Warum darf Arminius kein deutscher Held sein?

Und nach der Erkenntniss, dass es jenseits des Limes nichts lohnenswertes gab...
Nun ja,für Rom gab es nichts lohnenswertes,umgekehrt war für die germanischen Stämme und Räuberbanden die Versuchung zu Raubzügen natürlich groß.Der Limes war von seiner Anlage her m.E.daher eigentlich auch nicht geeignet, kurzfristig größere Heerhaufen aufzuhalten, wohl aber kleineren Gruppen und Banden den Beutezug zu verleiden. Überdies stellte er natürlich auch eine Wirtschaftsgrenze dar mit der man Im- und Exporte und auch Immigrationsbewegungen steuern (und besteuern !!!) konnte.

Im Gegensatz zum keltischen Bereich der mit seinen oppidae und teilweise intensiv genutzen landwirtschaftlichen Bereichen ,Handels-, Handwerks- und Bergbauzentren durchaus Gewinn bei einer Eroberung versprach verfügte der germanische Bereich jenseits des Limes und dessen Vorfeld m.W. nicht über solche Strukturen.

Vergleichbar dürfte dies in etwa der Situation in heutigen Grenzregionen zwischen Industrienationen und Drittweltländern sein, wo ja ebenfalls eher Abschottung und Kontrolle praktiziert wird.

Im übrigen dienten die Garnisonen im Hinterland des Limes natürlich auch zu einem Gutteil der Kontrolle des Imperiums nach innen, also der Bevölkerung der besetzten Gebiete und der Unterhaltung der dortigen Infrastruktur.
 
Zuletzt bearbeitet:
für mich war , ist und bleibt Hermann der Cherusker ein Deutscher Held der für die Freiheit und aller Germanisch - Deutschen Stämme gekämpft hat

bloß,daß es den Begriff der deutschen und eine deutsche oder auch nur pangermanische Identität damals noch nicht gab. Der gute Herrmann dürfte daher bestenfalls für seine Cherusker und deren Verbündete, vielleicht aber auch nur für seine eigenen Stellung innerhalb des Stammes oder schlicht für die Beute gekämpft haben.

Möglicherweise hat man ihn aber auch erst von Seiten der germanischen Herrschaftseliten zum eigentlichen Führer hochstilisiert, als er tot war, da man einen Sündenbock für die Römer brauchte um selbst ungeschoren davon zu kommen.Und wer wäre dafür besser geeignet gewesen als ein relativ hochrangiger Überläufer.
Das könnte zumindest sowohl seine plötzliche "Karriere" innerhalb des Stammesverbandes nach dem Frontenwechsel als auch die Umstände seines Todes und der Gefangennahme/Auslieferung von Frau und Sohn erklären.
 
Der Limes war von seiner Anlage her m.E.daher eigentlich auch nicht geeignet, kurzfristig größere Heerhaufen aufzuhalten, wohl aber kleineren Gruppen und Banden den Beutezug zu verleiden.

Richtig. Eine Bande konnte wohl unbemerkt über die Grenze kommen, doch die Beute dann wieder drüber zu schaffen, war sicher nicht ganz so leicht.

Der Limes war aber auch eine Machtdemonstration der Überlegenheit Roms. Zumindest ist das eine Deutung der ewig langen Limesgeraden nördlich von Lorch.
 
Da wage ich mal die Behauptung,daß dieser Strategiewechsel nichts mit de Schlacht sondern schlicht mi der Einsicht zu tun hatte, da0 es jenseits des Limes nichts gab ,was sich zu erobern lohnte ..weder Städte noch landwirtschaftlich hochprofitable Gebiete wie dies in Spanien und Gallien der Fall war.

Das dieser Strategiewechsel zumindst an diesem Teil des Römischen Reiches aber erst nach den unerwartet schwierigen Krieg (die Varusschlacht war nur der Beginn und hätte allein die Römer nicht gestoppt) gegen Armnius stattfand, muss man es ihm zu einem großen Teil anrechnen, diesen initiert zu haben.

