Trennung vorgeschichtliche und geschichtliche Keltike

Dieter,

meine verkürzte und damit missverständliche Aussage zu Hr. Kimmig sei mir verziehen.

Es schlagen halt zwei Herzen in meiner Brust.
Einmal geht´s mir genauso wie Dir, immerhin reden wir ja von Menschen, nicht nur von „Trägern“ irgendwelcher archäologischen Kulturen.
Das ist mir sogar eines meiner Hauptanliegen, gerade wg. meiner Museumsarbeit. Da betätigt man sich als Übersetzer zwischen der normalen, interessierten Bevölkerung und dem Fach.
Da bewegt man sich immer im Spannungsfeld der arch. Fachsprache und der internen Bedeutung bestimmter Begriffe und dem Bedeutungsinhalt, der allgemein dem oder jenen Begriff zugeordnet wird.

Das Problem ist halt jetzt, dass wir gewohnt sind, bestimmte Kulturen, Gebiete und Menschen in nur einem Begriff, sei es Volk, sei es Nation zu fassen.

Begriffe wir Römer, Kelten, Etrusker, Griechen etc. sind griffig und decken sich mit unserer modernen Aufteilung der Welt.
Andererseits geht eine solche Begrifflichkeit in der Archäologie nicht oder kaum.
Wer sind die Urnenfelderleute, die Hallstätter, die Schnurkeramiker, die Chamer Gruppen-Leute, die Mondseekultur-Menschen ? Wer sind die Paläolithiker im Geißenklösterle ? Sind die letzteren jetzt Europäer ? Noch Afrikaner ?

Die Problematik taucht halt erst im Übergangsfeld Historisch/Prähistorisch auf, weil wir da jetzt Namen für Volksgruppen haben.
Aber diese Gruppen sind nicht deckungsgleich mit den Verbreitungsgebieten eines bestimmten Kulturausdrucks. Wenn dann diese Gruppen auch noch wandern, haben wir nicht mal eine geographische Sicherheit. Oder wenn sich, was ja völlig normal ist, ein bestimmter Kulturausdruck, ohne Wanderung von Menschen, sich verbreitet.
Da haben wir das Problem, dass die Verteilung einer „archäologischen“ Kultur (z.B. Latène) in Gebiete erstreckt, die wir aufgrund der schriftlichen Nachrichten kaum als „Keltisch“ bezeichnen können. Und das Problem, dass wir erfahren, dass „Kelten“ sich in Gebieten aufhielten, von denen uns Latènefunde fehlen. ( Keltischen Söldner in Ägypten oder an die Leibwache von Herodes, etc.)

Kimmig hat völlig recht in seiner Aussage.
Das Problem ist halt, dass wir eben immer versuchen, diese Volks/Nationbegriffe irgendwie unterzubringen. Eigentlich geht das nicht.
Bleibt das Problem, wie ich außerhalb der Fachwelt damit umgehe.
Und mein Vorschlag, den ich auch in der Praxis umsetzte, ist eben die Trennung zwischen historischen und prähistorischen Begriff.
(Das sprachliche Problem (Inselkeltisch) lasse ich sowieso erstmal beiseite, sonst geht erst mal gar nichts mehr beim Publikum).

Das ist wie „Beil“ und „Axt“. Im Fach ist ein Beil nicht gelocht, die Axt schon.
Heute ist ein Beil einhändig, die Axt zweihändig.
Im Fach weiß ich jedoch nicht, wie lang der Holm war (Ausnahmen gibt´s, klar), also bedient man sich einer Unterscheidung, die in der Öffentlichkeit missverständlich ist.

Es bleibt schwierig.

Thomas
 
Danke für dein ausführliches Statement, Tom! :winke:

Der Kulturbegriff kann die Begriffe Kelten, Germanen, Iberer oder Etrusker sicher nicht ersetzen. Ich wäre auch nicht so zögerlich mit dem Begriff Volk, nur weil es da gewisse Unwägbarkeiten gibt. An den Stellen, wo man ziemlich sicher sein kann, dass ein solches "Volk" siedelte, da hätte ich keine Bedenken, den Begriff zu verwenden.

