Wagner- und Verdijahr 2013

Warum sollten die Publikationen drei seriöser Autoren (es gibt noch weitere) über Wagner und den Antisemitismus "irrelevant" sein? Nur weil dir das Ergebnis ihrer Untersuchungen nicht gefällt? Es ist hier lediglich zu konstatieren, dass die Schlussfolgerungen zu Richard Wagners Vita und Werk unterschiedlich ausfallen - ein eingeschworener Wagnerianer beurteilt das anders, als Publizisten, die größeren emotionalen Abstand haben.

Weil Dekumamtland (der in diesem Thread übrigens ausgezeichnet argumentiert, Chapeau) schon mehrfach dargelegt hat dass diese "seriöse Autoren" einen Antisemtismus in Wagners musikdramatischen Werk behaupten.
Niemand hingegen stellt Wagners antisemtische Werke in Abrede - sein "Judentum in der Musik" war deutlich genug.

Ich habe in den späten 90ern Joachim Köhlers "Wagerns Hitler" gelesen - dümmliches, subjektives Geschreibsel das in der Theorie des "Meistersinger-Staates" gipfelt. Naja, Wagners Musik ist eben derart berauschend dass manche Gemüter halt ziemlich besoffen werden davon.
 
...allmählich wird meine Geduld doch zu sehr strapaziert... aber der Reihe nach:
Warum sollten die Publikationen drei seriöser Autoren (es gibt noch weitere) über Wagner und den Antisemitismus "irrelevant" sein?
interessant ist hier die Frage, ob sich Antisemnitismus als eine der wesentlichen Grundlagen der Musikdramen Wagners nachweisen oder nur billig populistisch verdächtigen lässt!

jetzt mach du doch bitte mal folgendes:
a) Weiner "erläutert" in seinem Opus u.a. ausschnittweise (und dabei angeblich exemplarisch) die Wagnerschen Partituren - wenn du das für seriös hältst, dann weise doch bitte nach, (1) wie es um die musikwiss. Qualifikation von Weiner bestellt ist (((viel Spaß dabei!!))) und (2) versuch doch mal, die musikanalytischen Darstellungen Weiners plausibel zu erläutern. Das setzt allerdings voraus, dass du 1. dieses angeblich seriöse Buch kennst, 2. überhaupt mit dem Gegenstand vertraut bist und 3. über das nötige musiktheoretische Rüstzeug verfügst.
b) Fischer und Rose überstrapazieren die so genannte "biografische Methode" und argumentieren nur aus dieser Richtung, methodisch verblüffenderweise auch bei der Interpretation des Werks (wobei klar ist, dass so eine "Argumentation" durchschaubar zielgerichtet ist) - die Rezensionen (es gibt da viel viel mehr, als was du zitiert hast!) kommen zu dem Schluß, dass keine Beweise vorliegen 8auch bzgl. der angeblich allen bekannten, dann aber über Nacht wohl in Vergessenheit geratenen "Tools und Chiffren") --- von dir würde mich jetzt interessieren, ob du diese einseitige methodische Vorgehensweise musik- und literaturwiss. stützen kannst und befürwortest.

...wie du siehst, geht es um Argumente, um Nachweise - hab ich das nicht schon oft genug angemerkt?....

Nur weil dir das Ergebnis ihrer Untersuchungen nicht gefällt? Es ist hier lediglich zu konstatieren, dass die Schlussfolgerungen zu Richard Wagners Vita und Werk unterschiedlich ausfallen - ein eingeschworener Wagnerianer beurteilt das anders, als Publizisten, die größeren emotionalen Abstand haben.
jetzt merk dir mal folgendes gut und berücksichtige es:
- was mir gefällt oder nicht, das entzieht sich deiner Kenntnis!
- willst du mir unterstellen, eingefleischter Wagnerianer zu sein? ...wenn es dir an argumentativen Möglichkeiten mangelt, dann kannst du das durch Sticheleien ad personam nicht ausgleichen!
- Schlußfolgerungen gelingen korrekt nur nach einer logisch und sachlich nahltbaren Beweiskette: nichts dergleichen liegt da vor, stattdessen nur Mutmaßungen, Verdächtigungen und "Indizien" die von außen in das Werk (also die Musikdramen) hereingetragen und ihm eben NICHT extrahiert werden.
- was soll das Geschwafel über emotionalen Abstand?? ...wie oft noch: Argumente, Nachweise - schau mal: mir ist völlig wurscht, was bei einer methodisch korrekt gearbeiteten Untersuchung der Wagneropren herauskommt, Hauptsache es wurde wissenschaftlich methodisch ordentlich gearbeitet! Von mir aus muss (!!) sogar sehr gerne bewiesen werden, dass Ring & Co. antisemitische Pamphlete und zusätzlich künstlerisch wertlos sind: wenn der Beweis eben wirklich geführt wird und einer fachlichen Prüfung standhält.
weißt du, ich habe keine Lust, mir unsachliche Sticheleien bieten lassen zu müssen und ich habe keine Lust auf eine "Diskussion" mit dir, so lange du andauernd jeglicher Argumentation ausweichst und auf keine eingehst - und zu guterletzt habe ich keine Lust, jetzt zum drittenmal zu erklären, dass es mir lediglich um eine möglichst objektive und gerechte Beurteilung des Werks geht, und das aus Interesse. Ist das jetzt bei dir angekommen?

Warum wohl? Weil Richard Wagner zu den großen deutschen Konponisten zählt, seine Vita und sein Weltbild aber umstritten sind und immer wieder erbitterte Kontroversen auslösen.
Das ist doch Unsinn!
Weder sind Vita noch Weltbild umstritten - Kontroversen gibt es lediglich darüber, ob die Musikdramen antisemitisch sind (hier hätten aus billigen populistischen Gründen viele große Freude, wenn so ein Nachweis gelänge, was aber zum Ärger derselben bislang trotz aller (oft fachlich abstruser) Mühe nicht gelungen ist)

Ich darf bei dieser Gelegenheit nochmals die Titelzeile der aktuellen ZEIT zitieren:

"Die Droge Wagner. Auf den Spuren des genialen Komponisten und furchtbaren Menschen" (ZEIT vom 3. Januar 2013, S. 1)

Das bringt die Sache doch gut auf den Punkt.
...diese Wochenzeitung ist bislang weder in der Theater-, noch in der Literatur- und auch nocht in der Musikwissenschaft als Fach- oder Sekundärliteratur bekannt oder anerkannt...
 
Daniel Barenboim zu Wagner (und das "Wagner-Tabu" in Israel):
Wagner, Israel und die Palästinenser
und da ist zu lesen:
Barenboim schrieb:
Ein weiteres Tabu, das in Israel immer noch aufrecht erhalten wird, ist das Spielen von Wagners Werken in Israel. Dazu eine Anmerkung: Dass meine Aufführung des Vorspiels und Liebestod von Tristan und Isolde mit der Staatskapelle Berlin 2001 in Israel einen Eklat ausgelöst haben soll, ist eine Legende, die sich auch fast zehn Jahre nach dem Konzert in den Köpfen festgesetzt hat. Das Stück wurde als Zugabe nach einer vierzigminütigen Diskussion mit dem Publikum gespielt. Denjenigen, die gehen wollten, bot ich an, dieses zu tun. Nur zwanzig bis dreißig Leute, die Wagners Musik nicht hören wollten, verließen den Saal. Die Übrigen applaudierten dem Orchester begeistert, so dass ich das Gefühl hatte, wir hätten etwas Positives getan. Erst am nächsten Tag brach der Eklat richtig los, als Politiker die Aufführung zum Skandal erklärten, obwohl sie das Konzert nicht besucht hatten.
Während des Dritten Reichs wurde Wagners Musik noch von Juden in Tel Aviv gespielt, und zwar vom damaligen Palestine Symphony Orchestra, dem heutigen Israel Philharmonic Orchestra. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als es bekannt wurde, dass Juden in Begleitung von bestimmter Wagnermusik zur Gaskammer geschickt wurden, wurde das Aufführen von Wagner zu Recht in Israel tabuisiert, aus Rücksicht auf die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden. Dies geschah nicht wegen Wagners Antisemitismus, sondern vielmehr wegen des nationalsozialistischen Missbrauchs.
Wagner war vielleicht das wichtigste persönliche und ideologische Vorbild Adolf Hitlers, eine Art „Vorläufer“ seiner selbst, wie Joachim Fest in seiner Hitler Biographie schreibt. „Die größte Prophetengestalt, die das deutsche Volk besessen“ habe, nannte ihn Hitler, und übernahm Wagners Mythologie als Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie. Nichtsdestotrotz, so abscheulich wie man Wagners Antisemitismus finden mag, kann man ihn wohl kaum zur Verantwortung für Hitlers Gebrauch und Missbrauch seiner Musik und seiner Weltansicht ziehen. Der jüdische Komponist Ernest Bloch zum Beispiel weigerte sich, Wagners Musik als Besitztum der Nazis zu akzeptieren: „Die Musik der Nazis ist nicht das Vorspiel zu den Meistersingern, sondern das Horst-Wessel-Lied; andere Ehre haben sie nicht, andere kann und soll ihnen nicht gegeben werden.“
Wer in Wagners Opern einen widerlichen Angriff auf die Juden erkennen will, kann das selbstverständlich so sehen. Aber ist das wirklich begründet? Beckmesser zum Beispiel, der den Verdacht erregen könnte, eine Judenparodie zu sein, war Stadtschreiber im Jahr 1500, eine Stellung, die Juden damals unzugänglich war. Ich meine, wenn Beckmessers ungeschickte Melodien Synagogengesang ähneln sollen, dann ist dies eine Parodie jüdischen Gesangs und nicht ein rassistischer Angriff. Die Frage nach dem guten Geschmack darf man dabei natürlich auch stellen.
Die gesamte Wagner-Debatte in Israel ist mit der Tatsache verknüpft, das der Schritt zu einer Identität als israelische Juden noch nicht geschafft ist und sich alle an Assoziationen mit der Vergangenheit klammern – die natürlich zu ihrer Zeit vollkommen verständlich und gerechtfertigt waren – als müssten sie sich auf diese Weise an ihr eigenes Judentum erinnern. Vielleicht ist es dieselbe Tatsache, die es vielen Israelis nicht erlaubt die Palästinenser als gleichberechtigt anzusehen.
Wenn man das Wagner-Tabu bis heute in Israel aufrechterhält, bedeutet es, Hitler in gewisser Hinsicht Recht zu geben, dass Wagner ein Prophet und Vorgänger des nationalsozialistischen Antisemitismus war, dass er, wenn auch nur auf indirekte Weise, für die Endlösung verantwortlich gemacht werden kann.
Diese Ansicht ist der jüdischen Zuhörer unwürdig, die viel eher von der Philosophie so großer jüdischer Denker wie Spinoza, Maimonides und Martin Buber geprägt sein sollten, als von undurchdachten Dogmen.
 
...allmählich wird meine Geduld doch zu sehr strapaziert...

Tstsächlich? Mir macht unsere Diskussion Spaß! :D

interessant ist hier die Frage, ob sich Antisemnitismus als eine der wesentlichen Grundlagen der Musikdramen Wagners nachweisen oder nur billig populistisch verdächtigen lässt!

Es ist mir völlig unverständlich, warum du dich dermaßen ereiferst. Vor allem unterstellst du mir Aussagen, die ich nie gemacht habe . In meinem Beitrag # 35 sagte ich : "Dass Wagners musikakisches Werk jüdische Stereotype enthält, habe ich bislang nicht behauptet - die oben angeführten Autoren allerdings schon ... Allerdings kam es mir lediglich auf den Antisemiten Wagner an, nicht aber auf eine Durchleuchtung aller Tristans, Siegfrieds, Alberichs, Mimes und wen sonst noch."

Ich sagte bereits zu Beginn unserer Unterhaltung, dass man Werk und Vita Wagners voneinander trennen muss. Mir erscheinen viele Ausführungen von Weiner, Rose und Fischer plausibel und wie du siehst, kannst du mich nicht vom Gegenteil überzeugen. Also lassen wir es doch dabei. Ich verspüre nicht die Lust, mich auf endlose musiktheoretische Analysen von Beckmesser über Parsifal bis hin zu Alberich einzulassen.

In einem aktuellen Interview in der ZEIT sagt der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Simon Rattle, über Wagner und den Antisemitismus:

ZEIT: Und der Mensch, der Monomane, der Antisemit, wo bleibt der?

Rattle: Das ist ein riesiges Problem für mich. Je mehr ich über Richard Wagner lese, desto schwerer fällt es mir, seine Musik aufzuführen (sic!). Das meiste, was ich lese, möchte ich gar nicht wissen, vor allem möchte ich nicht, dass er das alles wirklich so gemeint hat. Richard Wagner ... muss ein schrecklicher Mensch gewesen sein, der nicht anders konnte, als eine manisch ins Gute transzendendierende Musik zu schreiben ... Hier aber fragt man sich: Wer verrät wen? Der Parsifal das "Judentum in der Musik" oder "Das Judentum in der Musik" den Parsifal?

