Warum darf Arminius kein deutscher Held sein?

Wenn also Arminius die germanische Kulturwelt vor dem Eindringen der römischen Invasoren gerettet haben und deshalb der Held einer deutschen Nation sein soll, komme ich zu dem Ergebnis dass er versagt hat und kein Held ist.
Denn schließlich haben die Völkerschaften, welche aus dem Gebiet zwischen Rhein und Elbe stammen in späteren Zeiten Rom in erheblichem Maße übernommen. In Kultur, Sprache, Religion und Wissenschaften wurden sie zu Rom-Fans.

Also für mich ist es schon ein gewisser Unterschied, ob man sich durch eine fremde Macht assimilieren und ausbeuten lässt oder sich freiwillig in die Tradition eines Imperiums stellt, das für die Menschen des Mittelalters die Zivilisation verkörperte, und nach damaliger Vorstellung durch Karl den Großen auf die Deutschen übertragen wurde.

Aber, frage ich mich, was hat das mit „Deutsch“ zu tun ?
Mit exakt derselben Argumentation könnten die Dänen, die Norweger, die Isländer, ein Teil der Belgier, die Schweden, die Holländer, die Österreicher, ein Teil der Schweizer, die Engländer, die Kanadier, die Australier und wohl ein großer Teil der US-Amerikaner „Hermann“ zu ihrem Helden machen.


Ist schon richtig. Aber wie schon gesagt, "deutsch" und "germanisch" wurden über das Mittelalter und der Frühen Neuzeit nahezu gleich gesetzt. "Deutsch" ist in dem Zusammenhang auch nicht als politischer, sondern ethnischer Begriff zu sehen (weil du auch die Österreicher, Belgier und Schweizer anführtest). Ich weiß nicht, ob sich Engländer so viel aus ihrer teilweisen angelsächsischen Abstammung machen, aber Schweden, Norwegen, Island haben mit dem antiken Germanien eigentlich nichts zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Arminius' Sieg die germanischen Völker, die rechts des Rheins blieben, in den genannten Bereichen einige Hundert Jahre zurückgeworfen hatte. Sie kamen nicht in den Genuss römischer Sitte, wenn ich es mal so ausdrücken darf.

So würde ich das nicht sehen, immer hin ist auch der Varusschlacht der Kontakt zwischen Römern und Germanen geblieben, es wurde gehandelt und auch ein Ideenaustausch zeichnet sich ab, nicht zu vergessen ist die "Barbaraisierung" des röm. Heeres. Man kann die Zeit vielleicht in einem jeweiligen Wechselspiel zwischen friedlicher Exesistenz und Konflikten beschreiben.
Insbesondere in der Metallbearbeitung/-verarbeitung wurden von den Germanen Techniken aus den röm. Reich übernommen.
Auch die Herausbildung von archl. fassbaren Eliten ist auf jeden Fall mit dem Militärdienst im röm. Reich verbunden (Gräber von Haßleben-Leuna, Marwedel, Gommern, Lübsow-Gräber).


Es gab da mal eine Ausstellung in Bonn:
Krieg und Frieden | Kelten Römer Germanen | Die Ausstellung
Der Ausstellungsband dazu bietet einen gute und aktuelle Übersicht über den Zeitraum vom 1.Jh.v.chr - 1 Jh.n.chr.
Außerdem ganz spannend für das Thema sind einige Aufsätze von Prof.Dr. H.W. Böhme, einem ausgezeichneten Kenner der röm. germanischen Geschichte.
 
Entschuldigt bitte meine unbedarfte Herangehensweise, aber ich habe manchmal den Eindruck als wären die alten Germanenstämme irgendwann vernichtet oder ausgerottet worden.
Die Vermischung der Stämme untereinander oder auch die Aufnahme anderer Ethnien bedeutet doch nicht, daß die einzelnen Stämme ausgestorben bzw. deren Kulturen gänzlich verschwunden sind.
Die Merowinger - Karolinger hatten noch einen klaren Bezug zu den alten Germanenstämmen.
Wann wurde die Entwicklungslinie unterbrochen?
 
