Genau aus diesem Grund hatte ich den Beitrag von
JGGW auch an diesen Thread hier angeheftet...
Nackte Jungfrauen
In diesem Artikel stehen einige sachen die mir ein bisschen komisch vorkmommen.
z.b.
Masturbation beispielsweise war gang und gäbe, und sogar an Kleinkindern wurden zu deren Entspannung von den Eltern entsprechende Handlungen vorgenommen.
war so etwas wirklich normal?????
Freenet würde ich, gerade auch bei solchen Sachen, nicht mehr Vertrauen entgegenbringen als der Bildzeitung, die sind ja nicht gerade für Seriosität bekannt.
...
Mal abgesehen davon bleibt der Artikel zudem jegliche Angaben über Autor und Quellen schuldig, da wäre ich skeptisch.
Ich empfehle auch zu diesem Thema den folgenden Literaturtipp:
http://www.geschichtsforum.de/f178/europa-im-hochmittelalter-1050-1250-a-2571/
Anm.: Einige meiner folgenden Ausführungen sind Wiedergaben aus ebenjenem Buch von
Peter Dinzelbacher...
Der gesamte Bereich der Sexualität war während des Mittelalters offiziell zunächst einmal ein Tabubereich bzw. negativ belastet.
Masturbation war insbesondere negativ belastet, da nach gelehrter Sicht (und da war die kirchliche Sicht includiert) "Verschwendung" des Samens u. dgl. als verwerflich galt u.ä.
... genauso, dass die Menschen wohl nicht 1 zu 1 nach den Regeln der Kirche gelebt haben...
Dies galt natürlich auf der anderen Seite ebenso und stellt keinen Widerspruch zum eben angeführten Kontext dar.
Es ist bspw. belegt, daß - anders als heutzutage - unglückliches Verliebtsein (
amor heros) als Zustand ernsthafter Erkrankung galt und der in Paris tätige Arzt
Gerard de Berry (er lebte Ende des 12. Jh.) als Heilmittel dagegen "häufigen Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnerinnen" empfahl.
... ich habe letztens in einer geschichtlichen fachzeitschrift etwas über "orgien" zwischen nonnen und mönchen gefunden.
Mag ja sein, dass es selbst Kleriker mit der Moral manchmal nicht so genau genommen haben und Geliebte hatten...
Mit den Orgien unter Nonnen und Mönchen ist das soeine Sache. Das es da in 1000 Jahren Mittelalter Einzelfälle gegeben hat, kann man nie ganz ausschließen, aber da "Doppelhäuser", in denen Mönche und Nonnen in Gemenschaft lebten, ja wohl auch nicht die Regel waren, wohl eher als Seltenheit betrachten. Somit war der Kontakt zwischen Mönchen und Nonnen ja auch stark eingeschränkt. Das solche Orgien allerdings auch zu Propagandazwecken erfunden wurden, um z.B. einen anderen Orden zu diffamieren, ist sehr wahrscheinlich.
Die Existenz oder Verbreitung von "Doppelhäusern" wird, glaube ich, in Zusammenhang mit den "Schwester Fidelma"-Romanen von Peter Tremayne recht kontrovers diskutiert, allerdings spielen die im Frühmittelalter.
Auch hier kann ich mich
Constantin weitgehend anschließen, möchte aber einige Dinge noch präzisieren bzw. zurechtrücken...
Zur Moral bzw. den diesbezüglichen Verfehlungen von Ordensleuten: natürlich ist es unbestritten, daß es dies gegeben hat. Zwar nicht von Mönchen und Nonnen, aber von den Ritterorden und hier speziell den Hospitalitern/Johannitern ist dies mehrfach belegt: Großmeister, Komture u.a. pflegten z.T. fast eheähnliche Beziehungen mit alleinstehenden und/oder früh verwitweten Damen aus adligem Haus; das am meisten berühmt gewordene Beispiel ist der Großmeister
Foulques de Villaret, der den Orden 1307/10 nach Rhodos führte. Diese Art verbreiteter Verfehlungen gegen Ordensgelübde brachte einen Kritiker der Ritterorden bereits im 13. Jh. zu seinem Spruch "Saufen wie die Templer, herumhuren wie die Johanniter, raufen wie die Deutschherren."
Zu den angesprochenen Doppelhäusern ("Brüder und Schwestern unter einem Dach"): diese waren - auch hier führe ich das Beispiel der Johanniter an, bei denen es neben den Brüdern im Ritterorden auch eine parallele Schwesternschaft gab - auch während des Hoch- und Spätmittelalters durchaus existent. Allerdings waren sie wohl wirklich eher die Ausnahme und wurden nur unter besonderen Umständen zugelassen: mW sind bspw. für die Johanniter im HRR
Kerkwerve und
Wytwerd (beide 13. Jh.; heute NL) sowie
Hohenrein bei Luzern,
Tobel und
Biberstein (alle 14. Jh.; heute CH) belegt.
Daß Berichte über unsittliches Treiben in solchen Häusern manchmal auf wahre Einzelfälle gründen konnten (dabei aber dann derartige Fälle einerseits überspitzt wiedergaben und andererseits gleich auf das ganze Haus bzw. den ganzen Orden übertragen wurden), ist dabei nicht einmal grundsätzlich auszuschließen; in den meisten Fällen aber ist es - wie bereits von
Constantin ausgeführt - Propanganda gegen den betreffenden Orden, weniger jedoch von Seiten anderer Orden, sondern vielmehr von weltlicher Seite und/oder Klerikern, welche sich durch solch priviligierte Gemeinschaften (die sich bekanntlich durch ihre Exemtionen dem lokalen/regionalen Zugriff eines Bischofs entzogen) übervorteilt sahen.
... ist das nicht so etwas wie inzest?
Das verstehe ich an der Stelle jetzt offen gestanden nicht :grübel: