Seetüchtigkeit von Galeeren

Vielen Dank, Galeotto, für beide Beiträge, jetzt kann ich mir schon ein besseres Bild machen, die Architectura Navalis scheint mir sehr hilfreich.
Ich bin immer wieder begeistert, wieviel Wissen es hier im Forum gibt!
 
Vielen Dank, Galeotto, für beide Beiträge, jetzt kann ich mir schon ein besseres Bild machen, die Architectura Navalis scheint mir sehr hilfreich.
Wenn Dich die Zeit der großen, Zenzile-geruderten Handelsgaleeren interessieren, wirst Du bei Furttenbach nichts finden da der nur eine maltesische Capitana ,die schon Scaloccio-gerudert wurde beschrieb.
Für dich müssten die Schriften des "Michael von Rhodos", der sich 1401 als Ruderknecht auf eine Flanderngaleere begann und 1434 Kommandant der flotte von venedig wurde. Eine Karriere die in späteren Zeiten undenkbar gewesen wäre. Auf englisch ist das Buch unter: " the Book of Michael of Rhodes"verhältlich.
Michael von Rhodos hat uns das erste, brauchbare Handbuch für Schiffsbauer hinterlassen.
 
Letzten Sommer war ich wieder zu Besuch im spanischen Marinemuseum in Cartagena. Das wurde vor wenigen Jahren umgesiedelt in das ehemalige "Cuartel de presidiarios y esclavos" (Caserne für Strafgefangene und Sklaven) einem wuchtigem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert welches es mit der Universität teilt. Bei meinem letzten Besuch war es gerade im Umbruch und noch etwas unvollständig. Jetzt waren die Ausstellungsräume voll ausgestattet.

Unter den Neuerungen waren einige Schiffsmodelle. Darunter eines der Galeere "San Luis", zusammen mit der "Soledad" die letzten beiden im Jahr 1789 im Arsenal von Cartagena gebauten Schiffe dieses Typs und vermutlich zwei der letzten überhaupt. (Ich glaube, nur die Russen haben danach noch eine echte Galeere hergestellt).
 

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Vor einigen Jahren konnte man noch im Rahmen einer Ausstellung eines der originalen Registerbücher der Galeerensträflinge sehen. Jetzt hat man davon eine Seite als Facsimile und die dazugehörige Transcription ausgestellt.

Dort waren Namen, Alter und "besondere Merkmale" der Gefangenen aufgeführt, das Verbrechen für das man sie verurteilt hatte und durch welches Gericht dieses erfolgte, so wie der Tag der Einlieferung und des "Abgangs." Die auf der ausgestellten Seite aufgeführten Strafen (überwiegend Totschlag und Raub, jedoch auch Betrug) lagen zwischen drei und zehn Jahren.
Kurioserweise, ausser einem der dort aufgeführten, der gleich im ersten Jahr auf einem Schiff verstarb, sind alle anderen nach Verbüssung ihrer Strafen freigelassen worden.

Hier sind Fotos von einem noch schönerem Modell, ausgestellt im Tourismusbüro in Denia: Es handelt sich um die Galeere "La Real" von der ein Nachbau in Barcelona steht.

Dieses Modell wurde duch einen ortsansässigen Modellbauer erstellt und hat einen erstaunlichen Grad an Detaillierung und gehört zweifellos zu den besten dieser Art die ich bisher zu sehen bekommen habe.
Es gibt dort eine Ausstellung mit weiteren Modellen die leider geschlossen war.
 

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Vor einigen Jahren konnte man noch im Rahmen einer Ausstellung eines der originalen Registerbücher der Galeerensträflinge sehen. Jetzt hat man davon eine Seite als Facsimile und die dazugehörige Transcription ausgestellt.

Dort waren Namen, Alter und "besondere Merkmale" der Gefangenen aufgeführt, das Verbrechen für das man sie verurteilt hatte und durch welches Gericht dieses erfolgte, so wie der Tag der Einlieferung und des "Abgangs." Die auf der ausgestellten Seite aufgeführten Strafen (überwiegend Totschlag und Raub, jedoch auch Betrug) lagen zwischen drei und zehn Jahren.
Kurioserweise, ausser einem der dort aufgeführten, der gleich im ersten Jahr auf einem Schiff verstarb, sind alle anderen nach Verbüssung ihrer Strafen freigelassen worden.

Steht das nicht im Gegensatz zu diesem hier?