Entschuldigt bitte meine unbedarfte Herangehensweise, aber ich habe manchmal den Eindruck als wären die alten Germanenstämme irgendwann vernichtet oder ausgerottet worden.

Ausrottung, ist bei einigen Stämmen möglich durch Cäsar z.B. oder auch durch „innere“ Kriege die meistens schlecht bis gar nicht dokumentiert sind. Auch Deportation sind ein beliebtes Element, neben der „freiwilligen“ Völkerwanderung.

Allein von Caesars Kriegszügen bis zu Germanicus seinen gibt es einige Veränderungen in den Stammesnamen und ihre Sitzen und das sind mal gerade 60-70 Jahre…

Einen Bruch bei den Franken sehe ich vor allem in den Zerfall des Karolingerreiches zu Ost und West Franken, später Franzosen und Deutschen…
Auf alle Fälle kann man sagen Karl, war kein Deutscher…aber auch kein Franzose…trotzdem wird er gern als Vater der Nationen vereinnahmt.

:scheinheilig:
 
Die Germanenstämme blieben allerdings Frankenreich und im deutschen Reich vorerst erhalten. Die Franken bildeten nur die Oberschicht, wenn man so will.
Karl war nach Ansicht der Menschen im Mittelalter ein Deutscher, da Germane. Inwieweit und von wem er als Franzose gesehen wird, kann ich nicht sagen.
 
Die Germanenstämme blieben allerdings Frankenreich und im deutschen Reich vorerst erhalten. Die Franken bildeten nur die Oberschicht, wenn man so will.
Karl war nach Ansicht der Menschen im Mittelalter ein Deutscher, da Germane. Inwieweit und von wem er als Franzose gesehen wird, kann ich nicht sagen.

Karl war nach Sicht der Zeitgenossen ein Franke und nebenbei noch römischer Kaiser - weder Deutscher noch Franzose, nicht mal die Wörter dazu gab es zu seinen Lebzeiten.
 
Karl war nach Sicht der Zeitgenossen ein Franke und nebenbei noch römischer Kaiser - weder Deutscher noch Franzose, nicht mal die Wörter dazu gab es zu seinen Lebzeiten.

Falls man davon ausgeht, dass die Begriffe Franke/Franzose unterschiedlicher Herkunft sind, dürfte die Argumentation stimmen.
 
Karl war nach Sicht der Zeitgenossen ein Franke und nebenbei noch römischer Kaiser - weder Deutscher noch Franzose, nicht mal die Wörter dazu gab es zu seinen Lebzeiten.

Richtig. Allerdings kam im 11. Jahrhundert ein Deutschenbegriff auf, der auch alle antiken Germanenstämme miteinschloss. Es wurde nicht, zwischen Deutschen und Franken unterschieden.

In der Regensburger Kaiserchronik von 1150 steht über Karl "Karl der Pippînes sun, der aeligen Perhtun, der gwan den namen scône, daz er der erste kaiser wart ze Rome von Diutisken landen..."

Was es allerdings schon zu Karls Zeiten gab, war ein deutscher Sprachbegriff: "lingua theodisca", die Karl als seine Muttersprache bezeichnete.
 
Helden, Mythos & Ethnogese

...Die Geschichte zeigt dass solche Versuche kleinere relativ egalitäre Gruppen zu unterwerfen ein zähes meist unmögliches Unterfangen war.
So haben die Spanier es auch nicht wirklich geschafft die Stämme im Amazonasbecken vollständig zu unterwerfen.
Auch hier waren es zumeist relativ egalitäre Gruppen, die einem Naturraum leben, der die Errichtung von Verwaltung etc, äußerst schwierig macht, fast ebenso wie der Naturraum auf dem Gebiet der heutigen BRD.