Warum hätte man also eine kostspielige Eroberung durchführen sollen.

Weil sie es konnten und der Widerstand nicht groß war.
Das waren schließlich Römer, die in den Jahrhunderten zuvor nahezu permanent expandierten.
 
Weil sie es konnten und der Widerstand nicht groß war
Das alleine ist m.E. kein Grund So eine Eroberung und Besatzung kostet natürlich und zwar nicht wenig. Was im Umkehrschluss bedeutet,es muß ein Vorteil ökonomischer oder strategischer Art herausspringen und beides sehe ich für Germanien nicht.
 
Das alleine ist m.E. kein Grund So eine Eroberung und Besatzung kostet natürlich und zwar nicht wenig.

Eroberung und Besatzung kosten nur dann viel, wenn die Umstände unter denen sie stattfinden schwierig sind. Gründe können eine große feindliche Bevölkerung, zäher militärischer Widerstand, schwierige Logistik, zu weite Kommunikatiosnwege, usw. sein.
Wo und wie soll das im vor-Aufstandsgermanien der Fall gewesen sein, das sich die Römer freiwillig aus diesem zurückziehen würden?

Was im Umkehrschluss bedeutet,es muß ein Vorteil ökonomischer oder strategischer Art herausspringen und beides sehe ich für Germanien nicht.

Die Römer haben doch nicht ohne Grund mit der Kolonisation Germaniens begonnen, oder?
 
Und eine strategische Gefahr in Form einer anderen Macht,die das Imperium ernsthaft hätte bedrohen können zeigte sich auch nicht.Warum hätte man also eine kostspielige Eroberung durchführen sollen.

Das stimmt meiner Ansicht nach nicht ganz. Die römische Expansion nach Norden war auch motiviert durch Barbareneinfälle in römisches Gebiet. Caesar hat die rechtrheinischen Stämme ganz bewusst in eine Reihe mit Kimbern und Teutonen gestellt. Das mag auch politische Gründe gehabt haben. Ich denke aber, dass jene Barbaren den Römern tatsächlich als Bedrohung erschienen sind. Massenzuwanderungen nach Gallien wie durch Sueben, Tenkterer und Usipeter werden dieses Bedrohungsgefühl bestärkt haben. Strategische Gründe gab es also durchaus. Und auch wirtschaftlich dürfte Germanien sicher nicht "wertlos" gewesen sein. Die Eroberung wurde ja auch versucht. Sie scheiterte nur am militärischen Widerstand. Ausschlaggebend war dafür meiner Ansicht nach aber nicht die Niederlage der Varuslegionen sondern die Erfolglosigkeit und der Verlustreichtum der Feldzüge des Germanicus.

MfG
 
...Die Römer haben doch nicht ohne Grund mit der Kolonisation Germaniens begonnen, oder?

Sie hatten es sich aber leichter vorgestellt.

Nach der Schlacht im Theutoburger Wald und den Kriegen gegen Arminius kam die römische Landnahme in Germanien nahezu zum Erliegen.

Doch nicht ganz. Allerdings brauchte Rom fast 120 Jahre um wieder bis zur Wetterau vorzudringen.

Was immer man daraus schließen mag, die Schlacht im Theutoburger Wald und die darauf folgenden Feldzüge führten zu einem klaren Bruch in der Expansionspolitik Roms gegenüber den Germanen oder geg.falls auch gegenüber dem Land der Germanen.

Ohne den Kampf des Arminius hätte sich Rom einen Großteil Germaniens durch Verhandlungen mit den Einzelstämmen und vertragswiedrige Machtübernahme einverleibt.
 
Sie hatten es sich aber leichter vorgestellt.

Nach der Schlacht im Theutoburger Wald und den Kriegen gegen Arminius kam die römische Landnahme in Germanien nahezu zum Erliegen.

Doch nicht ganz. Allerdings brauchte Rom fast 120 Jahre um wieder bis zur Wetterau vorzudringen.

Was immer man daraus schließen mag, die Schlacht im Theutoburger Wald und die darauf folgenden Feldzüge führten zu einem klaren Bruch in der Expansionspolitik Roms gegenüber den Germanen oder geg.falls auch gegenüber dem Land der Germanen.