Wenn also schon die die Römer oder Griechen in den Keltoi ein Volk sahen, das sich unzweifelhaft von anderen oder benachbarten Völkern unterschied und wenn bestimmte Keramiken, Schmuck (wie z.B. der Torques) und Waffen eine bestimmte Ethnie charakterisieren, wenn all das zusammenkommt, dann sollte man meines Erachtens ruhig von einem Volk oder einer Völkergruppe sprechen - wohlgemerkt im antiken Sinn und nicht gänzlich in seiner heutigen Bedeutung.

Und wenn diese Keltoi um 500 v. Chr, unzweifelhaft zwischen Ostfrankreich und Süddeutschland saßen, dann kann man annehmen, dass sie wohl auch 900 v. Chr. in diesem Raum saßen, vielleicht nicht gänzlich deckungsgleich, aber doch im Kernbereich. Ob sie allerdings noch weitere 300 Jahre früher - zu Beginn der Urnenfelderkultur - dort siedelten, das scheint zwar nicht ausgeschlossen, aber fraglich und unwägbar.

Irgendwann muss eine solche Rückprojektion von historisch verbürgten Sitzen aus ihr Ende finden und natürlich gibt es stets die Möglichkeit, dass ein in historischen Sitzen bezeugtes Volk wirklich erst 300 Joder nur 100 Jahre zuvor eingewandert ist. Das hätte aber eine massiv gestörte Sachkultur in diesem Großraum zur Folge, die Archäologen unzweifelhaft entdecken und Alarm schlagen würden.

Im Falle der Etrusker, die 900 v. Chr.historisch fassbar werden, ist das z.B. nicht der Fall, sodass man annehmen kann, dass Proto-Etrusker dort auch schon 300 Jahre zuvor saßen. Und vermutlich gilt das auch für die Kelten und die Germanen, unsere "Sprach- und Kulturgemeinschaft".

Wie dem auch sei: Trotz aller Spitzfindigkeiten werden Kelten oder Germanen im Bewusstsein der Öffentlichkeit und in den entsprechenden Publikationen stets das Attribut "Volk" erhalten und das ist ja auch nicht verwerflich.
 
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Der Kulturbegriff kann die Begriffe Kelten, Germanen, Iberer oder Etrusker sicher nicht ersetzen. Ich wäre auch nicht so zögerlich mit dem Begriff Volk, nur weil es da gewisse Unwägbarkeiten gibt. An den Stellen, wo man ziemlich sicher sein kann, dass ein solches "Volk" siedelte, da hätte ich keine Bedenken, den Begriff zu verwenden.

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Wie dem auch sei: Trotz aller Spitzfindigkeiten werden Kelten oder Germanen im Bewusstsein der Öffentlichkeit und in den entsprechenden Publikationen stets das Attribut "Volk" erhalten und das ist ja auch nicht verwerflich.


Ich würde aber auch in Äußerungen für die Öffentlichkeit (also für mich z.B., da ich nicht vom Fach bin) nie von einem keltischen (oder germanischen) Volk sprechen, sondern z.B. von Völkern/Stämmen mit keltischer Sprache aus dem keltischen Kulturkreis. Meinetwegen auch von keltischen oder germanischen Völkern. Oder verstehe ich Dich da falsch?

Ich sehe die antiken Autoren auch nicht so, daß sie Kelten oder Germanen als ein Volk betrachten, sondern als Oberbezeichnung einer in wesentlichen Dingen einheitlichen Kultur mit bestimmten Topoi, die aber in sich durchaus differenziert sein kann.