(DIE ZEIT vom 3. Januar 2013, S. 37)

Bei der Gelegenheit noch ein Zitat des von dir geschmähten Adorno:

"Der Wagnersche Antisemitismus versammelt alle Ingredienzien des späteren in sich. Der Haß führt so weit, daß die Nachricht vom Tode von vierhundert Juden beim Wiener Ringtheaterbrand ihn zu Witzen inspirierte. Selbst den Gedanken von der Vernichtung der Juden hat er bereits konzipiert. Von seinen ideologischen Nachfahren unterscheidet er sich dabei nur, indem er die Vernichtung der Rettung gleichsetzt."

Was man nach wie vor sagen kann ist:

1. Über Richard Wagners antisemitische - oder antijüdische - Einstellung gibt es nicht den geringsten Zweifel.

2. Ob Wagners musikalisches Werk partiell antisemitische Partikel enthält, ist umstritten. (Das gilt natürlich auch angesichts der Tatsache, dass Wagnerianer und Anti-Wagnerianer sich gegenseitig die Glaubwürdigkeit absprechen)
 
Zuletzt bearbeitet:
Tstsächlich? Mir macht unsere Diskussion Spaß! :D

Es ist mir völlig unverständlich, warum du dich dermaßen ereiferst.
...legst du Wert darauf oder möchtest du gerne provozieren, dass ich dir ebenfalls in einem ad personam gefärbtem Tonfall antworte?

...da du auf meine Argumente, die ich nicht wiederholen werde (jeder kann sie nachlesen), nicht eingehen willst, sei dir eine Leseprobe (keine Werbe-Rezension...) empfohlen:
http://www.dieter-david-scholz.de/wagners_antisemitismus_einleitung.htm

viel Spaß beim lesen.

und bitte bleib sachlich: ich schmähe keinen Adorno, ich habe ein polemisches Scheinargument zitiert und auf seine Haltbarkeit getestet.
 
Zuletzt bearbeitet:
...legst du Wert darauf oder möchtest du gerne provozieren,

Das liegt mir völlig fern! ;)


Den Herrn habe ich mir bereits letzte Woche zu Gemüte geführt. Ich darf dir im Gegenzug diese Lektüre vorstellen und gleiches empfehlen:

Zu Richard Wagners Antisemitismus und dessen Wirkungsgeschichte
 
sagen wir lieber: zu seiner Zeit hatte Gretry in Mozart, Haydn, Beethoven, Rossini schon eine sehr mächtige Konkurrenz - statt heuer seinen 200sten Todestag zu feiern, können wir doch 2041 seinen 300sten Geburtstag feiern.
Rossini ist ne andere Zeit. Einzig ein Frühwerk fällt überhaupt noch in die Lebzeit von Grétry, der nach 1803 das Komponieren von Opern aber sowieso einstellte (wiewohl seine Werke noch bis in die 1820er weiter gespielt wurden).
Beethoven kann man als keine Konkurrenz betrachten, weil er ja bis auf eine garkeine Opern verfasste, selbst diese ist dann schwerlich mit dem Oeuvre Grétrys vergleichbar. In Dtl. spielte Grétry kaum eine Rolle (auch wenn es ein paar Erwähnungen von Aufführungen seiner Opern gibt), in Frankreich spielte Beethoven keine Rolle. Mag auch daran liegen, dass er dort kaum als so revolutionär empfunden worden wäre. (Man muss nur mal Gossecs Te Deum hören...)
Mozart fiel ja beim Pariser Publikum durch. Aber der wäre am ehesten ein Konkurrent gewesen.
 
Ja Briso, so geht's halt mit Leuten, die heuer nicht mehr arg prominent sind. Ginge es nach alten Verdiensten, müssten wir auch ein Meyerbeer-Jahr oder ein Salieri-Jahr feiern.



Eine künstliche Wiederbelebung u.a. mit Grétry wirst du nicht erreichen. Immer wieder werden ja solche Ausgrabungen versucht und manchmal klappt das auch. Man denke nur an längst versunkene Opern wie Lucia di Lammermoor oder Cherubinis Medea, die durch die Callas eine fröhliche Auferstehung feierten. Aber bei Grétry sehe ich schwarz.
Wieso schwarz? Grétry wird doch wieder gespielt. Kann es sein, dass es einfach nur an Dir vorbeigeht?
Die letzten 10 Jahre gab es ja im Vergleich zur zweiten Hälfte des 20.Jh. einen regelrechten Grétry-Boom. Komischerweise betraf es gerade die Tragédie Lyrique "Andromaque", die ja beim Publikum eher Skepsis auslöste, weil man Grétry auf das Gebiet der comédie mêlée festlegte.
Neuere Produktionen sind: "L'amant jaloux", "Zemire et Azore", "Andromaque", "Céphale et Procris", "Pierre le Grand", von denen fast alle auf CD oder DVD erhältlich sind.
Deswegen würde ich schon sagen, wenn man bedenkt, dass zuvor nur jahrelang diese greißlichen Einspielungen mit der Mesplé (z.B. "Richard Coeur de Lion") zu bekommen waren, dass sich viel getan hat und das durchaus mit Operngrößen wie Hervé Niquet, die hinter einer Callas sicher nicht zurückstehen müssen.
Dass sowas auch in Dtl. ankommt, das ist dann eben bisweilen das Schwierige, was an einer evtl. eigenen Sicht auf die Musik im Allgemeinen in Dtl. liegen mag. Ich kann mich eigentlich nur an "Dardanus" von Rameau an unserem Stadttheater erinnern, dass damit mal was eher ausgefallenes neben den Standards in den Spielplan aufgenommen wurde.

