Sachsen-die Schwertsöhne

Horst schrieb:
Diese Ansicht ist überholt. Sachsen gilt heute nicht mehr als ein unterentwickeltes Land, dem erst die Franken die "Zivilisation" bescherten.
Mehr als ein Anspruch kann es nicht gewesen sein, da in der überhöhenden Darstellung Pippins des Mittleren, der die Bekehrungsarbeit förderte, in den Metzer Jahrbüchern die Stämme der Friesen und Sachsen genannt werden. Suitbert hatte wie viele seiner Landsleute die Erfahrung machen müssen, daß die Bekehrungsarbeit vor allem von der Macht der Franken abhängig war. Vor den Angriffen der Sachsen mußte Suitbert aus dem Bruktererland, das nunmehr unter sächsische Herrschaft geriet, wieder zurückweichen. Pippin der Kurze beherrschte nur einen kleinen Teil Frieslands, der nach seinem Tod wieder verloren ging. Nach Sachsen unternahm er, wie die Merowinger, nur Feldzüge, ohne eine tatsächliche Herrschaft in Sachsen auszuüben.
Es gab auch eine Verbindung zwischen Radbods Tochter und dem Hausmaier Grimoald, deshalb wurde weder der eine noch der andere tatsächlich zum Gefolgsmann.
Der Standort der Irminsul konnte bis heute auch nicht festgelegt werden, daraus schließt aber niemand, sie habe es nicht gegeben.
Liafwin wurde von Gregor von Utrecht nach Sachsen geschickt.
Das kann aus der Quelle nicht geschlossen werden; es handelte sich naheliegend um Volksvertreter, da es in Marklo um Rechtstreitigkeiten, Gesetze und Vorhaben ging, die alle Sachsen betrafen.
Die Irminsul ist eine Erfindung von Rudolf von Fulda und das was Lebuin berichtet haben soll, ist von dem Poeten Hucbald erst aufs Papier gebracht worden.
 
Horst schrieb:
Die Orte der Franken sind zumeist durch das Wegeverzeichnis der fränkischen Könige oder durch aufgezeichnete Rechtsstreitigkeiten bekannt. In Sachsen hat es diese Aufzeichnungen nicht gegeben. Die Irminsul wurde nur bekannt, weil Karl der Große sie zerstörte.

Danach wäre der Großteil des ostrheinischen Gebietes bis ins späte 8. Jh. frei von fränkischer Oberhoheit, da die ältesten Orte, sogar in Mainfranken und Zentralthüringen erst im 8. Jh. erwähnt werden. Das kann also kein Argument sein. Gerade die ersten Erwähnungen dieser Orte deuten auf Schenkungen von Königsgut an die Reichsabteien Fulda und Hersfeld hin.

Die Irminsul wurde nur bekannt, weil Rudolf von Fulda diese erwähnt. Damit ist nicht nachgewiesen, ob sie wirklich existiert hat und ob Karl der Große etwas damit zu tun hatte. Rudolf von Fulda leitet z.B. die Herkunft der Sachsen von Alexander dem Großen und Griechenland ab. Überhaupt ist sein ganzes Werk sehr ungeordnet von ständig zusammenhangslosen Einschüben gekennzeichnet.
 
1) Ich bin aufgrund des Tributes immer von einer Teilnahme von Sachsen (nicht der Sachsen) am Thüringerfeldzug der Franken ausgegangen. Allerdings habe ich mich der Meinung Springers angeschlossen, daß diese Sage erst in der Zeit entstanden ist als die Liudolfinger ihren Machtanspruch auf Thüringen manifestieren wollten. Wenn nun zur Pippinidenzeit diese Gebiete den Sachsen zugerechnet werden, muß man sich fragen warum. Eine Eroberung dieser Gebiete durch "die Sachsen" wäre möglich. Die Frage ist halt nur ob es "die Sachsen" überhaupt gegeben hat. Etwas vergleichbares gibt es bei den Alamannen. Die gens der Alamannen bestand als Einheit erst nach der Eroberung durch die Franken. Was war vorher? Gab es vorher auch schon die gens der Alamannen oder wurden verschiedene gentes nur als Alamannen angesprochen? Ich halte letzteres für richtig. Wir haben in der Geschichte mehrere gentes, die als saxones bezeichnet werden. Warnen, Angeln, Jüten, Ambronen, "Quaden" usw. Das heißt von der Atlantikküste bis zur Ostsee gab es eine Reihe von gentes die als Sachsen bezeichnet wurden, aber weder ethnisch noch politisch eine Einheit bildeten. Somit sind die Sachsen in Altsachsen ein Konglomerat unterschiedlicher Ethnien.