Ohne den Kampf des Arminius hätte sich Rom einen Großteil Germaniens durch Verhandlungen mit den Einzelstämmen und vertragswiedrige Machtübernahme einverleibt.

Das mit der Wetterau ist nicht so ganz richtig. Es ist schwer zu vermuten, dass die Römer vermutlich seit den Germanenfeldzügen des Augustus mindestens das südliche Rhein-Main-Gebiet kontrollierte (worauf insbesondere das Kastell in Wiesbaden und das claudische Kastell in Hofheim hinweisen). Neuere Befunde aus Bad Nauheim deuten daraufhin, dass auch die eigentliche Wetterau in der julisch-claudischen Zeit auch nach der Varusschlacht zumindest besucht wurde. Spätestens ab Vespasian (70 n. Chr.) stand die Wetterau unter römischer Kontrolle.

Ich finde auch, dass nicht die Rede sein kann, dass die Römer jemals eine Chance hatten, "große Teile Germaniens" zu erobern. Das reichte nämlich bis in die Ukraine und das Baltikum! Ich finde es ein bißchen schade, dass man hierzulande aus nachvollziehbaren Gründen die germanische Welt immer so deutsch-zentrisch betrachtet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das stimmt meiner Ansicht nach nicht ganz. Die römische Expansion nach Norden war auch motiviert durch Barbareneinfälle in römisches Gebiet. Caesar hat die rechtrheinischen Stämme ganz bewusst in eine Reihe mit Kimbern und Teutonen gestellt. Das mag auch politische Gründe gehabt haben. Ich denke aber, dass jene Barbaren den Römern tatsächlich als Bedrohung erschienen sind. Massenzuwanderungen nach Gallien wie durch Sueben, Tenkterer und Usipeter werden dieses Bedrohungsgefühl bestärkt haben. Strategische Gründe gab es also durchaus. Und auch wirtschaftlich dürfte Germanien sicher nicht "wertlos" gewesen sein. Die Eroberung wurde ja auch versucht. Sie scheiterte nur am militärischen Widerstand. Ausschlaggebend war dafür meiner Ansicht nach aber nicht die Niederlage der Varuslegionen sondern die Erfolglosigkeit und der Verlustreichtum der Feldzüge des Germanicus.

MfG

Ich denke, wirtschaftlich hatten die Germanen lediglich ihre Arbeitskraft zu bieten - ein sicher bedeutender Faktor, wenn man bedenkt, dass schon in der frühen Kaiserzeit die ersten komplett aus germanischen Söldnern zusammengestellten Hilfstruppen auftauchen. Es wäre militärisch aber sicher ein leichtes gewesen, dass Limesgebiet zur domitianischen Zeit oder später noch weiter auszudehnen.
Territorial sieht man deutlich, dass die Römer hauptsächlich solche Gebiete dort einbezogen, wo es agrarisch sinnvoll war. Und die umfassten ja bekanntermaßen nur einen kleinen Teil Germaniens.
 
Die römische Landnahme in Süddeutschland erfolgte nach Tacitus zuerst durch "wilde" Einwanderung keltischer Abenteurer aus dem römischen Gallien. Es gab hier ein weitgehend menschenleeres Land, welches die Kelten Süddeutschlands schon weitgehend urbar gemacht hatten. Die Initiative ging daher nicht vom römischen Staat sondern von Privatpersonen aus. Für mich ist das ein ähnliches Scenario wie 1.800 Jahre später in Nordamerika (Kalifornien oder Texas).

Zudem hatten schon seit längerem römische Militärs bestimmte Einrichtungen östlich des Rheins genutzt. Heilquellen wurden von Legionären (das heutige Baden-Baden von Straßburg und das heutige Wiesbaden von Mainz aus) aufgesucht. Steinbrüche wurden ausgebeutet und Wälder in linksrheinischen Thermen verheizt.

Im Norden war die Situation anders. Rechtsrheinisch gab es feindlich gesinnte Nachbarn. Hier konnten keine zivilen Siedler sich einfach Land aneignen. Es gab sicherlich genug interessante Objekte, welche die Römer in Besitz genommen hätten (Bleiminen im Sauerland, Eisenminen im Siegerland). Nur war der Aufwand zur Sicherung zu groß, weshalb deren Nutzung NACH der clades variana unterblieb.
 
Die Eroberung wurde ja auch versucht. Sie scheiterte nur am militärischen Widerstand.

Wie oben bereits erörtert bin ich da anderer Meinung.Für Rom unter Augustus war die Rheinlinie Grenzlinie des Imperiums. Germannien war nicht einmal als Provinz definiert. Das Bestreben des Imperiums war immer die Sicherung dieser Grenze, wobei man die rechtsrheinischen Gebiete als Vorfeld dieser Grenze Aufmarsch- und Sicherungskorridor betrachtete . Germanien war somit der "Hinterhof" des Imperiums , das man aus ökonomischen Gründen nicht erobern, in dem man aber Einfluß behalten wollte.Deshalb auch die mehr oder weniger aufwändigen Feldzüge.
Wobei hier auch der Verdacht nahe liegt, daß man den Feind auch aus innenpolitischen Gründen "hegte und pflegte".
 
Die Eroberung wurde ja auch versucht. Sie scheiterte nur am militärischen Widerstand.
Wie oben bereits erörtert bin ich da anderer Meinung.Für Rom unter Augustus war die Rheinlinie Grenzlinie des Imperiums. Germannien war nicht einmal als Provinz definiert. Das Bestreben des Imperiums war immer die Sicherung dieser Grenze, wobei man die rechtsrheinischen Gebiete als Vorfeld dieser Grenze Aufmarsch- und Sicherungskorridor betrachtete . Germanien war somit der "Hinterhof" des Imperiums , das man aus ökonomischen Gründen nicht erobern, in dem man aber Einfluß behalten wollte.Deshalb auch die mehr oder weniger aufwändigen Feldzüge.
Wobei hier auch der Verdacht nahe liegt, daß man den Feind auch aus innenpolitischen Gründen "hegte und pflegte".

Kann es nicht sein, dass ihr beide teilweise Recht habt?

Die territoriale römische Expansion in Germanien wurde zwar durch den militärischen Widerstand der von Arminius kommandierten Germanen zurückgeworfen, aber dieser allein hätte sicher nicht verhindert, dass die Römer später mit dem selben Eifer nicht nochmal begonnen hätten Germanien direkt zu romanisieren.
Hier kommt der ökonomische Aspekt hinzu.
Germanien war durch seine relative zivilisatorischer Unterentwicklung bei gleichzeitiger Fähigkeit erfolgreich militärisch Widerstand zu leisten, kein Gebiet mehr, in das es wert war, viel zu investieren und es direkt unter Kontrolle zu bekommen.
Anders war es im Falle der Gebiete an der römischen Ostgrenze. Hier lockte der Reichtum dieser entwickelten, urbanisierten Regionen zu immer neuen Eroberungszügen bis sogar an den Persischen Golf.

Die Situation der Römer in Germanien lässt sich mit der Situation der Briten in Afghanistan vergleichen.
Sie konnten zwar wichtigen Einfluss sichern, aber der starke Widerstand der Afghanen kombiniert mit dem geringen ökonomischen Wert Afghanistans führten dazu, das Afghanistan nie ganz annektiert, wie viele Reiche in und um Indien wie beispielsweise Birma noch es zu einem abhängigen Fürstenstaat degradiert wurde wie Hyderabad und sich deshalb später relativ leicht wieder von Britisch-Indien lösen und seine völlige Unabhängigkeit wieder erlangen konnte.
 
Da wage ich mal die Behauptung,daß dieser Strategiewechsel nichts mit de Schlacht sondern schlicht mi der Einsicht zu tun hatte, da0 es jenseits des Limes nichts gab, was sich zu erobern lohnte ...
So formuliert ist das einfach falsch.

Das Germanien vor der Schlacht war wirtschaftlich das gleiche wie danach. Die Römer haben versucht, Germanien zu erobern - sie waren also nicht Deiner Meinung, daß sich das nicht lohnen würde.

Daß der Strategiewechsel "NICHTS" mit der Schlacht zu tun haben soll, ist völlig unwahrscheinlich.

Wie so oft war es halt eine Kombination aus verschiedenen Gründen: Der unerwartet starke und erfolgreiche militärische Widerstand der Germanen PLUS eine eher mäßigen Attraktivität des Gebiets - das hat zum Umdenken geführt.

Wenn Germanien märchenhaft reich gewesen wäre, hätte Rom wohl trotz der Niederlage in der Varusschlacht und den folgenden Fehlschlägen noch weitere Eroberung versucht.
Und wenn Arminius nicht gewesen wäre, hätte es Germanien zur Provinz gemacht - keiner sehr reichen, aber doch einer rentablen.

Für Rom unter Augustus war die Rheinlinie Grenzlinie des Imperiums.
Aber gerade Augustus hat ja tatkräftig versucht das zu ändern und die Grenze weit vorzuverlegen.
Es ist wenig sinnvoll wenn Du Argumente suchst, daß die Eroberung Germaniens für die Römer nicht sinnvoll gewesen sein soll. Die Römer haben das anders gesehen, das ist nun mal Fakt.

Germannien war nicht einmal als Provinz definiert.
Das heißt nichts.
Die formale Provinzdefinition hinkte der Entwicklung oft hinterher - Noricum wurde erst unter Claudius förmlich zur Provinz erklärt, da war es schon zwei Generationen fest in römischer Hand (wahrscheinlich haben die meisten Einwohner ganz erstaunt zur Kenntnis genommen, daß sie noch gar keine Provinz waren ...).

Und es ist ja unbestritten, daß Germanien noch kein konsolidierter Besitz war, das war noch im Werden. Aber es schien schon erobert genug, daß Varus als Statthalter des Gebiets ernannt wurde.

Das Bestreben des Imperiums war immer die Sicherung dieser Grenze, wobei man die rechtsrheinischen Gebiete als Vorfeld dieser Grenze Aufmarsch- und Sicherungskorridor betrachtete .
Das ist aber erst die spätere Sicht, NACHDEM die Eroberungsabsicht aufgegeben werden mußte.

Wobei hier auch der Verdacht nahe liegt, daß man den Feind auch aus innenpolitischen Gründen "hegte und pflegte".
Das halte ich für unwahrscheinlich.
Rom hatte immer ausreichend Gegner für solche Zwecke, da muß man keine zusätzlichen "hegen und pflegen".
Und mir wäre jetzt auch neu, daß die jeweiligen Kaiser aus der reinen Verteidigung des Limes hätten groß Propaganda-Erfolge generieren können.
Während umgekehrt die diversen Einfälle und Plünderzüge der Germanen sehr peinlich für die "Pax Romana" waren.
 
Ich finde auch, dass nicht die Rede sein kann, dass die Römer jemals eine Chance hatten, "große Teile Germaniens" zu erobern. Das reichte nämlich bis in die Ukraine und das Baltikum! Ich finde es ein bißchen schade, dass man hierzulande aus nachvollziehbaren Gründen die germanische Welt immer so deutsch-zentrisch betrachtet.
Das hat m. E. wenig mit einer "deutsch-zentrischen" Betrachtung zu tun. Sondern vielmehr damit, daß man sich (naheliegenderweise) an der römischen Sicht orientiert.
Das Germanien, von dem wir hier sprechen, ist die "Germania magna" oder "Germania libera", und da gehören die Ukraine oder das Baltikum eben nicht dazu.
 
