"Maria Theresia" Robert Dornhelm (2017) Ö/CZ
Ich bin nun in den Genuss der tschechisch-österreichischen Koproduktion gekommen. Leider war gestern Abend nur noch der 2. Teil in der ORF-Mediathek zu sehen, aber ich denke mal, dass der Zweiteiler über kurz oder lang auch auf Arte oder 3sat ausgestrahlt wird. In Österreich und Tschechien erreichte die Produktion Traumeinschaltquoten (über 1,1 Mio. in Ö. und 2,1 Mio in CZ) - ein moderner Straßenfeger sozusagen, was sicherlich an der für beide Länder prominent besetzten Darstellerriege lag. Im ersten Teil trat beispielsweise Karl Merkovics als Prinz Eugen und Fritz Karl als Karl VI. auf.
Ich beziehe mich nur auf Teil 2. Dieser spielt nur 1740/41.
Nachdem Maria Theresia (Marie-Luise Stockinger) vom Tod des Kaisers erfährt, reist sie nach Wien. Dort angekommen sieht sie sich mit der unausgesetzten Kritik des Hofes, auch der Kaiserin Elisabeth Christine (Zuzana Stivínová) konfrontiert. Vor allem Bartenstein (Dominik Warta) und Graf Harrach (Jiří Dvořák), der laufend auf Prinz Eugens Entscheidungen in jedem Falle verweist, setzen ihr zu. Herzog Franz Stephan (Vojtěch Kotek) gibt sich als liebender Vater, verfällt aber auch auf Anhieb jeder hübschen Dame bei Hofe, vor allem aber der Gräfin Fritz ( Táňa Pauhofová) und einer gewissen Wilhelmine von Colloredo (Nathalie Köbli). Aus den Staatsgeschäften vor allem aber dem Krieg macht er sich nichts - ja er lehnt es ab sich an die Spitze der Truppen zu stellen, als Maria Theresia ihn darum bittet. Als ihre engste Beraterin genießt die Gräfin Fuchs (Julia Stemberger) das Vertrauen der Erzherzogin. Der Herzog von Lothringen aber stürzt sich in die Seidenherstellung und gründet dazu eine Tuchmacherei (sic!), wo man scheinbar (sic!) auch komplette Kleider kaufen kann. Obwohl Maria Theresia versucht der preußischen Aggression dadurch den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie Grumbkow (Zoltán Rátóti) in ihren engeren Kreis zieht, greifen sie bald Österreich an und werden von den Schlesiern jubelnd begrüßt.
Maria Theresia ist verzweifelt. Das Volk sei arm und krank, der Adel verließe den Hof und der Feind fiele von allen Seiten über sie her. während sie keine Verbündete habe - so ihr Eindruck.
Daher wendet sie sich schließlich an den Grafen Nikolaus Esterházy (Bálint Adorjáni), dem sie im Gegenzug für seine Unterstützung bei den ungarischen Magnaten eine Liebesnacht anbietet. Ihr Gemahl ist ja bereits ohnehin der Gräfin Colloredo verfallen, nachdem es Maria Theresia gelungen war die Gräfin Fritz auf ihre Seite zu ziehen. Zwar scheitern die Verhandlungen mit Esterházy, aber sie reist dennoch nach Ungarn, um mit einer Rede den ungarischen Adel für sich zu gewinnen. Unter der Führung des Grafen Esterházy schließen sich doch noch die Adligen der Erzherzogin an und sie wird in Preßburg gekrönt. Man verspricht ihr 60.000 Mann, aber sie bekennt zu ihrem Gemahl, dass sie froh wäre in Wahrheit die Hälfte zu bekommen.
Hier endet der Film.
Teilweise tut es schon beinahe weh wie ahnungslos offenbar die Drehbuchschreiber in der Materie waren. Was soll denn der Herzog von Lothringen mit einer Tuchmacherei? Er will Seide produzieren. Da muss man erstmal Maulbeerbäume anpflanzen und dann braucht man
Seidenweber nicht Tuchmacher und Kleider werden von Schneidern produziert und nicht von den Stoffherstellern. Und dann reihen sich auch noch zahlreiche Verwechslungen aneinander. Was soll denn die Erzherzogin beim Grafen Esterházy, wo doch sein Bruder der Fürst ist und dieser den Einfluss viel eher genießt. Noch absurder aber ist das Bild von Bartenstein, der hier als entschiedener Gegenspieler Maria Theresias dargestellt wird, der kompromissbereit mit Preußen verhandeln will. Genau das Gegenteil war ja der Fall; Bartenstein war der Führer der Partei der Hardliner gegen alle Feinde Österreichs. Offenbar kannte der Drehbuchschreiber vielleicht die Figuren dem Namen nach, aber hatte keine Ahnung von deren Intentionen oder politischer Haltung.
