Bei der Behauptung, dass das MG in dem Konflikt eine zentrale Rolle spielte, bleibe ich indes.
Das ist auch sicher richtig, und in der Allgemeinheit nicht bestritten worden.
Zur Nachverfolgung:…gefolgt von…
Da Dir die Nachverfolgung nicht gelungen ist, hole ich etwas weiter aus. Kern des Verständnisses der Marneschlacht - nicht der Planungen! - ist die Bewegung von Bülow (2.) und Kluck (1.). Dazu kam der Hinweis auf die „West Point Maps“ und die „Sphinx“ Festung Paris. Siehe:
Ich habe kein einziges Mal mit irgendwelchen West-Point-Karten argumentiert. Ich habe darauf verwiesen, dass Kluck dem Plan zufolge westlich von Paris vorrücken sollte, dass er den Umständen Tribut zollend aber östlich vorgerückt ist und dass diese Entscheidung vom Oberkommando erst nachträglich gutgeheißen wurde. Nun nehme ich zur Kenntnis, dass Du über sechs Jahrzehnte alte Belege verfügst, wonach Klucks Vorgehen von Vornherein geplant gewesen sei.
Die kurze Antwort lautet: Schlieffen, Fragment VI (was Teile von V inkludiert) und VII, in der Fassung von Ritter, oder hier deckungsgleich sogar mit den Hinweisen bei Zuber.
Da das vermutlich nicht verständlich ausfällt, hole ich
in Langfassung etwas weiter aus:
Was als Schlieffen-„Plan“ bezeichnet wird, ist eine Denkschrift, angereichert durch fragmentarische Äußerungen und bruchstückhaftem Kartenmaterial aus dem Schlieffen-Nachlass. Dazu gibt es ein Aktenstück, BAMA RH 61/v.96 mit einer Zusammenfassung der Aufmarschpläne 1893/1914, als der Schlieffen-Plan als Dokument noch im Original vorhanden war.
Die „Sphinx“, Festung Paris:
Was als Kartenmaterial in der Literatur unter der Bezeichnung „Schlieffen-Plan“ kursiert, und die Westumgehung von Paris enthält, stammt überwiegend aus der Sammlung „West Point Maps – American Wars“. So auch bei Herwig, Marne 1914, S. 38-39 (kleingedruckt rechts zu erkennen). Dazu habe ich die kurze Bemerkung zitiert: „small maps, big arrows“. Die West-Süd-Umfassung von Paris ist wirklich optisch beeindruckend, nur hat sie einen
Schönheitsfehler: sie ist bei Schlieffen (Fragment VI und VII) reine Fiktion.
Die Umgehung erforderte also weitere Truppen, die Schlieffen auf +7 Reservekorps bzw. 24 Divisionen taxiert. Dazu hatte er bereits für den Plan die deutsche Kampfstärke mit 120% des Ist angesetzt, als eine Heeresvermehrung impliziert. Die Karte zu diesem Fragment ist ebenfalls erhalten, siehe Ritter, Karten 3 und 4). Die Klarstellung bei Schlieffen lautet allerdings, dass an Aisne und Oise die deutsche Führung sehen werde, dass diese Unternehmung ihre Möglichkeiten übersteigt: „Bevor die Deutschen die Somme oder die Oise erreichen, werden sie realisieren, wie andere Eroberer vor Ihnen, dass sie zu schwach für das gesamte Unternehmen [Anm: damit ist die Westumfassung von Paris gemeint] sind …“ (Ritter, S. 159, Rückübersetzung von Fragment VI aus dem Englischen).
Die Literatur, zuletzt Herwigs Marne 1914, hat das nicht davon abgehalten, die „großen Pfeile“ auf den „kleinen Karten“ fortzuführen (Schlieffen hatte diese Bewegung in seiner Überprüfung auf Machbarkeit immerhin „gestrichelt“ eingezeichnet – soweit hatte er gar nicht geplant).
v.Klucks „Schwenk“ von Südwest auf Südost:
Der war forciert, und das wusste auch der Generalstab, denn er hatte überhaupt nicht den Truppenumfang von min. weiteren 7 Reservekorps bzw. 24 Reservedivisionen hinter der 1. Armee (plus 6 Armeekorps für die Westumfassung Paris, plus 10 Armeekorps Paris-Oise-Aisne) , die diese West-Süd-Umfassung überhaupt durchführen konnte. Wir sind hier also im Bereich der
Phantasie, was
a) nicht die deutsche Nachkriegsliteratur in ihren Erklärungsversuchen davon abhielt, Klucks Schwenk mit als Erklärung für die überraschende Niederlage zu verwenden. Für die Südwestrichtung waren hinter Compiegne überhaupt keine Kräfte verfügbar.
b) die allierte Literatur benutzte, um den Flankenstoß („Führung“) als entscheidendes Kriterium für die Niederlage zu verwenden. Tatsächlich war Kluck rechts, frontal und links in der Lücke „gepackt“ und „outnumbered“. Es blieb ihm nichts als der Rückzug.
Kluck selber überschätzte sogar noch die ihm gegenüberstehenden Kräfte (was natürlich der Exkulpation diente).
