
Im Limesmuseum Aalen kann man Mulsum auch in Flaschen (mit Henkeln wie bei Amphoren) kaufen.

Noch ein Buchtipp:
"Was Caesar am liebsten speiste" - Schlemmen wie im alten Rom
von H. Jürgen Fahrenkamp
(falls es schon jemand erwähnt hat - sorry, ich hab es beim schnellen "überblättern" im Thread nicht gefunden.)
 
Jetzt habe ich interessehalber mal auf meiner letzten asiatischen Fischsauce nach den Incis geguckt. Da steht: 77% Anchovis, der Rest ist Salz und Zucker.
Mit dünn meinte ich nicht nur eine klare, dünne Flüssigkeit sondern auch das geschmacklich dünne. Persönlich dachte ich halt, dass Garum geschmacksintensiver gewesen sein muss, warum ich das dachte weiss ich auch nicht. Ich dachte, es schmeckt bestimmt fischiger als die Fischsaucen die ich so kenne.
Wenn Garum ähnlich oder sogar sehr ähnlich den jetzigen Fischsaucen sein könnte, dann ist mir das auch recht.
Da hatte ich dann die falsche Vorstellung.

Nochwas zu den Museen und den angebotenen Köstlichkeiten, oder nicht.
Mein schlimmstes Römer-Essen hatte ich in Kalkriese 2009. Bevor ich umgezogen bin, wollte ich noch einmal nach Kalkriese, sah mir das an, bin viel spazieren gegangen, sah mich um und dann hat man halt irgendwann Lust sich hinzusetzen, ein kaltes Weizen zu trinken – ja, nix mit Römern – aber wenigstens ein bisschen römisch zu essen, wie da stand.
Das Moretum war zum Davonlaufen, dazu gab es eine knautschige Körnersemmel, auch angeblich römisch. Das Moretum schmeckte eher nach einer dilllastigen Remouladensauce.
Ich habe ja nichts gegen Experimente. Gerade mit dem Moretum habe ich auch schon Einiges angestellt, Pecorino so genommen, Schafskäse genommen, Ziegenkäse, Schafs-Ziegenkäse gemischt, die Kräuter etwas verändert und die Knoblauchmenge reduziert oder erhöht usw... Aber auf die Idee einer mayonnaiseähnlichen Grundsubstanz zu kommen, kam ich nicht und will ich eigentlich auch gar nicht kommen.

Vor nicht ganz zwei Jahren war ich wieder mal auf der Saalburg und hatte da den Eindruck, dass sie sich da schon ein bisschen mehr in die ursprünglichen Rezepte reinknieen. War da einmal essen und fand dort auf jeden Fall das Moretum um Längen besser, das Brot übrigens auch.
 
Ja das stimmt Garum bzw. diese asiatische Fischsossen schmecken eher salzig, und im Prinzip genau so sollte man sie auch ansehen als eine Alternative zu Salz. Denn wenn man schaut überall in den römischen Rezepten wo man normalerweise Salz nehmen würde, steht Garum.

Stimmt die Sachen auf der Saalburg schmecken recht gut!
Obwohl der eigentliche Spaß bei den römischen Speisen ist, sie selber zu machen.
 
es gibt die experimentelle Archäologie
es gibt das Reenactment

...ich schäme mich, es zu gestehen... (kleinlaut) daheeme in der Küche rumpfuschen, um was garumähnliches zu kreieren...

mein (vorläufiges) Rezept für garumähnliche Matschwürzpampe:
- etwas Olivenöl in eine kleine beschichtete Pfanne
- 4-5 Knoblauchzehen
- 1-2 Zwiebeln
- 4 Minifläschchen in Salzlake eingelegte Sardellenfilets
- etwas Schmand
- etwas ((horribile dictu: die Römer kannten´s nicht)) Tomatenmark
(- Worcestersauce)

Knoblauch und Zwiebeln so fein wie möglich hacken, im Olivenöl schmoren, dann die gewaschenen Sardellen dazu und so lange brutzeln, bis sich die Sardellen gänzlich aufgelöst haben; etwas Schmand und Tomatenmark einrühren, pfeffern, ggf. noch bissel Worcestersauce
abkühlen lassen

dieser Matsch, den man zum würzen verwenden kann, wäre meine Sorte Garumersatz - schmeckt erstaunlich würzig (wer Sardellen mag, dem wird auch das schmecken)
 
Kein Grund zur Scham!

es gibt die experimentelle Archäologie
es gibt das Reenactment

...ich schäme mich, es zu gestehen... (kleinlaut) daheeme in der Küche rumpfuschen, um was garumähnliches zu kreieren...
[...]
dieser Matsch, den man zum würzen verwenden kann, wäre meine Sorte Garumersatz - schmeckt erstaunlich würzig (wer Sardellen mag, dem wird auch das schmecken)

Da ich Sardellen mag liest sich Dein "in der Küche rumpfuschen" sehr vorstellbar gaumenerfreuend. Auf jeden Fall dürfte Dein "Matsch" viel handhabbarer sein als sich ohne Pfusch der privaten Garum-Herstellung zu nähern.
Die Autorin des Kochbuchs in dem von Carolus verlinkten Artikel sieht auch davon ab Fermentierungsprozesse auf der eigenen Fensterbank zu starten, wie das wohl ihr bekannte Zeitgenossen wagen. Ich schätze die Sozialverträglichkeit solcher Experimente für extrem bescheiden ein, wenn man nicht über eine abgelegene Wohnlage und extrem tolerante Mitbewohner verfügt.