Die Dialoge sind teilweise etwas arg bemüht lustig und hin und wieder regelrecht banal.
Die Ausstattung ist offenbar für den Zweiteiler extra angeschafft worden. Seltsamerweise wurde das Kunststück vollbracht, dass beinahe keinem der Darsteller sein Gewand passt - vielleicht von der Stange gekauft? Bartenstein trägt irgendeinen Fummel, der nach spätem 17.Jh. ausschaut und obendrein 2 Nummern zu groß ist - dagegen war der echte Bartenstein äußerst Modebewusst und keineswegs eine graue Eminenz. Wirklich störend sind die Perücken bei den Damen, das in einer Zeit als Perücken für Damen, wo sie nicht unter Haarausfall etwa litten, ganz unnötig waren (recht kurze Haare bei der Frisur). Maria Theresia sind hingegen viele Kleider zu klein. Vor einem Hofball legt dann auch Maria Theresia ihr Galakleid ab und zieht als angebliches Galakleid eine Pseudo-Robe-à-la-Francaise an - also das offizielle Kleid gegen das inoffizielle verkehrt rum getauscht. Ja, bei manch einem sieht man, dass die Borte nur für die Vorderseite des Kleidungsstücks reichte und man vergessen hatte, dass man die Männerrolle 1/3 der Zeit von hinten sah!
Die beiden Esterházy, die gemeinhin hier im Film für ihre Schnurbärte gerühmt wurden, haben seltsamerweise just keine gehabt (siehe Porträts auf Wikipedia z.B.). Die ungarischen Gewänder, obwohl ebenfalls lange im Bild, wirken enorm pimmfig. So hätte sich doch kein ungarischer Magnat tot über den Zaun gehangen. Und so ging das weiter bis hin zu den obligatorischen angeblich fehlenden Stiefeln (!), welche Maria Theresia bei einem Haufen deutscher Infanterie monierte: aua, trag mal Stiefel auf so einem Marsch, Du doofe Chefin, würde ich da als Füsilier mal sagen.
Einziger Pluspunkt, dass man ausnahmsweise wenigstens den Herzog von Lothringen im Spanischen Mantelkleid, wenngleich ohne Mantel (!) sieht. Bei einem Anlass, wo das getragen wurde, trug dann aber eigentlich DER HOF diese Galakleidung, nicht nur der Chef!
Bedauerlicherweise wurde nichtmal ansatzweise versucht zumindest einzelne Szenen in der Hofburg zu drehen. Dadurch spielt sich der Hof in einer Fantasiegegend ab, die offensichtlich nichts mit Wien gemein hat, auch wenn man mal eine Fahrt durch ein PC-Animations-Wien wagt. Dadurch sind die Räumlichkeiten vor allem bei dem Hofball, einem "Herzstück" des Films eher mickrig. Obwohl der Standart anführte, dass man eine Koproduktion unternommen hatte, um überhaupt die Kosten der Posse zu stemmen, nimmt sich das Ergebnis mager aus. Auf Massenszenen wird verzichtet. Wo es unumgänglich wird wie bei der Königskrönung in Pressburg scheint der Versuch durch geschicktes Filmen z.B. den Ritt auf den Hügel nur anzudeuten eher unfreiwillig komisch.
Die Schauspieler bemühen sich wohl. Leider ist aber selbst unter den Hauptfiguren wie der des Grafen Esterházy die Schauspielerei etwas hölzern, vielleicht durch die etwas arg unglaubwürdige Handlung - mag sein, dass der Darsteller ahnte, dass das nicht funktioniert. Marie-Luise Stockinger macht ihre Sache erstaunlich gut. Sie wurde wohl danach ausgesucht, dass sie ein kleines Doppelkinn hat, welches man Charakteristikum der Physiognomie der späteren Kaiserin ansah.
Es wurde scheinbar versucht einen reichlich unpolitischen Film über eine politisch brisante Zeit zu machen. Ohne die Stimmung in Wien und die Ambitionen Karl Albrechts z.B. zu beleuchten, bleibt die Bedrohung der Hauptfigur nicht plausibel. Maria Theresia auf einen teilweise an den Haaren herbei gezogenen Dauerkonflikt mit ihrem Gemahl zu beschränken, ergibt letztlich eine Schmonzette.
Insgesamt eine eher schwache Produktion, die ungefähr so frei mit der Geschichte umgeht wie der etwa zeitgleich entstandene Film über Kaiser Maximilian I., aber mit einer schwächeren Besetzung und lustloserem Drehbuch mit zahlreichen Längen.
4 von 10 Plastikfifis.