Gibt es eigentlich mittlerweile eine historisch informierte Einspielung von Cherubinis "Medea"? Ich kenne bis jetzt nur die von der Callas und wenn man den modernen Klang von Interpretationen der Musik dieser Zeit gewohnt ist, ist es schwer sich das anzutun.

Sacchini wäre eher so ein Komponist, den man mal ausgraben dürfte. V.a. weil ich mal seinen "Dardanus" im Ganzen hören wollte.
 
Es ist mir völlig unverständlich, warum du dich dermaßen ereiferst. Vor allem unterstellst du mir Aussagen, die ich nie gemacht habe . In meinem Beitrag # 35 sagte ich : "Dass Wagners musikakisches Werk jüdische Stereotype enthält, habe ich bislang nicht behauptet

Du hast doch in deinem ersten Beitrag behauptet, Wagner habe in seinen Opern
antijüdische Stereotype verarbeitet und in deinem zweiten Beitrag die Meinung vertreten: "Durch praktisch alle Opern Wagners zieht sich wie ein roter Faden der Haß auf das Jüdische"

Rattle: Das ist ein riesiges Problem für mich. Je mehr ich über Richard Wagner lese, desto schwerer fällt es mir, seine Musik aufzuführen (sic!). Das meiste, was ich lese, möchte ich gar nicht wissen, vor allem möchte ich nicht, dass er das alles wirklich so gemeint hat. Richard Wagner ... muss ein schrecklicher Mensch gewesen sein, der nicht anders konnte, als eine manisch ins Gute transzendendierende Musik zu schreiben ... Hier aber fragt man sich: Wer verrät wen? Der Parsifal das "Judentum in der Musik" oder "Das Judentum in der Musik" den Parsifal?

Und nun? Das widerspricht doch den Thesen, die du oben vertreten hast. Simon Rattle ist doch ganz auf der Linie von Dekumatland und Rovere: Wagners Antisemitismus und seine sonstigen menschlichen Defizite sind eben in seiner Musik nicht zu finden.


Das Zitat lautet ungekürzt und im Zusammenhang:


ZEIT: Und der Mensch, der Monomane, der Antisemit, wo bleibt der?
Rattle: Das ist ein riesiges Problem für mich. Je mehr ich über Richard Wagner lese, desto schwerer fällt es mir, seine Musik aufzuführen. Das meiste, was ich lese, möchte ich gar nicht wissen, vor allem möchte ich nicht, dass er das alles wirklich so gemeint hat. Richard Wagner war kein Monster. Er muss ein schrecklicher Mensch gewesen sein, der nicht anders konnte, als eine manisch ins Gute transzendendierende Musik zu schreiben. Das ist sehr ungewöhnlich. Meistens bleiben sich Komponisten und ihre Werke doch ähnlich. Hier aber fragt man sich: Wer verrät wen? Der Parsifal das "Judentum in der Musik" oder "Das Judentum in der Musik" den Parsifal?
 
Zuletzt bearbeitet:
erst hü
Richard Wagner griff antijüdische Stereotype seiner Zeit auf und verarbeitete sie nicht nur in Opern wie dem "Ring",
dann hott
Dass Wagners musikakisches Werk jüdische Stereotype enthält, habe ich bislang nicht behauptet

...im amerikan. Gerichtsfilm würde jetzt der Anwalt effektvoll "ihr Zeuge" oder "keine weiteren Fragen" sagen :rofl::rofl:

nicht argumentieren wollen, auf Argumente nicht eingehen - das ist eine Sache (wenn auch nicht eben förderlich für Diskussionen) --- sich selbst aber derart eklatant zu widersprechen, ist schon ... verblüffend
 
Wieso schwarz? Grétry wird doch wieder gespielt. Kann es sein, dass es einfach nur an Dir vorbeigeht?