Die Ausführungen von Raimund Karl finde ich interessant, obwohl ich beim Begriff "holistisch" immer etwas vorsichtig bin und ich auch nicht ganz nachvollziehen kann, welchen bahnbrechenden Vorteil diese Sicht bringen soll. Die Übertragung von Schlüssen aus der Physik auf die Geisteswissenschaften sollte vorsichtig erfolgen. Daß im Gehirn ein Bild einer real nicht existierenden Wirklichkeit erzeugt wird (wo doch alles flirrende Teilchen mit ganz viel Nichts dazwischen ist), ist etwas anderes als die Interpretation und Unterscheidung dieser vom Gehirn erzeugten Gegenstände. Insofern ist der Schluß, es habe keine Kelten gegeben, meiner Ansicht nach letztlich ein Trugschluß. Wenn in 1000 Jahren mal jemand behauptet, es habe am Beginn des 21. Jhr eigentlich keine Deutschen und Franzosen gegeben (beides westeuropäische Kultur), würde sich schlicht ein Besuch eines französischen und deutschen Supermarkts oder, noch besser, Restaurants anbieten (mittels dann möglicher Zeitreise), um (leider) wesentliche Unterschiede festzustellen. :D
 
Ich würde aber auch in Äußerungen für die Öffentlichkeit (also für mich z.B., da ich nicht vom Fach bin) nie von einem keltischen (oder germanischen) Volk sprechen, sondern z.B. von Völkern/Stämmen mit keltischer Sprache...

Das sagst du, weil du mehr in der Materie drinsteckst, als Otto-Normalverbraucher. Kein BILD-Redakreur würde von "Völkern keltischer Sprache" sprechen und diese Gazette spricht für Millionen Deutsche! :D

Als Historiker werde ich gewiss nicht von einem "keltischen Volk" sprechen, sondern - wenn wir nicht die "Sprach- und Kulturgemeinschaft" bemühen wollen - von keltischen Stämmen oder Völkern. Da weiß jeder, der etwas mit der Materie vertraut ist, dass damit natürlich kein "Volk" oder gar eine "Nation" im Sinne des 21. Jahrhunderts gemeint ist.

Ich sehe die antiken Autoren auch nicht so, daß sie Kelten oder Germanen als ein Volk betrachten ...

Aber natürlich betrachteten die Autoren der Antike Kelten oder Germanen als Völker, die sich für sie deutlich von anderen Völkern unterschieden. Uns sind sogar Völkerkarten antiker Autoren überliefert.
 
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Aber natürlich betrachteten die Autoren der Antike Kelten oder Germanen als Völker, die sich für sie deutlich von anderen Völkern unterschieden. Uns sind sogar Völkerkarten antiker Autoren überliefert.

Aber mit Differenzierungen? Tacitus z.B. verwendet doch, soweit ich mich erinnere (ich habe die Germania nicht bereit) ziemlich viel Aufwand, die verschiedenen Stämme einzuordnen und manche Unterschiede herauszustellen, Caesar genauso. Ist das dann ein germanisches/keltisches Volk, oder sind das nicht bereits germanische/keltische Völker? Oder ist das Haarspalterei?
 
Aber mit Differenzierungen? Tacitus z.B. verwendet doch, soweit ich mich erinnere (ich habe die Germania nicht bereit) ziemlich viel Aufwand, die verschiedenen Stämme einzuordnen und manche Unterschiede herauszustellen, Caesar genauso. Ist das dann ein germanisches/keltisches Volk, oder sind das nicht bereits germanische/keltische Völker? Oder ist das Haarspalterei?


Also die Römer unterschieden sehr genau zwischen Kelten und Germanen, darüber hinaus zwischen Hunnen, Etruskern, Iberern, Ligurern, Juden, Persern, Skythen, Karthagern, Illyrern, Thrakern, Libyern, Griechen und einer Unmenge anderer Völker. Diese Völker hatten für die Römer jeweils eine ganz eigene Identität und somit einen eigenen Völkernamen. Und ein Etrusker war eben kein Grieche und ein Germane kein Kelte,

Ich weiß nicht, welche künstlich aufgesteilten Probleme heute einige mit diesen Völkernamen und Völkern der Römer und Griechen verbinden, denn diese Altvorderen erkannten eine ganze Menge von Merkmalen, mit denen sie diese Völker voneinander unterschieden: Sprache, Tracht, Waffen, Schmuck, Gesellschaftsform, Lebensweise usw.