Ich finde bei dieser Frage wird das Ereignis "clades variana" immer extrem isoliert betrachtet. Eigentlich sollte man, um die ganze Situation besser zu verstehen schon bei Caesar anfangen. Dieser setzte zwar über den Rhein über, war sich aber dessen bewußt, dass durch die schlechte Versorgungssituation der Armee eine Eroberung wie in Gallien ein dummes Unterfangen wäre, denn ohne Mampf kein Kampf. Also erklärte er den Rhein zur Demarkationslinie, um einem Machtverlust in Gallien vorzubeugen. Der Rhein wurde also nicht erst nach der Varusschlacht zu einer Grenze, sondern seit ca. 50 v.Chr.

Des Weiteren gibt es zur selben Zeit, wo Arminius in der Planungsphase gewesen sein muss, die Pannonische Krise, bei der Dalmatier, Illyrer und Markomannen beteiligt waren von 6-9 n.Chr. In Pannonien standen 15-18 Legionen, also die Hälfte des gesamten Reiches und das Ereignis wird als schwerste Krise seit dem Senonensturm bezeichnet.

In Germanien standen nur drei Legionen unter dem Kommando eines mehr als fähigen Varus, auch wenn Autoren wie z.b. Paterculus ihm anderes andichten wollen und die Germanophilie um 1900 ihr übriges dazu beitrug.

Rom war anscheinend sehr sicher, was die Germanen anging und die Quellen sprechen selbst auch immer von Verrat, wenn sie Arminius erwähnen.

Dieser nutzte also meiner Meinung nach die Krise in Pannonien, um seine eigenen Pläne zu verwirklichen und dabei geht es doch eher in die Richtung, dass er selbst Macht ausüben wollte, wie z.B. Marbod. Da er militärisch ja bestens ausgebildet war, ist es nicht verwunderlich, wenn die Quellen sagen, dass nur fünf Tage nachdem Tiberius den Aufstand endgültig niedergeschlagen hatte, ihm die Nachricht über die Vernichtung des Varus überbracht wird. (Paterculus RG II, 117, 1)
Wenn der Angriff auf Varus also länger gedauert hätte, und Arminius also einrechnete, dass durch die Krise in Pannonien keine Entsatztruppen zu Varus hätten entsendet werden können ist das taktisch sehr klug.
Für weiter egoistische Machttendenzen sprechen auch Überlieferungen, dass sich die Germanen dem Aufstand nur nach und nach anschlossen. (Dio, RG 56, 21,4)
Aus römischer Sicht also ein klarer Verrat...
Aus germanischr Sicht, je nach Position wohl etwas von allem, Verrat aus der Sicht einiger Adliger, für andere DIE Gelegenheit sich etwas vom Kuchen der Macht sich etwas abzuschneiden. Naja und das Volk, das wurde hier sicher nicht gefragt, was es denn davon hält und so wird es eine Menge Opportunisten gegeben haben, die sich so verhielten, wie es Cassius Dio beschreibt und sich bei jedem weiterem Erfolg an die ehemaligen Auxilliartruppen anschlossen, die laut Timpe ja Ausgangsbasis des Aufstandes sind.
So war Arminius sicherlich eine herausragende Persönlichkeit, die man aus heutiger Sicht nicht in dieses schwarz-weiss Schema pressen kann.
Allerdings ist eine Figur wie Arminius auch denkbar schlecht als deutscher Held heutiger Zeit verwendbar, da die Umstände seiner Taten wenig heldenhaft erscheinen bei genauerer Hinsicht und man sich eh fragen muss, ob heute noch solche Helden gebraucht werden... da würde ja, wie schon erwähnt, so ziemlich jeder Nationalheld beträchtlich Dreck am Stecken haben.
Meine Meinung: wichtige und interessante Person, aber definitiv kein Held.
 
Rom war anscheinend sehr sicher, was die Germanen anging und die Quellen sprechen selbst auch immer von Verrat, wenn sie Arminius erwähnen.