2)Nun stellt sich die Frage, hatten sie eine gemeinsame politische Führung? Das könnte die Volksversammlung gewesen sein. Doch wie wahrscheinlich ist das. Wer waren die Gaufürsten, satrapae? Es heißt die Volksversammlung wählt die Gaufürsten. Wie soll sowas gehen? Die Gaufürsten herrschten aus eigener Machtfülle, sie waren eher reges oder reguli. Als einzige Möglichkeit könnte man annehmen, daß bei Herrschaftsnachfolge oder- wechsel die anderen Gaufürsten diese anerkannten. Das führt weiter zu den je 12 Vertretern der Stände. Springer gibt es hier völlig richtig wieder. Diese Zahl war eine Begrenzung. Es gab keine sächsische Deputierten - oder Ständekammer. Wie soll das gehen. Ein Lite oder Freier ist in der Klientel eines Gaufürsten oder Edlen und in der Versammlung stimmt er so wie seine Wähler oder sein Stand das wollen? Am Besten noch gegen seinen Herren! Völliger Blödsinn! Wenn es eine solche Volksversammlung gab, dann sollte lediglich verhindert werden, daß ein Gaufürst mit 1.000 Gefolgsleuten Gaufürsten mit nur 200 Gefolgsleuten vorschreiben kann, was diese zu tun haben. Ein Beispiel bietet Cäsar, B.G. im Fall des Orgetorix. Wie gesagt, Springer hält eine Volksversammlung für unwahrscheinlich oder falsch. Mir erscheint es durchaus möglich, daß eine solche Versammlung bestand, in der die wichtigsten Entscheidungen geregelt wurden. allerdings ist die Bezeichnung Volksversammlung unvorteilhaft gewählt, da nicht Teile eines Volkes sich versammelten, sondern die Fürsten benachbarter "sächsischer" Kleinreiche ihre Angelegenheiten dort regelten.

3) Es ist in der Tat richtig, daß "Sachsen" im 8. Jhd vom Frankenreich politisch unabhängig war. Die Merowinger und ihre Hausmeier waren zu schwach, um ihren Herrschaftsanspruch auf das südliche Sachsen aufrecht zu erhalten. Damit war die Herrschaft der Merowinger de facto beendet, aber nicht de iure. Es fällt bei den Kriegszügen der Franken auf, daß sie gerade die südlichen Teile betreffen. Der Norden, vermutlich niemals den Merowingern unterthan, folgte erst später. Das beweist meiner Ansicht nach, daß die frühen Sachsenkriege gegen "abtrünnige" Kleinreiche geführt wurden. Erst unter Karl eskalierte dann dieser Konflikt.

4) Insofern könnte die "Volksversammlung" eine Notwendigkeit der sächsischen Fürsten gewesen sein als Zweckbündnis gegen die Fraken und ihren Einfluß. Damit wäre diese "Volksversammlung" aber nicht althergebracht, sondern wäre irgendwann im späten 7. oder im 8. Jhd entstanden.

5) Es gab nicht die Irminsul. Es gab Irminsulen. Von daher fiel ihre Identifikation sowieso recht schwer.
 
Glaubst du nicht, beorna, dass es eine solche Volksversammlung in den Anfängen gegeben haben muss? Etwa um Christi Geburt muss der Anteil an Freien doch beträchtlich gewesen sein, und ich vermute, dass ihre Stellung gegenüber dem Stammesadel erheblich stärker war, als in späterer Zeit. Liegt es da nicht nahe, in dieser Phase noch eine intakte und vor allem althergebrachte Volksversammlung zu vermuten?
 