Und somit will mir absolut nicht einleuchten, warum einige heute in einem Keltenbegriff ein (künstliches) Problem sehen wollen, was für Griechen oder Römer - durchaus wohlbegründet - überhaupt leines war.
 
Das geht mir, auf einer sicher laienhafteren Ebene, genauso. Die Relativierung hat ja philosophische Hintergründe, wie man an dem Artikel von Raimund Karl gut sieht. Der berechtigte Hinweis auf die Konstruktion der Realität durch den Menschen, also auch die zeitgedingte Konstruktion der eigentlich nicht realen Kelten durch die Wissenschaft, greift m.E. jedoch zu kurz, da damit nicht in Frage zu stellen ist, daß die Konstruktion bestimmten Regeln folgt. Ich bezweifle, daß alle diese Regeln beliebig, also kulturerzeugt sind. Es ist daher eigentlich egal, ob man die vom Menschen unabhängige Realität behauptet oder bestreitet.


Nichtdestotrotz: ich habe immer noch das Problem, aus den Schilderungen z.B. von Caesar auf ein germanisches oder keltisches "Volk" zu schließen. Wenn er im Kampf gegen Ariovist Sueben, Vangionen, Triboker, Haruden etc. als Gegner nennt, bezog sich dann der antike Volksbegriff auf die genannten Stämme oder die gemeinsame Eigenschaft als Germanen (rohe, wilde, ungestüme, unberechenbare, grausame Barbaren von idR jenseits des Rheins, ohne städtische Siedlungen, übler und kriegerischer als die Gallier)? Wenn die Römer mit den gallischen Häduern verbündet waren und sich gegen die gallischen Sequaner oder keltischen Helvetier wendeten, hatte man dann die Auffassung, in einen Bürgerkrieg einzugreifen?
 
Nichtdestotrotz: ich habe immer noch das Problem, aus den Schilderungen z.B. von Caesar auf ein germanisches oder keltisches "Volk" zu schließen.

Die Kelten sprachen keltisch und die Germanen germanisch! Zudem saßen die Kelten vor allem in Gallien und die Germanen in Germanien. Die Römer und ihre Historiker und Ethnologen wussten schon, wovon sie sprachen. :D
 
Zitat Dieter:
Und somit will mir absolut nicht einleuchten, warum einige heute in einem Keltenbegriff ein (künstliches) Problem sehen wollen, was für Griechen oder Römer - durchaus wohlbegründet - überhaupt keines war.“

Zitat Luziv:
„Die Relativierung hat ja philosophische Hintergründe, wie man an dem Artikel von Raimund Karl gut sieht.“

Wenn ich das alles richtig verstehe, drückt der Schuh nur am unterschiedlichen Verständnis der Historiker und der Prähistoriker.
Es gibt aber halt (leider) drei Keltenbegriffe. Einmal den der Prähistorik, einmal der der Historiker und einmal der der Sprachwissenschaftler.
Deshalb sehe ich schon einen Diskussionsbedarf. Und rein Philosophisch ist das Problem m.E. keineswegs, bei allem Verständnis für Raimund Karls´ bekannte Eloquenz und Neigung zur philosophischen Sicht der Dinge. R. Karl entstammt ja auch der Wiener Schule der „Keltologie“, die einen, auch für mich, etwas sehr weit gefasste Keltenbegriff pflegt, der aber, und das ist anzuerkennen, versucht, die drei oben genannten unterschiedlichen Begriffe unter einen Hut zu kriegen.

Ich sehe die Diskussion im übrigen auch keineswegs als außergewöhnlich. Im Berührungsfeld Historik/Prähistorik ergeben sich doch laufend Spannungsfelder im Versuch, die Quellenlage zu synchronisieren.
Troja, Teutoburger Wald, andere aus Berichten bekannte Orte werden versucht mit archäologischen Funden/Befunden in Übereinklang zu bringen. Bestimmten Bestattungen werden allzu gerne bestimmte Namen zugeordnet ( Phillip II und einige Ägypter/innen, um nur ein Beispiel zu nennen).
Von Versuchen die bronze- und metallzeitlichen Nachrichten aus der Bibel archäologisch festzumachen, rede ich erst mal gar nicht.
Da sind wir dann auch sehr schnell bei der Interpretation von Mammutknochen als Überreste von Riesen....da passten Fund und geschriebenes Wissen erstmal auch nicht so recht zusammen.