Einige Ausgrabungen italienischer Belcanto-Opern aus der Zeit der Callas sind seither fester Bestandteil deutscher Opernbühnen, finden sich immer wieder auf den Spielplänen und sind selbst auf kleineren Stadttheaterbühnen zu besichtigen. Man denke z.B. an Lucia die Lammermoor, Medea oder Norma, vielleicht auch Anna Bolena. Das lässt sich von den Grétry-Opern sicher nicht behaupten, die kein fester Bestandteil deutscher Bühnen über Jahrzehnte hinweg wurden - und bestimmt auch künftig nicht werden. Sie bleiben etwas für Feinschmecker und erzielen keine Breitenwirkung in Deutschland.

Viel eher könnte ich mir vorstellen, dass z.B. Meyerbeer-Opern mehr Nachhall finden. So werden die Hugenotten gegenwärtig in Straßburg aufgeführt, die Afrikanerin in Chemnitz, der Prophet kam vor einigen Jahren in Münster auf die Bühne, Robert le Diable steht seit der Spielzeit 2011/12 in Erfurt auf dem Spielplan, eine Inszenierung, auf die die Erfurter zu recht stolz sind.

Als einen großen Durchbruch würde ich das alles dennoch nicht bezeichnen. Es ist grundsätzlich sehr schwer, in die seit Jahrzehnten festgefügten Spielpläne Opern-Reanimationen einzufügen und noch schwerer, sie beim Opernpublikum so beliebt zu machen, dass sie dauerhaft im Spielplan bleiben.

Eine Schreker-Renaissance ist - leider, leider - ebenfalls misslungen, obwohl sich die Frankfurter mit Der ferne Klang (der zur Zeit in der Opéra du Rhin Straßburg auf dem Spielplan steht) oder Der Schatzgräber redlich bemühten. Von den Nazis als "entartet" diffamiert, würde ich gerade dem jüdischen Komponisten Franz Schreker, der 1934 in Berlin starb, eine nachhaltigere Würdigung seiner Opern wünschen.
 
Viel eher könnte ich mir vorstellen, dass z.B. Meyerbeer-Opern mehr Nachhall finden. So werden die Hugenotten gegenwärtig in Straßburg aufgeführt, die Afrikanerin in Chemnitz, der Prophet kam vor einigen Jahren in Münster auf die Bühne, Robert le Diable steht seit der Spielzeit 2011/12 in Erfurt auf dem Spielplan, eine Inszenierung, auf die die Erfurter zu recht stolz sind.
Auch Würzburg hatte voriges Jahr die "Afrikanerin", und am Münsteraner "Prophéte" arbeitete ich mit. Aber Meyerbeers Zeit war schon um 1914 eigentlich zu Ende, nicht nur durch Wagner, bereits eine Berliner "Hugenotten"-Produktion von 1932 war der Versuch einer Renaissance, der zudem 1933 jäh abgeschnitten wurde. Damals inszenierte immerhin Gründgens...