Von welcher Volksversammlung sprechen wir jetzt? Von einer germanischen Volksversammlung bzw. einer taciteischen oder von der sogenannten Volksversammlung der Sachsen?
Ich gebe dir Recht, daß in einer noch nicht so stark differenzierten Gesellschaft eine Volksversammlung durchaus stattgefunden hat. Doch wie dürfen wir sie uns vorstellen. Wir müssen bedenken, daß wer völlig frei war auch allein war. Es gab die Gefolgschaften, auf denen die Gesellschaft beruhte. Innerhalb der Gefolgschaften mag ein gewisser Meinungsaustausch zwischen Gefolgschaftsherr und älteren, namhaften Gefolgsleuten stattgefunden haben, es ist jedoch undenkbar, daß ein Gefolgsmann auf einer Volksversammlung seinem Gefolgschaftsherren entgegentrat. Somit werden auch zu Tacitus Zeiten die eigentlich handelnden Personen die Gefolgschaftsführer gewesen sein. Allerdings besteht die Möglichkeit, daß bei kleineren Gefolgschaften, die Anzahl dieser Führer in taciteischer Zeit größer war.

Auf der sächsischen Volksversammlung trafen sich nach den mehr oder weniger zeitgenössischen Aussagen die satrapae, Gaufürsten. Sie sind hier die politisch aktiven Personen. Es ist jedoch nicht bekannt was der Begriff pagi meint, sind es die Gau, die aus der Zeit um 1000 bekannt sind oder die sogenannten Heerschaften/Herrschaften oder noch etwas anderes? Somit können wir nicht mal ihre Zahl angeben. Wenn aus jedem Gau je 12 kamen, was haben wir dann dabei zu verstehen? Nehmen wir die 12 Edlen. Wieviel edle Geschlechter/Sippen gab es in einem pagi? Eine oder mehrere? Konnte es sein, daß zwei konkurrierende Sippen aus einem pagi auf der Volksversammlung auftraten? In welchem verhältnis? Ich halte das für undenkbar. Der Gaufürst, Satrap oder Gaukönig, wie immer wir ihn nennen möchten, kam mit seiner Gefolgschaft. Diese bestand aus 12 edlen Gefolgsleuten, 12 "freien" Gefolgsleuten und 12 Liten. Wenn überhaupt, dann hatten die Edlen noch irgendeinen Einfluß, sonst waren wie gesagt die satrapae diejenigen, die handelten. Wie dem auch sei, hinzu kommt, daß nachdem somit eine Volksversammlung im eigentlichen Sinne nicht vorhanden war, wir nicht mehr von einer "staatlichen" Einheit der Sachsen ausgehen können. Somit fällt eine sächsische Volksversammlung in einem dem taciteischen Modell entsprechendem Sinne sowieso aus.
 
Strupanice schrieb:
Nicht die schlechte Kommunikation ist die Ursache, sondern, daß sämtliche Berichte über die Versammlung in Marklo ein Produkt von Erzählung, Dichtung und Volkssage sind, nicht von historischer Berichterstattung.

Es ist aber auch ein Argument, dass Springer nennt. Für mich ist dabei vor allem wichtig, dass das Sachsengebiet damals noch dezentral organisiert war und noch überhaupt nicht verwaltungsmäßig erschlossen, so dass ich es schlichtweg für schwierig halte, ein solches jährliches Treffen inklusive der Wahlen der Vertreter zu veranstalten. Meines Wissens gibt es über Marklo sogar nur einen Bericht, allerdings kenne ich die Schriften von Widukind noch nicht so gut und weiß nicht, ob er es nicht erwähnt.

Die Irminsul wurde nur bekannt, weil Rudolf von Fulda diese erwähnt.

Ich denke, sie könnte vielleicht tatsächlich existiert haben, halte aber wie auch bei der Donar-Eiche von Geismar die Bedeutung der Irminsul für überschätzt. Man kann davon ausgehen, dass es sich dabei um eines der zahlreichen germanischen Naturheiligtümer handelte (übereinstimmend berichten mehrere verlässliche Quellen wie das "Concilium germaniae", dass die Germanen an Quellen und Bäumen opferten) und lediglich die Bedeutung durch den Schreiber überhöht wurde, genau wie bei der Fällung der Eiche von Bonifatius. Mitnichten muss die Irminsul ein Zentralheiligtum gewesen sein, wie es häufig behauptet wird.

Allerdings habe ich mich der Meinung Springers angeschlossen, daß diese Sage erst in der Zeit entstanden ist als die Liudolfinger ihren Machtanspruch auf Thüringen manifestieren wollten.

Hier ist doch zu trennen zwischen der Teilnahme von Sachsen am Thüringer-Feldzug 531 und dem Aufstand unter Chlotachar 556. Letzteren bestreitet Springer glaube ich nicht.

Die Frage ist halt nur ob es "die Sachsen" überhaupt gegeben hat

Es ist schwierig, zu definieren, was Sachsen sind - so würde ich mal sagen. Zeitnahe Quellen zeigen schon, dass es irgendeinen Unterschied gegeben haben muss, sprechen von Orten, in denen Sachsen und Franken wohnen, von der Grenze zu den Sachsen etc.

Nun stellt sich die Frage, hatten sie eine gemeinsame politische Führung?

Ich denke, dass die unterschiedlichen sächsischen Herrschaften erst vor oder während der Sachsenkriege Karls des Großen eng zusammenarbeiteten. Die Zweifel Springers an der Stammesversammlung teile ich in diesem Fall.

Damit wäre diese "Volksversammlung" aber nicht althergebracht, sondern wäre irgendwann im späten 7. oder im 8. Jhd entstanden.

Wäre eine Möglichkeit; allerdings soll der Autor des Lebuin sich ja an Beda Venerabilis orientiert haben, der wiederum die Zeit um 700 beschreibt.

Glaubst du nicht, beorna, dass es eine solche Volksversammlung in den Anfängen gegeben haben muss?

Meine Meinung dazu: also ich finde, dass die Gebiete einzelner identifizierbarer Stämme doch häufig recht kleinräumig erscheinen - selbst bei so prominenten Völkern wie den Cheruskern oder Chatten. Gleichzeitig scheinen die Germanen rechts des Rheins zum Teil noch bis ins Frühmittelalter in subsidiären Gemeinschaften gelebt zu haben, die womöglich kaum einer übergeordneten Lenkung bedurften. allerdings gehen mehrere Autoren auf die sog. Jungmannschaften ein, Krieger der einzelnen Stämme, die sich jährlich sammelten und dann auf Plünderungszüge gingen oder sich auch als Söldner verdingten. Steuer sieht in solchen Jungmannschaften mit Mitgliedern verschiedener Stämme die Ursprünge der Alemannen an. Wenn man diese Idee weitergeht, war es möglicherweise so, dass sich hier die Beziehungen entwickelten, aus denen später der frühe Adel und die Führungsstrukturen entstanden.
 
Horst schrieb:
Marklo war offenbar keine sächsische Siedlung, sondern ein Versammlungsort (heiliger Hain), der seine Bedeutung mit dem Zerfall der heidnischen sächsischen Gesellschaft in der Zeit Karls des Großen verloren hatte.
Da stimme ich zu. Wenn es Marklo gegeben hat, dann wird es sich bestimmt nicht um eine größere Siedlung gehandelt haben (Städte gab es in dem Gebiet noch nicht). Für diesen Ort wäre z.B. ein Hain oder eine Wallanlage geeignet gewesen, die über gute Verkehrsverbindungen (an einem Helweg) und über eine Versorgung (z.B. mit Wasser) verfügte. Solche Orte konnten sich auch an Stellen befinden, die nicht für spätere bedeutende Siedlungen geeignet waren.
Ganz so den Ort Marklo in das Reich der Phantasie zu stellen, das halte ich für falsch.
Wer hat über diese Begebenheiten in Germanien und denfrühern Mittelalter berichtet? Es waren anfangs die römischen und griechischen bzw. später die christlichen Geschichtsschreiber. Somit eine indirekte Berichterstattung. Heidnische Quellen hat es nicht gegeben, da die heidnischen Germanen keine schriftliche Geschichtsschreibung in dem Gebiet kannten.
Somit bin ich auch vorsichtig, wenn ein Name nur einmal erwähnt wird, d.h. nicht, das es diesen Ort auch nicht wirklich gab.