Wiki:
Antike griechische und römische Ruderschiffe wurden in der Regel von Freien gerudert. In Ausnahmesituationen wurden jedoch gelegentlich Sklaven auf die Ruderbänke gesetzt, denen aber meistens vor oder nach dem Einsatz die Freiheit gewährt wurde. Die Galeerenstrafe für verurteilte Verbrecher war im Altertum gänzlich unbekannt.

Die Galeerenstrafe war eine im Mittelmeerraum vom ausgehenden 15. bis ins 20. Jahrhundert hinein verhängte Strafe für diverse schwere Vergehen wie Hochverrat oder Mord. Die Galeerenstrafe diente hierbei als Ersatz für die Todesstrafe. Aber selbst als zeitlich beschränkte Strafe kam sie für viele einem verzögerten Todesurteil gleich.

Die Sterblichkeit unter den Ruderern war sehr hoch. Es war meist billiger, einen neuen Ruderer zu beschaffen, als einen Kranken oder Verletzten gesund zu pflegen.

Die Galeerensklaven und -sträflinge schliefen angekettet auf ihren Bänken. Auch die sanitären Verhältnisse waren entsprechend – solange gerudert wurde, konnte niemand von den Ruderern seinen Platz verlassen. Gerudert wurde manchmal bis zu 10 Stunden. Eine Galeere roch man deshalb schon von weitem.


Wurden die Ruderer vom ersten Tag an auf den Bänken angekettet und eingesetzt? Wie wurde die doch sehr notwendige Koordination beigebracht?

Man wanderte wohl je nach Qualifikation zur Schiffsmitte hin. Dort wurde es aber doch auch körperlich anstrengender.
 
Steht das nicht im Gegensatz zu diesem hier?

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Die Galeerenstrafe war eine im Mittelmeerraum vom ausgehenden 15. bis ins 20. Jahrhundert hinein verhängte Strafe für diverse schwere Vergehen wie Hochverrat oder Mord. Die Galeerenstrafe diente hierbei als Ersatz für die Todesstrafe. Aber selbst als zeitlich beschränkte Strafe kam sie für viele einem verzögerten Todesurteil gleich.

Die Sterblichkeit unter den Ruderern war sehr hoch. Es war meist billiger, einen neuen Ruderer zu beschaffen, als einen Kranken oder Verletzten gesund zu pflegen.

Die Galeerensklaven und -sträflinge schliefen angekettet auf ihren Bänken. Auch die sanitären Verhältnisse waren entsprechend – solange gerudert wurde, konnte niemand von den Ruderern seinen Platz verlassen. Gerudert wurde manchmal bis zu 10 Stunden. Eine Galeere roch man deshalb schon von weitem.

Das ist zu allgemein gehalten und stimmt m.E. so nicht. Vor allem da es sich um einen langen Zeitraum und um viele verschiedene Länder handelte bei denen die unterschiedlichsten Bedingungen herrschten. Lange Zeit gab es auch neben Sklaven und Häftlingen noch freiwillige Ruderer.

Ruderer waren jedoch grundsätzlich ein Kapital und zeitweilig sehr schwer zu bekommen, was z.B. mehrfach zu erheblichen Verzögerungen bei der Bereitstellung von Kriegsflotten führte. Die "Heilige Liga" von Lepanto hatte z.B. erheblich mit dem Mangel an Ruderern zu kämpfen.

Das es "meist billiger, einen neuen Ruderer zu beschaffen, als einen Kranken oder Verletzten gesund zu pflegen"...gewesen wäre, ist ziemlicher Unsinn. Die Sanitären Bedingungen waren zu dieser Zeit überall recht schlecht und Krankenhäuser gab es kaum, aber geübte Ruderer zu ersetzen war ausgesprochen schwierig.

Dieses so schwer zu ersetzendes (Menschen-)Material sinnlos in einer Art "Vernichtung durch Arbeit" zu verheizen wäre ausgesprochen dumm gewesen und die entsprechende Seemacht hätte schnell auf dem trockenen gesessen. Auf einer konkreteren Ebene: Ein Galeerenkapitän will ja im Ernstfall entsprechende Leistung von seinen Ruderern und die erreichte er nicht mit ausgelaugten und halbtot geprügelten Menschenwracks.