Ich kann mich noch gut an meine erste und einzige Begegnung mit einer ungewohnt gewölbten Konserve aus Schweden (Sürströmming*) im Rahmen eines geselligen Picknicks erinnern. Der Strahl der Brühe der beim Öffnen aus dieser unter Gärungsdruck stehenden Konserve geschossen kam hatte ja noch etwas lustiges. Was allerdings gleich danach eintrat war weitaus weniger erfreulich. Selbst die hartgesottensten Nasen und Gaumen in der Picknickgesellschaft gaben alsbald auf, bei allen Göttern, was für ein Gestank! Wie man solcher Art vergorenen Hering (quasi Garum halber Reifung) zu sich nehmen kann blieb allen Anwesenden schleierhaft.
Noch beeindruckender war in welch kurzer Zeit der Platz von Fliegen aller Art nur so wimmelte, nicht nur dort wohin die Brühe gespritzt war - keine halbe Stunde nach dem Öffnen der Konserve wurden die Picknickdecken eingerollt und der Ort fluchtartig verlassen.

Was im alten Rom als Garum in all seinen Abwandlungen auf die Märkte kam hat sich sicher gut zum Würzen geeignet, für jene die sich der Herstellung des Garum widmen durften muss das aber eine sehr herausfordernde Sache gewesen sein.

Darum dekumatland, allemal mein alltagsverträgliches pro Pfusch und Matsch! :yes:

Gibt es nicht ein chinesisches (?) Sprichwort das sinngemäß in etwa lautet:
"Willst du jemand einen Fisch schenken, schenk ihm eine Angel." ;)

* https://de.m.wikipedia.org/wiki/Surströmming
 
Wir kochen regelmäßig römisch (bzw. bereiten zu):
- Moretum
- Conditum paradoxum (Mulsum)
- Panis militaris (mit Dinkelmehl)
- Puls (allerdings mit Haferflocken statt geschrotetem Dinkel)

Zu besonderen Anlässen (z.B. Saturnalien) außerdem:
- Lucanicae (lukanische Würste in Naturdarm)
- Libum (Opferbrot)
- Pullum numidicum (Numidisches Huhn)
- Porcellum coriandratum (Ferkel mit Koriandersauce)
- Fabaciae virides (Grüne Bohnen gebraten)
- Ova elixa (gefüllte Eier)
- Pisum vitellianam (Erbsen ala Vitellius)

Als Garumersatz nehmen wir die asiatischen Fischsaucen. Ansonsten verwenden wir ausschließlich traditionelle Gewürze und Zutaten, die auch schon die Römer kannten. Am schwierigsten war es, an Weinraute heranzukommen, bis uns bei einer Veranstaltung vor ein paar Jahren ein Stammbesucher einen kleinen Ableger mitgebracht hatte. Dieser ist im Garten inzwischen zu einem stattlichen Busch herangewachsen.
 
Am schwierigsten war es, an Weinraute heranzukommen, bis uns bei einer Veranstaltung vor ein paar Jahren ein Stammbesucher einen kleinen Ableger mitgebracht hatte. Dieser ist im Garten inzwischen zu einem stattlichen Busch herangewachsen.
Und wie mundet Dir die Würze von dem stattlichen Busch? Selbst verkosten konnte ich Weinraute bislang noch nicht, mir sind lediglich Anregungen begegnet, diese je nach Rezept durch Zitronenmelisse, Basilikum, Petersilie oder Rosmarin und durch Mischungen derselben zu ersetzen.
 
Und wie mundet Dir die Würze von dem stattlichen Busch?
Ich finde, es ist ein sehr angenehmer würziger, frischer, leicht süßlicher Geschmack. Ich verstehe gar nicht, dass die Weinraute in der heutigen Küche keine Rolle mehr spielt, zumal sie sehr genügsam ist und an einem halbwegs geeigneten Standort sprießt wie Unkraut.
 
Wahrscheinlich weil sie phototoxisch ist.
Die phototoxischen Stoffe befinden sich auf der Blattoberfläche. Wenn man beim Ernten Handschuhe benutzt (ist eigentlich eine Grundregel beim Gärtnern) besteht keine Gefahr. Und vor der Weiterverarbeitung und dem Verzehr sollte man sowieso alle frischen Nahrungsmittel erst einmal gründlich abwaschen.
 
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