Wer waren die Sachsen?......Laut Dr.Springer wurde der lat. Name "saxones" erstmals von Ptolemäus erwähnt. Ursprünglich bezeichneten Griechen und Römer mit diesen Namen Menschen, die mit Schiffen kommend ein Land angreifen.
Germanische Stämme nördlich der Elbe und im heutigen westlichen Schleswig-Holstein wurden als saxones bezeichnet.
Der Begriff "antiqui saxones" (=Altsachsen) wurde erstmals in England verwendet.
Wer waren aber jetzt die Festland-Sachsen? Anscheinend haben mehrere germanische Stämme sich zu größeren Bündnissen zusammengeschlossen. Höchstwahrscheinlich aufgrund von Erfahrungen mit den Römern. Jetzt brauchte sich nicht mehr jeder einzelne Stamm zu verteidigen bzw. einen Feldzug zu unternehmen, sondern jetzt hatte man bestimmte Zusammenschlüsse, die eine große Streitmacht ermöglichten. Diese Vorgehensweise kann auf größeren Versammlungen (thing) beschlossen worden sein.
Diese Entwicklung, die im 3.Jh.n.Chr. begonnen haben kann, führte zu den großen "Stämmen" Franken, Sachsen, Alemannen, Thüringer.....
Wie schon erwähnt gibt es aber keine schriftlichen Quellen aus dieser Zeit.
Bei den sogenannten Sachsen (Festland) muß noch die Abneigung an ein Königtum vorgeherrscht haben. Deren Kontakt mit der römischen Welt hatte nicht die Auswirkungen wie z.B. bei den Franken, die sich eher anpaßten.
Ob sich die Sachsen selbst auch als Sachsen bezeichneten, daß ist ebenfalls zweifelhaft (man bedenke die Bezeichnungen Indianer und Eskimo). Sie können noch ihre alten Stammesbezeichnungen beibehalten haben. Tacitus bezeichnet später die Cherusker als ein heruntergekommenes Volk. Ist das die Wahrheit? Wer weiß genau, wann der Stamm der Cherusker ihre Bezeichnung nicht mehr verwendet haben?
Durch die indirekte Geschichtsschreibung sind manche Ereignisse nicht zu klären. Die Cherusker haben sich bestimmt nicht in Luft aufgelöst, während die Sachsen später dann vom Himmel gefallen sind.....:pfeif:
 
Cherusker schrieb:
Durch die indirekte Geschichtsschreibung sind manche Ereignisse nicht zu klären. Die Cherusker haben sich bestimmt nicht in Luft aufgelöst, während die Sachsen später dann vom Himmel gefallen sind.....:pfeif:
Das sicher nicht, aber es gab eine Völkerwanderung von unzähligen Gruppen, die vor dem geographischen Gebiet "Sachsen" nicht halt gemacht haben und auch hier und da Viele hängen geblieben sind. Desweiteren gab es unter den Merowingern und den Karolingern umfangreiche Umsiedlungsaktionen. Daher dürften die Gruppen die um 800 im heutigen Niedersachsen saßen, wohl nur relativ wenig mit den Völkern zu Beginn der Zeitrechnung gemeinsam gehabt haben. Alle Völker in Europa waren in diesen hunderten von Jahren starken Veränderungen ausgesetzt. Nur ausgerechnet in Sachsen, welches ja ein regelrechtes Durchzugsgebiet war, blieb alles in allem so ziemlich beim Alten ? :yes:
 
Strupanice schrieb:
Das sicher nicht, aber es gab eine Völkerwanderung von unzähligen Gruppen, die vor dem geographischen Gebiet "Sachsen" nicht halt gemacht haben und auch hier und da Viele hängen geblieben sind. Desweiteren gab es unter den Merowingern und den Karolingern umfangreiche Umsiedlungsaktionen. Daher dürften die Gruppen die um 800 im heutigen Niedersachsen saßen, wohl nur relativ wenig mit den Völkern zu Beginn der Zeitrechnung gemeinsam gehabt haben. Alle Völker in Europa waren in diesen hunderten von Jahren starken Veränderungen ausgesetzt. Nur ausgerechnet in Sachsen, welches ja ein regelrechtes Durchzugsgebiet war, blieb alles in allem so ziemlich beim Alten ? :yes:

Die irrige Annahme, daß durch die Völkerwanderungszeit weite Teile Norddeutschlands total entvölkert wurden, läßt sich heute nicht mehr halten. Durch gezielte Forschungsgrabungen und auch Notbergungen wurde festgestellt, daß in bestimmten binnenländischen Gebieten (z.B. Nienburg, Braunschweig, Göttingen,...) es nicht zum Rückgang der Bevölkerung, sondern zur kontinuierlichen Zunahme bis ins 9.Jh. kam!