Es gab natürlich auch Fälle von Sadisten die ihre Leute absichtlich misshandelten, so z.B. der Enkel von Barbarrossa, der aber ein entsprechendes Ende fand als die Galeere "La Loba" von Alvaro de Bazán kurz davor stand sein Schiff einzuholen, die Ruderer die Riemen losliessen, ihren Kapudan ergriffen, ihn von Hand zu Hand durch ihre Reihen reichten, bis sie ihn zu Tode gebissen und geprügelt hatten.

Andererseits gab es auch Beispiele von Kapitänen die ihre Mannschaften ausdrücklich pflegten und gelegentlich deshalb von anderen weniger humanen Kollegen kritisiert wurden.

Es existieren genügend Beispiele ehemaliger zeitweiliger Ruderknechte die später die Freiheit wiedererlangten und es noch weit brachten, so z.B. der Großmeister der Johanniter, Jean Parisot de la Valette, der Spanier Diego Galán der ein Bericht darüber Schrieb, der französische Hugenotte Jean Marteilhe u.A.

Es gab jedoch auch Ereignisse bei denen viele Galeerenruderer in kurzer Zeit zu Tode kamen, z.B. bei einer Epidemie auf den Venezianischen Galeeren wenige Monate vor der Schlacht bei Lepanto bei denen einige Tausend Ruderer starben, die jedoch zum größten Teil keine Sklaven oder Häftlinge sondern freiwillige waren, oder ein paar konkrete Fälle in der spanischen Flotte bei denen auf Grund von Korruption und Misswirtschaft in einem Fall keine ausreichende Nahrung geliefert wurde und ca. 1200 Ruderer verhungerten, bzw. in einem anderen Fall durch schlechte Nahrung einige Hundert auf einem Schlag an einer Vergiftung zu Grunde gingen.

Es war zweifellos kein Zuckerschlecken, die Behandlung war miserabel und die Sterblichkeit nicht gering, so wie sie es auch nicht unter den Heeren an Land oder den "freiwilligen" Seeleuten auf Segelschiffen war. Aber es gibt genügend Zeugnisse von Männern die im hohen Alter nach langen Galeerenstrafen (bis zu dreissig Jahre am Ruder!) begnadigt bzw. wie o.E. nach verbüssen ihrer Zeit, oder nach einer Seeschlacht befreit wurden um zu den Schluss zu kommen dass es keine "verkappte Todesstrafe" war.

Wurden die Ruderer vom ersten Tag an auf den Bänken angekettet und eingesetzt? Wie wurde die doch sehr notwendige Koordination beigebracht?

Man wanderte wohl je nach Qualifikation zur Schiffsmitte hin. Dort wurde es aber doch auch körperlich anstrengender.

Die Ruderer wurden angekettet. Teilweise auch die Freiwilligen wenn sie mit den anderen gemischt wurden.

Auf einer spanischen Galeere hiess der erste Ruderer an der Innenseite "Bogavante", der Mann neben ihm "postizo" und die beiden nächsten (falls es sie gab, also in größeren Galeeren) tercerol und cuarterol. Der stärkste und geschickteste war i.d.R. der Bogavante. Auf italienischen und türkischen Schiffen war dieses oft ein Freiwilliger (in Spanien gab es relativ früh keine solchen mehr).

Das Ganze musste natürlich entsprechend trainiert und geübt werden und deshalb waren ausgebildete Seeleute (z.B. Dalmatiner und Inselgriechen) sehr begehrt und keine Wegwerfware.
 
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Es war zweifellos kein Zuckerschlecken, die Behandlung war miserabel und die Sterblichkeit nicht gering, so wie sie es auch nicht unter den Heeren an Land oder den "freiwilligen" Seeleuten auf Segelschiffen war. Aber es gibt genügend Zeugnisse von Männern die im hohen Alter nach langen Galeerenstrafen (bis zu dreissig Jahre am Ruder!) begnadigt bzw. wie o.E. nach verbüssen ihrer Zeit, oder nach einer Seeschlacht befreit wurden um zu den Schluss zu kommen dass es keine "verkappte Todesstrafe" war.

Die Ruderer wurden angekettet. Teilweise auch die Freiwilligen wenn sie mit den anderen gemischt wurden.

Das Ganze musste natürlich entsprechend trainiert und geübt werden und deshalb waren ausgebildete Seeleute (z.B. Dalmatiner und Inselgriechen) sehr begehrt und keine Wegwerfware.