Die Frage ist also nicht, ob Kluck auf Südost drehte, sondern wann. Das wird ihm der Moltke-Plan vorgegeben haben, wiederholt hat das der Operationsbefehl vom 2.9.1914, der von der Masse der frz. Streitkräfte auf der Flucht, großen Siegen und einem Packen in der Flanke ausging. Das Eindrehen östlich Paris mit diesem Szenario war auch bei Schlieffen schon enthalten, wenn die Sache „gut lief“.
Ungeachtet des Umstands, dass ich mich zu West-Point-Karten nicht geäußert habe, stelle ich fest, dass das deutsche Oberkommando die "bekanntliche" Weisung einer "möglichst kampflosen" Umfassung dann sehr eigentümlich formuliert hat. Befehl vom 5. September 1914: … Meine Phantasie reicht jedenfalls nicht, um in den Zeilen Umschreibungen für "Umgehen" oder "möglichst kampflos" zu finden. Deshalb bin ich bislang davon ausgegangen, dass das deutsche Oberkommando geplant hatte, die entscheidende Schlacht nahe der schweizerischen Grenze zu führen und dass weder Schlieffen noch seine Nachfolger von den Franzosen das höfliche Entgegenkommen erwartet haben, sich freiwillig in jenem Kessel nahe der Schweiz einzufinden.
Lies Dir bitte nochmal die Literatur zur Schlieffen-/Moltke-Planung durch, dann die Kampagne mit Stand Anfang September 1914. Dann wird das Problem schnell erhellen.
Beides hat nach dem 25.8.1914 nichts miteinander zu tun, da Moltke die Planung spätestens Mitte 3. Dekade August, vor dem ersten Operationsbefehl die/seine/auch Schlieffens Planung bereits verlassen hatte und nun
Befehle nach Lage gab. Du vermischt hier also a) Schlieffens Grundidee, b) Moltkes Aufmarschpläne und Variationen, mit der c) realen Situation am 2.9. bzw. 5.9.1914 (die nichts mehr mit Plänen zu tun hatten)
Hätte ich das gemeint, hätte ich von einer "endlosen" Front gesprochen. Ich habe aber das Wort "geschlossen" verwendet. Und das bezieht sich auf die Vorgänge ZWISCHEN den Flügeln - also rechts des linken und links des rechten Flügels.
Wir können uns auch gern über die Lücken zwischen den 7 deutschen Armeen unterhalten, um das Thema „durchgehende Front“ aufzuhellen. Oder über die Technik der Vormarsches, in Reihen hintereinander gestaffelt. Beides führt zum gleichen Ergebnis: keine geschlossenen Fronten bis zum Rückzug zur Aisne und danach zum Wettlauf zum Meer.
Daran lässt der eben verlinkte Befehl auch keinen Zweifel. Er sagt klar, dass der ursprüngliche Plan vorsah, die französischen Truppen Richtung Schweiz ABZUDRÄNGEN - und dass der Aufmarsch zur Marne-Schlacht das Eingeständnis war, dass dieser Plan gescheitert und undurchführbar geworden war.
Richtung Schweiz bezieht sich ausgehend auf die Linie Reims-Verdun-Epinal. Abdrängen heißt ausweislich der Schlieffen-Karten nicht, „kämpfend“ zurückzudrängen. Die prognostizierte französische Flucht von dieser Linie nach Süden/Osten – etwa in das Dreieck Traves-Dijon-Langres – ergibt sich mit der Umfassung weit im Rücken. Im Rückraum – der die Fluchtbewegung aus der weit entfernten Festungslinie forciert - sahen Schlieffen wie Moltke überhaupt keine wesentlichen frz. Verbände.
Da bleibt mir keine andere Wahl als mich Deiner Aussage zu beugen, dass Schlieffen vorgeschlagen hat, mit einem unterlegenen rechten Flügel eine Invasion vorzutragen, die aus strategischen Gründen möglichst schnell siegreich beendet werden musste... Kein Wunder, dass das alles schief gegangen ist.
Die unterstellte Aussage zum „Vorschlag“ ist natürlich Unsinn, was die Verdrehung „Aussage“ etwas schwer verdaulich macht.
Im Ergebnis hast Du allerdings Recht: bis zur Marne wurde eine allierte Überlegenheit über den rechten deutschen Flügel, speziell 1. Armee hergestellt (Stärke 1.9.1914: rd. 162.100 Mann). Dagegen stand die 6. Frz. Armee mit 150.000 Mann, sowie das BEF mit 100.000 Mann. Beziehst du es auf eine 2-Flügel-Betrachtung für die rechte Seite in Linie Verdun-Paris: 720.000 Deutsche gegen 1.080.000 Franzosen und Briten (deutsche 1. bis 5. Armee). Daher ist das hier:
Da mir mittlerweile die Lust verlorengeht, mochte ich bei der "Recherche" über Wiki nicht mehr hinausgehen. Da steht, dass an der Marne 1,5 Millionen deutsche Soldaten knapp 1,1 Millionen Soldaten der Entente gegenüberstanden.
ebenfalls Unsinn. Siehe Ist-Stärken der deutschen Armeen 1 bis 7 bei Herwig, Marne 1914, 2009, S. 315.
Und um mein "Geheimnis" zu lüften: "Kombiniert" habe ich die beiden Aussagen, weil sie in Deinem Post unmittelbar hintereinander folgten.
Dem Hinweis zufolge werde ich künftig Gedanken, die nichts miteinander zu tun haben, mit sichtbaren Hinweisen versehen. Das „unmittelbar“ sollte dann kein Problem mehr darstellen.