Ein Beispiel sind auch die Langobarden. 489 wird ihr Abzug ins "Rugiland" (heutige Niederösterreich) schriftlich überliefert. Aber nicht der ganze Stamm zog davon, sondern es gab immer noch Bevölkerungsreste, die bis ins 7.Jh. bestanden.
Auch war das Küstenland ein altbesiedeltes Kulturland, daß auch durch die Abwanderung von einigen Sachsen auf die Insel nicht menschenleer war (Funde aus der Cuxhavener Gegend).

Somit muß das frühere Bild vom Besiedlungsablauf während der Völkerwanderungs- und Merowingerzeit abgeändert werden.:yes:
 
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Cherusker schrieb:
Die irrige Annahme, daß durch die Völkerwanderungszeit weite Teile Norddeutschlands total entvölkert wurden, läßt sich heute nicht mehr halten.

Diese Annahme hat hier auch niemand vertreten.
 
Nord- und Mitteldeutschland waren von der Völkerwanderung vielleicht nicht ganz so stark betroffen wie Ostdeutschland, wo nach Abzug der Wandalen und Burgunder und dem Durchzug der Goten in der Tat weite Gebiete verödet waren. Die Fundsituation weist hier eine Verarmung auf. Das hatte auch zur Folge, dass bald Slawen in die leeren Siedlungsräume nachrückten und Abodriten, Liutizen, Heveller, Sorben usw. das Land östlich von Elbe und Saale besiedelten.

In Norddeutschland zogen Angeln und Jüten wohl ziemlich vollständig ab dem 5. Jh. aus dem Raum Jütland/Schleswig nach England, Sachsen hingegen nur zum Teil. Andere Volksteile der Angeln zogen sogar mit den Warnen nach Mitteldeutschland, wo sie beiderseits der mittleren Unstrut siedelten und später in den Thüringern aufgingen.

Aber auch in Niedersachsen entstanden z.B. nach Abzug der Langobarden siedlungsarme Räume, da nur eine Restbevölkerung zurückblieb. Diese Gebiete wurden dann von benachbarten Stämmen eingegliedert, doch muss man für eine Aufsiedlung bestimmt lange Zeiträume annehmen. Die Sachsen schoben sich nur allmählich nach Süden vor, während die Thüringer von der Völkerwanderungswoge nahezu unberührt blieben.
 
hyokkose schrieb:
Diese Annahme hat hier auch niemand vertreten.

Das habe ich auch nicht behauptet.:winke:
Sondern das ist eine frühere Meinung, die noch in etlichen Schriften verbreitet wird.


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"Habe ich Bockwurst gesagt, daß Du Deinen Senf dazugibst?"
(altes niedersächsisches Sprichwort, das höchstwahrscheinlich auf Schützenfeste zurückzuführen ist):pfeif:
 
Dieter schrieb:
Aber auch in Niedersachsen entstanden z.B. nach Abzug der Langobarden siedlungsarme Räume, da nur eine Restbevölkerung zurückblieb. Diese Gebiete wurden dann von benachbarten Stämmen eingegliedert, doch muss man für eine Aufsiedlung bestimmt lange Zeiträume annehmen

Zwischen Weser, Aller und Elbe (im westlichen Grenzraum der Langobarden) hat es wohl auch schon zur römischen Kaiserzeit ein siedlungsfreies Gebiet gegeben. Diese fundleere Zone hat auch schon E.COSACK(1985) in einer Karte veröffentlicht.
Dagegen ist im westlichen Niedersachsen (südlich der Küste und östlich der Ems) die geringe Funddichte wohl auf Forschungslücken zurückzuführen. Hier muß es eine wesentliche höhere Bevölkerungsdichte gegeben haben.
 
Waren die den Sachsen benachbarten Langobarden nach Süden gewandert, um nach längeren Zwischenaufenthalten in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts schließlich in Norditalien seßhaft zu werden, so zog es viele Sachsen statt dessen westwärts. Im Verbund mit anderen Germanen - vor allem Angeln und Jüten - ließen sie sich in Britannien nieder.
Strupanice schrieb:
Die Irminsul wurde nur bekannt, weil Rudolf von Fulda diese erwähnt. Damit ist nicht nachgewiesen, ob sie wirklich existiert hat und ob Karl der Große etwas damit zu tun hatte.
In den Einhard-Annalen wird für das Jahr 772 berichtet: König Karl aber beschloß, nachdem er den Reichstag zu Worms gehalten hatte, die Sachsen zu bekriegen; er zog unverweilt dahin, verwüstete alles mit Feuer und Schwert, eroberte die Feste Eresburg und zerstörte das Götzenbild, das die Sachsen Irminsul nannten.
 