Eine Schreker-Renaissance ist - leider, leider - ebenfalls misslungen, obwohl sich die Frankfurter mit Der ferne Klang (der zur Zeit in der Opéra du Rhin Straßburg auf dem Spielplan steht) oder Der Schatzgräber redlich bemühten. Von den Nazis als "entartet" diffamiert, würde ich gerade dem jüdischen Komponisten Franz Schreker, der 1934 in Berlin starb, eine nachhaltigere Würdigung seiner Opern wünschen.
So schlecht steht es um Schreker gar nicht. In den letzten Jahren gab es eine ganze Reihe von Produktionen, auch in Häusern wie Augsburg und Nürnberg. Sogar der "Schmied von Gent" kam mit einer Chemnitzer Produktion auf CD heraus. Aber er saß schon zu Lebzeiten zwischen den Stühlen, worüber er selbst eine witzige Glosse geschrieben hat:
"Ich bin Impressionist, Expressionist, Internationalist, Futurist, musikalischer Verist; Jude und durch die Macht des Judentums emporgekommen, Christ und von einer katholischen Clique unter Patronanz einer erzkatholischen Wiener Fürstin »gemacht« worden.
Ich bin Klangkünstler, Klangphantast, Klangzauberer, Klangästhet und habe keine Spur von Melodie (abgesehen von so genannten kurzatmigen Floskeln, neuestens »Melodielein« genannt). Ich bin Melodiker von reinstem Geblüt, als Harmoniker aber anämisch, pervers, trotzdem ein Vollblutmusiker! Ich bin (leider) Erotomane und wirke verderblich auf das deutsche Publikum (die Erotik ist augenscheinlich meine ureigenste Erfindung trotz Figaro, Don Juan, Carmen, Tannhäuser, Tristan, Walküre, Salome, Elektra, Rosenkavalier u.s.f.).
Ich bin aber auch Idealist (Gott sei Dank!), Symboliker, stehe auf dem linkesten Flügel der Moderne (Schönberg, Debussy), stehe nicht ganz links, bin in meiner Musik harmlos, verwende Dreiklänge, ja sogar noch den ganz »trivialen« verminderten Septakkord, lehne mich an Verdi, Puccini, Halévy und Meyerbeer an; bin absolut eigenartig, ein Spekulant auf die Instinkte der Masse; Kinodramatiker; ein Mensch, »der aus Sehnsucht und Morbidezza seine Kräfte zieht«; schreibe ausschließlich homophon, meine Partituren sind gleichzeitig kontrapunktische Meisterwerke, auch »Künsteleien«, meine Musik ist rein und echt, erklügelt, ergrübelt, gesucht, ein Meer voll Wohllaut, eine gräuliche Häufung von Kakophonien, ich bin im Gegensatz zu anderen ein Reklameheld ärgster Sorte, bin »des süßen Weines voll«, »ein grandioses Dokument des Unterganges unserer Kultur«, verrückt, ein klarer berechnender Kopf, ein miserabler Dirigent, auch als Dirigent eine Persönlichkeit, ein glänzender Techniker, vermag nicht einmal meine Werke zu dirigieren (und dirigiere sie immerzu); ich bin auf jeden Fall ein »Fall« (einige werden behaupten ein böser, andere, ein »Reinfall«), ferner bin ich ein schlechter Dichter, aber ein guter Musiker, meine dichterische Begabung ist allerdings weitaus bedeutender als meine musikalische, meine Musik erwächst aus der Dichtung, meine Dichtung aus der Musik, ich bin ein Antipode Pfitzners, der einzige Nachfolger Wagners, ein Konkurrent von Strauss und Puccini, schmeichle dem Publikum, schreibe nur, um alle Leute zu ärgern und trug mich kürzlich tatsächlich mit dem Gedanken, nach - Peru auszuwandern.
Was aber - um Himmels Willen - bin ich nicht? Ich bin (noch) nicht übergeschnappt, nicht größenwahnsinnig, nicht verbittert, ich bin kein Asket, kein Stümper oder Dilettant, und ich habe noch nie eine Kritik geschrieben."
 
@ Tannhaeuser

Schönen Dank, dass du uns einen so ausführlichen Einblick in Schrekers Vita und Musik gegeben hast. :respekt:

Dazu gibt es nicht mehr sehr viel anzumerken. Höchstens noch die Tatsache, dass Schreker-Opern noch immer - oder zuweilen - als "schwül" abqualifiziert werden, wobei solche Attribute musikalisch wenig fassbar sind und auch für Richard Strauß gelten könnten, wenn man denn wollte.

Schreker hatte wie viele Komponisten, die entweder jüdisch waren oder expressionistisch komponierten, das Pech, ins nationalsozialistische Verdikt "entartet" zu geraten. So z.B. auch Schönberg, Strawinsky, Hindemith, Alban Berg, Krenek, Kurt Weill u.a. Manche dieser Werke konnten nach 1945 keinen festen Platz mehr im Spielplan finden, wie z.B. Opern von Erich Korngold, obwohl seine Tote Stadt seit geraumer Zeit eine Auferstehung feiert.
 
Schreker hatte wie viele Komponisten, die entweder jüdisch waren oder expressionistisch komponierten, das Pech, ins nationalsozialistische Verdikt "entartet" zu geraten. So z.B. auch Schönberg, Strawinsky, Hindemith, Alban Berg, Krenek, Kurt Weill u.a. Manche dieser Werke konnten nach 1945 keinen festen Platz mehr im Spielplan finden, wie z.B. Opern von Erich Korngold, obwohl seine Tote Stadt seit geraumer Zeit eine Auferstehung feiert.
Bei Schreker ist das allerdings ein gewisser optischer Trugschluß. Seine Erfolge lagen in der Zeit etwa bis 1925. Dann kamen Stücke wie "Jonny spielt auf" und die "Neue Sachlichkeit", die bereits merklich vor dem Aufstieg der Nationalsozialisten dazu führten, daß Schrekers Werke nicht mehr so häufig aufgeführt wurden. Und auch Korngold konnte an den ERfolg der "Toten Stadt" nicht mehr anknüpfen. "Das Wunder der Heliane" ist inhaltlich ein Mysterienspiel von einer gewissen Verquastheit, manche sehen musikalisch darin sein reifstes Werk, dem ist nicht unbedingt zu widersprechen, aber mehrere Versuche in den letzten Jahren (z.B. in Kaiserslautern) konnten die Lebensfähigkeit des Stücks nicht unbedingt untermauern. Dagegen ist die "Tote Stadt" zwar enorm schwer zu machen, aber ich sah in den letzten Jahren immerhin drei verschiedene Inszenierungen davon.
 