Also das Amazonasbecken war doch letztlich im Wesentlichen von den Portugiesen beansprucht, auch wenn die spanischen Konquistadoren sich da Anfänglich tummelten.^^


@Ethnogese:
Ich denke es gibt genug Linien die von „den“ Germanen zu den heutigen Deutschen führen. Genauso gibt es andere Traditionslinien die mindestens ebenso wichtig sind und das „Germanentum“ als integrierenden Faktor für die Ethnogese der Deutschen (welcher Zeit muss ich da ironisch fragen…) ist nur ein Faktor von vielen, wobei besonders der christliche Katholizismus der Ottonenzeit, sowie Rückgriff auf Traditionen römischer Stadtkultur und römische imperialer Kultur einmal besonders genannt werden sollten. Dabei ist festzustellen das die „germanischen“ Wurzeln der mittelalterlichen Deutschen gerade nicht zu den politisch wirksamen Faktoren der Ethnogese gehört! Es ist immer eine Frage der Prämisse und des Blickwinkels wenn abgewägt wird. Die Archäologie kann m.E. dazu nur ein unzureichendes Mittel bieten – ein Werkzeug von vielen. Das ist, als wolle man mit der Lupe im freien Gelände alleine den Verlauf antiker Straßenzüge rekonstruieren wollen! Komplexe Abläufe erfordern des Öfteren einen Perspektivwechsel, ohne dabei die mit der „Lupe“ zu Tage getretenen Fakten ignorieren oder verneinen zu wollen.

Archäologische Funde können etwas über die materielle Kultur früher lebender Menschen aussagen und Rückschlüsse auf ihre Lebens- & Gesellschaftsformen erlauben. Zu ethnischen Fragen können sie nur (eingeschränkt) im Zusammenwirken mit historischer Überlieferung beitragen, wenn sich durch die Ausgrabungen keine Schriftkultur erschließen lässt. Hypothetisch verdeutlichen möchte ich das an folgendem Szenario: Europa müsste aus irgendwelchen Gründen komplett von der Menschheit geräumt werden und die Überlieferung würde komplett ausfallen… Jahrhunderte später würde die Menschheit den „vergessenen Kontinent“ wieder entdecken und – ausgerechnet – nur Archäologen hereinlassen… Wenn dann Ausgrabungen über frühes- & hohes Mittelalter, sowie römischer Antike gemacht würden, könnte es sein das sie eine relative Kontinuität zwischen beiden Epochen postulieren könnten. Weil es in beiden Fällen nahezu ausschließlich lateinische Inschriften gibt und man meinetwegen die „frühe“ Christianisierung in Rom seit Konstantin ebenfalls feststellen würde… Wir wissen, dass diese Schlussfolgerung Unsinn wäre…

Das Phänomen der Romanisierung Galliens in der Antike ist ein weiteres Indiz dafür, dass Ethnogese auch fast unabhängig von größeren Bevölkerungsverschiebungen stattfinden kann. Aus Galliern wurden Römer. Würde deren spezifische Ausprägung im Vergleich zu Italikern es erlauben von einem Bruch der Kontinuität zu sprechen, obwohl die Bevölkerung im Wesentlichen keine allzu großen Verschiebungen erfahren hatte?...

Damit verlasse ich diesen Teil des Themas.

@Nationale Mythen und Nationale Helden:
Ein wichtiger Punkt für die Ethnogese früher Gesellschaften sind ihre Mythen, die vom Ursprung und Herkunft der Stämme und Völker berichten und ihnen Identität gaben. Mythen sind aber oft noch kurzlebiger als Sprachen und Völker. Dagegen können sie aber im Laufe der Zeit neuen Gegebenheiten angepasst werden und sind damit genauso „lebendig“ wie die Völker die sie benutzten. Wir kennen einige antike „Gründungsmythen“