Einem jeden Kommandeur muß klar gewesen sein, daß die Ruderer sein wichtigstes Kapital waren. Vielleicht ist dieses martialische Anketten deshalb auch eine Mär. Das Salzwasser hätte sicher mehr Männer erledigt, als die Anstrengung des Ruderns. Wer hält so etwas 30 Jahre aus.

Da diese Galeeren wohl mehr küstennah operierten, war ein öfterer Landgang mit Erholung sicher auch hilfreich bei der Erhaltung der Effektivität. Der Proviant für so viele Männer konnte sicher auch nicht für längere Fahrten mitgenommen werden. Ganz zu schweigen von der notwendigen Reinigung der Schiffe.
 
Einem jeden Kommandeur muß klar gewesen sein, daß die Ruderer sein wichtigstes Kapital waren. Vielleicht ist dieses martialische Anketten deshalb auch eine Mär. Das Salzwasser hätte sicher mehr Männer erledigt, als die Anstrengung des Ruderns. Wer hält so etwas 30 Jahre aus.
Nein, das Anketten ist definitiv belegt.

Da diese Galeeren wohl mehr küstennah operierten, war ein öfterer Landgang mit Erholung sicher auch hilfreich bei der Erhaltung der Effektivität. Der Proviant für so viele Männer konnte sicher auch nicht für längere Fahrten mitgenommen werden. Ganz zu schweigen von der notwendigen Reinigung der Schiffe.

Landgang gab es in der Tat obwohl er nicht so sehr der "Erholung " diente sondern der Verrichtung verschiedener Arbeiten. Der oben erwähnte Diego Galán ist bei einer solchen getürmt.
Die Galeeren waren sowieso nur kürzeren Perioden im Einsatz, in der Regel zwischen April und Oktober.
 
Hier sind Fotos von einem noch schönerem Modell, ausgestellt im Tourismusbüro in Denia: Es handelt sich um die Galeere "La Real" von der ein Nachbau in Barcelona steht.
Der Habsburger Don Juan de Austria fuhr unter Lilienbanner ?;)
Das Modell zeigt nicht die "Real" von Don Juan de Austria sondern die französische "la Reale" oder auch "Grande Reale" genannt . Das Schiff stammte aus den neunziger Jahren des 17. Jh. und war das Flaggschiff Ludwig XIV. Bei mir steht das gleiche Modell ein paar Meter von mir entfernt auf dem Schrank. Spanische Flaggschiffe führten 3 große Laternen am Heck (Bild1, Bild 4) ,französische nur eine große Laterne.(Bild 2,3,5 französische "Reale")
Bei den Franzosen und Spaniern hießen die Admiralsgaleeren immer franz. "la Reale", span. "la Real" , die untergeordneten Flaggschiffe franz."le Patronne", span. "la Patrona". Bei Seerepubliken wie Venedig , Genua, etc. und bei den Johannitern-und Stefansrittern hießen die Führungsgaleeren "la Capitana".

@ Gangflow, Proviant konnte mehr geladen werden als Trinkwasser. Ein Ruderer verbrauchte 5 bis 6 Liter an einem Arbeitstag, beim rudern unter brennender Sonne. Die Ernährung für die Sträflinge war vollkommen ungenügend und bestand aus fleischloser Bohnensuppe und Schiffszwieback. Deshalb versuchten sich die Ruderer etwas Geld ,durch Strümpfe stricken zu verdienen. Dann konnten sie sich beim Galeerenvogt zusätzlichen Proviant kaufen.
Von Bord durften die Sträflinge in der Regel nicht, gekaufte Sklaven und Freiwillige (Buonavoglia) dagegen, hatten gelegentlich die Möglichkeit die Galeere zu verlassen um, wie Bdaian schrieb, Arbeiten zu verrichten.
Die Reinigung der Galeere war häufig notwendig, da die angeketteten Ruderer keine Möglichkeit zu Toilettengang besaßen. Mit anderen Worten, die Galeere stank irgendwann ,wie eine Jauchegrube. Das komplette Schiff wurde dazu gekrängt (gekippt) ,sodass eine Seite teilweise unter Wasser gesetzt wurde. Anschließend mussten die Ruderer ihre Bank und das darunterliegende Deck schrubben. Das Deck war gerundet und fiel zur Wasserseite ab, sodass das Wasser und der Unrat durch die Speigatten( Bordlöcher) ablaufen konnte. Der Gruch war aber offenbar nicht zu beseitigen, denn alle Zeitzeugen, die die äußere Schönheit einer Galeere lobten, fanden den Gestank unerträglich. Bevor man eine Galeere sehen konnte, roch man sie.
 

