Sammelthread - Kurzkritiken über neue Spielfilme mit historischen Inhalten

Bemerkenswert an dem Film, den ich gestern gesehen habe ist, dass der hist. Hintergrund kaum herauskommt und der deutsche Titel mit dem französischen garnichts zu tun hat.

"La passion de Dodin Bouffant" (Geliebte Köchin) F, 2023, R: Trần Anh Hùng

Handlung: Der reiche Dodin Bouffant (Benoît Magimel) lebt Ende des 19. Jh. zurückgezogen auf seinem Schloss nur der Kochkunst. Er betreibt kein Restaurant oder dergleichen, sondern läd nur seine alten Freunde ein, ist dadurch aber international als Napoleon der Küche bekannt. Seine Küche wird von der Köchin Eugénie (Juliette Binoche) regiert, die seit über 20 Jahren für Bouffant nicht nur kocht sondern auch dann und wann das Bett teilt. Doch Eugénie ist alt geworden und an einer unbekannten Krankheit leidend. Ein junges Mädchen namens Pauline (Bonnie Chagneau-Ravoire) will in die Kochkünste eingeführt werden, auch wenn dies anfänglich ihre Eltern kritisch sehen. So beschließt Dodin schließlich Eugénie ein Menu zu kochen, als sie zwischenzeitlich das Bett verlassen kann. Derweil fordert ihn ein Prinz heraus, der Dodin zu einem Dinner ruft, das Dodin garnicht behagt und dem der Kenner ein eigenes entgegen setzen will. Dazu kommt es aber nicht mehr.

Man kann diesen Film zurecht als ein Kammerspiel bezeichnen. Haupthandlungsort ist die Küche in der gefühlt der halbe Film spielt vorrangig beim Kochen und mit Dialogen wie "Die Zwiebeln bitte!". Das soll jetzt aber auch nicht abschrecken. Man erfährt nichts über die politischen Verhältnisse im Frankreich nach Bonaparte sondern alles ist auf das Thema Kochen verengt. Man sieht Menschen beim Ernten der Zutaten, beim Kochen und Essen, Philosophieren über die Wichtigkeit von dem und dem Wein für Frankreich. Der Film ist viel mehr noch als "Délicieux" (2021) ein Loblied auf die Überlegenheit der französischen Küche über alle anderen in der Welt und die Notwendigkeit des Connaisseurs. Das heißt aber nicht, dass mich der Film hinsichtlich Küche völlig überzeugte. Gekocht wird immer auf einer damals modernen Kochmaschine. Wozu im Hintergrund immer ein Feuer unter dem Kamin brennt, das garnicht genutzt wird und sicherlich als Wärmequelle unnütz ist, wird nicht erklärt. Es ist zwar von Kopfbedeckungen von Köchen und wie wichtig diese sind die Rede, aber niemand trägt eine solche. Erstaunlich ist, dass die Küche offenbar mit einer Köchin und einer Magd auskommt und man auch ansonsten im gesamten Haushalt niemanden sonst sehen kann außer dem Hausherrn, der allerdings auch mitkocht. Wie das alles funktionieren soll, wenn nur einer von ihnen ausfällt ist für mich nicht plausibel - aber diese Unzulänglichkeit von der Darstellung eines glaubhaften Haushaltes habe ich auch schon zu "Tulpenfieber" thematisiert. Es wäre weitaus glaubhafter, wenn man als Nebenrollen einen Gärtner oder wenigstens irgendeinen anderen Diener eingeführt hätte, der z.B. das Holz hackt.
Ich kann nicht sagen, dass der Film Spaß macht. Aber er bewirkt, was er beabsichtigt. Die Spannung liegt darin, dass man Menschen beobachtet deren Reaktion auf das Essen und wie es ihnen schmeckt die Hauptsache sind.
Die Schauspieler vermögen zu überzeugen. Es gibt aber auch nur wenige Rollen, die man geschickt besetzt hat.

6 von 10 Kochrezepte.
 
Ich habe die letzten Tage 8 der 9 Folgen "Masters of the Air" geschaut - dem neusten Projekt von Spielberg und Hanks.

Eine gute Serie und nach Band of Brothers und the Pacific nun ein filmisches Denkmal für die Luftstreitkräfte der USA.

Es wird sicher wieder Kritik geben von den Engländern, die fast durchweg als Schnösel und überhebliche Wichtigtuer auftauchen.
Und auch die Deutsche Seite besteht nur aus brüllenden Wachmännern, prügelnden Soldaten, lynchenden Zivilisten, Fallschirm-beschießenden Jagdpiloten und verschlagenen Verhöroffizieren im STALA Luft III in Sagan.
Ich will das garnicht kritisieren - es ist ja eine Buchvorlage und die Sachen sind historisch belegt. Dennoch ist es sehr einseitig gezeichnet.

Da es aber um die Geschichte und das Opfer der 8. Bombergruppe und ein kleinwenig um die Tuskegee geht und nicht um wen anders -
8,5 von 10 Fliegerbrillen für diese Werk.
 
Zuletzt bearbeitet:
@corto gibt es da irgendwas bemerkenswertes zum Soundtrack? Zumeist muss der Cineast ja Wagnerklänge ertragen, wenn gerade Nazis auf der Leinwand zugange sind.
 
@dekumatland
Der Soundtrack ist ähnlich wie bei Band of Brothers würde ich meinen. Mir ist jetzt nur das Maintheme im Gedächtnis, wie das bei den Actionszenen im Flugzeug mit der Musik ist weiß ich garnicht - da war ich zu tief drin in der Immersion :D

Maintheme Masters of the Air mal auf Youtube suchen ;)
 
Das ist bei Filmen und Büchern meistens so, warum auch immer.
Meine deutschen Lieblingstitel:
Das barmherzige Fallbeil (= Temps glaciaires, Roman von Fred Vargas)
Sadistico (= Play Misty for Me, Film von Clint Eastwood)
Leichen pflasterten seinen Weg (= Il grande silencio, Film von Sergio Corbucci)

Manchmal möchte man den Titel-Verantwortlichen wirklich ein Wörterbuch schenken:
Willkommen im Tollhaus (= Welcome to the Dollhouse, Film von Todd Solondz)
 
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