So berichtet die Gründungssage der Langobarden davon, wie aus dem Stamm der Winniler das Volk der Langobarden geworden sein soll: Bedroht von ihren vandalischen Nachbarn mit Krieg, denen auch noch die Gunst des höchsten Gottes Wodan galt, erhielten sie Hilfe von dessen Frau Fria deren List ihnen die Gunst Wodans bescherte und ihnen gleichzeitig ihren neuen Namen gab: Langbärte/Langobarden eben. Auch die frühen angelsächsischen Könige leiteten ihre Herkunft auf Wirken Wodans her und die gotischen Königsgeschlechter leiteten den gotischen Namen vom Gotte Gaut (in späterer Edda als einen der Namen des Odin/Wodan genannt) ab und das amalische Geschlecht von den göttlichen Asen… Mythen sind Erzählungen welche Geschichte und Identität greifbar machen sollen und Identität stiftend zum Motor einer Ethnogese werden können. Das aber ist archäologisch gar nicht greifbar und lässt sich aus schriftlichen Quellen nur rudimentär unter günstigen Bedingungen erschließen. Es ist m.E. unwahrscheinlich dass die Taten des Arminius nicht Inspiration für Identitätsstiftende Mythen geworden sind. Auch ohne stringente Kontinuität… Die Taten des Arminius wurden sehr viel später zu einer der „Gründungsmythen“ der Deutschen, was unbestreitbar ist! Ob Arminius genetisch/ethnisch/politisch/wasweisichwas irgendwie etwas mit den späteren Deutschen gemein hat ist dabei völlig unerheblich. Ich denke die meisten Mitdiskutanten sehen auch Wodan/Gaut gewiss nicht als aktiv handelnde historische Persönlichkeiten für die Ethnogese der oben genannten Völkerschaften… Ethnogese ist rein wissenschaftlich m.E. niemals völlig widerspruchsfrei zu erklären!

Damit komme ich unweigerlich zu „Nationalen Helden“. Die Deutschen sind nicht die Einzigen, die auf diese mythische Weise ihre Helden aus grauester Vorzeit erküren!

Das Beispiel der romanisierten Gallier lenkt den Blick bei Helden zwangsweise zu Vercingetorix, den gescheiterten „Freiheitshelden der Gallier und heutigen Franzosen“! Man sieht östlich des Rheins diesen Kämpfer gegen Caesar recht ungezwungen meist als „ersten Franzosen“, obwohl hier die historische Kontinuität doch nicht weniger Angreifbar ist.

Die sehr junge belgische Nation vereinnahmt in ähnlicher Weise sogar den Ambiorix, einen ebenfalls tragischen Gegenspieler des Caesars und Führers der Eburonen, zu einer Art von Stammvater Belgiens.

Der römische Gründungsmythos beruft sich gar auf eine Abstammung von den Trojanern! Die vielleicht nur literarischen Erzählungen um den trojanischen Krieg aus den Geschichten eines griechischen (also fremdländischen) „Versschmiedes“ werden hier vereinnahmt eine Identität zu stiften! Homer hatte wohl für die alten Römer also in gewisser Weise einen ähnlichen Stellenwert wie im 16. Jht. der Römer Tacitus für die deutschen Humanisten als Begründer der germanisch-deutschen Kontinuität!

Die Reihe der Beispiele ließe sich beliebig verlängern, etwa um den „Helvetermythos“ bei den Schweizern, denen man die „Vereinnahmung“ Wilhelm Tells ganz gewiss nicht Verübeln kann. Dabei ist es doch vielleicht gar nicht so sicher, ob der Mann überhaupt je existiert hat. [Ketzermodus off]^^

Man sieht welche wichtige Rolle auch „Irrationales“ im „Bewusstsein“ von Völkern gespielt hat und offensichtlich immer noch spielt. Die Argumente der Wissenschaften mögen noch so stichhaltig sein, sie werden es nicht immer schaffen Mythen völlig zu entkräften. Dabei ist doch auch die spätere deutsche Geschichte voller Zäsuren und Mythen: Wälzte nicht auch die Reformation und der Dreißigjährige Krieg Deutschland stark um? Wie ist es mit den Folgen der französischen Revolution und Napoleons Ausgreifen nach Osten? Was ist mit dem Mythos der „Stunde Null“ von 1945 und die in den östlichen Teilen der BRD viel bewußtere „Friedliche Revolution von 1989/90“?
 