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Die Reinigung der Galeere war häufig notwendig, da die angeketteten Ruderer keine Möglichkeit zu Toilettengang besaßen. Mit anderen Worten, die Galeere stank irgendwann ,wie eine Jauchegrube. Das komplette Schiff wurde dazu gekrängt (gekippt) ,sodass eine Seite teilweise unter Wasser gesetzt wurde. Anschließend mussten die Ruderer ihre Bank und das darunterliegende Deck schrubben.

Zitat Bdaian:
Das es "meist billiger, einen neuen Ruderer zu beschaffen, als einen Kranken oder Verletzten gesund zu pflegen"...gewesen wäre, ist ziemlicher Unsinn. Die Sanitären Bedingungen waren zu dieser Zeit überall recht schlecht und Krankenhäuser gab es kaum, aber geübte Ruderer zu ersetzen war ausgesprochen schwierig.

Da muß man sich einfach mal entscheiden. Entweder man achtet auf eine gute gesundheitliche Verfassung oder man hatte eben Schwierigkeiten beim Ersatz.

Gibt es Berichte über die durch die Ankettung verursachten Verletzungen, die sicher durch den Unrat und das Salzwasser die Leistungsfähigkeit der Ruderer doch erheblich beeinträchtigt haben müssen?

Die Ankettungen waren doch sicher nicht gesetzlich vorgeschrieben und ein Kapitän mit etwas gesundem Menschenverstand hat sicher gewußt, was ihm mehr Nutzen beschert.
 
Gibt es Berichte über die durch die Ankettung verursachten Verletzungen, die sicher durch den Unrat und das Salzwasser die Leistungsfähigkeit der Ruderer doch erheblich beeinträchtigt haben müssen?
Jean Marteilhe "Galeerensträfling unter dem Sonnenkönig. (ein Zeitzeugenbericht. Marteilhe war als Hugenotte zur lebenslangen Galeere verurteilt und verbrachte 12 Jahre, bis zu seiner Begnadigung auf einem solchen Schiff.
Die Ankettungen waren doch sicher nicht gesetzlich vorgeschrieben und ein Kapitän mit etwas gesundem Menschenverstand hat sicher gewußt, was ihm mehr Nutzen beschert.
Doch das war vorgeschrieben. Die Sträflinge gehörten dem Staat und nicht dem Kapitän. Ohne Ketten wäre die Meuterei vorprogrammiert gewesen. Da waren neben Apfeldieben auch ganz schwere Jungs ,die dort ruderten. In Schlachten gegen Muslime wurden die Ketten zuweilen abgenommen und die Sträflinge erhielten sogar Waffen, da ihnen im Falle einer Niederlage, als Christen auch beim Gegner nur die Ruderbank gedroht hätte.
Die Kapitäne waren meist Adelige, die ihre Ausbildung auf Malta erhalten hatten. Jean Marteihe berichtet, dass sie häufig grausamer und brutaler mit der Chiurme (Rudermannschaft) umgingen als die Aufseher.
Mit der Einführung der überlangen Scaloggio-Riemen, die von mehreren Leuten bedient wurden genügte ein erfahrener Ruderer pro Riemen, der die anderen mitriss. Eine regelrechte Ausbildung der Ruderer, wie sie in der Antike üblich war ,gab es seit der Renaissance nicht mehr. Ruderer waren vollkommen ersetzbar und eine Galeere verbrauchte Menschen, wie Treibstoff. Durch die hohe Sterblichkeit war es aber nicht einfach die Schiffe in voller Mannschaftsstärke zu halten. Aus Mangel an Menschenmaterial ging Ludwig XIV. sogar soweit ,Irokesen aus den amerikanischen Kolonien, zwangsweise nach Europa zu holen, um sie rudern zu lassen. Da das zu Unruhen in den Kolonien führte ,wurden die Indianer in ihre Heimat zurückgebracht. Auch die inquisition verurteilte Ketzer häufig zur Galeere, um dem Mangel entgegenzuwirken.
 