Damit sich eben das Problem, inwieweit die Kelten archäologisch fassbar sind, inwieweit sich die Funde mit den Berichten decken.
Und eine Diskussion in der Prähistorik, ob den nun die dieser oder jener Fundkomplex oder diese oder jene Zeitstufe nun keltisch ist oder nicht unterscheidet sich in überhaupt rein gar nichts von einer Diskussion ob den nun die Kimbern und Teutonen nun Kelten oder Germanen sind.

Thomas
 
Sprachen die Germani cisrhenani wirklich germanisch? Wenn man die Story von Hieronymus (?) aus dem 4. Jhr. zu den Galatern und Trier ernst nimmt, wohl eher nicht. :)

Ich finde den Aufruf zur großen Vorsicht bei der Überblendung von archäologischem Befund und Sprachen und politischen Einheiten sehr sympathisch. Den Schluß zu ziehen, es hätte keine Kelten gegeben, sie wären nur nützliche veränderliche Konstrukte, je nach Betrachtungswinkel, halte ich aber für etwas übertrieben. Man merkt ja, daß selbst sehr gewollte Konstruktionen wie die Caesars an bestimmten Merkmalen anknüpfen müssen und, auf Metaebene, als Konstrukt erkannt werden können. Letzteres ist eigentlich nur denkbar, wenn es eine gewisse distinkte Realität gibt.


Edit: was ich noch sagen wollte, wenn ich von "philosophischem Hintergrund" spreche, meine ich das nicht abwertend, so nach dem Motto "belanglos". Ich finde, die Philosophie klärt grundlegende Fragen (äh, versucht es...), daher sind das wichtige Fragen, bzw. die wichtigsten Fragen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sprachen die Germani cisrhenani wirklich germanisch? Wenn man die Story von Hieronymus (?) aus dem 4. Jhr. zu den Galatern und Trier ernst nimmt, wohl eher nicht.

Natürlich gibt es strittige Fälle, an denen man freilich nicht alls scheitern lassen kann, was in den Augen eines Sprachwissenschaftlers oder Historikers ziemlich unbestritten "keltisch" oder "germanisch" ist. Darüber haben wir oft und gern in diesem Forum gestritten und ich empfehle z.B. diesen Thread, der das gut dokumentiert:

http://www.geschichtsforum.de/f32/treverer-kelten-7101/

Ich habe dort zur Frage, ob die Treverer Kelten oder Germanen waren, u.a. wie folgt Stellung genommen:

Wie schon oben gesagt, gelten die Treverer in der Forschung als keltisch-germanisches Mischvolk, das in römischer Zeit nur noch keltische Identitäten aufwies (z.B. keltisches Idiom, keltische Kulte usw.). Von Einflüssen weiterer Völker ist mir nichts bekannt und sie dürften auch hochspekulativ sein.

Natürlich kann man annehmen, dass zur Zeit der Urnenfelderkultur 13.-8.Jh. v. Chr. im Moselraum andere indogermanische Völker siedelten als Germanen und Kelten, die zu dieser Zeit noch gar nicht fassbar waren, und sich erst im Raum Skandinavien/Norddeutschland bzw. Ostfrankreich/Donaugebiet herauskristallisierten. Wer von diesen durchaus unbekannten indogermanischen Völkerschaften jedoch Spuren in den Treverern wiederfinden will, verbreitet meines Erachtens unwissenschaftliche Spekulationen.

