Voynich-Manuskript

Ich meinte gängig als Kürzung.
So hatte ich es auch verstanden. Im Manuskript scheint es keine Rolle als Kürzung zu spielen.

2. Es ist, wo es vorkommt, "per", bzw. Konsonant + 'er' zu lesen.
Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen. Ich sehe keinen Grund, das Zeichen, das im EVA aus rein praktischen Gründen mit "p" transkribiert wird, phonetisch als "p" zu lesen.

Wenn die Behauptung stimmt, dass es um Roger Bacon geht

"Behauptet" hat das niemand. Es gibt einen Brief aus dem Jahr 1666 [oder 1665?], in dem Joannes Marcus Marci schreibt, Dr. Raphael [Soběhrd Mnišovský] hätte vermutet, es sei von Bacon (Authorem ... putabat esse Rogerium Bacconem Anglum); einen konkreten Anhaltspunkt für diese Vermutung sehe ich nicht:

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[Autograph letter signed] 1666 [or 1665?] August 19, Prague [to Athanasius Kircher, Rome]
 

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Wie Häufigkeit im Manuskript spielt keine Rolle, nur dass es vorkommt. Der Schreiber kannte es offensichtlich.

Hier werden 255 unterschiedliche Zeichen aufgelistet:
EVA alphabet

Ich muss mich korrigieren, es sind 26 Grundbuchstaben, 11 Varianten, die mit Großbuchstaben transkribiert werden, 2 Sonderzeichen, 86 seltene Varianten und 4 "Kritzeleien", also nur 129 unterschiedliche Zeichen, die mit Buchstaben bzw. ASCII-Code transkribiert werden.

Das durchgestrichene "p" bzw. das durchgestrichene "t" taucht nicht als Einzelzeichen auf, sondern zählt zu den "Ligaturen" (hab hier mal zwei "t" und ein "p" markiert, es ist schon eine Weile her, dass ich mich intensiver mit dem Manuskript beschäftigt habe, sonst wäre mir der Fehler gleich aufgefallen.)

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Vorsicht! Nachträgliche Foliierung und Paginierung ist durchaus archivalische Praxis. Die Foliierung (denn im VM ist nur das Vellum, nicht die Seite mit Zahlen versehen) dürfte erst nachträglich (im 19. Jhdt.?) vorgenommen worden sein.

Ich denke, die Zahlen sind älter. Sicher bin ich mir bei den Bogennummern (auf jedem achten Blatt unten rechts).
Die erste Nummer ist als p(ri)mus zu lesen:

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2us (secundus):

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tertius:
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quartus:

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Auch ich habe angefangen, mich mit dem Voynich-Manuskript zu beschäftigen.

Ich hoffe, es stört nicht zu sehr, wenn ich jetzt auch noch "meinen Senf"dazugebe. Vielleicht kann ich ja neue Ideen, Ansichten und Anregungen bringen, wer weiss...

Zu Recht wurde bemerkt, dass im Bäderteil viele ähnliche Worte mehrfach hintereinander geschrieben wurden. Es wurde daher bezweifelt, dass es sich um einen sinnvollen Text handelt.
Solche Mehrfachwiederholungen müssen aber nicht zwingend gegen einen sinnvollen Text sprechen. Sie kommen oft vor in Beschwörungen oder Zaubersprüchen.

Als ich das "qokedi, qokedi, qokedi" las, wurde ich gleich an das "heilig, heilig, heilig" der deutschen Messe erinnert.
Sanctus – Wikipedia
Auf Lateinisch "sanctus, sanctus, sanctus", aber das passt nicht auf "qokedi", es ist ein Buchstabe zu viel.
Was passen würde, wäre "sancto", könnte das Altitalienisch sein? Oder die Mehrzahl "sancti".

Ich versuche mal spontan, einen sinnvollen Text mit Wiederholungen und Abwandlungen zu den Bäderseiten zu improvisieren:
"Heilig, heilig, heilig! Diese Heilquelle ist wirklich, wirklich heilig, heilend und heilkräftig".
Damit würden sich auch die Abwandlungen von "qokedi" erklären.
 
Nun sieht das Voynich-Manuskript allerdings eher aus, wie ein botanisches und geographisches Traktat, mit einigen phantastischen, schwer zu erschließenden Zeichnungen, weniger wie ein Messbuch, wo man ein Sanctus erwarten würde. Wie stützt du deine Interpretation?
 