Dagegen ist die "Tote Stadt" zwar enorm schwer zu machen, aber ich sah in den letzten Jahren immerhin drei verschiedene Inszenierungen davon.

Ich habe eine sehr schöne Inszenierung der "Toten Stadt" in Braunschweig gesehen und muss sagen, dass diese Oper auch in heutiger Zeit gut spielbar und publikumswirksam ist. Das "Wunder der Heliane" - angeblich Korngolds reifstes Werk - ist expressiv und hochromantisch, aber für die Bühne sicher weniger geeignet.
 
Schreker hatte wie viele Komponisten, die entweder jüdisch waren oder expressionistisch komponierten, das Pech, ins nationalsozialistische Verdikt "entartet" zu geraten. So z.B. auch Schönberg, Strawinsky, Hindemith, Alban Berg, Krenek, Kurt Weill u.a. Manche dieser Werke konnten nach 1945 keinen festen Platz mehr im Spielplan finden, wie z.B. Opern von Erich Korngold, obwohl seine Tote Stadt seit geraumer Zeit eine Auferstehung feiert.
was ist "expressionistisch komponieren"?

du nennst sieben Komponisten (ob sie expressionistisch komponierten, sei mal dahingestellt), fünf von diesen wurden auch damals und werden nach wie vor heute oft aufgeführt (die Kulturwelt war und ist nun doch etwaqs größer als das nationalsozialistische Deuschland)

...was ist mit Carl Orff und seinem beliebtesten/erfolgreichsten Werk?

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wobei mir nicht so richtig einleuchten will, was all das mit den beiden 1813 geborenen Opernkomponisten Wagner und Verdi zu tun hat...
 
was ist "expressionistisch komponieren"?

Vielleicht liest du mal hier nach:

Expressionismus (Musik) ? Wikipedia

Expressionismus in der Musik ? KAS-Wiki

du nennst sieben Komponisten (ob sie expressionistisch komponierten, sei mal dahingestellt), fünf von diesen wurden auch damals und werden nach wie vor heute oft aufgeführt (die Kulturwelt war und ist nun doch etwaqs größer als das nationalsozialistische Deuschland)

Mir ging es bei meiner -durchaus unvollständigen - Aufzählung allein um Komponisten, deren Werke im nationalsozialistischen Deutschland als "entartet" galten. Dass man Hindemith oder Schreker in London und New York spielen durfte, bedarf keiner Frage.

Komponisten der Moderne wurden als so genannte Vertreter der Entarteten Musik politisch verfolgt, darunter „nicht-arische“ Künstler wie Arnold Schönberg, Ernst Krenek, Kurt Weill, Hanns Eisler, Franz Schreker, Erwin Schulhoff und Ernst Toch, aber auch „arische“ Komponisten wie Anton Webern, Paul Hindemith und Igor Strawinsky. Auch das Werk bereits verstorbener Künstler wie Alban Berg war betroffen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Entartete_Musik
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht liest du mal hier nach:
nee, da lese ich zu diesem Thema nicht nach

...wenn Strawinskis Sacre und Kreneks Jonny spielt auf in einem Topf landen, dann kann man da so ziemlich alles reintun oder anders gesagt: so lässt sich restlos alles als "expressionistisch" bezeichnen...

ansonsten weder entschieden noch entscheiden die Nazis, was expressionistisch ist und was, sondern sie verfolgten auf diesem Gebiet ziemlich unkritisch alles, was ihnen nicht passte: so findet sich eben unter der Bezeichnung entartete Kunst eine bunte Mixtur von frühem Jazz und Fox bis Polytonalität zur Dodekaphonie --- aber den "expressionistisch"/modernistisch gestaltenden Orff steckte man nicht da hinein...

aber all das klärt mich immer noch nicht darüber auf, was das mit dem 19. Jh. von Wagner und Verdi zu tun hat...
 
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