Die oben angesprochene kultische "Dreiheit" ist hingegen gut belegt. Sie findet sich in den bei den Treverern anzutreffenden "Matronen", d.h. keltischen Göttinnen, die bildlich meist als Dreiheit dargestellt sind. Füllhorn und Früchte als ihre Attribute verweisen auf Bezüge zur Vegetation. Verehrt wurden sie nicht nur vom Volk in einst keltischen Gebieten, sondern auch von den dort stationierten römischen Truppen.
Auch die Kimbern und Teutonen sind - wie Tom oben schon anmerkte - ein striitiges Thema und es mag noch diesen oder jenen anderen Fall geben.

Unsere Diskussion handelte aber nicht von solchen Grenzfällen, sondern es ging um die eindeutig als Kelten oder Germanen zu verortende große Masse. Dass Galater, Helvetier oder Belger mit ziemlicher Sicherheit Kelten waren, ist ebenso offensichtlich, wie Cherusker, Langobarden oder Markomannen den Germanen zuzurechnen sind..
 
Zuletzt bearbeitet:
Sprachen die Germani cisrhenani wirklich germanisch? Wenn man die Story von Hieronymus (?) aus dem 4. Jhr. zu den Galatern und Trier ernst nimmt, wohl eher nicht. :)

Aufgrund des Fragezeichens nehme ich an, dass du nicht weißt, wo die Stelle zu finden ist: In einem Kommentar des Hieronymus zu seiner Übersetzung des paulinischen Galaterbriefs. Die Glaubwürdigkeit dieser Stelle steht und fällt damit, ob Hieronymus des Gallischen mächtig war, wofür es keinen positiven Beweis gibt. Aber wie kommst du darauf, die Treverer als Germanen einzuordnen?
 
Das Fragezeichen rührt daher, daß ich aus der Erinnerung zitiert habe, ohne vorher nachschauen zu können, daher wußte ich nicht genau, war es Hieronymus oder ein anderer (kann mir Namen schlecht merken :pfeif:). Ob die Treverer ein germanisch-keltisches Mischvolk waren, dazu siehe Dieters Link. Im von mir geposteten Zusammenhang hat das aber keinen Nährwert, habe noch mal nachgeschaut in DBG, Caesar zählt u.a. die "Segni" und "Condrusi", die zwischen Eburonen und Treverern wohnen, zu den Germani cisrhenani, aber nicht die Treverer selbst, insofern kann man meinen Schluß nicht ziehen.
 
Wenn ich das alles richtig verstehe, drückt der Schuh nur am unterschiedlichen Verständnis der Historiker und der Prähistoriker.
Es gibt aber halt (leider) drei Keltenbegriffe. Einmal den der Prähistorik, einmal der der Historiker und einmal der der Sprachwissenschaftler.
Deshalb sehe ich schon einen Diskussionsbedarf.

Genau das ist das Problem bei dem Keltenbegriff.

Und somit will mir absolut nicht einleuchten, warum einige heute in einem Keltenbegriff ein (künstliches) Problem sehen wollen, was für Griechen oder Römer - durchaus wohlbegründet - überhaupt leines war.

Nun ja der Keltenbegriff den Römer und Griechen prägten, mag ja für die Art und Weise wie Sie damals fremde Völker eingeordnet haben, durchaus berechtigt gewesen sein. Nach heutigem Wissenschaftsverständnis ist es nun mal nicht mehr.
Schon alleine die Vielzahl von Definitionen von Kultur und die anhängigen Diskussionen zeigen das sehr deutlich auf.

Außerdem sollte man sich so langsam davon befreien, Gebetsmühlenartig die überalterten Definitionen von Völkern/Kulturen der Römern und Griechen immer wieder vorzuschieben.
Wirklich weiter kommen die Archäologen, Historiker und Sprachwissenschaftler erst wenn Sie auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Bisher sind die Versuche doch eher kläglich, was besonders gut bei dem Streit um Troja (Wilusa = Ilios = Troja) deutlich wird.
 
Nun ja der Keltenbegriff den Römer und Griechen prägten, mag ja für die Art und Weise wie Sie damals fremde Völker eingeordnet haben, durchaus berechtigt gewesen sein.

