Eigentlich OT, aber mE wichtig:
Germanien weniger entwickelt als der Rest, bedeutet, der Rest war höher entwickelt...
Bei so wertenden Aussagen bekommen ich immer Bauchweh.
(...)
Wenn wir sagen, das die germanische Wirtschaft anders aufgestellt war und das Ziel der wirtschaftlichen Tätigkeiten ein anderes war, okay, weiter oder weniger entwickelt, nein.
@ Wilfried: Sry, aber das ist mE alberne Kritik. Ich will nicht werten. Aber es ist eine objektive Tatsache, dass es (um bei Europa und der Zeit zu bleiben) eine Entwicklung gab: Geldnutzung, Städte, eine arbeitsteilige, hierarchische Gesellschaft und alles, was da dran hängt, fallen nicht vom Himmel. Dass diese Dinge entstanden, liegt an Veränderungsprozesen, die nicht sprunghaft oder erratisch sind. Ist in einer Gesellschaft dieser Prozess weiter fortgeschritten, muss es erlaubt sein, sie "entwickelter" zu nennen. Wie denn auch sonst? Und dass dies hier der Fall ist, dafür sind Geldnutzung oder Städte, oder eine klare soziale Hierarchisierung ein deutlicher Hinweis.
Ob das für die Betreffenden besser ist oder nicht, steht auf einem völlig anderen Blatt. Darüber habe ich nichts gesagt, weil es mit dieser Diskussion nichts zu tun hat. Dass sich die Germanen mit Händen und Füßen gegen die Römer und damit auch die Entwicklung, für die diese standen, wehrten, mag aber einen Hinweis liefern. Aber: Anderes Thema.
Würde man deine Kritik beherzigen, würde das nur dazu führen, dass es unmöglich wird, sich über gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche etc Prozesse auszutauschen oder diese zu analysieren. Das kanns nicht sein.
In der Biologie heisst ein von zwei Merkmalen "primitiv", wenn es dem Vorläufer-Merkmal eines gemeinsamen Vorfahren, aus dem sich beide entwickelten, ähnlicher ist als das andere. (Kann ich auch noch an Beispielen ausführen, wenn gewünscht; Flossen sind bspw sowohl primitiv als auch das Gegenteil, je nach Betrachtungsweise.)
Das ist eine völlig wertfreie Beschreibung, die Biologie als Naturwissenschaft sollte ja sowieso nicht werten. Da das Wort sehr negativ konnotiert ist hat es in einer Sozialwissenschaft nichts zu suchen. Ich würde mir aber wünschen, dass es anders wäre. Die Alternative "ursprünglich" hat nämlich auch eine Konnotation, wenn auch eine positive. Leider bleibt damit kaum eine Möglichkeit übrig, diesen Sachverhalt sinnvoll auszudrücken.
Eine Gesellschaft, die Jagd- und Sammelwirtschaft betreibt, teilt ein Merkmal den ältesten menschlichen Kulturen, im Gegensatz zu einer Agrar- oder Industriegesellschaft. Steingeräte werden seit Jahrhunderttausenden genutzt, solche aus Metall oder Plastik noch nicht ganz so lange. Ich sage damit nicht, dass da i-eine Lebensweise besser oder schöner oder moralisch überlegen oder sonst was ist, obwohl ich persönlich heiße Duschen sehr schätze. Ich würde das aber gerne zum Ausdruck bringen, ohne mir entweder jedes mal die Finger wund zu tippen, oder mir sagen zu lassen, ich würde i-was oder gar i-jemand abwerten. Sry für die lange Abschweifung