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Es soll bloß keiner mehr behaupten, im GF würde nur noch Sch.... geschrieben- Im Gegenteil! Als Sozialhistoriker finde ich den Thread großartig, als an Medizingeschichte interessierter Forianer stehen mir die Haare zu bergen. Wenn man sich die hygienischen Bedingungen vorstellt, grenzt es eigentlich fast schon an ein Wunder, dass sich Galeeren oder besser ihre Besatzung samt Galeerensträflingen nicht so etwas wie Ruhr, Cholera, Flecktyphus einfingen.

Gibt es Zeugnisse für Epidemien, die durch Galeeren, bzw ihre Besatzungen verbreitet wurden? Sind jemals irgendwo Quarantänevorschriften zusammengefasst wurden?
 
Der Habsburger Don Juan de Austria fuhr unter Lilienbanner ?;)
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Ups! Das habe ich glatt übersehen! Das Modell war nur als "Galera Real" bezeichnet, ohne Angabe der Nationalität.

Mit der Einführung der überlangen Scaloggio-Riemen, die von mehreren Leuten bedient wurden genügte ein erfahrener Ruderer pro Riemen, der die anderen mitriss. Eine regelrechte Ausbildung der Ruderer, wie sie in der Antike üblich war ,gab es seit der Renaissance nicht mehr. Ruderer waren vollkommen ersetzbar und eine Galeere verbrauchte Menschen, wie Treibstoff.

Das ist zwar immer wieder behauptet worden, die neuesten Untersuchungen z.B. der in Cartagena gefundenen "Libros de Galeras" so wie anderer Italienischer und sogar türkischen Quellen, widerspricht dem.

Hier, https://celiachain.files.wordpress.com/2012/04/mediterranea.pdf

gibt es eine ausführliche Analyse der Registerbücher, betreffend die Strafgefangenen, Sklaven und Seeleute (Gente de Cabo) auf spanischen Galeeren.

Es sind 25 Bücher erhalten, die den Zeitraum zwischen 1624 und 1748 abdecken. Die Einträge geben eine Beschreibung der Verurteilten, ihre Vergehen unter denen nicht nur schwere Verbrechen sondern auch gewöhnlicher Diebstahl, Betrug, Blasphemie, Vandalismus und Ähnliches bestraft wurde, die verhängten Strafen und der Zeitpunkt ihrer Befreiung bzw. ihres sonstigen Abgangs (geflohen, gestorben, von der Gegenseite erbeutet!).
Von den Strafgefangenen haben anscheinend tatsächlich die Mehrheit ihre Strafe überlebt. Bei einigen wurde verzeichnet, dass sie nach dem Verbüssen ihrer Strafe noch als "Buenas Boyas" (Buonavoglias) behalten wurden, also als "Freiwillige" mit Gehalt.
In einem der Bücher lag sogar noch ein Brief von einer Mutter an ihrem Sohn an Bord einer Galeere, geschrieben auf der Rückseite eines Antrags zur Nachfrage, wie lange ein anderer, befreundeter Sträfling noch abzusitzen hätte (vier Monate lautet die Antwort). Sie fragt sogar, wohin sie ihm Kleidung schicken könne, da sie vier Jacken für ihn gekauft hätte!
 
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Weitere Bücher behandelten die Sklaven: Bei diesen wurde verzeichnet wie sie erworben worden sind: Kriegsgefangene, ungläubige Schiffsbrüchige, an fremden Küsten geraubte, von der Krone gekaufte oder von ihren Eigentümern freiwillig abgetretene Sklaven. Und Ihr Ursprung; Türken, Mauren, Schwarzafrikaner, Morisken, Christliche Renegaten (wobei bei diesen die Inquisition ein Wort mitzureden hatte). Das Schicksal dieser Leute war deutlich härter als das der Sträflinge, aber auch hier sind gelegentlich eine Anzahl freigelassen worden (Die Anordnung dazu war ein Privileg des Königs, so geschehen z.B. im Jahr 1708) und der eine oder andere hat sich durch Flucht abgesetzt. Unter diesen gibt es die erwähnten einzelnen Fälle von Männern die dreissig Jahre am Ruder gedient haben.

Das mit der Einführung des Scaloccio (in Spanien Galocha, bezeichnung des Bügels der an dem nun einzigen langen Ruder festgenagelt war, und an dem die Ruderer nun gemeinsam zogen) ab ca. 1560, reduzierte sich tatsächlich die Anzahl der ausgebildeten Ruderer die man benötigte. Trotztdem waren die Manöver einer Galeere noch kompliziert genug um ein ständiges Training der Besatzung erforderlich zu machen.