Dieser nutzte also meiner Meinung nach die Krise in Pannonien, um seine eigenen Pläne zu verwirklichen und dabei geht es doch eher in die Richtung, dass er selbst Macht ausüben wollte, wie z.B. Marbod. Da er militärisch ja bestens ausgebildet war, ist es nicht verwunderlich, wenn die Quellen sagen, dass nur fünf Tage nachdem Tiberius den Aufstand endgültig niedergeschlagen hatte, ihm die Nachricht über die Vernichtung des Varus überbracht wird. (Paterculus RG II, 117, 1

Die drei Legionen, welche Varus in Germanien zur Hand hatte, waren aus damaliger Sicht mehr als genug um Germanien fest im Griff zu halten. Sonst hätte es Varus nicht wagen können seine Provinzialisierungspolitik deutlich voran zu treiben und nach Meldung von Unruhen seine Armee mit Anhang „wie im Frieden“ in die gestellte Falle marschieren zu lassen.

Deinen militärtaktischen Überlegungen für Arminius kann ich wenig folgen. Wenn Arminius den pannonischen Aufstand in seiner Planung derart bewertet hätte, dass nur zu dieser Zeit ein Aufstand möglich war, dann war der Zeitpunkt schlecht gewählt. Denn das Ende des Aufstandes ließ ja nicht mehr lange auf sich warten. Nach Lage der Dinge war das Heer des Varus auch so zu stark für eine direkte Konfrontation.
Wir sollten eines im Auge behalten: Varus herrschte mit weitgehenden Vollmachten und hatte eine Berufsarmee zur Hand, welche ihm bedingungslos folgte. Arminius hatte es weit schwieriger, er musste eine Koalition von Stämmen und Gefolgschaften sammeln, über die er nicht unbegrenzt verfügen konnte. Weiter musste er heimlich vorgehen. Ob er tatsächlich römische Auxilien in nennenswertem Umfang von langer Hand geplant für seinen Plan gewinnen konnte, muss ebenfalls fraglich bleiben. War hier die Gefahr von römischen Informanten durchschaut zu werden doch noch größer! Ich frage mich daher, ob solchen Auxilien tatsächlich eine so große Rolle zukam, wie sie derzeit vertreten wird.
Auch war Arminius nicht zwingend von Anfang an der Anführer dieser Gruppen. Es gab andere Germanenfürsten, welche nur zu gerne diese Rolle spielen wollten. Ich denke Zeitpunkt, Ort und Art seines Losschlagens waren mehr von Überlegungen bestimmt, wie er eigene Kräfte mobilisieren konnte, als auf Spekulationen über mögliche römische Entsatzheere. Der ganze Erfolg beruhte auf Überraschung und überwältigender Härte! Arminius hatte sozusagen nur Pulver für einen Schuss und der musste für die Armee des Varus tödlich sein! Ein „ordinärer Sieg“ (im Sinne Schlieffens) mit einer, auch nur in großen Teilen noch kampfkräftigen Varusarmee, die auch nur noch den Rhein erreichen würde, hätte einen Misserfolg bedeutet.

Arminius stieg in Ansehen und Machtfülle nur deshalb bei den germanischen Stämmen so hoch, weil er einen so vollständigen Sieg errungen hatte und für den Moment keine gefährlichen römischen Armeen zur Hand waren. Eine römische „Entsatzarmee“ konnte es nicht geben, da es nichts mehr gab das zu entsetzen gewesen wäre! Stattdessen wuchs mit seinem Ruhm auch sein Ansehen bei den Germanen und damit die Zahl jener, die ihm zu folgen bereit waren…

Tiberius bereinigte die angenommene Gefahr für die römische Rheingrenze anscheinend auch eher unspektakulär und ohne ähnlich großen Widerhall in der Geschichtsschreibung, wie der Erfolg des Arminius. Dagegen war der Versuch des Arminius durch Übersenden des Kopfes von Varus an den mächtigen Markomannenherrscher Marbod, diesen zu einem Angriff auf die Römer zu veranlassen ein weit strategischerer Zug des Cheruskers. Hätte dieser den Krieg eröffnet, dann allerdings hätte Arminius erst einmal sicher sein können, die nach dem pannonischen Aufstand frei werdenden Legionen durch Marbods Krieger weitgehend binden zu können….

Zu Schade, dass die Quellenlage nur wenige Anhaltspunkte bietet um derartige Fragen besser beleuchten zu können.
 
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