North American P-51 Mustang
Das Flugzeug, das ich, nach längerer Abstinenz, vorstellen möchte, darf in keiner Aufzählung von Jagdflugzeugen fehlen: die legendäre North American P-51 Mustang.
Mitte der 30er Jahre entwarf North American sein erstes Jagdflugzeug, das Firmenprojekt NA-73X. Dieses stattet das Unternehmen mit dem Allison V-1710-39 Reihenmotor mit 1150 PS, der auch für die P-40 verwendet wurde, aus. Der Prototyp wurde nur unter dem Vorbehalt genehmigt, dass North American ihn in 120 Tagen fertigstellen könnte. Der Flugzeugbauer brauchte 102 Tage und musste dann drei Wochen auf den Allison-Motor warten. Der fertige Prototyp hob dann am 26. Oktober zum ersten Mal vom Boden ab.
Schon am 29. Mai 1940 bestellte die RAF den Jäger, noch bevor der Erstflug stattgefunden hatte. Die erste Serienmaschine Mustang Mk I (AG345) flog bereits ein Jahr nach dem Prototyp. Die US-Planer waren zu dieser Zeit so mit den Lightnings und Thunderbolts beschäftigt, dass sie dem neuen Design zu wenig Aufmerksamkeit schenkten. General „Hap“ Arnold musste später eingestehen, dass der neue Jäger viel zu spät in Dienst gestellt worden war.
Die Mustang war als Tiefdecker mit Schichtenströmungsflügeln, deren maximale Stärke weit hinten lag, was den Luftwiderstand erheblich reduziert, ausgestattet. Für ihre Zeit besaß sie ein ungewöhnliches Flügeldesign mit geraden Enden. Der flüssigkeitsgekühlte Motor mit dem weit nach hinten verlegten Kühler ermöglichte ihr 615 km/h zu erreichen, was der kleineren, schnittigeren Spitfire auch mit halber Treibstoffzuladung nicht gelang.
Die RAF-Mustangs stiegen am 27. Juli 1942 zu ihrem ersten Kampfeinsatz auf. Drei Wochen später folgen sie Nahkampfunterstützung bei der Landung in Dieppe. Der zu schwache Allison-Motor beschränkte die Verwendung der 620 Mustang Mk I und Mk IA auf Bodenangriffs- und Aufklärungsaufgaben.
Jetzt endlich bestellte auch die USAAF 150 P-51 mit vier 20-mm-Kanonen. Danach 310 P-51A mit einem etwas stärkeren Motor, vier 12,7-mm-MGs, Aufhängungen für zwei 227-kg-Bomben und zwei 568-Liter-Abwurftanks.
Die Wende in der Entwicklung der Mustang trat ein, als Rolls-Royce anbot, den Merlin-Motor einzubauen. Die vier so umgerüsteten Mustangs zeigten solch hervorragende Leistungen, dass North American begann, die nächsten P-51 mit einem in Lizenz gefertigten Merlin 61, dem Packard V-1650-3 mit 1500 PS, zu planen.
Die USAAF bestellte 500 mit Allisons bestückte A-36, die mit der P-51A identisch waren. Diese setzten sie in Sizilien und Süditalien mit mäßigem Erfolg ein und obwohl die A-36 eigentlich reine Bodenangriffsflugzeuge sein sollten, erzielten sie immer wieder Abschüsse gegen deutsche Jäger.
Am 30. November 1942 stieg endlich die XP-51B mit dem Merlin, mit Bob Chilton am Steuer, zu ihrem Jungfernflug auf. Die Army hatte schon vor diesem Erstflug 2200 Exemplare bestellt. Die neue Mustang lies sich etwas schwerer fliegen als ihre Vorgänger, galt aber immer noch als sehr zuverlässig. Sie erhielt, wie auch die P-51C, ein bündiges, rahmendurchzogenes Cockpitdach und sechs 12,7-mm-Maschinengewehre.
1943 kam die P-51D zum ersten Mal mit einem Kugelcockpit, der Bauchfinne und einem zusätzlichen 322-Liter-Tank zum Einsatz. Letzteres ermöglichte es ihr, von England nach Berlin zu kommen. Wenn die Mustangs ihre Zusatztanks abgeworfen hatten, stellten sie ein ernsthaftes Problem für die deutschen Jäger dar. Die neue Variante erwarb in Europa erheblichen Ruhm im Einsatz gegen die Luftwaffe. Ihre Qualität bewiesen die P-51 auch im Einsatz gegen die Me 262 Düsenjäger, von denen First Lieutenant Urban L. Drew von der 361. Jägergruppe zwei abschießen konnte. Die RAF setzte die P-51D als Mustang Mk IV mit anderem Cockpit in geringeren Stückzahlen ein.
In der nächsten Entwicklungsphase setzte man auf konsequente Gewichtsreduzierung, dabei konnte das maximale Startgewicht auf 4110 kg gesenkt werden. Bei der XP-51G ging man den gleichen Weg und erreichte mit einem neuen Motor 753 km/h bei Niveauflug. Aus diesen Überlegungen heraus entstand die Serienversion P-51H mit einem kürzeren Tropfencockpit und dem vierblättrigen Aeroproducts-Propeller. Von dieser Version stellte North American 555 Stück her. Sie kam gegen Ende des Krieges noch von den Philippinen aus zum Einsatz.
Parallel zu der H-Version entstanden 1500 P-51K, die, bis auf den Propeller, identisch mit der P-51D waren und noch vor Kriegsende zur Auslieferung kamen. Die L-Variante wurde storniert, ebenso erging es der P-51M, von der nur eine einzige hergestellt wurde.
Die Mustangs hatten einen entscheidenden Anteil am Ausgang des Krieges, indem sie es schafften den schweren US-Bombern sicheres Geleit zu geben. 40 USAAF-Jägergruppen und 31 RAF-Geschwader flogen das Muster.
Viele Piloten merkten an, dass die P-51D nur sehr schwer vom Boden hochzubekommen war, wenn sie ihre Maximalzuladung mitführte, was auch das Hauptproblem der Mustang darstellte, gemeinsam mit der mangelhaften lateralen Stabilität. Die Bauchfinne korrigierte letzteres Problem, reduzierte dabei aber die Manövrierfähigkeit. Trotzdem konnte die Mustang die Fw 190 ausmanövrieren und auch abschießen.
Die meisten Asse zogen die P-51 jedem anderen US-Jäger im Luft-Luft-Einsatz vor. Auch die Bewaffnung mit sechs überschweren MGs galt als ausreichend. Nachkriegstests zeigten, dass die P-51H der Mitsubishi A6M5 Zero in allen Belangen und in jeder Höhe überlegen war.
Auch in der Nachkriegszeit kam die Mustang noch massiv zum Einsatz, wie zum Beispiel im israelischen Unabhängigkeitskrieg, in China und im Koreakrieg wieder auf der Seite der USAF. 1950 waren die H-Versionen zu zweitrangigen Aufgaben abgestellt, während die P-51D den Himmel über Korea mit erstaunlicher Leichtigkeit von den Jakovlev-Jägern säuberten. Ihre Bewaffnung erwies sich aber als zu leicht um die nordkoreanischen T-34 zu zerstören. Einen Zusammenstoß mit vier MiG-15 überlebte Captain Howard Tanner und sein Flügelmann und konnten sogar einige Treffer, aber keinen bestätigten Abschuss, erzielen. Bald darauf sollte ein weiteres Produkt aus dem Hause North American die Aufgaben der P-51 Mustang übernehmen: der neue Düsenjäger F-86 Sabre.