In diesem Buch sind übrigens viele der Einzelschicksale aufgeführt: https://books.google.de/books/about..._siglo_XVIII.html?id=ceRAAQAAQBAJ&redir_esc=y

Die Höchststrafe scheint 10 Jahre betragen zu haben. Bei den Fällen der an Bord verstorbenen, fällt auf dass es oft schon ältere Männer waren (50+) während offensichtlich jüngere Sträflinge eine deutlich bessere Chance hatten ihre Strafe zu überleben.
 
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Es soll bloß keiner mehr behaupten, im GF würde nur noch Sch.... geschrieben- Im Gegenteil! Als Sozialhistoriker finde ich den Thread großartig, als an Medizingeschichte interessierter Forianer stehen mir die Haare zu bergen. Wenn man sich die hygienischen Bedingungen vorstellt, grenzt es eigentlich fast schon an ein Wunder, dass sich Galeeren oder besser ihre Besatzung samt Galeerensträflingen nicht so etwas wie Ruhr, Cholera, Flecktyphus einfingen.

Gibt es Zeugnisse für Epidemien, die durch Galeeren, bzw ihre Besatzungen verbreitet wurden? Sind jemals irgendwo Quarantänevorschriften zusammengefasst wurden?

Ich hatte dazu irgendwo etwas gelesen ohne es groß zu beachten, müsste es nochmals heraussuchen. Einmal bezüglich der oben erwähnten Epidemie auf Venezianischen Galeeren vor Lepanto, ein anderes zu einer Seuche im Arsenal in Cartagena wegen der ein Teil der Gefangenen auf die Insel von Escombreras verlegt wurde. (Es kann aber sein, dass dieses schon nach der Auflösung der Galeerenflotte war, als es sich um Zwangsarbeiter an Land handelte).
 
@Bdaian, es gab auch nationale Unterschiede in der Zusammensetzung der Rudermannschaften. Die Spanier hatten einen relativ kleinen Prozentsatz von Sklaven, während bei den Johannitern gefangengenommene Moslems die Mehrheit an Bord bildeten. Bei den Osmanen bestand die Chiurma ,ab der zweiten Hälfte des 16. Jh. fast ausschließlich aus Christensklaven. Die Franzosen ,die unter Ludwig XIV. die im 17. Jh. die größte ,stehende Galeerenflotte unterhielten, waren überhaupt nicht wählerisch in der Zusammenstellung der Riemenmaschinerie. Nicht selten wurden da Rudersträflinge, die zu 2 Jahren verurteilt waren überhaupt nicht wieder freigelassen ,wenn sie gute Ruderer waren, im Gegensatz dazu wurde mancher, schwache Lebenslängliche, wenn er Beziehungen hatte, schnell auf freien Fuß gesetzt. Da herrschte in Frankreich die pure Willkür. Hugenotten wurden meist lebenslang verurteit, es sei denn sie ließen sich von den Missionaren zum Kaholizismus bekehren.
Dass im 17. Jh. die Sterblichkeit unter den Sträflingen nicht mehr so hoch war, dürfte daran gelegen haben, dass die Galeeren immer seltener in Kampfeinsätze kamen, denn in einem Gefecht mit einem Segelkriegsschiff wurde immer zuerst der Antrieb, also die Rudertruppe aufs Korn genommen ,um die Galeere bewegungsunfähig zu machen.
Jean Marteilhe schildert das bei einem Kampf mit einem englischen Kriegsschiff. Es war bereits gekapert und lag längseits zu der franz. Galeere als ein englischer Kanonier eine Kanone nach der anderen zu zünden begann und gehacktes Eisen in die Ruderbänke schoss. Marteilhe überlebte, schwer verletzt als Einziger seiner Bank das Gemetzel.
 
Gibt es Zeugnisse für Epidemien, die durch Galeeren, bzw ihre Besatzungen verbreitet wurden? Sind jemals irgendwo Quarantänevorschriften zusammengefasst wurden?
In Venedig und Malta gab es da auf alle Fälle Vorschriften. Galeeren, die von einem längeren Einsatz zurückkamen, durften nicht in den Hafen einlaufen, sondern mussten zur Quarantäne vor reservierten Inseln oder unbewohnte Gegenden vor Anker gehen. Ich muss einmal nachschauen, wie lange diese Zeit dauerte. Auf Malta waren es, glaube ich mich zu erinnern 2 Wochen.
 
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