Heute gilt wie damals: Wer französisch spricht, ist Franzose und wer keltisch spricht, ist Kelte. Man muss das nicht alles unnötig komplizieren! :D
 
Oder Belgier, Kanadier, Schweizer, Luxemburger, oder gar aus dem nördlichen oder westlichen Afrika....Dieter, tut mir leid, ich konnte nicht anders. :winke:

Thomas
 
Und wer deutsch spricht, ist Deutscher? Das wird einigen Österreichern aber nicht gefallen. :D
(Edit: hehe, Thomas Trauner war schneller.)

Wird denn der Bereich nun getrennt? Umfrage, Abstimmung? Was sagen die Mods dazu?
 
Oder Belgier, Kanadier, Schweizer, Luxemburger, oder gar aus dem nördlichen oder westlichen Afrika....Dieter, tut mir leid, ich konnte nicht anders.

Unzweifelhaft waren die Gallier Kelten und die Sachsen Germanen. Wer wollte das bestreiten?

Und wenn die Gallier keine Kelten waren, was waren sie dann? Sprachen sie vielleicht Suaheli? Und wenn die Sachsen keine Germanen waren. Was waren die dann? Vielleicht sprachen sie ja eine noch nicht entdeckte Geheimsprache.

Wenn ein Kelte, schön mit dem Torques um den Hals und eingegipsten Haaren, vor dich hintritt, Tommy, dann wirst du sagen: Hebe dich hinweg, denn dich darf es nicht geben! - Das wird dem armen Kelten ein lebenslanges Trauma bereiten! :D
 
Zitat Dieter:
Wenn ein Kelte, schön mit dem Torques um den Hals und eingegipsten Haaren, vor dich hintritt, Tommy, dann wirst du sagen: Hebe dich hinweg, denn dich darf es nicht geben! - Das wird dem armen Kelten ein lebenslanges Trauma bereiten“

Irgendwie scheine ich ein paar Argumente nicht richtig verständlich gemacht zu haben, befürchte ich.
Selbstredend gab es Kelten, vermutlich haben wir sogar noch einiges an deren Kulturgut in Europa.
Und selbstverständlich sind sie einer der Träger der Eisenzeitlichen Kulturen Europas.

Wir tun uns halt nur sehr hart, die Kelten im Einzelfall festzumachen. Die Archäologie reicht nicht, da nicht jeder Torques keltisch ist, die damaligen Geschichtsschreiber erfassen wiederum nicht alle, lt. Funden und Befunden wohl keltische Gegenden und die Sprachwissenschaftler erfassen eben nur Sprache oder deren Reste.
Die Synchronisation dieser Wissensgebiete ist das Problem.

Raimund Karls´ Ausführungen sind ein Denkanstoß.
Es ist richtig, dass Forschung subjektiv bleibt, weil eben Menschen forschen. Ergo ergeben sich Konstrukte, bei denen wir nicht wirklich sicher sein können, ob sie tatsächlich der Realität entsprechen.
Im konkreten Fall dürften wir, wenn wir übergenau sind, von Kelten nur für die Orte und Zeiten sprechen, in denen sie konkret in der Geschichtsschreibung benannt wurden.
Alles was darüber hinausgeht, ist ein Konstrukt. Ein sehr, sehr wahrscheinliches, aber eben ein Konstrukt, das sich aus dem Versuch ergibt, Bodenfunde mit der verschriftlichten Geschichte zu synchronisieren.

Der „keltische Hallstatt-Fürst“ ist ein Konstrukt. Ob die Hallstattzeit keltisch ist, kann diskutiert werden und die Bezeichnung „Fürst“ ist hier nur ein Lehnwort aus dem Mittelalter.
Das Konstrukt muss nicht falsch sein. Aber wir sollten uns halt gelegentlich klar machen, dass wir mit Konstrukten leben, nicht mit beinharten Fakten.

Aber zum Schluss, damit es nicht missverständlich bleibt:
Die Kelten sind kein Konstrukt. Die gab es. Mit Torques und gekalkten Haaren und der einzigen Angst, das ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.
Wir sollten uns nur einigen, was wir unter dem Begriff Kelten verstehen.
Und was wir unter Umständen außen vor lassen.

Thomas
 
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