Nun, mir scheint das Voynich-Manuskript ein Buch über Heilpflanzen und auch Heilbäder. Es ist auch ein anatomischer Teil dabei.

Heilen und heilig haben den gleichen Wortstamm:
Heilig – Wikipedia .

Ich kann zwar nicht lateinisch, habe aber einige Worte in der Übersetzer eingegeben.
"Heilig" = "sanctus". "Heilend" = "sanitatem". "Heilen" = "sana".
Es scheint auch im Lateinischen eine Wortstamm-Verbindung zwischen "heilig" und "heilen" zu geben.

Und falls das Voynich-Manuskript in einem Kloster verfasst wurde, dann könnte eine Art Sanctus vielleicht Eingang in ein Buch über Heilmethoden und Heilpflanzen gefunden haben.
 
Zu Recht wurde bemerkt, dass im Bäderteil viele ähnliche Worte mehrfach hintereinander geschrieben wurden.

Nicht nur im Bäderteil. Hier mal ein kleiner Ausschnitt aus fol 103r, das ist eine ganze Seite voller Text, ohne Bilder (außer den Sternchen am linken Textrand) u. a. mit der Folge qokeey qokeodair qokshy qokeedy qokeedy:

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Cipher manuscript

Solche Mehrfachwiederholungen müssen aber nicht zwingend gegen einen sinnvollen Text sprechen. Sie kommen oft vor in Beschwörungen oder Zaubersprüchen.
Der Vergleich mit Zaubersprüchen ist gut, nehmen wir als Beispiel:

hax pax max deus adimax

Hier gibt es zwei echte lateinische Wörter (pax 'Friede' und deus 'Gott'), die anderen Wörter sind sinnlose Neubildungen, da wird ein Buchstabe ausgetauscht, und aus pax wird hax oder max.
Für jemand, der kein Latein kann, wird es wie ein lateinischer Spruch klingen; wer die Wörter pax und deus kennt, wird wahrscheinlich an ein Gebet denken.

Das Ganze ist aber nichts anderes als die Vortäuschung eines sinnvollen Textes.

Als ich das "qokedi, qokedi, qokedi" las, wurde ich gleich an das "heilig, heilig, heilig" der deutschen Messe erinnert.
Hier handelt es sich übrigens um einen gesungenen Text.

"Heilig, heilig, heilig! Diese Heilquelle ist wirklich, wirklich heilig, heilend und heilkräftig".
Damit würden sich auch die Abwandlungen von "qokedi" erklären.

Ganz sicher nicht. Es sind nicht nur die Endungen beliebig austausch- oder erweiterbar (qokedy, qokeedy, qokeey, qokehdy), sondern auch die Anfangsbuchstaben (okedy, ykedy, chkedy, chekedy).

Wenn ich einen analogen Text aus deutschen Bestandteilen kreieren würde, müsste ich auch Wörter wie eilig, queilig, weilig, deilig in großer Zahl verwenden - und dann auch z. B. das Wort diese in ähnlicher Weise durchvariieren: diesig, dieslig, dieslig, hiese, hiesig, hieslig, quiese, quiesig

Ich könnte mir schon vorstellen, aus den sinnvollen Wörtern (eilig, diesig, hiesig) einige sinnvolle Sätze zu fabrizieren, aber warum schreibt jemand Hunderte von Seiten (ca. 35.000 "Wörter") mit solchen Wortspielen voll, und dann auch noch in einer Geheimschrift? Sicher nicht, weil damit etwas Sinnvolles mitteilen will, sondern weil er dem Betrachter einen sinnvollen Text vortäuschen will.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es scheint auch im Lateinischen eine Wortstamm-Verbindung zwischen "heilig" und "heilen" zu geben.

Nein, das täuscht. Das lateinische Wort komt von sancire / sancio; die eigentliche Bedeutung ist 'ein Gesetz, ein Bündnis u. dgl. als heilig und unverbrüchlich festsetzen', davon abgeleitet ist auch die Bedeutung 'bei Strafe verbieten' - diese Bedeutung steckt im Wort Sanktion.
'sancio

Das lateinische Wort sanus ist dagegen tatsächlich mit dem gleichbedeutenden deutschen Wort gesund verwandt.
 
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