Hallo Tejason,

dein Beitrag hat mir sehr gut gefallen, nachdem ich ihn glaub ich zum 5 mal gelesen habe finde ich immer noch was zum nachdenken :)
Ohne dich jetzt in zu seichtes Gewässer locken zu wollen, aber was ist dein (ich denke noch offener) Schluß zu Arminius und den Deutschen?

Gruß Steffen
 
Die Taten des Arminius wurden sehr viel später zu einer der „Gründungsmythen“ der Deutschen, was unbestreitbar ist!

Ja, nach der Wiederentdeckung der Texte von Tacitus und Velleius Paterculus im 16. Jahrhundert. Aber das schriebst Du ja selbst, wie ich nach meinem ersten Antwortimpuls sehe:

Homer hatte wohl für die alten Römer also in gewisser Weise einen ähnlichen Stellenwert wie im 16. Jht. der Römer Tacitus für die deutschen Humanisten als Begründer der germanisch-deutschen Kontinuität! [...] Man sieht welche wichtige Rolle auch „Irrationales“ im „Bewusstsein“ von Völkern gespielt hat und offensichtlich immer noch spielt. Die Argumente der Wissenschaften mögen noch so stichhaltig sein, sie werden es nicht immer schaffen Mythen völlig zu entkräften.
 
Zitat:
Uhtred
Arminius selbst, wie auch sein Bruder Flavus (...) wurden Rom bereits im Kindesalter gezwungenermaßen als Geiseln übergeben Sie sollten für die Einhaltung von Verträgen bürgen.

Beleg dafür, bitte!



Beleg dafür, bitte!

soweit ich es bis jetzt gelesen habe, scheint niemand auf diese Frage eingegangen zu sein. Falls doch hab ich das leider übersehen...

Die Annahme, dass Arminius eine römische Geisel gewesen sein soll, resultiert aus dem Problem, dass der Cursus Honorum nur für einen römischen Bürger zugänglich waren und er also Bürger gewesen sein muss, bevor er Equestes werden konnte. Ernst Hohl wirf also die Überlegung ins Feld, dass Arminius Geisel in Rom gewesen sein muss, da es sonst zeitliche Probleme mit seiner Laufbahn gibt.
Reinhard Wolters widerspricht dem allerdings. Er ist der Auffassung, dass den Cheruskern das Bürgerrecht schon eine Generation zuvor verliehen wurde, da die Adelssippe bei dem Römern hohes Ansehen genoss.
Die Geschehnisse des Immensum Bellum kurz nach der Zeitenwende sind ein Vorspiel zu der ganzen Geschichte und nachdem Tiberius die Cherusker erneut wiedergewann, wurden sie auch wieder in das Treuverhältnis zurückgeführt.
Segestes wurde das Bürgerrecht z.B. von Augustus persönlich verliehen und auch der Onkel des Arminius Inguiomer genoss in Rom hohes Ansehen.
Wolter vermutet also nun, dass Inguiomer und Segimer das Bürgerrecht verliehen wurde und Flavus und Arminius somit schon als Kinder römische Bürger waren, ohne zwingend in Rom als Geiseln (im Sinne der Res Gestae Augustus 32.2) gewesen sein zu müssen.

Diese vor Pathos triefenden Darstellungen in etlichen Geschichtssendungen, wo ein kleiner Junge von den bösen Römern mitgenommen wird, ist also möglich, aber trotzdem reine Fiktion und werden unhinterfragt als Tatsachen übernommen.

Nachzulesen im Detail bei: Reinhard Wolters, Die Schlacht im Teutoburger Wald, Arminius, Varus und das römische Germanien, München 2008, S. 89-99.
 
