Nun, R.A hat bestimmt irgendwie recht mit seiner Definition der Kontinuität. Im historischen Kontext ist bestimmt eher festzustellen, dass es bestimmte Klammern zwischen einzelnen historischen Abschnitten gibt, als dass irgendein Kulturmerkmal quasi unverändert über 2-3 Jahrtausende hinweg besteht.
Danke - Du scheinst einer der wenigen zu sein, die den Beitrag überhaupt zur Kenntnis genommen haben.
Mich frustriert die Diskussion zunehmend. Da wird weiter apodiktisch "gibt hier keine Kontinuität" gesagt ohne Kriterien dafür zu definieren, die dann auch für andere Beispiele halten.
Aber, frage ich mich, was hat das mit „Deutsch“ zu tun ?
Weil Arminius zu den Germanen gehörten, die später zu Deutschen wurden.
Mit exakt derselben Argumentation könnten die Dänen, die Norweger, die Isländer, ein Teil der Belgier, die Schweden, die Holländer, die Österreicher, ein Teil der Schweizer, die Engländer, die Kanadier, die Australier und wohl ein großer Teil der US-Amerikaner „Hermann“ zu ihrem Helden machen.
Theoretisch ja, und daß sie es nicht tun, ist erst einmal kein Argument, daß die Deutschen es nicht tun sollten.
Der Knackpunkt ist halt, daß bei diesen aufgeführten Beispielen noch weitere Faktoren hinzukamen, die zu einem Traditionsbruch führten (z. B. geographisch durch Auswanderung, sprachlich oder politisch).
Zum Fortführen einer historischen Kontinuität gehört ja auch immer, daß man diese will. Wenn eine Tradition bewußt aufgegeben wird, bricht die Kontinuität halt ab.
Insofern fände ich es völlig problemlos und angemessen, wenn z. B. die Holländer oder Schweizer Arminius genauso als Persönlichkeit (um die Zusatzproblematik "Held" zu vermeiden) ihrer Vorgeschichte sehen wollten. Tun sie aber nicht - bitte schön.
M.E ist es doch nicht das Problem, irgendeine Kontinuität zu erkennen oder zu konstruieren oder anzuerkennen.
"Irgendeine" gibt es ja fast immer. Die Frage ist, ob sie breit genug angelegt ist, um sie als Tradition akzeptieren zu können.
Beispiel: Die Römer sahen sich ja als Nachfahren der Trojaner. Da ist die Kontinuität aber so dünn, daß man das nur als Geschichtsklitterei bezeichnen kann.
Zwischen den Deutschen unter Otto dem Großen und den Arminius-Germanen gab es geographische, abstammungsmäßige, sprachliche und sehr starke kulturelle Kontinuität. Nur politisch waren die Stämme mehrfach neu sortiert worden - das halte ich aber für unproblematisch.
Wie weit, bitte, reicht die denn ? Bis nach Tunesien, weil da mal die Vandalen waren?
Nein, weil es eben dort weitere (sehr entscheidende) Traditionsbrüche gab.
Würde es in Tunesien noch eine vandalische Minderheit geben, die ihre Sprache und Tradition pflegt und der alten Heimat gedenkt - dann könnten die sich natürlich auch auf Arminius berufen.
Mal zum Vergleich: Bei den jüdischen Minderheiten in diversen Ländern findet man ja Analoges, die pflegen auch ihr Andenken an Helden, die vor 3000 Jahren in Judäa lebten.
Aber die Vandalen pflegen eben nichts mehr, die sind platt.
Das Problem m.E. ist einfach, dass „deutsch“ im Zusammenhang mit Hermann/Arminius einfach immer noch zu eindeutig besetzt ist.
Diese falsche Besetzung, dieser Mißbrauch durch Nationalisten, oder diese widersinnige Gleichsetzung von Römern mit Franzosen - das ist natürlich alles Murks.
Aber man sollte nicht ins entgegengesetzte Extrem verfallen und so tun, als wären irgendwann 300 n. Chr. Marsmenschen gelandet und hätten im Bereich des heutigen Deutschlands jeden Kontakt zwischen vorher und nachher unterbrochen.
Ich hatte ja mit dem Beispiel Konfuzius angefangen. Wenn der ganz normal als "chinesischer" Philosoph bezeichnet werden kann (auch von Auslandschinesen ...), dann muß sich nicht scheuen, Arminius nach genau den gleichen Maßstäben in die deutsche Geschichte zu stecken.