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Dieter schrieb:
Nord- und Mitteldeutschland waren von der Völkerwanderung vielleicht nicht ganz so stark betroffen wie Ostdeutschland, wo nach Abzug der Wandalen und Burgunder und dem Durchzug der Goten in der Tat weite Gebiete verödet waren.


Ist die Formulierung "Durchzug der Goten" in Bezug auf Ostdeutschland nicht ein bisschen überzogen oder gar deplatziert?:grübel:
Es sei denn du denkst dabei noch an die Grenzen vor '45...
 
Der Zug der Goten soll angeblich die Völkerwanderung ausgelöst haben; wobei unter dem Durchzug der Goten wohl eher das Weichselgebiet zu verstehen sein dürfte.
beorna schrieb:
Die Frage ist halt nur ob es "die Sachsen" überhaupt gegeben hat.
Das Land längs des Meeres bewohnen jenseits der Brukterer die Friesen bis zum Flusse Ems. Hinter ihnen sitzen die kleinen Chauken bis zur Weser, dann die großen Chauken bis zur Elbe, dann bis zur Landenge der kimbrischen Halbinsel die Sachsen. So lautet die Aussage des Ptolemäus.
beorna schrieb:
Somit sind die Sachsen in Altsachsen ein Konglomerat unterschiedlicher Ethnien.
Die Ursachsen waren hier also keine Landnehmer einer brachliegenden Gegend, sondern eher Hinzuziehende.
beorna schrieb:
Die Merowinger und ihre Hausmeier waren zu schwach, um ihren Herrschaftsanspruch auf das südliche Sachsen aufrecht zu erhalten.
Wann ist ein solcher Herrschaftsanspruch genau entstanden?
Strupanice schrieb:
Nicht die schlechte Kommunikation ist die Ursache, sondern, daß sämtliche Berichte über die Versammlung in Marklo ein Produkt von Erzählung, Dichtung und Volkssage sind, nicht von historischer Berichterstattung.
vgl. den Erlaß der Capitulatio de partibus Saxoniae (Nr. 34): http://www.mittelalter.uni-tuebingen.de/?q=personen/schmitz/vl9798/quellcap.htm
 
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Eine kleine Anmerkung zu folgendem "Streitpunkt"...

Strupanice schrieb:
Die Irminsul wurde nur bekannt, weil Rudolf von Fulda diese erwähnt. Damit ist nicht nachgewiesen, ob sie wirklich existiert hat und ob Karl der Große etwas damit zu tun hatte.

Horst schrieb:
In den Einhard-Annalen wird für das Jahr 772 berichtet: König Karl aber beschloß, nachdem er den Reichstag zu Worms gehalten hatte, die Sachsen zu bekriegen; er zog unverweilt dahin, verwüstete alles mit Feuer und Schwert, eroberte die Feste Eresburg und zerstörte das Götzenbild, das die Sachsen Irminsul nannten.

Vgl. dazu auch http://www.thelatinlibrary.com/annalesregnifrancorum.html (dort dann zu [772] springen)

Wenn mir bei meiner - zugegebenermaßen laienhaft oberflächlichen - Schnellübersetzung kein grober Fehler unterlaufen ist (was ich nicht ausschließen kann), so wird die Irminsul (Ermensul) erwähnt und entsprechend im Gebiet der Eresburg i.w.S. verortet, jedoch eher allgemein als fanum (Tempel, Heiligtum) - zur "All-Säule" macht sie dann tatsächlich erst Rudolf von Fulda mit seinen detaillierten Aussagen, wobei Sprachforscher die Korrektheit seiner Übersetzung mW aber inzwischen etwas in Frage stellen.

Außerdem sei hierbei noch angemerkt (hatte ich an anderer Stelle schon einmal), daß jene Annalen nicht mehr im Original vorliegen, sondern lediglich in späteren Abschriften - und diese haben zudem lt. Fachleuten einige Ergänzungen erfahren.

Fazit: Richtig "greifbar" wird die Irminsul also auch dadurch nicht...
 
Es ging nicht um das genaue Aussehen des Heiligtums, das von den Sachsen Irminsul genannt wurde, sondern um den Ort. Die Irminsul wird auch in den Lorscher Jahrbüchern erwähnt.
 
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