Dennoch glaube ich hat die Varusschlacht oder besser gesagt die Schlachten von Arminius gegen die Römer, doch eindeutig einen Einfluss auf die weitere Entwicklung in Germanien gehabt

Nach dem was ich hier so gelesen habe glaube ich,daß etliche hier der propagandistischen Ausschlachtung des Ereignisses und der Person aus der nationalistisch geprägten Interpretation des 19. und frühen 20.Jahrhunderts aufgesessen sind und die Bedeutung der Schlacht vor diesem Hintergrund völlig überschätzen.
Nüchtern betrachtet sieht es doch so aus:
Die Schlacht hat das Imperium weder verändert noch ,wie wir heute wissen ,von weiteren Expeditionen tief ins germanische Hinterland abgehalten ,geschweige denn die Hegemonie des Imperiums bedroht.
Sie führte auch nicht zu einer länger dauernden Einigung der verschiedenen germanischen Gruppen und Stämme und es entstand nicht einmal temporär ein lokales,ernst zu nehmendes Gegengewicht zum Imperium, von einer überregionalen Bedeutung mal ganz zu schweigen.
Und Arminius hatte zwar einige römische Legionen vernichtet, es gelang ihm durch diesen Sieg aber weder die Römer entscheidend zu schwächen noch unter den Germanen eine beherrschende Stellung einzunehmen.Im Gegenteil. Frau und Sohn wurden von Rom gefangen genommen,er von den eigenen Landleuten bekämpft und schließlich umgebracht,sein Stamm von den Chatten aufgerieben.
Bezeichnend für seine tatsächliche Bedeutung ist m.E. daß von den späterern staatenbildenden Germanen wie den Merowingern sich niemand auf ihn berief um eine Kontinuität herzustellen sondern z.B. auf die Sugambrer (Krönungseid Chlodwigs ) o.ä.

Im Prinzip war der Mann also eine tragische Figur,die mehrmals die Seiten gewechselt , seinen Soldateneid (falls es das damals gab) gebrochen und Freunde wie Varus verraten hatte um letztlich trotz eines Zwischenerfolges zu scheitern aber kein Held.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch Vercingetorix , Sitting Bull , Geronimo und Che Guevara scheiterten am Ende .
Das änderte auch nichts daran das man sie heute noch als Helden ansieht .
 
Es geht doch nicht um Erfolg oder Scheitern, sondern um Motive und den Weg zum Ziel. Und zumindest Vercingetorix (Vertreibung der Frauen aus der belagerten Festung, die letztlich zwischen Festung und Belagerungswall verhungerten) und Che Guevara (La Cabaña) sind nur bedingt als Helden geeignet.
 
Die Motive von Arminius und Vercingetorix waren in beiden Fällen wohl gleich , die Vertreibung der Römer .
Bis zur Belagerung von Alesia hat Vercingetorix auch überwigend kleinere Garnisonen und römische Einheiten angegriffen und vernichtet .
Übrigens werden beiden Ambitionen zum König nachgesagt .
Che dagegen hatte nach der Revolution ein Regierungsamt , bevorzugte aber den Befreiungskampf in Südamerika .
 
Die Schlacht hat das Imperium weder verändert ...
Nicht sofort. Aber sie war der Startpunkt für einen Strategiewechsel. Bis dahin waren die Römer konsequent und langfristig auf Expansionskurs und haben jede Eroberung auch zu Ende geführt, selbst wenn es dazu generationenlange Kriege brauchte (Spanien).
Danach schwenkten sie um auf einen Defensivkurs, der nur noch in Ausnahmen verlassen wurde (Britannien, Dakien).

Dieser Kurswechsel hatte natürlich mehrere Gründe, insbesondere wäre da der innenpolitische Wechsel von der Republik zur Kaiserherrschaft zu sehen. Aber die unerwartete und heftige Niederlage im Teutoburger Wald war da schon ein wesentlicher Meilenstein.

noch ,wie wir heute wissen ,von weiteren Expeditionen tief ins germanische Hinterland abgehalten
Expeditionen ja - aber eben keine Eroberungen mehr.
Und diese Expeditionen hatten es nicht mehr nur mit lokalen Stammesaufgeboten zu tun, sondern mit organisierter großräumiger Gegenwehr verbündeter Stammesverbände.

geschweige denn die Hegemonie des Imperiums bedroht.
Na ja, das behauptet ja auch keiner.

Sie führte auch nicht zu einer länger dauernden Einigung der verschiedenen germanischen Gruppen und Stämme
Richtig. Aber der Sieg machte es möglich, daß diese Gruppen und Stämme überhaupt noch als solche weiter existieren konnten, nicht romanisiert und assimiliert wurden, und dann einige Zeit später das römische Reich zerlegen konnten.

Und Arminius hatte zwar einige römische Legionen vernichtet ...
... und die nachfolgenden römischen Feldzüge zurückgeschlagen. Auch wenn ihm nicht mehr so ein vollständiger Vernichtungssieg gelang - strategisch war es jedes Mal ein Erfolg für ihn, wenn sich die Legionen nach heftigen Verlusten zurückziehen mußten.

Im Prinzip war der Mann also eine tragische Figur
Völlig richtig.
Aber Helden sind sehr oft tragische Figuren, mit gebrochener Biographie und unglücklichem Ausgang.
Der Cid hat notorisch oft die Seiten gewechselt, Siegfried ist von seinen "Freunden" ermordet worden, die schottischen Nationalhelden "Braveheart" Wallace und Montrose wurden verraten und hingerichtet, Jeanne d'Arc als Ketzerin verbrannt - man könnte fast sagen, ein richtiger Held ist man nur ohne happy end ;-)
 
Nichtsofort. Aber sie war der Startpunkt für einen Strategiewechsel. Bis dahin waren die Römer konsequent und langfristig auf Expansionskurs und haben jede Eroberung auch zu Ende geführt, selbst wenn es dazu generationenlange Kriege brauchte (Spanien).

Da wage ich mal die Behauptung,daß dieser Strategiewechsel nichts mit de Schlacht sondern schlicht mi der Einsicht zu tun hatte, da0 es jenseits des Limes nichts gab ,was sich zu erobern lohnte ..weder Städte noch landwirtschaftlich hochprofitable Gebiete wie dies in Spanien und Gallien der Fall war. Nach allem was wir wissen gab es im ersten Jahrhundert kein römisch-keltisches Zivilisations- und Kulturgefalle, wohl aber ein römisch-germanisches. Nach mehreren Expeditionen bis an die Weser und die Elbe (auch nach Kalkriese) muß es aus römischer Sicht so ausgesehen haben, als sei nördlich der Grenzen des Imperiums nur Wald und Sumpf. Und eine strategische Gefahr in Form einer anderen Macht,die das Imperium ernsthaft hätte bedrohen können zeigte sich auch nicht.Warum hätte man also eine kostspielige Eroberung durchführen sollen.
 
Da wage ich mal die Behauptung,daß dieser Strategiewechsel nichts mit de Schlacht sondern schlicht mi der Einsicht zu tun hatte, da0 es jenseits des Limes nichts gab ,was sich zu erobern lohnte ...Warum hätte man also eine kostspielige Eroberung durchführen sollen.

Und nach der Erkenntniss, dass es jenseits des Limes nichts lohnenswertes gab, baute man den Limes aus, besetzte ihn 200 Jahre lang mit zehntausenden von Auxiliarsoldaten und hielt ebensolang Legionäre in ähnlicher Größenordnung im Hinterland bereit.

Ganz schön viel Aufwand um dieses "Nichts" aus dem Lande zu halten.

Vielleicht aber, doch weniger Aufwand, als eine militärische Kontrolle über die Sümpfe und Wälder Germaniens.

Kurzum, man hatte wohl erkannt, dass germanische Stämme wohl zu schlagen waren, das Land aber dauerhaft nicht kontrolliert werden konnte.
 
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Hallo Leute ,

für mich war , ist und bleibt Hermann der Cherusker ein Deutscher Held der für die Freiheit und aller Germanisch - Deutschen Stämme gekämpft hat:yes::yes::yes:
 
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